Baurecht

Kein Schadensersatz wegen eines Vermessungsfehlers

Aktenzeichen  20 U 2628/17

Datum:
9.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 157736
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 253 Abs. 1

 

Leitsatz

Entsteht durch die auf einen Vermessungsfehler zurückzuführende Verschiebung des Standorts eines Gebäudes auf einem Grundstück kein objektiv messbarer Minderwert, so scheidet eine Haftung auf Schadensersatz mangels eines erstattungsfähigen Vermögensschadens aus. (Rn. 2 – 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

52 O 1008/15 2017-07-14 LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 14.07.2017, Az. 52 O 1008/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 3. November 2017.

Gründe

Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Rügen des Berufungsklägers greifen nicht durch.
1. Das Landgericht ist, gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen … ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die Verschiebung des Standorts des Gebäudes auf dem Grundstück kein objektiv messbarer Minderwert entstanden und ein Vermögensschaden des Klägers nicht gegeben sei.
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Werk des Beklagten mangelhaft war, weil seine – nicht den ursprünglichen Plänen entsprechende – Einmessung dazu geführt hat, dass das Gebäude nicht an der Stelle auf dem Grundstück steht, an der es ursprünglich vorgesehen war. Das Landgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass ein Schaden sich auch daraus ergeben kann, dass die Veränderung des Standorts des – an sich mangelfreien – Gebäudes, zu einem merkantilen Minderwert des bebauten Grundstücks insgesamt führt. Das Landgericht hat sich aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen in seinen Gutachten vom 25.02.2016 (S. 8 f., Bl. 106 f. d.A.) und vom 17.08.2016 (S. 6 f., Bl. 150 f. d.A.) nicht davon überzeugen können, dass ein merkantiler Minderwert des bebauten Grundstücks eingetreten ist. Das ist eine zulässige tatrichterliche Würdigung des Beweisergebnisses, die von der Berufung auch nicht angegriffen wird.
b) Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsklägers, das Landgericht hätte den Schaden des Klägers nicht entsprechend einer objektiven Wertminderung bestimmen müssen, sondern subjektiv nach der Berechnung des Klägers, der einen Minderwert in Höhe von 25.000 € daraus herleitet, dass Garten durch die Verschiebung um 40 m2 kleiner ist als gewollt, wobei er die Hälfte des Quadratmeterpreises von 1.250 € ansetzt.
Aus dem im Werkvertragsrecht maßgeblichen subjektiven Fehlerbegriff folgt, dass ein Mangel nicht nur dann vorliegen kann, wenn die Werkleistung nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern auch dann, wenn es von der – subjektiv vom Vertragswillen der Parteien mitbestimmten – vereinbarten Beschaffenheit abweicht (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 21.09.2004 – X ZR 244/01, juris Rn. 13 m.w.N.). Die subjektiven Vorstellungen des Bestellers sind also maßgeblich, wenn es um die Frage geht, ob ein Mangel vorliegt.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob sich aus der Mangelhaftigkeit des Werks ein erstattungsfähiger Schaden des Bestellers ergibt. Für diese Frage sind, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, die Vorschriften der §§ 249 ff. BGB maßgeblich. Diese bieten für die Auffassung des Klägers, es sei der von ihm subjektiv bestimmte Minderungsbetrag von 25.000 € als Schadensersatz zuzusprechen, keine Stütze. Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, liegt ein Vermögensschaden im Sinne des § 249 BGB nicht vor, weil ein merkantiler Minderwert des bebauten Grundstücks insgesamt durch die Verschiebung des Gebäudes nicht eingetreten ist. Ein anderer Schaden als ein Vermögensschaden ist hier nicht erstattungsfähig, weil es an einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung fehlt, § 253 Abs. 1 BGB.
c) Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2014 (VII ZR 55/13, BauR 2014, 1801 = NJW 2012, 3511, Rn. 9) ergibt sich nichts anderes. Danach ist die Planungsleistung eines mit der Grundlagenermittlung beauftragten Architekten dann mangelhaft, wenn der Besteller der Planung in einer bestimmten Bauweise nur wegen dessen falscher Auskunft zur Genehmigungsfähigkeit zugestimmt hat. Das hat zur Folge, dass der Besteller als Schadensersatz die Kosten erstattet verlangen kann, die ursächlich auf die mangelhafte Planungsleistung zurückzuführen sind, wozu auch die Kosten für die Beseitigung des ursprünglich nicht gewollten Gebäudes gehören.
Für eine Erstattung von nur subjektiv als solche empfundenen Schäden lässt sich aus dieser Entscheidung nichts herleiten. Ebenso wenig bietet sie eine Grundlage dafür, dass hypothetisch mögliche, aber tatsächlich nicht entstandene Kosten zu ersetzen wären. Das Vorbringen des Klägers, für das – nicht durchgeführte – Entfernen des bereits betonierten Kellers und die Errichtung an der richtigen Stelle wären 100.000 € aufzuwenden gewesen, ist deshalb nicht geeignet, den geltend gemachten Anspruch auf einen „Mindestschaden“ in Höhe von 25.000 € zu stützen. Im Übrigen unterscheidet sich der Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs – bei dem wegen einer fehlerhaften Auskunft ein anderes Gebäude als das gewollte geplant und gebaut wurde – wesentlich von dem hier vorliegenden, bei dem das Gebäude in der tatsächlich gewollten Ausführung auf dem Grundstück um zwei Meter verschoben wurde.
2. Das Landgericht musste dem Beweisangebot zum Erlass des Honorars des Beklagten aus der Rechnung vom 12.03.2012 über 1.249,50 € nicht nachgehen. Der Kläger hatte zwar mit Schriftsatz vom 10.07.2015, S. 6 (Bl. 35 d.A.) vorgetragen und durch die Zeugin … unter Beweis gestellt, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger ausdrücklich auf die Bezahlung dieser Rechnung verzichtet habe. Der Beklagte hat jedoch mit Schriftsatz vom 10.09.2015 (S. 2, Bl. 60 d.A.) vorgetragen, dass er zu keinem Zeitpunkt Kontakt mit einer Frau … gehabt habe und zu keinem Zeitpunkt auf sein Honorar verzichtet habe. Er hat zugleich das Beweisangebot als Ausforschungsbeweis beanstandet und gerügt, es sei schon nicht angegeben, wann eine solche Erklärung abgegeben worden wäre. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.09.2015 (S. 3, Bl. 66 d.A.) daran festgehalten, dass der Beklagte auf die Bezahlung der Rechnung ausdrücklich verzichtet habe, und seinen diesbezüglichen Vortrag dahin ergänzt, dass der Beklagte in einem Telefonat mit dem Kläger eingeräumt habe, dass er den Vermessungsfehler zu verantworten habe. Im Nachgang zu dem Telefonat habe er das Schreiben vom 07.04.2012 zugesandt, in welchem er nochmals ausdrücklich seinen Fehler einräume. Er hat in dem Schriftsatz vom 21.09.2015 weder erneut die Zeugin … benannt noch vorgetragen, bei welcher Gelegenheit diese eigene Wahrnehmungen zu dem behaupteten Verzicht des Beklagten gemacht haben könnte.
Nachdem der Kläger auf die ausdrückliche Rüge des Beklagten hin nichts dazu vorgetragen hat, woraus sich eine Kenntnis der dazu benannten Zeugin für den behaupteten Verzicht des Beklagten ergeben soll, konnte das Landgericht die Benennung dieser Zeugin als Beweisangebot ins Blaue hinein betrachten. Das gilt umso mehr, als der Kläger sich im Schriftsatz vom 21.09.2015 nur mehr auf ein Telefonat zwischen ihm selbst und dem Beklagten und das folgende Schreiben vom 07.04.2012 stützt. Aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 07.04.2012 selbst (Anlage K 5) musste das Landgericht nicht von einem Verzicht ausgehen. Ein solcher ist darin nicht erklärt. Vielmehr bestätigt der Beklagte lediglich, dass er „wie telefonisch besprochen“ für die Kosten der Tektur sowie die Kosten des 2 Meter längeren Grabens für die Sparten Elektro, Wasser und Kanal tragen werde.
Der Senat empfiehlt, die Berufung zurückzunehmen. Auf Ziffer 1222 des Kostenverzeichnisses wird hingewiesen.


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