Baurecht

Kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot bei Errichtung eines elektrischen Weidezauns im Außenbereich

Aktenzeichen  AN 3 S 17.01012

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 34, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1
BauNVO BauNVO § 15
BayBO BayBO Art. 3, Art. 59
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den Vorschriften des Städtebaurechts steht, sondern ein an Normen gebundenes Instrument zur Konfliktbewältigung im Einzelfall und es ist in den einzelnen bauplanungsrechtlichen Bereichen unterschiedlich ausgestaltet. Im Außenbereich ist das Gebot der Rücksichtnahme als ungeschriebener Belang im gesetzlich nicht abgeschlossenen Katalog der berührten Belange des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB zu berücksichtigen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein elektrischer Weidezaun stellt keine Gefahr für Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Leben von Menschen dar, wenn die laut DIN EN 60335-2-76: 2015-08 zur Sicherheit von Mensch und Tier bei Elektrozaungeräten geltenden Grenzwerte eingehalten werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die persönlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer oder Nutzer, wie zB besondere Empfindlichkeiten oder gesundheitliche Gegebenheiten, können und dürfen demnach bei der Zumutbarkeitsbewertung von Belästigungen oder Störungen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme keine Rolle spielen. Abzustellen ist vielmehr auf das Empfinden von „durchschnittlichen Grundstückseigentümern“. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Bescheid des Landratsamtes … vom 4. Mai 2017 wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Koppelzaunes auf den Grundstücken FlNrn. …, … und … der Gemarkung … erteilt. Der Zaun soll dabei entlang der … als ein mit drei Strombändern abgesicherter Zaun mit zwei Holzriegelreihen errichtet werden, an den übrigen Grundstücksgrenzen, so insbesondere auch an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück der Antragstellerin, FlNr. … der Gemarkung …, welches südöstlich des Grundstücks FlNr. … liegt, als dreireihiger Elektrozaun. Sowohl die zur Errichtung des Bauvorhabens vorgesehenen Grundstücke/Grundstücksflächen als wohl auch das Antragstellerinnengrundstück befinden sich im Außenbereich.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. Juni 2017 ließ die Antragstellerin Klage erheben und zugleich Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der genehmigte Zaun solle direkt an der Grundstücksgrenze (FlNr. … zum Grundstück der Antragstellerin FlNr. …*) errichtet werden. Auf dem Grundstück der Antragstellerin befänden sich in unmittelbarer Nähe der Grundstücksgrenze Bäume. Bei Gewitter bestehe die Gefahr, dass der elektrisch geladene Zaun einen Blitz auf diese Bäume überleite und diese Feuer fingen. Zudem befinde sich in der Nähe der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Antragstellerin ein Gebäude, das ebenfalls Feuer fangen könne.
Des Weiteren habe die Antragstellerin öfters Besuch von den 12 und 2 Jahre alten Kindern ihres Neffen. Es bestehe die Gefahr, dass diese den mit Strom befassten Zaun berührten und sich erhebliche Verletzungen zufügten. Auch das 6 Jahre alte Nachbarmädchen spiele auf dem Grundstück der Antragstellerin.
Die Antragstellerin selbst leide an Kreislaufstörungen mit starken Schwindelanfällen und rezidivierenden Kollapszuständen. Es bestehe somit auch die Gefahr, dass die Antragstellerin in der Nähe ihrer Grundstücksgrenze einen Schwindelanfall erleide und direkt in den Elektrozaun stürze. Auch Mäharbeiten und die Gartenpflege in der Nähe der Grundstücksgrenze seien nicht mehr möglich. Die Antragstellerin sei in der Nutzung ihres Eigentums extrem eingeschränkt.
Die Mutter der Antragstellerin, die sich ebenfalls oft auf dem Grundstück aufhalte, habe einen Herzschrittmacher. Personen mit Herzschrittmachern dürften sich nicht in der Nähe von elektrisch geladenen Weidezäunen aufhalten, da die Gefahr eines Stromschlags auch ohne Berührung des Zaunes bestehe. Der Kontakt mit Elektrozäunen könne nicht nur zu Verbrennungen, sondern auch zu Herzrhythmusstörungen führen. Der Ehemann der Antragstellerin leide bereits an Herzrhythmusstörungen. Sofern dieser in Kontakt mit dem Elektrozaun käme, und sei es auch nur, um ein Kind vom Zaun zurückzuziehen, so bestehe für diesen die Gefahr des Herzstillstandes, da die Kombination zweier verschiedener Herzrhythmusstörungen zum Stillstand des Herzens führen könne.
Die Errichtung eines Elektrozauns direkt an der Grundstücksgrenze, welche zu derart gravierenden Gefahren für die Nutzung des Grundstücks und das Leben der dort lebenden Bewohner führe, verstoße massiv gegen das Gebot der Rücksichtnahme und gegen Sicherheitsvorschriften und Brandschutzvorschriften.
Bei Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO könne ein nach den maßgeblichen Vorschriften grundsätzlich zulässiges Vorhaben im Einzelfall unzulässig sein, wenn von ihm unzumutbare Beeinträchtigungen ausgingen und dadurch die gebotene Rücksichtnahme zu vermissen sei.
Der zu errichtende Elektrozaun aus Metall an der Grenze der streitgegenständlichen Grundstücke stelle eine unzumutbare Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar und führe zu erheblichen Gefahren für die Antragstellerin und deren Angehörige in der Grundstücksnutzung.
Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 BayBO vor. Dieser vermittle ebenfalls Drittschutz, da gerade das Leben und die Gesundheit der Antragstellerin und ihrer Angehörigen durch das Bauvorhaben stark gefährdet sei.
Auf der Seite der Bauherrin seien keine Interessen ersichtlich, die den Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in irgendeiner Weise rechtfertigen würden. Ein Elektrozaun sei nämlich für die Nutzung des Grundstücks als Pferdekoppel an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Antragstellerin gar nicht notwendig. Direkt im Anschluss an die Grundstücksgrenze befinde sich ein Hang auf der Seite des Grundstücks der Antragstellerin. Die Pferde der Beigeladenen könnten den Hang ohnehin nicht „hinaufklettern“, so dass in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen für die Pferde ohnehin keine Fluchtgefahr bestehe. Zudem würde ein einfacher Holzzaun ohne Weidezaunbänder zur Verhinderung der Flucht ohnehin ausreichen.
Auf Grund der Gefährlichkeit wäre auch ein Mindestabstand von 1,5 m bis 2 m an der Grenze einzuhalten. So wäre gewährleistet, dass von diesem Zaun für die Bewohner des Nachbargrundstücks keine Gefahr ausgehe.
Die Antragstellerin sei auf Grund des Verstoßes in ihrem Eigentumsrecht nach Art. 14 GG, in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG und in der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Zudem liege ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach Art. 15 Abs. 1 BauNVO vor.
Es wird beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 2. Juni 2017 gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 4. Mai 2017 über die Baugenehmigung eines Koppelzauns auf dem Grundstück …, …, Gemarkung …, FlNrn. …, …, … wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt
Antragsablehnung.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das beantragte Vorhaben sei im Rahmen des Art. 59 BayBO geprüft worden, Art. 3 BayBO sei nicht im Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO enthalten und damit nicht Gegenstand der erteilten Baugenehmigung.
Weiter liege das streitgegenständliche Bauvorhaben im Außenbereich und sei gemäß § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Auf die nach § 35 BauGB über das Bauen im Außenbereich zu beurteilenden Vorhaben sei § 15 BauNVO nicht anzuwenden. Maßgeblich für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs bei Außenbereichsvorhaben sei allein die Frage, ob das genehmigte Vorhaben hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen der Antragstellerin die gebotene Rücksicht nehme.
Eine entsprechende erforderliche unzumutbare Beeinträchtigung sei vorliegend nicht substan-tiiert geltend gemacht worden. So sei festzustellen, dass es sich bei dem bauaufsichtlich genehmigten Zaun um keine Hochspannungsleitung, sondern lediglich um handelsübliche Weidezaunbänder im Niedervoltbereich, welche nicht geeignet seien, Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier zu verursachen, handele. Gleiches gelte für angebliche Brandgefahren ausgehend von Blitzschlägen und dergleichen. Auch fehle der bodenrechtliche Bezug und damit die Zuordenbarkeit zum streitgegenständlichen Vorhaben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Streitgegenstand vorliegenden Antrags ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der der Beigeladenen durch den Antragsgegner mit Bescheid vom 4. Mai 2017 erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines Koppelzaunes auf den Grundstücken FlNrn. …, …, …, Gemarkung …
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerseite und der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rn. 152), wobei vorrangig die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.
Nach diesen Grundsätzen muss der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ohne Erfolg bleiben.
Nach Überzeugung der Kammer hat die Klage gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 4. Mai 2017 keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste.
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z.B. BVerwG v. 6.10.1989 – 4 C 40.87 – juris).
Auf Grund der im vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Überprüfung ist festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aller Voraussicht nach nicht gegeben ist.
Einzig das Gebot der Rücksichtnahme verleiht dem Nachbarn einer im Außenbereich erteilten Baugenehmigung ein Abwehrrecht. Das Gebot, auf schutzwürdige Individualinteressen Rücksicht zu nehmen, wird zwar in § 35 Abs. 3 BauGB nicht ausdrücklich aufgeführt, seine Qualität als öffentlicher Belang ist aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG v. 6.12.1967 – 4 C 94.66 – juris). Es hat im Beispielkatalog des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB insofern Niederschlag gefunden, als es sich bei dem Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden, um nichts anderes als um eine besondere gesetzliche Ausformung dieses Gebotes, wenn auch eingeschränkt auf Immissionskonflikte, handelt (vgl. BVerwG v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – juris). Die Vorschrift des § 35 BauGB – die Außenbereichslage der hier inmitten stehenden Grundstücke ist eindeutig – wirkt nicht aus sich heraus bereits nachbarschützend, sondern nur über das Gebot der Rücksichtnahme. Die Antragstellerin ist nicht Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit an einem gesetzmäßigen Verwaltungsvollzug (vgl. BayVGH v. 29.5.1995 – 14 CS 95.879 – juris). Das Rücksichtnahmegebot ist dabei jedoch auch keine allgemeine Härteklausel, die über den Vorschriften des Städtebaurechts steht, sondern ein an Normen gebundenes Instrument zur Konfliktbewältigung im Einzelfall und es ist in den einzelnen bauplanungsrechtlichen Bereichen unterschiedlich ausgestaltet. Im hier inmitten stehenden Außenbereich ist, wie bereits ausgeführt, als grundsätzlich drittschützend anerkannt § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, soweit es um schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG geht. Im Übrigen ist das Gebot der Rücksichtnahme als ungeschriebener Belang im gesetzlich nicht abgeschlossenen (vgl. „insbesondere“) Katalog der berührten Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu berücksichtigen.
Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist vorliegend aller Voraussicht nach nicht gegeben.
Der streitgegenständliche Elektrozaun stellt nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Gefahr für Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Leben von Menschen dar. Ein elektrischer Weidezaun, dies gilt auch für die vorliegend teilweise zur Verwendung kommenden Strombänder, sende für Menschen ungefährliche Impulse kurzer Dauer aus. Laut DIN EN 60335-2-76: 2015-08 gelten zur Sicherheit von Mensch und Tier bei Elektrozaungeräten folgende Grenzwerte:
Der Impulsabstand muss größer als eine Sekunde sein und die Impulsenergie im 500 Ohm-Anteil der Standardlast darf nicht größer als 5 Joule sein. Des Weiteren müssen Elektrozäune so montiert werden, dass sie keine elektrische Gefahr für Menschen, Tiere oder deren Umgebung darstellen.
Es ist demnach auf Grund der hier nur vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht anzunehmen, dass der streitgegenständlich genehmigte Weidezaun geeignet wäre, Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier zu verursachen.
Soweit die Antragstellerin vortragen lässt, dass sich die Gefahren insbesondere aus ihrer gesundheitlichen Situation bzw. der ihres Ehemannes und ihrer Mutter ergäben, ist darauf hinzuweisen, dass der persönliche Gesundheitszustand der Antragstellerin und der ihr Grundstück mitbenutzender weiterer Personen insoweit keine Berücksichtigung finden kann.
Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im Urteil vom 23. September 1999, 4 C 6.98 – juris, Folgendes ausgeführt:
„Das Bauplanungsrecht regelt die Nutzbarkeit der Grundstücke in öffentlich-rechtlicher Beziehung auf der Grundlage objektiver Umstände und Gegebenheiten mit dem Ziel einer möglichst dauerhaften städtebaulichen Ordnung und Entwicklung. Dementsprechend stellt das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht „personenbezogen“ auf die Eigentumsverhältnisse oder die Nutzungsberechtigten zu einem bestimmten Zweck ab, (vgl. Senatsbeschlüsse v. 15.7.1987 – BVerwG 4 B 151.87 – Buchholz 406.11, § 34 BBauG Nr. 121 und v. 14.2.1994; BVerwG 4 B 152.93 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 121). Daraus ergibt sich nicht nur, dass die persönlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer oder Nutzer, wie z.B. für besondere Empfindlichkeiten oder der Gesundheitszustand, bei der Bewertung von Lärmimmissionen im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Rolle spielen (siehe auch B.v. 5.3.1984, BVerwG 4 B 20.84 – Buchholz 406.11, § 34 BBauG Nr. 99).“
Die persönlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer oder Nutzer, wie z.B. besondere Empfindlichkeiten oder gesundheitliche Gegebenheiten, können und dürfen demnach bei der Zumutbarkeitsbewertung von Belästigungen oder Störungen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme keine Rolle spielen (vgl. BVerwG v. 5.3.1984 – 4 B 20.84 – juris). Abzustellen ist vielmehr auf das Empfinden von „durchschnittlichen Grundstückseigentümern“.
Unter Außenvorlassen der geltend gemachten persönlichen Besonderheiten der Antragstellerin und der weiteren Grundstücksbenutzer verbleibt es demnach bei der oben gemachten Feststellung, dass aller Voraussicht nach durch einen elektrischen Weidezaun, wie er mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamtes Fürth genehmigt wurde, das nachbarliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt wird.
Soweit sich die Antragstellerin auf eine Verletzung des ihr Drittschutz vermittelnden Art. 3 BayBO beruft, ist, wie seitens des Antragsgegners bereits ausgeführt, darauf hinzuweisen, dass im vorliegend durchgeführten vereinfachten Genehmigungsverfahren diese Vorschrift nicht zum Prüfungsumfang und damit nicht zum Genehmigungsinhalt gehört.
Auch die antragstellerseits geäußerten Befürchtungen zum Entstehen von Bränden durch Blitzschlag sind bei Zäunen wie dem streitgegenständlich inmitten stehenden nach dem Stand der Technik nicht wahrscheinlich, so dass auch in dieser Hinsicht eine Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme wohl zu verneinen ist.
Nach alldem ist festzustellen, dass im Hinblick auf das Erfordernis einer Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die allein sich die Antragstellerin berufen könnte, nach summarischer Prüfung ein Erfolg ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. Mai 2017 nicht wahrscheinlich scheint. Dies spricht für ein überwiegendes Interesse der Beigeladenen am Beibehalten der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der ihr erteilten Baugenehmigung. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, das Antragstellerininteresse an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage dennoch höher zu bewerten, sind nicht ersichtlich, so dass es bei der vom Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB getroffenen Entscheidung bleibt.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. Mai 2017 war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.


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