Baurecht

Nachbarklage gegen Erweiterung eines Umspannwerks

Aktenzeichen  9 ZB 15.2481, 9 ZB 15.2500

Datum:
10.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7348
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34
26. BImSchV § 3

 

Leitsatz

1. Regelmäßig gibt es kein Recht eines Drittbetroffenen auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens. Es kommt allein darauf an, ob die angegriffene Zulassung eines Vorhabens eigene materielle Rechte des Dritten verletzt. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Ermittlung der Feldstärke- und Flussdichtewerte einer elektrischen Anlage sind Messungen nicht zwingend erforderlich, wenn die Einhaltung der Grenzwerte durch Berechnungsverfahren festgestellt werden kann. Stehen geeignete, ausreichend sichere Berechnungsmethoden zur Verfügung, sind sie wegen des erheblichen Aufwands von Messungen in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit diesen vorzuziehen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der in Nr. 6.9 TA Lärm geregelte Messabschlag von 3 dB(A) ist auf Überwachungsmessungen nicht anzuwenden, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung hin die Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Messung ermittelt werden. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 15.01172 2015-10-13 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Verfahren 9 ZB 15.2481 und 9 ZB 15.2500 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III. Der Kläger trägt die Kosten der Zulassungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
IV. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird für das Verfahren 9 ZB 15.2481 auf 7.500,- Euro, für das Verfahren 9 ZB 15.2500 auf 7.500,- Euro und nach der Verbindung auf insgesamt 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich im Zulassungsverfahren 9 ZB 15.2500 als Grundstücksnachbar gegen den Bescheid des Landratsamts A… vom 5. Juni 2013, mit dem der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung zur „Errichtung einer Trafostation UF 3060“ auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung W… zusätzlich zu einem dort bereits bestehenden Umspannwerk erteilt worden ist. Im Zulassungsverfahren 9 ZB 15.2481 wendet er sich gegen die ebenfalls vom Landratsamt A… zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 2. Dezember 2013 zur Erweiterung dieses Umspannwerks um ein zweites 110 kV Trafo-Schaltfeld auf demselben Grundstück. Der Kläger ist Eigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks FlNr. …, auf dem sich landwirtschaftliche Gebäude und ein Zweifamilien-Wohnhaus befinden. Das Verwaltungsgericht hat seine Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gegen die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen mit Beschlüssen vom 29. Januar 2014 (Az. AN 9 S 13.01316) und 12. Juni 2014 (Az. AN 9 S 14.00382) abgelehnt. Seine jeweiligen Beschwerden hiergegen blieben erfolglos (BayVGH, B.v. 20.3.2014 – 9 CS 14.369 und B.v. 9.7.2015 – 9 CS 14.1454). Die Klagen (Az. AN 9 K 15.01172 und AN 9 K 15.01173) hat das Verwaltungsgericht mit Urteilen vom 13. Oktober 2015 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinen Anträgen auf Zulassung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der Verfahren AN 9 S 13.01316, AN 9 S 14.00382, 9 CS 14.369 und 9 CS 14.1454 sowie der vorgelegten Behördenakten des Landratsamts Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung, die der Senat zur gemeinsamen Entscheidung verbindet (§ 93 Satz 1 VwGO), haben keinen Erfolg.
Der Kläger beruft sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Urteile (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Aus dem für beide Zulassungsverfahren nahezu identischen Vorbringen des Klägers ergeben sich solche Zweifel nicht.
1. Der Kläger macht – wie schon im erstinstanzlichen Verfahren – geltend, die Vorhaben fügten sich nicht in die Umgebungsbebauung ein. Das Verwaltungsgericht verkenne zwar jeweils nicht, dass die Trafostation und das (zusätzliche) Schaltfeld funktionell und räumlich nicht trennbare Teile der bestehenden Gesamtanlage seien. Allerdings lasse es außer Acht, dass die Erweiterung der bestehenden Anlage ohne die Trafostation ohne Nutzen sei. Die Gesamtmaßnahme, die zur Verdoppelung der bestehenden Anlage führe, sei maßgeblich und füge sich nicht ein. Das Umspannwerk sei ein Fremdkörper in der durch landwirtschaftliche Betriebe geprägten Umgebung und wegen seiner Emissionen von Anfang an wohnunverträglich sowie rechtswidrig. Hieraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Urteile.
a) Die beiden genehmigten Erweiterungen des Umspannwerks (Trafostation und weiteres Schaltfeld) sind vom Verwaltungsgericht jeweils zutreffend als Änderungsvorhaben hinsichtlich des bestehenden Umspannwerks angesehen worden. Es hat sie unter dieser Prämisse und somit erkennbar unter Berücksichtigung der jeweils in Rede stehenden Gesamtanlage betrachtet. Dass es geboten gewesen wäre, beide Erweiterungen als Gesamtvorhaben einem einzigen Genehmigungsverfahren und zwingend einer gemeinsamen gerichtlichen Überprüfung zu unterwerfen, kann der Kläger schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, weil es zunächst Sache des Bauantragstellers ist, den zu beurteilenden Verfahrensgegenstand festzulegen (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 13), und es regelmäßig – wie auch hier – kein Recht eines Drittbetroffenen auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens gibt. Es kommt allein darauf an, ob die angegriffene Zulassung eines Vorhabens eigene materielle Rechte des Dritten verletzt (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2014 – 9 CS 14.369 – juris Rn. 2; B.v. 9.7.2015 – 9 CS 14.1454 – juris Rn. 12). Warum die Frage des Einfügens des Bauvorhabens in die Eigenart der näheren Umgebung anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn die Errichtung der Trafostation und des weiteren Schaltfeldes als Gesamtvorhaben zur Genehmigung gestellt und in dieser Form vom Verwaltungsgericht zu beurteilen gewesen wäre, ist vom Kläger im Übrigen auch nicht plausibel dargelegt worden.
b) Mit seinem Zulassungsvorbringen, die bestehende Anlage solle verdoppelt werden, die Umgebung sei geprägt durch landwirtschaftliche Betriebe und das Umspannwerk stelle einen Fremdkörper dar, hat der Kläger die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zur Abgrenzung der näheren Umgebung des Vorhabens und seine Einschätzung, dass dahingestellt bleiben könne, ob es sich bei dem Gebiet, in dem die landwirtschaftliche Hofstelle und das Umspannwerk liegen, um ein Dorfgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO handele, das Vorhabengrundstück als Sondergebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 11 BauNVO (Fläche für Ver- und Entsorgung) zu betrachten sei oder eine Gemengelage vorliege, weil in allen Fällen das mangels Gebietserhaltungsanspruch allein maßgebliche Rücksichtnahmegebot nicht verletzt sei, nicht ernstlich in Frage gestellt. Hierzu hätte es jedenfalls einer eingehenden Auseinandersetzung mit den in Betracht gezogenen Gebietstypen bzw. der erwogenen Gemengelagesituation bedurft. Gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts ist auch nichts zu erinnern. Die noch in Betracht kommende Außenbereichslage der streitbefangenen Grundstücke könnte ebenfalls nicht zu einem Gebietserhaltungsanspruch des Klägers führen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2014 – 9 CS 14.369 – juris Rn. 6).
2. Das Vorbringen des Klägers zu den seiner Ansicht nach anzunehmenden Verstößen gegen das Gebot der Rücksichtnahme wegen schädlicher Umwelteinwirkungen lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Urteile aufkommen.
Auch in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, aus § 34 Abs. 1 Satz 1 oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Treffen verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot ebenso eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat wie in § 34 Abs. 1, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – Rn. 15 juris m.w.N.)
a) Bei der streitgegenständlichen Umspannanlage handelt es sich auch mit den beiden streitgegenständlichen Erweiterungen – unbestritten – um eine Niederfrequenzanlage im Sinne des § 1 Abs. 2 der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV). Als Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des Gebots der Rücksichtnahme bzw. des § 3 Abs. 1 BImSchG sind für derartige Anlagen die Grenzwerte aus § 3 Abs. 2 i.V.m. Anhang 1a der 26. BImSchV maßgeblich (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2013 – 7 VR 13/12 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 9.7.2015 – 9 CS 14.1454 – juris Rn. 20 m.w.N.). Danach sind hier die Grenzwerte für die elektrische Feldstärke von 5 kV/m und für die magnetische Flussdichte von 100 Mikrotesla (= die Hälfte von 200 Mikrotesla) maßgeblich.
Der Kläger wendet gegen die vom Verwaltungsgericht bejahte Einhaltung dieser Grenzwerte ein, dass nicht die bestehende Anlage und die geplanten Baumaßnahmen, sondern eine Referenzanlage der Prüfung der zu erwartenden Gesamtbelastungen durch die Anlage zugrunde gelegt worden sei. Die Geometriedaten der Blitzschutz- und Portalendmaste seien nicht berücksichtigt worden. Die exakte Leiterteilgeometrie vom Betonendmast zum Portalendmast und von diesem auf die Blitzschutzmaste und von diesem wiederum an das jeweilige System sei hierfür anzugeben. Die Höhe, in der die Leiterseile an den jeweiligen Masten montiert sind, sei mitzuteilen, ebenso die Anordnung der Leiterseile zueinander. In diesem Zusammenhang sei zudem die maximal mögliche Auslastung der Freiluft-Umspannanlage anzugeben. Weiter sei nachzuweisen, welche Leistung nach jetzigem Stand der Technik die Leistungstransformatoren haben, die für 110/20 kV erbaut werden. Darüber hinaus bezögen sich die zugrunde gelegten Grenzwerte auf Feldverläufe „einen Meter über Boden“, obwohl sich Magnetfelder zylindrisch und elektrische Felder über den Polen ausbreiteten. Mit der Wiederholung dieses erstinstanzlichen Vortrags ist nicht nachvollziehbar dargetan, warum sich das Verwaltungsgericht nicht auf die Berechnungsergebnisse der Beigeladenen, die in den vorgelegten Diagrammen zum Feldverlauf (vgl. Lagepläne UW Wassertrüdingen vom 20.11.2013 Nrn. 110.001-1 [Magnetfeld ohne 20 kV Netzkabelltrasse], 110.001-2 [Magnetfeld Gesamtanlage], 110.001-3 [elektrische Felder Gesamtanlage]) ihren Niederschlag gefunden haben, stützen durfte, um den Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte für die gesamte Anlage als geführt anzusehen.
§ 5 der 26. BImSchV sieht vor, dass zur Ermittlung der Feldstärke- und Flussdichtewerte Messungen nicht zwingend erforderlich sind, wenn die Einhaltung der Grenzwerte durch Berechnungsverfahren festgestellt werden kann. Stehen geeignete, ausreichend sichere Berechnungsmethoden zur Verfügung, sind sie wegen des erheblichen Aufwands von Messungen in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit diesen vorzuziehen (Röckinghausen in Landmann/Rohmer, UmweltR, 88. EL September 2018, 26. BImSchV, § 5; Feldhaus in Nomos-BR, 26. BImSchV, 1. Aufl. 2003, § 5 Rn. 1). Nach den in den Verfahren vorgelegten Unterlagen und Stellungnahmen des Landratsamts und der Beigeladenen sind für die Gesamtanlage mit beiden streitgegenständlichen Erweiterungen die Berechnungen der elektrischen und magnetischen Felder und die ISO-Feldliniendarstellung sowie die Diagramme Magnetverlauf und EL-Feldverlauf mit der Berechnungssoftware Copperfield für eine vergleichbare Referenzanlage entsprechend dem Katalog der Bayerischen Elektrizitätswirtschaft e.V. für Standardanlagen von Niederfrequenzanlagen erstellt worden. Die ISO-Feldlinien der Referenzanlage sind demnach abstandsgleich in den Lageplan der Umspannanlage übertragen worden. Obwohl es sich nach den Antragsunterlagen sowie erläuternden Angaben von Beklagten- und Beigeladenseite bei der Vergleichsanlage um eine solche mit zwei 40 MVA-Umspannern statt – wie hier – mit einem 40 MVA-Umspanner und einem 25 MVA-Umspanner handelt und auch die Emissionswerte der streitgegenständlichen Transformatorenstation UF 3060 unter denen der insoweit betrachteten Standardanlage liegen, ergaben sich nach diesem Verfahren für die Gesamtanlage eine elektrische Feldstärke am Wohnhaus des Klägers unter 0,1 kV/m und eine magnetische Flussdichte zwischen 1,0 Mikrotesla und 5,0 Mikrotesla. Die hier einzuhaltenden Grenzwerte werden damit weit unterschritten. Der Kläger hat im Zulassungsverfahren nichts vorgetragen, was es rechtfertigen würde, die Geeignetheit bzw. die Verlässlichkeit der beschriebenen Berechnungsweise ernsthaft in Frage zu stellen.
b) Aus dem Zulassungsvorbringen lässt sich auch keine Rücksichtslosigkeit der Gesamtanlage aufgrund unzumutbarer Lärmimmissionen ableiten.
In Bezug auf die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung für die Trafostation ist das Verwaltungsgericht zu der Einschätzung gelangt, dass unabhängig davon, ob die nähere Umgebung im vorliegenden Fall als Dorfgebiet, als Sondergebiet oder als Gemengelage einzustufen ist, der für den Kläger nach der TA Lärm maßgebliche Immissionsrichtwert von 45 dB(A) in der Nacht weit unterschritten wird, weil sogar der für ein – hier nicht gegebenes – reines Wohngebiet für die Nacht geltende Immissionsrichtwert eingehalten ist (AN 9 K 15.01172, UA S. 13). Hinsichtlich der mit Bescheid vom 2. Dezember 2013 genehmigten Erweiterung der Umspannanlage hat es eine Verdoppelung der Lärmbelastung auf maximal 38 dB(A) angenommen und geschlussfolgert, es werde der Immissionsrichtwert für ein – hier ebenfalls nicht gegebenes – allgemeines Wohngebiet von nachts 40 dB(A) nicht überschritten (AN 9 K 15.01173, UA S. 12). Das Verwaltungsgericht hat sich dabei in seinen Urteilen vom 15. Oktober 2013 auf die Messung des Sachgebiets Technischer Immissionsschutz des Landratsamts vom 8. August 2013 gestützt, wonach sich in einem Abstand von 3 m zum Wohnhaus des Klägers ein Beurteilungspegel von maximal 35 dB(A) ergeben hat. Diese Beurteilung wird durch das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht ernstlich in Zweifel gezogen
aa) Soweit der Kläger erneut vorbringt, die Schallpegelmessungen des Landratsamts vom 8. August 2013 seien unzureichend, weil sie wegen der Abhängigkeit der Lärmentwicklung von der Auslastung eines Umspannwerks zu einer anderen Tageszeit hätten durchgeführt bzw. entsprechende Hochrechnungen hätten erfolgen müssen, ergeben sich ebenso wenig Zweifel an der Eignung der schalltechnischen Messungen des Landratsamts wie wegen des Einwands, es sei im Interesse einer Betrachtung des „worst case“ erforderlich gewesen, die Lärmbelastung durch das Umspannwerk nachts, ohne Immissionen durch andere gewerbliche Betriebe, festzustellen. Der Kläger erläutert bereits nicht, weshalb er für den Fall nächtlicher Messungen höhere Immissionswerte erwartet als diejenigen, die am Tag ermittelt wurden. Erst recht setzt er sich in diesem Zusammenhang nicht mit den Ausführungen des Landratsamts in den erstinstanzlichen Verfahren auseinander, wonach mit der Messung am 8. August 2013 von 13:00 bis 13:15 Uhr dem Umstand Rechnung getragen worden sei, dass die Umspannungsanlage überwiegend der Aufnahme von Energie aus Photovoltaikanlagen diene, deshalb die Auslastung um die Mittagszeit am höchsten und nachts mit eher geringeren Schallleistungspegeln zu rechnen sei.
bb) Mit dem Vorbringen, Vor- und Gesamtbelastung am Immissionsort seien nicht bewertet worden bzw. es sei nicht erhoben worden, ob andere Immissionsquellen vorliegen, kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen.
Die Erstellung einer Immissionsprognose unter Berücksichtigung der Vorbelastung war hier nicht zu fordern (vgl. Nr. 4.2 Buchst. c TA Lärm). Zu den Antragsunterlagen für die Erweiterung des Umspannwerks um ein weiteres Trafo-Schaltfeld gehören die Stückprüfprotokolle der beiden Umspanner, aus denen sich unter Zugrundelegung der in einem Abstand von 0,3 m gemessenen Werte (48 dB(A) für den bestehenden Umspanner, 39,3 dB(A) für den weiteren) und der abstandsabhängigen Berechnung nach DIN EN 60076-10:2001 durch die Beigeladene ein Schalldruckpegel für beide Umspanner von maximal 33 dB(A) an der nördlichen Grundstücksgrenze ergibt. Auch nach den vom Landratsamt durchgeführten Schallpegelmessungen am 8. August 2013 bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Umspannanlage mit den genehmigten Erweiterungen zu einer Immissionsrichtwertüberschreitung beitragen könnte. Bei den Messungen wurden auch die Betriebsgeräusche der benachbarten Firma Schwarzkopf erfasst, die in einem Abstand von 3 m vom Wohnhaus des Klägers für einen Wert von 37-38 dB(A) pegelbestimmend waren, während eine Messung in einem Abstand von 5 m zum Transformatorenhaus nur noch 33 dB(A) ergeben hat. Selbst wenn der in Nr. 6.9 TA Lärm geregelte Messabschlag von 3 dB(A) entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht berücksichtigt wird, weil diese Regelung für Überwachungsmessungen nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Messung ermittelt werden (BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – juris Rn. 21), wird der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) deutlich unterschritten. Dies gilt auch noch bei angenommener Verdoppelung der Schallquellen.
cc) Anders als der Kläger meint, hat es zur Sicherstellung der Einhaltung der Immissionsrichtwerte keiner Auflagen bedurft, weil hierzu bereits die Angaben in den Antragsunterlagen genügten (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer Umweltrecht, 88. EL September 2018, TA Lärm Nr. 4.2 Rn. 10).
dd) Schließlich können auch die Hinweise des Klägers auf die „massive Zunahme von Schallimmissionen“ seit der Inbetriebnahme der genehmigten Erweiterungen der Umspannanlage und auf im Einzelnen auftretende Geräusche (Dauerbrummen, -knattern und -prasseln, Knallgeräusche bei Schaltvorgängen, Lärm durch Hochfahren der Transformatoren) nicht zum Erfolg der Zulassungsanträge führen. Aus diesem unspezifischen Vorbringen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass dadurch am Wohnhaus des Klägers die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschritten werden oder die beschriebenen kurzzeitigen Geräuschspitzen in Form von Knallgeräuschen (s. Nr. 2.8 der TA-Lärm) die Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm am Tag um mehr als 30 dB(A) oder in der Nacht um mehr als 20 dB(A) überschreiten. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass es die Knallgeräusche bei Schaltvorgängen als seltene Ereignisse im Sinne von Nr. 7.2 TA Lärm eingestuft hat. Dem Zulassungsvorbringen lassen sich auch keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger durch ein „Dauerbrummen“ unzumutbaren Einwirkungen durch tieffrequenten Schall ausgesetzt wird (vgl. Nr. 7.3 TA Lärm). Wie sich im Übrigen aus der Stellungnahme des Landratsamts vom 16. Februar 2016 ergibt, konnte bei den durch das Landratsamt durchgeführten Schallpegelmessungen lediglich ein leichtes Brummen festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da der Beigeladene in den Zulassungsverfahren jeweils einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten in beiden Verfahren erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit); sie folgt jeweils der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung der Anträge auf Zulassung der Berufung werden die angefochtenen Urteile rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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