Baurecht

Gesicherte Erschließung bei Anbindung des Grundstücks an eine Straße

Aktenzeichen  M 9 K 17.2084

Datum:
20.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 16510
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6

 

Leitsatz

1. Wegen des Fehlens einer Erschließung des Vorhabengrundstücks kann eine Baugenehmigung nur in Ausnahmefällen in ein geschütztes Eigentumsrecht des Nachbarn eingreifen, weil wegen deren Bestandskraft ein wirksamer Rechtsschutz auch vor den Zivilgerichten nicht mehr erreicht werden kann. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das bauplanungsrechtliche Erfordernis einer gesicherten Erschließung umfasst nur den hinreichenden Anschluss des Grundstücks an das öffentliche Straßennetz. Das bedeutet, dass die Erschließung gesichert bzw. vorhanden ist, wenn der Straßengrund bis an die Grundstücksgrenze heranreicht. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die hier vorliegende Drittanfechtungsklage der Nachbarin hat keinen Erfolg, da die verfahrensgegenständliche Baugenehmigung sie nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die den Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind und die im Baugenehmigungsverfahren Prüfungsgegenstand sind (VG München B.v.16.10.2017 M 9 S 17.3585). Dementsprechend findet im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Vielmehr beschränkt sich die Prüfung darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt wurden.
Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften liegt nicht vor. Insbesondere ist im vorliegenden Fall die Erschließung gesichert.
Nur in Ausnahmefällen kann es sein, dass eine Baugenehmigung wegen des Fehlens einer Erschließung des Vorhabensgrundstücks dadurch in ein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Eigentumsrecht des Nachbarn eingreift, dass sie derart eine Verschlechterung seiner Rechte bewirkt und ein wirksamer Rechtsschutz vor dem Zivilgericht nicht mehr erreicht werden kann, weil eine Baugenehmigung wegen Bestandskraft auch für die Zivilgerichte bindende Wirkung entfaltet (VG München U.v. 23.11.2016 M 9 K 15.4601). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da eine gesicherte Erschließung über die im Süden angrenzende M. Straße besteht. Das bauplanungsrechtliche Erfordernis einer gesicherten Erschließung umfasst nur den hinreichenden Anschluss des Grundstücks an das öffentliche Straßennetz. Das bedeutet, dass die Erschließung gesichert bzw. vorhanden ist, wenn der Straßengrund bis an die Grundstücksgrenze heranreicht (vgl. u.a. BVerfG U. v. 3.5.1988 4 C 54/85 und ständige Rechtsprechung; Battis, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 30 Rn. 24). Das Vorhabensgrundstück grenzt südlich unmittelbar an die M. Straße. Damit ist es unabhängig davon erschlossen, wo genau die Zufahrt verläuft. Das Landratsamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Verlegung der Einfahrt auf das eigene Grundstück von den örtlichen und rechtlichen Gegebenheiten her ohne weiteres möglich ist.
Eine Verletzung sonstiger nachbarschützender Vorschriften ist nicht erkennbar. Insbesondere bestehen weder nach der Betriebsbeschreibung noch nach den Maßen des genehmigten Ersatzbaus Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb vergrößert wird. Soweit die Klägerin auf dem Wege einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen die Baugenehmigung eine Klärung der zivilrechtlichen Situation eines über benachbarte Grundstücke verlaufenden Wegs geklärt haben möchte, ist dies hier nicht Verfahrensgegenstand. Nach den örtlichen Gegebenheiten steht die Frage eines Notwegerechts für die Schreinerei nicht im Raum.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selber tragen, da sie keinen Antrag gestellt haben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.


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