Baurecht

Kein Anspruch auf Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans

Aktenzeichen  22 ZB 17.2370

Datum:
4.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14540
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BImSchG § 47 Abs. 1
39. BImSchV § 3 Abs. 2, § 13 Abs. 1, § 21 Abs. 1, § 27 Abs. 1, Abs. 2, Anlage 3

 

Leitsatz

1. Ist ein Urteil auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, so sind Zulassungsgründe wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darzulegen. Wenn nur bezüglich eines von mehreren tragenden Gründen ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann die betreffende Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 47 Abs. 1 BImSchG kommt nur drittschützende Wirkung in Bezug auf solche Personen zu, die unmittelbar von einer nach den geltenden Vorgaben ermittelten Grenzwertüberschreitung betroffen sind. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine unterlassene Änderung eines Luftreinhalteplans verletzt den Kläger dann nicht in seinen Rechten, wenn sein Grundstück nicht von einer festgestellten Grenzwertüberschreitung betroffen ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 19 K 16.1993 2017-10-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Kläger zu jeweils 1/8 zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Oktober 2017 für beide Rechtszüge auf jeweils 120.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger begehren die Änderung eines Luftreinhalteplans.
Im Rahmen einer dritten Fortschreibung des Luftreinhalteplans München vom April 2012 wurde als Anlage 2 ein „Teilplan für die Stadt Starnberg“ aufgenommen. Darin wurde zur Immissionssituation in der Stadt Starnberg u.a. ausgeführt (Nr. 4, S. A2-7 f.), zwischen dem 1. Juni 2006 und dem 15. Juni 2007 seien in der Hauptstraße vier orientierende Messungen der Luftschadstoffe Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) durchgeführt worden. Am Messpunkt sei der Grenzwert für das Jahresmittel für PM10 deutlich unterschritten worden; auch die Anzahl der Tage mit einer Überschreitung des Tagesmittelgrenzwertes betrage mit vier Tagen weniger als die zulässigen 35 Überschreitungen. Hingegen liege der Mittelwert für NO2 mit 55 µg/m³ über der für das Jahr 2007 geltenden Summe von 46 µg/m³ als Grenzwert (40 µg/m³ im Jahresmittel) und damals zulässiger Toleranzmarge von 6 µg/m³. Ausbreitungsberechnungen zeigten – wie auch die Messungen –, dass der zulässige Grenzwert von 40 µg/m³ für PM10 entlang der B2 deutlich unterschritten werde. Für NO2 würden die Berechnungen ebenfalls die Messungen bestätigen und zeigten eine Überschreitung der Grenzwerte (auch plus Toleranzmarge) an zahlreichen Gebäuden entlang der B2. Immissionsberechnungen des LfU für das Jahr 2002 hätten an der Hauptstraße einen Jahresmittelwert von näherungsweise 39 µg/m³ für PM10 und 48 µg/m³ für NO2 ergeben. Weitere Immissionsberechnungen an der Münchener Straße und an der Hanfelder Straße hätten Jahresmittelwerte für PM10 von 24 bzw. 20 µg/m³ und für NO2 von 37 bzw. 33 µg/m³ ergeben. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass die höchste zu erwartende Schadstoffkonzentration in Starnberg im Bereich der Hauptstraße vorzufinden sei. Dort sei der Grenzwert für das Jahresmittel für NO2 überschritten. Weiter wurden in dem genannten Teilplan insgesamt sieben Maßnahmen betreffend die Stadt Starnberg aufgeführt; als Ziel der Maßnahmen Nrn. 1 bis 5 wurde jeweils die Verbesserung der Luftschadstoff- und Lärmbelastung der Anwohner an bestimmten Straßen im Stadtgebiet genannt (Nr. 6 des Teilplans, S. A2-11 bis A2-18). Unter anderem wurde die Verwirklichung des sogenannten Entlastungstunnels Starnberg im Zuge der Bundesstraße B2 als Maßnahme Nr. 1 zugunsten der Anwohner an der Münchener Straße und der Hauptstraße bezeichnet.
Am 29. April 2016 erhoben die Kläger eine allgemeine Leistungsklage zum Verwaltungsgericht München. Rechtsschutzziel war im Wesentlichen die Verpflichtung des Beklagten, den Teilplan für die Stadt Starnberg als Teil des Luftreinhalteplans München dahingehend zu ändern, dass näher umschriebene Maßnahmen zur „schnellstmöglichen“ Einhaltung des Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ aufgenommen werden sollten. Hilfsweise wurde beantragt, eventuell vorhandene Mängel des Luftreinhalteplans Starnberg zu beheben.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die Klage der Kläger mit Urteil vom 12. Oktober 2017 ab. Die Klage sei im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt Starnberg. Anspruchsgrundlage für die Änderung eines Luftreinhalteplans sei § 47 Abs. 1 BImSchG. § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV regele, dass für bestimmte Gebiete und Ballungsräume, in denen die Werte für Schadstoffe in der Luft einen Immissionsgrenzwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge überschritten, Luftreinhaltepläne zu erstellen seien. Die §§ 11 ff. der 39. BImSchV legten ein Verfahren zur Beurteilung der Luftqualität fest: Danach seien zunächst Ballungsräume und Gebiete festzulegen (§ 11 der 39. BImSchV). Diese würden unter anderem für Stickstoffdioxid anhand von besonderen Beurteilungsschwellen eingestuft (§ 12 der 39. BImSchV). Würden diese Beurteilungsschwellen überschritten, seien ortsfeste Messungen durchzuführen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 der 39. BImSchV). Diese Anspruchsvoraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Stadt Starnberg liege weder in einem Ballungsraum, noch in einem vom Beklagten festgesetzten Gebiet. Ferner lägen keine nach den Vorgaben der 39. BImSchV ermittelten Grenzwertüberschreitungen vor. Der Hilfsantrag sei bereits unzulässig, weil er u.a. nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 82 Abs. 1 VwGO genüge.
Die Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt.
Der Beklagte beantragt die Ablehnung dieses Antrags. Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich weder aus den Darlegungen in der Antragsbegründung vom 8. Januar 2018 (vgl. zur deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), noch aus dem sonst berücksichtigungsfähigen Vorbringen der Kläger ergibt, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 VwGO erfüllt sind.
1. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
a) Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 8 f.). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragenden Gründe gestützt, so sind Zulassungsgründe wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 22 ZB 15.1584 – juris Rn. 11; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m.w.N.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 100 und § 124a Rn. 196 jeweils m.w.N.). Wenn nur bezüglich eines von mehreren tragenden Gründen ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann die betreffende Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. auch BVerwG, B.v. 04.04.2018 – 3 B 46/16 – juris Rn. 31 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung im Revisionszulassungsrecht).
b) Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Entscheidung zum Hauptantrag der Kläger auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt. Die Darlegungen der Kläger betreffen lediglich einen dieser Gründe, wodurch die Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung nicht in Frage gestellt wird.
Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck S. 10 f. unter Nr. 2) setzt ein Anspruch der Kläger auf die Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans nach § 47 Abs. 1 BImSchG zunächst voraus, dass die Stadt Starnberg in einem Ballungsraum nach § 1 Nr. 4 der 39. BImSchV oder in einem Gebiet im Sinne des § 1 Nr. 9 der 39 BImSchV liegt. Das Verwaltungsgericht nimmt weiter an, dass darüber hinaus eine nach den Vorgaben der 39. BImSchV ermittelte Grenzwertüberschreitung vorliegen müsste. Nach seinem Rechtsstandpunkt handelt es sich um selbständige Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssten, um einen Anspruch der Kläger zu begründen. Im Urteil (Urteilsabdruck S. 11 bis S. 14 unter Nr. 2 a) wird zunächst begründet, weshalb die Stadt Starnberg nicht in einem „Ballungsraum“ oder einem „Gebiet“ im Sinne von § 1 Nrn. 4 und 9 der 39. BImSchV liegt, „für das im Falle von Grenzwertüberschreitungen ein Luftreinhalteplan aufzustellen wäre“ (Urteilsabdruck S. 14, 2. Absatz). „Des Weiteren“ lag nach der Bewertung des Verwaltungsgerichts im aus seiner Sicht maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in Starnberg keine festgestellte Überschreitung des Grenzwerts für NO2 im Sinne der 39. BImSchV vor (Urteilsabdruck S. 14 f.).
Die Kläger haben nicht in Zweifel gezogen, dass ein Anspruch auf Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans eine nach den Vorgaben der 39. BImSchV ermittelte Grenzwertüberschreitung voraussetzt, von denen die Kläger betroffen sind. Unabhängig davon ergibt sich diese Voraussetzung zweifelsfrei aus der Vorschrift des § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG als möglicher Anspruchsgrundlage. Danach hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen einer Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG – d.h. der 39. BImSchV – entsprechen muss, wenn die durch diese Rechtsverordnung festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden. Nach Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG, dessen Umsetzung die Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG dient, sind entsprechende Luftqualitätspläne zu erstellen, wenn die Schadstoffwerte in der Luft in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer dafür jeweils geltenden Toleranzmarge überschreiten. Damit wird die Pflicht der Mitgliedstaaten konkretisiert, sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden; die Einhaltung dieser Anforderungen wird nach Anhang III zur Richtlinie 2008/50/EG beurteilt (Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG).
Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2008 – C-237/07 – (juris Rn. 39) wurde festgestellt, dass natürliche oder juristische Personen, die unmittelbar von der Gefahr einer Überschreitung der für Schadstoffwerte festgelegten Grenzwerte oder der Alarmschwellen betroffen sind, bei den zuständigen Behörden erwirken können müssen, dass beim Vorliegen einer solchen Gefahr ein Aktionsplan erstellt wird. Entsprechend kommt auch § 47 Abs. 1 BImSchG nur drittschützende Wirkung in Bezug auf solche Personen zu, die unmittelbar von einer nach den geltenden Vorgaben ermittelten Grenzwertüberschreitung betroffen sind; eine unterlassene Änderung eines Luftreinhalteplans verletzt die Kläger dann nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO), wenn ihre Grundstücke nicht von einer festgestellten Grenzwertüberschreitung im Sinne von § 47 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 39. BImSchV betroffen sind.
Werden diese Grenzwerte in einem bestimmten Gebiet oder Ballungsraum nicht überschritten (vgl. § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV, Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG), fehlt es nicht nur an einer Rechtspflicht der zuständigen Behörde, für diesen Bereich einen Luftreinhalteplan neu aufzustellen; es fehlt ebenso eine Pflicht zur Festlegung weitergehender Maßnahmen in Bezug auf diesen Bereich in einem bereits bestehenden Luftreinhalteplan. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 26.5.2004 – 9 A 6/03 – juris Rn. 23) kommt es „entsprechend der Schutzrichtung der 22. BImSchV [jetzt 39. BImSchV] und der mit ihr umgesetzten Luftqualitätsrichtlinien […] für die Einhaltung der Grenzwerte nur auf solche Grundstücke an, auf denen Menschen über einen längeren Zeitraum Schadstoffen ausgesetzt sind. Darüber hinaus müssen bei der Ermittlung von Grenzwertüberschreitungen die für die Probenahmestellen bestehenden Vorgaben eingehalten werden, wodurch aussagefähige und repräsentative Ergebnisse erreicht werden. So spielen Grenzwertüberschreitungen nur bei Einhaltung bestimmter Mindestabstände von Kreuzungen bzw. Fahrbahnen eine Rolle und sind begrenzte und kleinräumige Umweltsituationen ohne Bedeutung (vgl. Abschnitte I und II der Anlage 2 der 22. BImSchV [entsprechend Nr. B. und C. der Anlage 3 der 39. BImSchV]).“
Das Verwaltungsgericht ist zur Bewertung gelangt, dass im vorliegenden Fall im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine festgestellte Überschreitung des Grenzwerts für NO2 im Sinne der 39. BImSchV vorgelegen habe. Es hat hierzu ausgeführt (Urteilsabdruck S. 14 f.), dass nach § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 40 µg/m³ betrage. Zwar habe die im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 15. Juni 2007 durchgeführte orientierende Messung Grenzwertüberschreitungen für NO2 für den Bereich der Hauptstraße festgestellt. Hierbei handle es sich jedoch um keine nach den Vorschriften der 39. BImSchV festgestellte Grenzwertüberschreitung. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift fehle es bereits an Messungen, die über ein volles Kalenderjahr gemittelt worden seien. Ferner sei lediglich eine orientierende Messung durchgeführt worden. Nach der 39. BImSchV seien jedoch Ergebnisse einer ortsfesten Messung erforderlich. Andere als die Messergebnisse aus den Jahren 2006 und 2007 lägen dem Gericht aktuell nicht vor.
Die Kläger haben gegen diese Bewertung des Verwaltungsgerichts keine Argumente vorgetragen. Mangels entsprechender Darlegungen im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bedarf es keiner Erörterung, ob die konkreten Anforderungen an die Feststellung einer Grenzwertüberschreitung im Sinne der 39. BImSchV, die das Verwaltungsgericht angenommen hat, zutreffen und ob sie im vorliegenden Fall erfüllt waren.
Weiter kann offen bleiben, ob sich aus den Darlegungen der Kläger erhebliche Zweifel an der Bewertung des Verwaltungsgerichts ergeben, wonach ein Anspruch der Kläger auf Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans München auch deshalb nicht gegeben sei, weil die Stadt Starnberg weder in einem Ballungsraum noch in einem vom Beklagten festgesetzten Gebiet im Sinne von § 1 Nrn. 4 und 9 der 39. BImSchV liege (Urteilsabdruck S. 11 bis S. 14 unter Nr. 2 a). Da die Kläger den selbständig tragenden Entscheidungsgrund betreffend die Feststellung einer Grenzwertüberschreitung im Sinne der 39. BImSchV nicht in Frage gestellt haben, können sich Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung nicht allein aus einer etwaigen Fehlerhaftigkeit der Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum vorgenannten weiteren tragenden Grund ergeben.
2. Die Kläger sehen besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in der Auslegung der Rechtsbegriffe „Ballungsraum“ und „Gebiet“ im Sinne von § 1 Nrn. 4 und 9 der 39. BImSchV und deren Anwendung im vorliegenden Fall, auch unter Berücksichtigung von diesbezüglichen Überlegungen, die dem Luftreinhalteplan München zugrunde lägen (Antragsbegründung vom 8.1.2018, S. 6 f.). Derartige besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten beziehen sich jedoch gegebenenfalls lediglich auf einen der tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung; die selbständig tragende Bewertung des Verwaltungsgerichts zur nicht erfüllten Anspruchsvoraussetzung einer nach der 39. BImSchV festgestellten Grenzwertüberschreitung ist dagegen nicht betroffen.
3. Die Kläger haben auch nicht dargetan, inwieweit der Rechtsfall eine entscheidungserhebliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Als „über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage“ wird von den Klägern bezeichnet (Antragsbegründung vom 8.1.2018, S. 5 unten), „ob das Instrument eines Teilplans für eine von Luftverschmutzungen betroffene Gemeinde im Münchner Umland ein geeignetes Instrument ist oder nicht, und wenn ja, welche Alternativen für die Zukunft gewählt werden sollen.“
Aus den einschlägigen Darlegungen der Kläger (Antragsbegründung vom 8.1.2018, S. 2 bis S. 5) ergibt sich bereits nicht, dass sich diese Frage im angefochtenen Urteil entscheidungserheblich gestellt hat. Dieser Entscheidung ist nicht zu entnehmen, dass Gemeinden außerhalb des Geltungsbereichs eines bestehenden Luftreinhalteplans grundsätzlich nicht im Rahmen von dessen Fortschreibung mit einbezogen werden können. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere erwogen, dass das Gebiet der Stadt Starnberg zumindest konkludent als Gebiet im Sinne der 39. BImSchV festgesetzt wurde, indem das Plangebiet des Luftreinhalteplans im Rahmen der 3. Fortschreibung auf das Gebiet der Stadt Starnberg ausgedehnt wurde (Urteilsabdruck S. 12, 2. Absatz). Aufgrund der Umstände des konkreten Falls, insbesondere auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München und des Teilplans Starnberg, gelangt das Verwaltungsgericht zur Bewertung, dass überwiegende Anhaltspunkte gegen die Annahme einer konkludenten Festsetzung sprächen (Urteilsabdruck S. 12, 3. Absatz, bis S. 14).
Unabhängig davon betrifft die von den Klägern geltend gemachte Frage von grundsätzlicher Bedeutung wiederum lediglich einen von zwei selbständig tragenden Entscheidungsgründen; diese Frage könnte deshalb die Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen.
4. Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich weiter nicht, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Es ist bereits fraglich, ob sich der Antragsbegründung vom 8. Januar 2018 hinreichend substantiiert entnehmen lässt, inwieweit das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht. Die Kläger legen nahe, dass das Verwaltungsgericht entgegen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 30.6.2005 – 22 CE 05.1194 – juris Rn. 13) Bedenken gegen die Einbeziehung von Umlandgemeinden in den Luftreinhalteplan einer anliegenden Großstadt hat (S. 5 oben der Antragsbegründung vom 8.1.2018). Zum einen ist der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keine rechtliche Bewertung einer solchen Einbeziehung zu entnehmen; in der von den Klägern in Bezug genommenen Fundstelle werden lediglich von der zuständigen Behörde angedachte Schritte wie die Ausweitung des Plangebiets auf den im Landesentwicklungsprogramm definierten Stadt- und Umlandbereich referiert. Zum anderen ist dem angefochtenen Urteil, wie oben (unter Nr. 3) bereits ausgeführt, nicht die Aussage zu entnehmen, dass eine solche Einbeziehung grundsätzlich rechtlich unzulässig wäre.
Unabhängig davon würde die behauptete Divergenz nur einen der zwei tragenden Gründe der angefochtenen Entscheidung berühren und wäre damit kein hinreichender Grund für eine Zulassung der Berufung.
5. Die Kläger haben nicht dargelegt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Sie rügen sinngemäß (S. 9 f. der Antragsbegründung vom 8.1.2018), das Verwaltungsgericht habe nicht auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags hingewirkt und damit die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt. Das Verwaltungsgericht habe keinen Hinweis gegeben, an welcher Stelle es Mängel in der Antragstellung sehe, und dennoch den Hilfsantrag mit der Begründung abgelehnt, dieser würde nicht dem Bestimmtheitserfordernis genügen.
Aus diesen Darlegungen ergibt sich nicht, inwiefern die angefochtene Entscheidung – gegebenenfalls – auf einem etwaigen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Antragstellung der Kläger beruht. Nach der Bewertung des Verwaltungsgerichts, welche die Kläger nicht substantiiert in Frage stellen, steht diesen u.a. deshalb kein Anspruch auf eine Änderung des bestehenden Luftreinhalteplans München für den Teilbereich der Stadt Starnberg zu, weil für diesen Bereich eine Grenzwertüberschreitung im Sinne der 39. BImSchV nicht festgestellt wurde. Ausgehend von dieser Bewertung steht den Klägern bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf eine Änderung des Luftreinhalteplans mit dem Ziel der schnellstmöglichen Einhaltung „des vorgeschriebenen Luftqualitätswertes“ (vgl. Klageschrift vom 29.4.2016, S. 9) zu, sodass deren Rechtsschutzbegehren aus Sicht des Verwaltungsgerichts abzuweisen war; es war insoweit im Ergebnis unerheblich, auf welche Art und Weise einer Planänderung der konkret gestellte Verpflichtungsantrag gerichtet wurde. Die Kläger haben nicht dargelegt, in welcher Weise sie mit Hinweisen des Verwaltungsgerichts einen Antrag hätten stellen können, der – ausgehend von den genannten Rechtsstandpunkten – Erfolgsaussichten hätte haben können.
Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang ferner (Schriftsatz vom 20.4.2018, S. 5), dass das angefochtene Urteil die Frage nach der Wirksamkeit des Luftreinhalteplans betreffend die Stadt Starnberg unbeantwortet ließ. Für das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche der Kläger war diese Frage nach dem insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts offensichtlich unerheblich.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko beteiligt (§ 154 Abs. 3 VwGO). Es entspricht deshalb der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten nicht den Klägern aufzuerlegen.
7. Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Die Kläger zu 1 bis 8 haben im Wege der subjektiven Klagehäufung Verpflichtungsansprüche geltend gemacht. Zwar sind die Kläger zu 1, 2 und 3 Miteigentümer von Grundstücken; sie haben jedoch nicht im Eigentum wurzelnde, sondern jeweils individuelle, mit dem Schutz ihrer persönlichen Gesundheit begründete Ansprüche dargelegt. In Anlehnung an Nrn. 34.2.1.1, 34.2.5 sowie 19.2 i.V.m. Nr. 2.2. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und entsprechend vorangegangener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Ansprüchen Privater auf die Aufstellung von Plänen nach § 47 BImSchG (vgl. U.v. 18.5.2006 – 22 BV 05.2462 – juris) ist der Streitwert je Streitgegenstand mit 15.000 Euro anzusetzen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben