Baurecht

Keine Haftung des Architekten für mangelhafte Leistung des Statikers

Aktenzeichen  9 O 4078/13

Datum:
23.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 111238
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 635

 

Leitsatz

Ein Architekt darf grundsätzlich auf die Richtigkeit der Leistung des Statikers vertrauen, der über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt und gerade deswegen beauftragt worden ist, sofern sich der Fehler nicht geradezu aufdrängt (Anschluss OLG Stuttgart BeckRS 2008, 2362213). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die (übrige) Klage (gegen die Beklagten 1a und 1b) wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Beklagten ( zu 1 a und 1b) gegen Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird bis 27.11.2014 auf 91.000,00 € und ab 28.11.2014 auf 175.598,41 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagten (1a und 1b) als Erben von … müssen der Klägerin für ihre geltend gemachten Kosten zur Behebung von Schäden in der Tiefgarage der Gebäude …, … und … in … keinen Ersatz leisten (§ 635 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung).
1. Die (Werk-) Planung von … hat keine Fehler aufgewiesen.
a) Der Sachverständige Dipl.-Ing. … hat bei seiner Anhörung am 26.11.2014 bestätigt, das verwendete Material (Ottoseal S. 54) sei geeignet gewesen, die Fugen zwischen Asphalt und Wänden / Stützen dicht zu schließen.
b) Nach den klaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 26.11.2014 ist eine zusätzliche Verblechung (Verwahrung) zur Abdichtung der Fugen entbehrlich gewesen.
c) Eine unzureichende Dimensionierung der Rinne an der Einfahrt zur Tiefgarage hat sich nicht erweisen lassen.
d) … hat unter dem Asphalt keine an den den Wänden und Stützen der Tiefgarage hoch zu ziehende Abdichtung planen müssen.
(1) Der Sachverständige … hat bei seinen Anhörungen am 03.12.2012 und 26.11.2014 erläutert, dass nach der bis 2001 geltenden DIN 1045 eine zusätzliche Abdichtung nicht erforderlich gewesen ist, falls durch Güte und Überdeckung des Betons ein ausreichender Schutz der Bewehrung hat erreicht werden können. Da dem Statiker (…) keine genaue Ausführung bekannt gewesen ist, hat er als Nennmaß der Betondeckung 5 cm planen und mitteilen müssen.
(2) Die Planung der Überdeckung des Betons ist Aufgabe des Statikers … gewesen. Dessen (Schal- und Bewehrungs-) Pläne hat … auf das nötige und richtige Maß der Deckung nicht überprüfen müssen. Dazu hat kein Anlass bestanden. Denn ein Architekt darf auf die Richtigkeit der Leistung des Statikers vertrauen, der über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt und gerade deswegen beauftragt worden ist (OLG Stuttgart, 13 U 83/07, Urteil vom 13. Dezember 2007). Ein offensichtlicher Fehler, der sich … hat aufdrängen müssen, ist bei einer Abweichung von 1 cm zu der in technischen Regeln vorgegebenen Stärke der Deckung zu verneinen.
(3) Das gilt auch dann, falls … selbst über genauere statische Kenntnisse verfügt hat. Denn vorliegend ist … (auf Vorschlag von …) als Fachmann zugezogen worden. Im übrigen genügt der Umstand, dass auf dem Briefkopf von … „Statik“ als Tätigkeit (mit-) aufgeführt gewesen ist, nicht für einen zwingenden Schluss auf dessen eigene Sachkunde zur genauen Überdeckung von Bewehrungen. Ferner belegt diese Angabe im Briefkopf lediglich das Angebot von …, auch Projekte mit statischen Fragen zu übernehmen. Zu deren Bearbeitung haben aber fachlich geeignete Statiker zugezogen werden können.
(4) Der Architekt … und der Statiker … haben nicht in der Art und Weise bei der Planung der Betondeckung zusammen gearbeitet, dass ihre gesamtschuldnerische Haftung angenommen werden muss. Für einen fachlichen Austausch zwischen diesen beiden Personen zur Deckung der Bewehrung besteht kein Anhalt. Hieran hat der Zeuge … keine Erinnerung. Daher hat er eher verneint, dass ihm … genaue Vorgaben zur Deckung des Betons gemacht hat.
(5) … kann eine unzureichende Planung der Überdeckung durch den Statiker … nicht zugerechnet werden. Denn letzterer ist nicht von …, sondern von der Klägerin beauftragt gewesen. Das hat … bei seiner Vernehmung glaubhaft bekundet. Das ist zudem bestätigt durch den Umstand, dass nicht …, sondern die Klägerin das Honorar von … an ihn bezahlt hat.
2. Daneben ist nicht erwiesen, dass … das Abdichten der Fugen ungenügend überwacht hat. Zwar hat der Sachverständige … geäußert, dass unordentliches Anbringen der Abdichtung eine mögliche Erklärung für das unter den Asphalt gelangte Wasser sein kann. Dieses Wasser kann nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen … aber auch durch den Asphalt selbst nach unten auf die Bodenplatte gelangt sein. Zudem sind kleinere Risse oder Lücken in der Abdichtung der Fugen mit bloßem Auge nicht zu erkennen gewesen. Denn sowohl der Asphalt als auch das verwendete Material sind jeweils schwarz und elastisch gewesen sind, so dass sich Risse nicht abgezeichnet haben. Mehr als Besichtigung des in den Fugen angebrachten Materials hat … aber nicht vornehmen müssen und können.
3. Ferner hat … die Klägerin auf regelmäßiges Überprüfen und Warten der Fugen nicht hinweisen müssen. Die Klägerin ist selbst erste Verwalterin der Gebäude gewesen. Zudem hat sie als Bauträgerin über das erforderliche fachliche Wissen verfügt.
4. Damit bedürfen die Höhe und Erforderlichkeit der von der Klägerin behaupteten Kosten zur Behebung der Mängel sowie die Einrede der Verjährung keiner Klärung und Entscheidung.
II.
Die Klägerin muss als Unterlegene die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.


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