Baurecht

Nachbarklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung

Aktenzeichen  22 ZB 20.1807

Datum:
20.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1692
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4, Abs. 5
BImSchG § 5 Abs. 1, Abs. 2, § 15, § 17 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Ist unklar, welche konkreten Anlagenteile und Anlagentypen an welchem konkreten Anlagenstandort genehmigt sind, betrifft dies den Anlagenkern und nachbarrechtsrelevante Genehmigungsvoraussetzungen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist Sache des Genehmigungsbescheids, den Gegenstand der Genehmigung einschließlich des genauen Standorts der Anlage zu bezeichnen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gibt es im Genehmigungsbescheid keine belastbaren Aussagen zur Leistung der Anlage und deren Lärmwerten sowie hinsichtlich der Lärmsituation, reicht es für den Nachbarschutz nicht aus, dass im Bescheid Immissionsrichtwerte festgesetzt werden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 7 K 17.1384 2020-06-22 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beigeladene hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beigeladene begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil, mit dem eine ihr erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufgehoben wurde.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem von ihr genutzten Wohnhaus bebauten Grundstücks. Auf einem etwa 120 m südöstlich gelegenen Grundstück betreibt die Beigeladene eine Maistrocknungsanlage.
Auf Grund von im Jahre 2012 erhobenen nachbarlichen Beschwerden wegen Staub- und Lärmimmissionen durch die Anlage der Beigeladenen stellte das Landratsamt Passau fest, dass für den vorhandenen Anlagenbestand die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht vorlag. Während des daraufhin eingeleiteten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens veranlasste das Landratsamt die Beigeladene zu Lärmmessungen durch Sachverständige; ferner führte das Landratsamt mehrfach selbst unangekündigte Lärmmessungen durch.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2017 erteilte das Landratsamt Passau der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Maistrocknungsanlage nach Maßgabe zahlreicher Nebenbestimmungen, insbesondere zur Luftreinhaltung und zum Lärmschutz. Mit Datum vom 24. Juli 2017 erließ das Landratsamt Passau einen Änderungsbescheid betreffend eine Nebenbestimmung für den Betrieb eines Nassmaisfüllelevators und den für den Lärmschutz maßgeblichen Immissionsort.
Auf Klage der Klägerin hob das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 22. Juni 2020 den Bescheid vom 13. Juni 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 24. Juli 2017 auf. Die streitgegenständliche Genehmigung sei in nachbarrechtsverletzender Weise unbestimmt, weil die Klägerin nicht zweifelsfrei erkennen könne, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm- und Staubimmissionen an ihrem Wohnhaus hervorgerufen würden. Die Unbestimmtheit folge aus dem unklaren Genehmigungsumfang.
Mit ihrem fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Beigeladene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie einen Verfahrensmangel geltend.
Die Klägerin ist dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegengetreten. Der Beklagte hat im Zulassungsverfahren von einer Äußerung abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung der Beigeladenen (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich nicht, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung vorliegen.
1. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht gegeben.
Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62f.).
1.1 Ernstliche Zweifel bestehen nicht hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts (UA, S. 7 ff.), dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu Lasten der Klägerin in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt ist.
1.1.1 Das Verwaltungsgericht (vgl. UA, S. 7 f.) ist unter Zugrundelegung von in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur entwickelten Grundsätzen davon ausgegangen, dass (auch) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gegenüber einem Nachbarn als Dritten i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt zu sein habe. Durch eine Unbestimmtheit werde der Nachbar jedoch nur dann in seinen Rechten verletzt, wenn sich die mangelnde Bestimmtheit gerade auf die Merkmale eines Vorhabens beziehe, deren genaue Festlegung erforderlich sei, um die Verletzung solcher Vorschriften auszuschließen, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Lasse sich auf Grund eines Bestimmtheitsmangels der Genehmigung nicht feststellen, ob bzw. in welchem Umfang der Nachbar in seinen drittschützenden Rechten betroffen sei, werde der Nachbar allein schon aus diesem Grunde in seinen Rechten verletzt. Daher genüge es für die Begründetheit der Anfechtungsklage, wenn für eine Verletzung der Schutzpflicht vor schädlichen Umwelteinwirkungen bzw. des Gebots der Rücksichtnahme festgestellt werde, dass für den Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen bzw. unzumutbare Auswirkungen durch das Vorhaben nicht auszuschließen seien.
Mit diesem rechtlichen Ansatz (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 3.6.2008 – 22 ZB 08.78 – juris Rn. 11 m.w.N. zu einer wasserrechtlichen Gestattung; zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vgl. B.v. 30.11.2012 – 22 ZB 11.2794 u.a. – juris Rn. 11 ff.) setzt sich die Beigeladene nicht, jedenfalls nicht in der gebotenen Weise, auseinander. Zureichende Darlegungen ergeben sich insbesondere nicht aus ihrem – ohnehin nur zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vorgebrachten – Einwand, in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei nur geklärt, dass eine drittschützende Unbestimmtheit bei einer fehlenden oder nicht hinreichenden Betriebsbeschreibung vorliege (Antragsbegründung, S. 6). In der von der Beigeladenen insoweit angeführten Entscheidung (BayVGH, U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 13) wird ausgeführt, dass eine (Bau-) Genehmigung aufzuheben ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Genehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann. Der Nachbar müsse aus der Genehmigung in Verbindung mit den ihr zugrundeliegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seiner Nutzung erkennen können. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass dem angefochtenen Urteil der Sache nach andere Maßstäbe zu Grunde liegen. Die Beigeladene hat auch nicht in Frage gestellt, dass das Grundstück der Klägerin zur Nachbarschaft i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gehört.
1.1.2 Die Beigeladene meint allerdings (Antragsbegründung, S. 3 f.), eine (nachbarrechtlich relevante) Unbestimmtheit liege hier nicht vor. Bei den vom Verwaltungsgericht aufgeführten Unklarheiten handele es sich um Details bzw. sie seien rechtlich nicht von derartiger Relevanz, dass sich hieraus für den Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen bzw. unzumutbare Auswirkungen ableiten ließen. Die Beigeladene verweist auf § 15 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG betreffend die Änderung einer genehmigungspflichtigen Anlage. Hieraus ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, es sei unklar, welche konkreten Anlagen(teile) und Anlagentypen an welchem konkreten Anlagestandort genehmigt seien. Hierzu hat es an Hand der genehmigten Antragsunterlagen bzw. des Genehmigungsbescheids etliche Unklarheiten bzw. Widersprüche herausgearbeitet (UA, S. 8 f.). Hiermit befasst sich die Beigeladene nicht. Entgegen dem Vortrag der Beigeladenen stehen insoweit keine bloßen Details oder Anlagenteile von untergeordneter Relevanz inmitten. Vielmehr handelt es sich bei den vom Verwaltungsgericht angeführten technischen Einrichtungen (Trockner; Nassmaisfüllelevator) und deren Betrieb um Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage notwendig sind, und damit um den Anlagenkern (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der 4. BImSchV, § 4a Abs. 1 Nr. 1 der 9. BImSchV sowie Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2020, Anm. 14 zu § 1 der 4. BImSchV). Dies folgt unter anderem aus dem Genehmigungsgegenstand, der Betreff und Tenor des Bescheids vom 13. Juni 2017 zu entnehmen ist (Maistrocknungsanlage), und der Anlagenbeschreibung in den Bescheidgründen (S. 12 dieses Bescheids). Bei diesen zum Anlagenkern rechnenden Anlagenteilen handelt es sich auch ohne weiteres um solche, die in der Nachbarschaft schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG hervorrufen können, zumal die Beigeladene (Antragsbegründung, S. 4, dritter Absatz) selbst einräumt, dass der Betrieb der streitgegenständlichen Anlage schädliche Umwelteinwirkungen (Lärm- und Staubimmissionen) erwarten lasse. Die Unbestimmtheit des Genehmigungsumfangs betrifft mithin auch und gerade nachbarrechtsrelevante Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Dass im vorliegenden Fall entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts (UA, S. 9, vorletzter Absatz) trotz der Unbestimmtheit schädliche Umwelteinwirkungen für die Klägerin als Nachbarin auszuschließen sind – dass also gleichwohl sichergestellt ist, dass beim klägerischen Wohnhaus keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können -, ist nicht dargelegt (zum zu Gunsten des Nachbarn wirkenden Sicherstellungserfordernis gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG vgl. BayVGH, U.v. 19.6.1996 – 22 B 95.4078 – juris Rn. 9; VGH BW, B.v. 12.3.2015 – 10 S 1169/13 – juris Rn. 39).
Den Ausführungen der Beigeladenen zu § 15 BImSchG lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, inwieweit aus dieser Norm Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, ob die streitgegenständliche Genehmigung den Bestimmtheitsanforderungen entspricht. Vorliegend geht es nicht um Rechte des Nachbarn im Falle der Änderung einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage, sondern um die nachbarrechtlich relevante Unbestimmtheit einer für den vorhandenen Anlagenbestand erstmalig erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
1.1.3 Der Verweis der Beigeladenen auf die Annahme des Beklagten, die vorgelegten Antragsunterlagen seien für die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Anlage ausreichend gewesen (vgl. Antragsbegründung, S. 3 und S. 4) berücksichtigt nicht, dass das Verfahren und die Rechtsauffassung der Behörde nicht Maßstab, sondern Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind.
1.1.4 Der Vortrag der Beigeladenen, dass allein die technischen Bezeichnungen und die genauen Standorte der Anlagenteile für sich betrachtet keine Auskunft über die Verletzung drittschützender Pflichten gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gäben (vgl. Antragsbegründung, S. 3 und S. 4), geht an den Gründen für die Aufhebung der Genehmigung vorbei. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG beim Wohnhaus der Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, sondern, dass für die Klägerin der Umfang des genehmigten Vorhabens nicht zweifelsfrei erkennbar sei und somit die von der Anlage einwirkenden Immissionen nicht eindeutig absehbar seien. Die Beigeladene legt – vgl. oben – nicht dar, dass bei der vorliegenden Anlage entgegen der vom Verwaltungsgericht herausgearbeiteten Unklarheiten und Widersprüche sichergestellt ist, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden.
1.1.5 Die Beigeladene meint (Antragsbegründung S. 3 f.), aus den streitgegenständlichen Bescheiden ergebe sich mit ausreichender Bestimmtheit, dass auch der Nassmaisfüllelevator von der Genehmigung umfasst sei. Auch damit kann sie nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat eine Unbestimmtheit insoweit deshalb angenommen (UA, S. 9, dritter Absatz), weil der Nassmaisfüllelevator nicht in der Aufzählung der von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung umfassten Anlagen(teile) enthalten ist (S. 2 des Bescheids vom 13.6.2017), wohl aber in einem mit Genehmigungsvermerk versehenen Lageplan, auf den auch im Bescheid Bezug genommen werde. Hiermit befasst sich die Beigeladene nicht. Dieser Widerspruch wurde zudem durch den Änderungsbescheid vom 24. Juli 2017 nicht beseitigt, sondern verstärkt, indem der Nassmaisfüllelevator zwar in die geänderte Nebenbestimmung Nr. III.A.3.2, aber wiederum nicht in die Aufzählung der von der Genehmigung umfassten Anlagenteile aufgenommen wurde (vgl. zur Unterscheidung auch § 24 Satz 1, § 21 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 der 9. BImSchV). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht (UA, S. 9, erster Absatz) eine Unbestimmtheit der Genehmigung auch deshalb angenommen, weil zwei Lagepläne mit unterschiedlichen Angaben zu den Anlagenstandorten mit einem Genehmigungsvermerk versehen worden seien. Einer dieser Pläne, der „Lageplan für alle Anlagen, die der Genehmigung bedürfen“ (Bl. 141 der Behördenakte Bd. II), enthält den Nassmaisfüllelevator nicht.
1.1.6 Die Beigeladene trägt weiter vor, dass trotz des Fehlens einer Lärmprognose (vgl. § 24 Satz 1, § 4a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV) beim Betrieb der genehmigten Anlage die drittschützenden Pflichten aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eingehalten würden, und verweist auf die in den Nrn. III.A.2 und III.A.3 des Bescheids festgelegten Emissionsbegrenzungen und Immissionsrichtwerte. Das Verwaltungsgericht (UA, S. 11 f.) hat dies jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht für ausreichend gehalten, weil mangels bestimmter Antragsunterlagen und einer belastbaren Immissionsprognose nicht gewährleistet sei, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb eingehalten werden könnten (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 9.7.2012 – 22 CS 12.575 – juris Rn. 25 m.w.N.). Hiermit setzt sich die Beigeladene nicht hinreichend auseinander. Betreffend Staubimmissionen – die, vgl. oben, von der Beigeladenen ebenfalls eingeräumt werden – fehlt es bereits an jeglichem Vortrag. Hinsichtlich der Lärmimmissionen verweist die Beigeladene auf Lärmmessungen, die in der im gerichtlichen Verfahren eingeholten fachtechnischen Stellungnahme des Umweltingenieurs des Landratsamts vom 7. Mai 2020 wiedergegeben sind. Sie befasst sich aber nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA, S. 11), wonach sich ausweislich dieser Stellungnahme aus fachtechnischer Sicht aufgrund der vorliegenden Emissionsmessdaten, der unbekannten Betriebsbedingungen und der komplizierten Schallausbreitungsverhältnisse keine zu beziffernde Aussage treffen lasse, ob die bei der Nutzung der streitgegenständlichen Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb gemäß den streitgegenständlichen Bescheiden bei Maximalauslastung die Richtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts am klägerischen Grundstück überschreiten. Auch befasst sich die Beigeladene nicht mit den vom Verwaltungsgericht (a.a.O.) ebenfalls herangezogenen früheren Angaben des Umweltingenieurs, wonach aufgrund der fehlenden Angaben zum Betrieb der Trocknungsanlage nicht abschließend beurteilt werden könne, welche Beurteilungspegel am klägerischen Anwesen auftreten, sowie mit seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung, dass es im Ergebnis keine aussagekräftigen Unterlagen zu den Leistungen der Anlagen und zu deren Lärmwerten gebe, weshalb hinsichtlich der Lärmimmissionen keine belastbare Aussage getroffen werden könne. Der weitere Hinweis der Beigeladenen auf – nicht näher bezeichnete – Lärmschutzmaßnahmen geht daher ins Leere; zudem hat der Umweltingenieur in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, dass (auch) die lärmmindernden Maßnahmen in den eingereichten Unterlagen nicht dargestellt worden seien (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 4 oben sowie UA, S. 11, zweiter Absatz).
Der Verweis der Beigeladenen auf die Möglichkeit des Nachbarschutzes mittels nachträglicher Anordnung gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 BImSchG greift ebenfalls nicht durch. Vorliegend geht es nicht um nach Erteilung einer Genehmigung festgestellte schädliche Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen, sondern um die aus der Unbestimmtheit resultierende fehlende Sicherstellung des Schutzes vor solchen Folgen durch die erteilte Genehmigung.
1.2 Die Beigeladene macht ferner ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick auf eine nach § 6 Satz 1 UmwRG verspätete Klagebegründung geltend; deshalb sei eine innerprozessuale Präklusion eingetreten (Antragsbegründung, S. 5 f.).
Das Vorbringen der Beigeladenen bietet keinen Anlass, Anwendungsbereich und Reichweite dieser durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl I S. 1298) neu gefassten und am 2. Juni 2017 in Kraft getretenen Vorschrift (vgl. Art. 18 des vorgenannten Gesetzes) näher zu erörtern. Denn die Antragsbegründung (S. 5, vorletzter Absatz) enthält konkrete Darlegungen (Daten) nur hinsichtlich der Klage gegen den Änderungsbescheid, welche am 10. August 2017 erhoben wurde. Die Zehn-Wochen-Frist des § 6 Satz 1 UmwRG ist für diese Klage jedoch gewahrt worden, da eine Klagebegründung am 18. Oktober 2017 vorab per Telefax beim Verwaltungsgericht einging (Bl. 58 ff. der VG-Akte RN 7 K 17.1178). Dass die Beigeladene das Datum 23. Oktober 2017 anführt, beruht wohl darauf, dass ihr das Original des Schriftsatzes vom 18. Oktober 2017 übermittelt wurde, welches am 23. Oktober 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangen war (vgl. Bl. 65 der vorgenannten Gerichtsakte). Im Übrigen legt die Beigeladene nichts dazu dar, welche Erklärungen und Beweismittel der Klägerin das Verwaltungsgericht entgegen § 6 Satz 2 UmwRG zugelassen haben sollte. Derartiges ist auch nicht ersichtlich. Die Frage der Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids (in der Fassung des Änderungsbescheids) konnte das Verwaltungsgericht ungeachtet des § 6 UmwRG ganz überwiegend an Hand der Behördenakten beantworten (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 22 ZB 18.856 – juris Rn. 64), insbesondere mittels der Genehmigungsunterlagen. Ferner hat das Verwaltungsgericht auf ergänzende Stellungnahmen bzw. Angaben des Umweltingenieurs zurückgegriffen (vgl. UA, S. 11)
2. Aus den Darlegungen der Beigeladenen ergeben auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
Die Beigeladene sieht solche besonderen Schwierigkeiten in der klärungsbedürftigen Frage, wann in Abgrenzung zu § 15 BImSchG die Bestimmtheit der Antragsunterlagen in Bezug auf Anlagenteile Drittschutz vermittele (Antragsbegründung, S. 6). Wie ausgeführt, stellen sich vorliegend jedoch weder Fragen des Drittschutzes im Rahmen des § 15 BImSchG, noch wird aus den Ausführungen der Beigeladenen deutlich, inwieweit aus § 15 BImSchG Rückschlüsse im Hinblick auf die Maßstäbe für die nachbarrechtliche Bestimmtheit einer Genehmigung gezogen werden könnten.
Die von der Beigeladenen weiter in Bezug genommene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 13) nimmt, wie ebenfalls bereits ausgeführt, entgegen dem Vortrag der Beigeladenen eine nachbarrechtliche Unbestimmtheit nicht nur für den Fall einer fehlenden oder nicht hinreichenden Betriebsbeschreibung an. Die Beigeladene zeigt auch nicht auf, dass die Anwendung der von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze zum Erfordernis einer nachbarrechtlichen Bestimmtheit auf den vorliegenden Fall in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist.
Der Hinweis der Beigeladenen, dass nur die Fachleute der Immissionsschutzbehörde beurteilen könnten, welche Anlagen für den Betrieb verwendet würden, greift schon deshalb nicht durch, weil es Sache des Genehmigungsbescheids ist, den Gegenstand der Genehmigung einschließlich des genauen Standorts der Anlage zu bezeichnen (vgl. § 24 S. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 der 9. BImSchV). Im Übrigen hat der Umweltingenieur des Landratsamts vorliegend eingeräumt, dass es keine aussagekräftigen Unterlagen zu den Leistungen der Anlagen und deren Lärmwerten gebe und deshalb keine belastbare Aussage hinsichtlich der Lärmsituation getroffen werden könne (vgl. oben). Gerade deshalb reichte es nach der vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Rechtsprechung für den Nachbarschutz nicht aus, dass im Bescheid Immissionsrichtwerte festgesetzt worden sind.
3. Die Beigeladene hat auch keinen Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO im Hinblick auf die Klagebegründungsfrist gem. § 6 UmwRG dargelegt. Auf die Ausführungen unter Nr. 1.2 dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Daher kann offen bleiben, ob und inwieweit eine Zulassung von gem. § 6 Satz 2 UmwRG verspätetem Vorbringen einen Verfahrensmangel begründen kann..
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 19.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben