Baurecht

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine bereits errichtete Windenergieanlage

Aktenzeichen  22 CS 19.2233

Datum:
19.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34601
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

1. Fehler, die zur gerichtlichen Aufhebung einer ersten Genehmigung geführt haben, können ebenso gut in Fortsetzung des “wieder offenen” laufenden Genehmigungsverfahrens behoben und eine fehlerfreie Genehmigung erteilt werden, wie dies aufgrund eines neuen Genehmigungsantrags in einem neuen Verfahren möglich gewesen wäre. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Private Drittbetroffene können sich auf Form- oder Rechtsfehler einer von ihnen angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Betrieb einer Windenergieanlage nur dann mit Erfolg berufen, wenn sie substantiiert eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 S 19.779 2019-10-22 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen trägt diese selbst.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wehrt sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Bau und Betrieb einer schon errichteten Windenergieanlage – WEA – der Beigeladenen.
Die Beschwerdeführerin ist nach ihrem Vortrag Eigentümerin und Pächterin verschiedener Grundstücke in der Nähe der streitigen WEA, u.a. Pächterin zweier Grundstücke im unmittelbaren Nahbereich der WEA. Das Anlagengrundstück ist in Nord-Südrichtung ca. 400 m lang und zwischen ca. 155 m (im Norden) und ca. 250 m (im Süden) breit. Die WEA ist mit einer Nabenhöhe von 135,40 m und einem Rotorradius von 50,50 m insgesamt 185,90 m hoch. Das Landratsamt Würzburg hatte die WEA bereits mit Bescheid vom 26. September 2013 der jetzigen Beigeladenen genehmigt. Seit dieser Genehmigung, zu der mehrere Änderungsbescheide ergingen, wurden um den Bau und den Betrieb der WEA mehrere Klage- und vorläufige Rechtsschutzverfahren erster und zweiter Instanz mit verschiedenen Drittbetroffenen und wechselnden prozessualen Beteiligtenstellungen geführt; es gab in dieser Zeit mehrere Bauherrenwechsel, die jeweils dem Landratsamt angezeigt wurden.
Mit Urteil vom 19. Mai 2015 hob das Verwaltungsgericht Würzburg die Genehmigung vom 26. September 2013 in der Fassung dreier Änderungsbescheide (vom 5.3.2014, vom 31.7.2014 – im vorliegend angegriffenen Beschluss versehentlich: „31. Juni 2014“ – und vom 13.10.2014) auf; der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen (BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 22 ZB 15.1584).
Unter dem 6. Dezember 2016 beantragte die Beigeladene erneut die im-missionsschutzrechtliche Genehmigung für Errichtung und Betrieb einer WEA (Enercon E 101, Nennleistung 3 MW, Nabenhöhe 135,40 m, 50,50 m Rotorradius) auf dem Baugrundstück. Bereits vor Erlass der beabsichtigten Genehmigung hatte die Betreiberin des Gutshofs im April 2018 vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, dem Landratsamt den Erlass der Genehmigung vorläufig zu untersagen; dieser Antrag war letztlich erfolglos (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2018 – 22 CE 18.2092).
Mit dem Bescheid vom 29. Mai 2019 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die schon errichtete WEA mit Nebenbestimmungen. Unter Nr. IX des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.
Am 28. Juni 2019 erhob die Beschwerdeführerin Anfechtungsklage gegen die Genehmigung vom 29. Mai 2019 (W 4 K 19.778) und beantragte zudem, die aufschiebende Wirkung dieser Klage nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 22. Oktober 2019 abgelehnt.
2. Die Beschwerdeführerin verfolgt mit ihrer fristgerecht am 6. November 2019 eingelegten Beschwerde ihr Rechtsschutzziel weiter. Die Beschwerde hat sie mit Schriftsatz vom 28. November 2019 begründet.
Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegen getreten. Die Beigeladene hat sich noch nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Vorliegend kann über die Beschwerde entschieden werden, obwohl sich die Beigeladene noch nicht geäußert hat. Denn schon aus der fristgerecht (mit Schriftsatz vom 28.11.2019) eingereichten Beschwerdebegründung ergibt sich, dass das Rechtsmittel keinen Erfolg hat. Die Beschwerdebegründungsfrist ist abgelaufen; neue Beschwerdegründe könnten daher nicht mehr berücksichtigt werden.
1. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat (auch in dem vorliegend vom Verwaltungsgericht angeführten B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1355 – juris Rn. 35, zuvor z.B. BayVGH, B.v. 22.12.2017 – 22 CS 17.1971 – juris Rn. 14), ist im Beschwerdeverfahren die Prüfung, soweit es um Gesichtspunkte geht, die für die Beschwerdeführerin sprechen (vgl. dazu: HessVGH, B.v. 23.10.2002 – 9 TG 2712/02 – NVwZ-RR 2003, 458; ThürOVG, B.v. 28.7.2011 – 1 EO 1108/10 – juris Rn. 15 bis 18 m.w.N.), auf die von der Beschwerdeführerin dargelegten Gründe beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO); mit solchen Gesichtspunkten des angegriffenen Beschlusses, auf die in der Beschwerdebegründung nicht oder nur in der Weise eingegangen wird, dass ein Beschwerdeführer pauschal auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren verweist, der zum Gegenstand der Beschwerde gemacht werde, braucht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu befassen (BayVGH, B.v. 10.10.2017 – 22 CS 17.1806 – Rn. 15, B.v. 13.1.2016 – 22 CS 15.2643 – Rn. 7; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 22 bis 24). Außerdem erfordert das in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO aufgestellte Gebot, wonach sich der Beschwerdeführer mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss, dass die Beschwerdebegründung der Argumentation des Verwaltungsgerichts unter Darlegung substantiierter tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte entgegentritt und sie in einer Weise, die einen gedanklichen Nachvollzug der Standpunkte des Rechtsmittelführers ermöglicht, aufzeigt, warum die erstinstanzliche Entscheidung aus der Sicht des Rechtsmittelführers keinen Bestand haben kann (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2016 – 22 CS 16.1078 – Rn. 42; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 76 m.w.N.). Ausführungen, die aus der Zeit vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses stammen und die deshalb noch in Unkenntnis seiner Begründung verfasst wurden, können die Aufgabe der Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluss zwangsläufig nicht leisten (vgl. zur fehlenden Eignung eines bloßen Rückgriffs auf früheres Vorbringen, den sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Anforderungen gerecht zu werden, z.B. VGH BW, B.v. 12.4.2002 – 7 S 653/02 – NVwZ 2002, 883). Seiner Spruchpraxis gemäß berücksichtigt der Senat den erstinstanzlichen Vortrag bloß wiederholenden Teile einer Beschwerdebegründung aber insoweit, als sie Gesichtspunkte betreffen, die das Verwaltungsgericht nicht verbeschieden hat und deren Verbescheidung auch nicht z.B. deshalb entfallen durfte, weil es nach dem durch die Beschwerdebegründung nicht in beachtlicher Weise angezweifelten Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts hierauf nicht entscheidungserheblich ankam (BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 22 CS 16.2304 – juris).
1.1. Die Beschwerdeführerin hält den angegriffenen Beschluss für fehlerhaft, weil die ursprüngliche Genehmigung vom 26. September 2013 „rechtskräftig widerrufen“ worden sei, und zwar „auch aus materiellen Gründen, wie der Unterschreitung von Abstandsflächen“ (Schriftsatz vom 28.11.2019 Nr. I). Außerdem habe eine neue Genehmigung gar nicht erteilt werden dürfen, weil die Beigeladene keinen „rechtlich gültigen Antrag“ auf Fortführung des ursprünglichen Verfahrens und auch keinen auf Durchführung eines neuen Verfahrens gerichteten Antrag gestellt oder einen entsprechenden Wunsch geäußert habe; alle Äußerungen in den Akten, die in diese Richtung gedeutet werden könnten, entsprächen nicht der erforderlichen Schriftform, seien nicht ausreichend bestimmt oder nicht unterschrieben. Keine der den Akten zufolge nach der rechtskräftigen Aufhebung der Erstgenehmigung handelnden Personen, deren Äußerung als entsprechender Antrag oder Wunsch verstanden werden könnte, sei ein vertretungsberechtigtes Organ der Beigeladenen oder von dieser zur Antragstellung im vorliegenden Fall bevollmächtigt. Im Genehmigungsentwurf des Antragsgegners vom April 2018 sei auf mehr als 100 Seiten nur von einer Genehmigung für die W* … … GmbH & Co. KG, nicht aber für die Beigeladene, die Rede (Schriftsatz vom 28.11.2019 Nr. II). Mit diesem Vortrag kann die Beschwerdeführerin nicht durchdringen.
1.1.1. Entgegen den einleitenden Ausführungen unter Nr. I der Beschwerdebegründung steht die rechtskräftige gerichtliche Aufhebung (nicht der „Widerruf“) der ursprünglichen Genehmigung nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts und des (vom Verwaltungsgericht zitierten) Verwaltungsgerichtshofs einer erneuten Entscheidung des Landratsamts über den Genehmigungsantrag nicht per se entgegen. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 7. Oktober 2019 – 22 CS 19.1355 – ausführlich dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat diese Begründung zu großen Teilen zitiert und sie sich ausdrücklich zu Eigen gemacht (Beschlussabdruck – BA – Nr. 6 auf S. 7 bis 9). Mit diesen Ausführungen setzt sich die Beschwerdeführerin entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht auseinander. Die Beschwerdeführerin spricht in diesem Zusammenhang zwar an, dass die Aufhebung (der „Widerruf“) der früheren Genehmigung auch „wegen der Unterschreitung von Abstandsflächen“ erfolgt sei; dies hat aber mit etwaigen Mängeln der jetzt streitigen Genehmigung vom 29. Mai 2019 nichts zu tun.
In diesem Zusammenhang thematisiert die Beschwerdeführerin eine (allerdings nicht richtig bezeichnete) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (angeblich B.v. 13.7.2015 – 22 B 14.564 – Rn. 13). Sie macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof komme in dieser Entscheidung bei einer zum vorliegenden Sachverhalt „umgekehrten Konstellation“ zu dem Ergebnis, dass sich die Rechtskraft gemäß § 121 Nr. 1 VwGO materiell auf die Widerrufsgründe beziehe, über die im Verfahren entschieden worden sei. Hierzu zähle vorliegend die Unterschreitung der Abstandsflächen. Anders als im genannten Verfahren des Verwaltungsgerichtshofs sei vorliegend aber die Genehmigung aufgehoben und der Antragsgegner nicht nur durch ein Bescheidungsurteil verpflichtet worden, unter Berücksichtigung der Ansicht des Gerichts neu zu bescheiden. Dieser Einwand der Beschwerdeführerin ist nicht nachvollziehbar. Eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Juli 2015 mit dem genannten Aktenzeichen 22 B 14.564 gibt es nicht. Es gibt auch keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs mit einem ähnlichen Datum oder einem ähnlichen Aktenzeichen, die eine Aussage des Verwaltungsgerichtshofs zu Abstandsflächenabweichungen, zu deren Bedeutung in Bezug auf die Rechtskraft eines Urteils oder zur Korrigierbarkeit einer rechtskräftig aufgehobenen fehlerhaften Abstandsflächenentscheidung mittels einer neuen Genehmigung enthalten würde. Unabhängig davon ist auch inhaltlich nicht verständlich, was die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen auf S. 2 unten der Beschwerdebegründung sagen will.
1.1.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es gebe keinen rechtswirksamen Antrag auf eine neue (oder auf eine nach Fortführung des Verfahrens neu erteilte) immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Ihr diesbezüglicher Vortrag rechtfertigt aber nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit derartigen Einwänden bereits in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2019 in demjenigen Verfahren befasst, das dieselbe immissionsschutzrechtliche Genehmigung wie vorliegend betraf und den vorläufigen Rechtsschutzantrag des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zum Inhalt hatte (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418 – Rn. 10, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1355). In diesem Beschluss ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass die Beigeladene, nachdem die erste immissionsschutzrechtliche Genehmigung (vom 26.9.2013 einschließlich mehrerer Änderungen) unanfechtbar aufgehoben worden war, die Fortführung des Genehmigungsverfahrens unter Behebung der vom Verwaltungsgericht beanstandeten Mängel der ersten Genehmigung erstrebte (BayVGH, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418 – juris Rn. 40 und 41). Er hat in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass die vom Verwaltungsgericht bemängelten, zur Rechtswidrigkeit und zur daraus folgenden gerichtlichen Aufhebung der ersten Genehmigung führenden Fehler ebenso gut in Fortsetzung des „wieder offenen“ laufenden Genehmigungsverfahrens haben behoben und eine fehlerfreie Genehmigung für das Vorhaben hat erteilt werden können, wie dies aufgrund eines neuen Genehmigungsantrags in einem neuen Genehmigungsverfahren möglich gewesen wäre (BayVGH, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418 – juris Rn. 42). Er hat weiter ausgeführt, dass es gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 der 9. BlmSchV für die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Genehmigung unschädlich ist, dass im Lauf der mehreren Verwaltungs- und Gerichtsverfahren mehrmals Bauherrin, Genehmigungsantragstellerin und Genehmigungsinhaberin gewechselt haben (BayVGH, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418 – juris Rn. 44).
Demgegenüber behauptet vorliegend die Beschwerdeführerin – ebenso wie der Beschwerdeführer im dortigen Verfahren – nur unsubstantiiert, es gebe keinen wirksamen Antrag, der Grundlage für den Erlass der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 29. Mai 2019 sein könne. Es ist schon nicht ersichtlich, inwieweit aus einem derartigen Formfehler eine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin folgen könnte. Ihre Einwände überzeugen im Übrigen auch in der Sache nicht: Wenn – wovon das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof (B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418) ausgegangen sind – die Beigeladene erkennbar gegenüber dem Landratsamt die Erteilung einer neuen, nunmehr fehlerbereinigten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das unveränderte Vorhaben erstrebt hat, so ist es rechtlich unerheblich, dass sie (woran die Beschwerdeführerin anscheinend Anstoß nimmt) dieses Begehren als „Wunsch“ formuliert hat. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch nicht, weshalb die Erklärung der Beigeladenen, dass das Verwaltungsverfahren fortgeführt und die Genehmigung nunmehr unter Vermeidung früherer Fehler erteilt werden solle, formbedürftig sein solle. Ebenso wenig führt die Beschwerdeführerin aus, weshalb vorliegend rechtliche Bedenken in Bezug auf die Bestimmtheit des Genehmigungsantrags bestehen sollten. Schließlich behauptet die Beschwerdeführerin nur unsubstantiiert, es fehle allen Personen, die im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Landratsamt auf die Erteilung der angefochtenen Genehmigung an die Beigeladene hingewirkt hätten, an der organschaftlichen Vertretungsmacht oder einer individuellen Vollmacht durch die Beigeladene. Mit diesen bloßen Behauptungen genügt die Beschwerdeführerin nicht dem Darlegungserfordernis nach § 146 Abs. 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2019 – 22 CS 19.1418 – juris Rn. 44).
1.2. Die Beschwerdeführerin meint, die „Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs“ (gemeint wohl: des Verwaltungsgerichts) stütze sich maßgeblich auf „aktuell erhebliche finanzielle Verluste“ der Antragstellerin (gemeint wohl: der Beigeladenen). Dem stehe aber u.a. das in Art. 20a GG verfassungsrechtlich verankerte Gebot des Umweltschutzes entgegen, weil durch den Betrieb der Anlage Tiere, vor allem in unmittelbarer Nähe lebende Rotmilane, getötet und insoweit vollendete Tatsachen geschaffen würden. Falsch sei auch die Argumentation des Verwaltungsgerichts zugunsten der Beigeladenen, soweit auf deren (nur angebliche) finanzielle Verluste abgestellt werde. Denn die Beigeladene könne gar keine finanziellen Verluste haben, da nicht sie, sondern wohl die – nicht beigeladene – W* … … GmbH Betreiberin der WEA sei (Schriftsatz vom 28.11.2019 Nr. III auf S. 3 und 4).
Mit diesem Vortrag kann die Beschwerdeführerin nicht durchdringen. Der Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrags im Beschluss vom 22. Oktober 2019 liegt die rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichts zugrunde, dass die Einwendungen der Beschwerdeführerin aller Voraussicht nach nicht durchgreifen und die Einwirkungen der Anlage auf die Beschwerdeführerin eher gering sind, wohingegen der Beigeladenen als Folge einer mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gebotenen Einstellung des Betriebs der Anlage aktuell erhebliche finanzielle Verluste drohen würden (BA Nr. 5 auf S. 7). Zusammenfassend hat das Verwaltungsgericht gegen Ende des Beschlusses (BA Nr. 12 auf S. 18) ausgeführt, der vorläufige Rechtsschutzantrag sei abzulehnen, weil die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen nicht durchzudringen vermöge und das Gericht auch sonst, nach der Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, keine Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids vom 29. Mai 2019 habe. Das Verwaltungsgericht hat also mit diesem von ihm gewählten rechtlichen Ansatz zwar (im Allgemeinen) die Erfolgsaussichten eines Rechtsuchenden im Klageverfahren nur als einen von mehreren Gesichtspunkten im Rahmen einer im vorläufigen Rechtsschutzverfahren anzustellenden „umfassenden Interessenabwägung“ angesehen (BA Nr. 1 auf S. 4 und 5). Es hat aber im vorliegenden Fall – entgegen dem Beschwerdevorbringen – gerade nicht entscheidend auf „aktuell erhebliche finanzielle Verluste“ der Beigeladenen abgestellt. Es hat zwar in Rechnung gestellt, dass solche Verluste (in Form von Einnahmeausfällen bei weiter anfallenden Wartungs- und Unterhaltungskosten) eintreten können. Für entscheidend hat es aber erachtet, dass die Beschwerdeführerin aller Voraussicht nach eine Aufhebung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht wegen einer Verletzung in eigenen Rechten beanspruchen könne (BA Nr. 5 auf S. 7). Hiervon ausgehend hat sich das Verwaltungsgericht im vorliegenden konkreten Fall, nachdem es zur Einschätzung der voraussichtlichen Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage gelangt ist (BA Nr. 12 auf S. 18), nicht weiter mit einer Abwägung der widerstreitenden Interessen befasst. Die Abwägung gegenläufiger Interessen stand somit vorliegend nicht im Mittelpunkt des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Soweit die Beschwerdeführerin gleichwohl eine fehlerhafte Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts geltend macht und diesbezüglich einwendet, durch den Anlagenbetrieb würden Individuen geschützter Vogelarten – irreparabel – getötet, so ist ihr im Übrigen entgegen zu halten, dass sie sich als private Drittbetroffene auf etwaige diesbezügliche Rechtsfehler der Genehmigung nicht berufen kann. Dies hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt (BA Nr. 8 auf S. 10 und 11). Auch hiermit setzt sich die Beschwerdeführerin entgegen § 146 Abs. 4 VwGO nicht auseinander.
1.3. Schließlich macht die Beschwerdeführerin geltend, bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche WEA laufend gefährliche Defekte aufweise. So sei im November 2019 wiederholt die Sicherheitsbeleuchtung der WEA ausgefallen, die gerade im Herbst und wegen des in der Nähe der WEA gelegenen Flugplatzes wichtig sei (Schriftsatz vom 28.11.2019 Nr. III auf S. 4). Dieser Vortrag – seine tatsächliche Richtigkeit unterstellt – rechtfertigt keine Änderung des angegriffenen Beschlusses. Denn im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren (§ 80 Abs. 5 VwGO) kommt es entscheidend darauf an, ob sich im Anfechtungsklageverfahren die angefochtene Genehmigung voraussichtlich als rechtmäßig oder rechtswidrig erweisen und ob dadurch die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt hierfür ist der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (29.5.2019). Es ist schon nicht ersichtlich, inwieweit die Beschwerdeführerin durch eine etwaige Störung einer Sicherheitsbeleuchtung in subjektiven Rechten betroffen sein könnte. Defekte der WEA während des Vollzugs könnten im Übrigen, auch wenn sie gehäuft und oft auftreten, für sich genommen nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung führen. Anders wäre es möglicherweise dann, wenn die Defekte ihrerseits auf Umständen beruhen würden, die – unter Verstoß gegen formelles oder materielles Recht – mit der Genehmigung zugelassen worden wären (etwa im Fall einer hinter den technischen Standards zurückbleibenden Bauweise oder im Fall eines genehmigten Anlagenbetriebs mit nur unzureichenden Wartungs- und Kontrollpflichten). Dass vorliegend die Defekte derartige Ursachen hätten, macht die Beschwerdeführerin aber nicht geltend.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, dass die Beigeladene etwaige außergerichtliche Kosten selbst trägt, da sie sich noch nicht geäußert und also auch nicht (mit einem prozessualen Antrag, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) am Kostenrisiko beteiligt hat.
3. Der Streitwert wurde gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 19.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 festgesetzt (wie Vorinstanz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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