Baurecht

Nachbarklage auf Aufhebung einer Baugenehmigung

Aktenzeichen  15 ZB 21.2360

Datum:
6.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41338
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
BayBO Art. 10, Art. 59
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Eine eventuelle objektive Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung verhilft einer hiergegen gerichteten Anfechtungsklage eines Nachbarn nicht zum Erfolg; Dritte können sich nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Baugenehmigung kann Rechte eines Nachbarn verletzen, wenn sie unter Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist, was der Fall ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. mangels konkretisierender Inhalts- oder Nebenbestimmungen der Gegenstand und/oder der Umfang der Baugenehmigung und damit des nachbarlichen Störpotenzials bei deren Umsetzung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Statische Fragen einschließlich Fragen der Tragfähigkeit des Baugrunds sind gem. Art. 10 BayBO (auch in Bezug auf den Schutz von Nachbargrundstücken, Art. 10 Satz 3 BayBO) nicht vom Prüfprogramm des vereinfachten Prüfprogramms gem. Art. 59 BayBO umfasst, sodass insofern eine Nachbarrechtsverletzung von vornherein ausscheidet (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Den gesetzlichen Anforderungen an eine gesicherte Erschließung kommt keine drittschützende Wirkung zu; allenfalls in Fällen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes zur Folge hat (maßgeblich für den Fall, dass die Umsetzung der Baugenehmigung die Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB auf dem Nachbargrundstück bewirkt), kann bei fehlender Erschließung ausnahmsweise über den über Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsschutz ein Genehmigungsabwehranspruch begründet sein. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 21.634 2021-07-26 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Das Landratsamt R. erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 9. März 2021 im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) eine Baugenehmigung für den Neubau einer gewerblichen Lagerhalle auf dem im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung gelegenen Baugrundstück (FlNr. … der Gemarkung J.).
Die Klägerin ist Eigentümerin des nördlich / nordöstlich des Baugrundstück gelegenen, durch ein privates Weggrundstück von diesem getrennten und mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. … (ebenfalls Gemarkung J.). Ihre auf Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 9. März 2021 gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Juli 2021 ab. Laut den Entscheidungsgründen verletze der angefochtene Bescheid die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Die Baugenehmigung sei nicht in nachbarschutzrelevanter Weise unbestimmt. Die Immissionsrichtwerte der TA Lärm würden in der Nachbarschaft nicht überschritten, sodass die Klägerin keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt werde und ein Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot zu ihren Lasten ausscheide. Angesichts der Lage des Baugrundstücks im bauplanungsrechtlichen Außenbereich scheide ein sog. Gebietserhaltungsanspruch aus. Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an einzuhaltende Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) seien gewahrt, was zudem indiziere, dass nachbarliche Belange hinsichtlich Belichtung und Belüftung nicht in unzumutbarer Weise berührt seien.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, verfolgt der Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügen.
1. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
a) Der Vorwurf in der Antragsbegründung, die im Urteil angegebene Himmelsrichtung im Verhältnis zwischen dem Vorhaben des Beigeladenen und dem Grundstück der Klägerin sei unrichtig und dass deswegen die richterlichen Schlussfolgerungen unzutreffend seien, ist unberechtigt. In der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts finden sich tatsächlich keine Ausführungen, die im Widerspruch zur Lage des genehmigten Vorhabens südlich / südwestlich des klägerischen Anwesens stehen. Vielmehr heißt es im Tatbestand des Urteils vom 26. Juli 2021 völlig richtig, dass sich „nördlich angrenzend“ zum Standort des genehmigten Vorhabens „das teilweise als Privatweg genutzte Grundstück FlNr. …“ befindet und dass sich daran das Grundstück der Klägerin nördlich anschließt (UA S. 2). Im Übrigen legt die Antragsbegründung nicht substantiiert dar, welche richterlichen Schlussfolgerungen aufgrund einer vermeintlich falschen Himmelsrichtungseinordnung falsch sein sollen und inwiefern sich dies konkret auf nachbarliche Rechte auswirken könnte.
b) Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Betriebsabläufe und der Zweck der Halle nicht ausreichend klar für einen betroffenen Nachbarn aus der Baugenehmigung erkennbar seien und dass deshalb im angegriffenen Urteil die Unbestimmtheit des Bescheids gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verkannt worden sei, vermag die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht erfolgreich darzulegen.
Die Klägerin lässt im Zulassungsverfahren hinsichtlich der behaupteten Unbestimmtheit der Baugenehmigung ausführen, das Verwaltungsgericht habe ihr zu Unrecht vorgeworfen, dass sie die wesentlichen Betriebsabläufe nicht beschrieben habe. Dazu sei sie aber gar nicht imstande und das sei in ihrer prozessualen Rolle als Klägerin auch nicht ihre Aufgabe. Vielmehr müsse der ihrerseits erfolgte Hinweis ausreichen, dass die genehmigte Halle objektiv rechtswidrig und zudem für den Betrieb des Beigeladenen nicht erforderlich sei. Die Forderung des Erstgerichts, dass sie die nachbarlichen Betriebsabläufe beschreiben müsse, weil sie wisse, dass der Beigeladene einen Sanitäts- und Heizungsbetrieb innehabe, sei unberechtigt. Allein diese Kenntnis lasse für einen Laien nicht den Schluss auf konkrete Abläufe in der neuen Halle zu.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin den Anforderungen an die Darlegung der Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht genügt. Eine eventuelle objektive Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung verhilft einer hiergegen gerichteten Anfechtungsklage eines Nachbarn nicht zum Erfolg. Dritte – wie hier die Klägerin – können sich nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 15 CS 21.1081 – juris Rn. 23). Eine Baugenehmigung kann Rechte eines Nachbarn verletzen, wenn sie unter Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist. Das ist dann der Fall, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen bzw. mangels konkretisierender Inhalts- oder Nebenbestimmungen der Gegenstand und / oder der Umfang der Baugenehmigung und damit des nachbarlichen Störpotenzials bei deren Umsetzung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 16 m.w.N.; B.v. 14.9.2021 – 15 ZB 21.463 – juris Rn. 14 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat sich im angegriffenen Urteil schon im Tatbestand mit dem Inhalt der (im Bescheid vom 9. März 2021 ausdrücklich zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärten) Betriebsbeschreibung des Beigeladenen vom 20. Januar 2021 und dem dort definierten Betriebszweig (Ausbau- bzw. Montagebetrieb in den Bereichen Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsbau) sowie den dort konkret dargestellten Betriebszeiten und Betriebsabläufen (u.a. mit den An-, Ab- und Rückfahrten, den eingesetzten Firmenfahrzeugen sowie der Anzahl der Beschäftigten und ihrer jeweiligen Funktion) eingehend beschäftigt (UA S. 3). Hierauf aufbauend ist es in den Entscheidungsgründen (UA S. 6 f.) unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsgrundsätze zu dem Ergebnis gekommen, dass nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung mit diesem Inhalt eine nachbarrechtsrelevante Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigung nicht ersichtlich ist. Hiermit hat sich die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung nicht substantiiert auseinandergesetzt. Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren geht in der Sache nicht über ihren insoweit bereits pauschalen und unkonkreten Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. Schriftsatz vom 29. Juni 2021) hinaus. Insbesondere geht die Zulassungsbegründung nicht auf den konkreten Inhalt der Betriebsbeschreibung ein. Ebenso wenig erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Erwägung in den Entscheidungsgründen, dass für den Fall, dass die Betriebsbeschreibung wesentliche Betriebsabläufe nicht ausgeführt haben sollte, die Baugenehmigung deshalb nicht rechtswidrig sei, sondern dass diese Betriebsteile / Betriebsabläufe dann vielmehr auch unter Berücksichtigung immissionsschutzbezogener Nebenbestimmungen nicht von der Legalisierungswirkung der Baugenehmigung umfasst wären.
Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung ernstlicher Zweifel an der Urteilsrichtigkeit gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte – und auch in sich schlüssige – Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Diesen Anforderungen ist hier mit dem (erneuten) Vorwurf der Unbestimmtheit der Baugenehmigung nicht entsprochen worden. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 1.2.2021 – 15 ZB 20.747 – juris Rn. 32).
c) Auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe eine im Hinblick auf Standfestigkeitsfragen und Überschwemmungsgefahren problematische Hanglage unberücksichtigt gelassen, kann die Richtigkeit der erstinstanzlichen Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht nicht infrage stellen.
Im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren wurde die Hanglage als potenzielles Problem nicht thematisiert. In der Antragsbegründung lässt die Klägerin hierzu erstmals – ohne weitere sachverständige oder sonstige empirische Untermauerung – pauschal vorbringen, das Vorhabengrundstück liege „gut zwei Meter über dem Klägergrundstück“ und dass hieraus „unmittelbar die Unzumutbarkeit der genehmigten Bebauung in nachbarlicher Hinsicht“ resultiere, weil „sowohl der Hangdruck und die mögliche statische Situation als auch die Überschwemmungssituation (…) nicht betrachtet“ worden seien.
Statische Fragen einschl. Fragen der Tragfähigkeit des Baugrunds sind gem. Art. 10 BayBO (auch in Bezug auf den Schutz von Nachbargrundstücken, Art. 10 Satz 3 BayBO) nicht vom Prüfprogramm des hier einschlägigen vereinfachten Prüfprogramms gem. Art. 59 BayBO umfasst, sodass insofern eine Nachbarrechtsverletzung gerade durch die streitgegenständliche Baugenehmigung von vornherein ausscheidet (BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 1 CS 16.2009 – juris Rn. 3; B.v. 14.2.2019 – 15 CS 18.2487 – DVBl 2019, 932 = juris Rn. 20). Dasselbe gilt für die Anforderungen aus Art. 11 BayBO, wonach bauliche Anlagen so zu errichten sind, dass u.a. durch Wasser keine Gefahren oder unzumutbare Belastungen entstehen (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 12.8.2013 – W 5 K 12.623juris Rn. 33 m.w.N.). Sollten nachbarliche Belastungen im Falle von Hanglagen aufgrund statischer / baugrundbezogener Fragen sowie aufgrund wild abfließenden Oberflächenwassers überhaupt von dem gem. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme erfasst sein (im Verhältnis zu Art. 10 BayBO vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 1 CS 16.2009 – juris Rn. 5; im Zusammenhang mit dem Abfluss von Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser vgl. BayVGH, B.v. 9.4.2021 – 9 CS 21.464 – juris Rn. 16 ff.; NdsOVG, B.v. 15.9.2021 – 1 ME 100/21 – ZfBR 2021, 1931 = juris Rn. 10 ff.), ist im vorliegenden Fall weder nach Aktenlage ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen bzw. sachverständig / empirisch untermauert worden, dass ihr diesbezüglich unzumutbare Belastungen drohen könnten. Die auf Seite 2 der Antragsbegründung vom 4. Oktober 2021 lediglich in einem Satz angesprochene Thematik geht über eine pauschale Befürchtung „ins Blaue hinein“ nicht hinaus und erfüllt nicht im Ansatz die Darlegungsobliegenheiten an die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (s.o.). Im Übrigen hatte der Beigeladene mit einem von ihm am 11. Februar 2021 unterschriebenen Formblattschreiben gegenüber dem Landratsamt versichert, dass das „gesamte Niederschlagswasser, das von den Dachflächen und evtl. befestigten Flächen (…) anfällt, (…) in einen gemeindlichen Regenwasserkanal oder Mischwasserkanal eingeleitet“ wird (Bl. 33 der Baugenehmigungsakte des Landratsamts G-2181-2020), ohne dass im Baugenehmigungsverfahren von irgendeiner Seite in Zweifel gezogen worden ist, dass dies nicht bewerkstelligt werden kann.
d) Auch die erstmals im Zulassungsverfahren von der Klägerin erhobene Rüge, die genehmigte Halle führe im Falle ihrer Umsetzung zu einer unzumutbaren Lärmbelastung, weil der Straßenverkehr auf der nahegelegenen Ortsumgehungs straße und auf der betroffenen Erschließungsstraße einen Fahrzeuglärm auslöse, der in unzumutbarer Weise von der zukünftigen Hallenwand auf ihr Anwesen reflektiere, vermag die Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung substantiiert nicht zu begründen. Unabhängig davon, dass allgemeiner Verkehrslärm, der durch Reflexion einer baulichen Anlage auf ein Grundstück abgeleitet wird, schon grundsätzlich nicht zur Rechtswidrigkeit und zu einer Nachbarrechtsverletzung einer Baugenehmigung für diese bauliche Anlage am Maßstab des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots führt (vgl. BayVGH, B.v. 6.6.2006 – 15 ZB 04.3123 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 31.7.2006 – 25 CS 06.1705 u.a. – juris Rn. 4), erscheint es unter Berücksichtigung des Verlaufs der beiden genannten Straßen jeweils (süd-) östlich und (nord-) westlich des Baugrundstücks und des klägerischen Anwesens sowie der Lage der von Nordwest nach Südost ausgerichteten und dem klägerischen Anwesen gegenüberliegenden Längswand der geplanten Halle physikalisch kaum nachvollziehbar, dass es zu relevanten Reflexionen des Verkehrslärms dieser Straßen gerade auf das Anwesen der Klägerin kommen kann. Dies wäre jedenfalls erläuterungsbedürftig. Auch hinsichtlich dieses Einwands liegt mithin jedenfalls eine nicht hinreichend untermauerte Behauptung „ins Blaue hinein“ vor, die den Anforderungen des Darlegungsgebots aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht genügt.
e) Der Vortrag zur nicht gesicherten Erschließung ist ebenso wenig zur Begründung einer Berufungszulassung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geeignet. Die Antragsbegründung begrenzt sich diesbezüglich auf die pauschale Behauptung, die Erschließungsstraße sei „schmal und steil“ und dass deswegen – „zumal ohne Wendehammer“ – dem Erfordernis ausreichender gesicherter Erschließung vorliegend ausnahmsweise nachbarschützende Relevanz zukomme. Allein anhand der nicht näher erläuterten und daher unsubstantiierten Hinweise auf eine vermeintlich geringe Straßenbreite und auf die ansteigende Topografie kann nicht im Ansatz nachvollzogen werden, warum am Maßstab von § 35 Abs. 2 BauGB vorliegend die Erschließung nicht gesichert wäre. Der mit Genehmigungsstempel versehene Lageplan zur angefochtenen Baugenehmigung, wonach die betroffene Erschließungsstraße auf Höhe des Baugrundstücks und des Anwesens der Klägerin immerhin ca. 6 m breit sein dürfte, gibt insofern kaum Anlass zu Zweifeln. Im Übrigen kommt den gesetzlichen Anforderungen an eine gesicherte Erschließung keine drittschützende Wirkung zu (BayVGH, B.v. 18.2.2020 – 15 CS 20.57 – NVwZ-RR 2020, 671 = juris Rn. 30). Allenfalls in Fällen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes zur Folge hat (maßgeblich für den Fall, dass die Umsetzung der Baugenehmigung die Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB auf dem Nachbargrundstück bewirkt), kann bei fehlender Erschließung ausnahmsweise über den über Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Eigentumsschutz ein Genehmigungsabwehranspruch begründet sein (vgl. BayVGH, B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 14 m.w.N.). Für einen solchen Ausnahmefall gibt weder die Aktenlage noch das Vorbringen der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren etwas her. Auch ist weder dargelegt worden noch ansonsten ersichtlich, dass es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und deshalb zu unzumutbaren, mit dem Rücksichtnahmegebot unvereinbaren Nutzungseinschränkungen des klägerischen Anwesens kommen könnte (hierzu vgl. die Nachweise bei BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 15 CS 21.2447 – juris Rn. 25 m.w.N.).
f) Schließlich ist die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht aufgrund des (ebenfalls erstmals im Berufungszulassungsverfahren erhobenen) Einwands zweifelhaft, der Bau der genehmigten Halle führe zu einer gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Verschattung. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch aus Bauplanungsrecht, von jeder Beeinträchtigung der Belichtung, Belüftung und Besonnung verschont zu bleiben. Derartige Beeinträchtigungen sind vielmehr im Rahmen der Veränderung der baulichen Situation in bebauten Ortslagen grundsätzlich hinzunehmen. Zudem scheidet eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots regelmäßig aus tatsächlichen Gründen aus, soweit die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – BayVBl 2020, 444 = juris Rn. 23 m.w.N.). Sofern in besonderen Ausnahmefällen selbst bei Einhaltung der Anforderungen des Art. 6 BayBO eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots aufgrund des Heranrückens eines größeren Vorhabens möglich bleibt, fehlt es vorliegend jedenfalls an einer hinreichenden Darlegung einer ausnahmsweise aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls gegebenen unzumutbaren Betroffenheit. Die pauschale Behauptung einer „starken Verschattung“, einer „erheblichen Einschränkung der Gartennutzung“, „erhöhter Heiz- und Stromkosten“ sowie einer „kleinklimatischen Veränderung der Windverhältnisse“ genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO jedenfalls nicht. Im Übrigen kommt eine ausnahmsweise unzumutbare Verschattung mit Blick auf die hier gegebenen Abstände tatsächlich nicht ernstlich in Betracht.
2. Die Voraussetzungen einer Berufungszulassung wegen besondere tatsächlicher und / oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (hierzu vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.) sind ebenfalls nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. ergibt.
3. Die Berufung ist ferner nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Auch insofern genügt die Klägerin ihren Darlegungsobliegenheiten nicht. In der Antragsbegründung wird schon keine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert, die der Senat im Berufungsverfahren beantworten soll; die Klägerin legt auch der Sache nach nicht dar, welche entscheidungstragende Frage des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreits im Berufungsverfahren beantwortet werden müsste und warum diese Frage über den Einzelfall hinausgehend im Dienste der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer Klärung über ein Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 15 ZB 20.96 – juris Rn. 15 m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat und keinen sachdienlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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