Baurecht

Nachbarklage gegen Geländeauffüllung, keine gebäudegleiche Wirkung der Aufschüttung, keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots mangels nachteiliger Veränderung des Gewässerabflusses, etwaige planabweichende Bauausführung lässt Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung unberührt

Aktenzeichen  W 4 S 20.1829

Datum:
21.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7373
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80a Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
BauGB § 34
BauGB § 35
BayBO Art. 6 Abs. 1 S. 2
BayBO Art. 59

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Kitzingen vom 1. September 2020, mit dem der Beigeladenen die Baugenehmigung zu einer Geländeauffüllung auf zwei Grundstücken in der Gemarkung M. erteilt wurde.
1. Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …6 der Gemarkung M. Auf dem südwestlichen Teil dieses Grundstücks befindet sich das Wohnhaus des Antragstellers. Die Beigeladene ist Eigentümerin der Grundstücke mit den Fl.Nrn. …7 und …2 der Gemarkung M. Unter dem 5. November 2019 stellte die Gemeinde einen Antrag auf Baugenehmigung zur Geländeauffüllung auf den Grundstücken Fl.Nrn. …7 und …2. Mit Bescheid vom 1. September 2020 erteilte das Landratsamt Kitzingen der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung. Diese ist unter anderem mit folgender Auflage versehen:
„T 0567.
Aufgrund der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg sind folgende Auflagen zu beachten:
– Die in Schurf 2 (gemäß Bericht Büro B* … vom 1.8.2002) festgestellte erhöhte Belastung mit Arsen ist vor der Auffüllung zu beseitigen. Der Aushub ist ordnungsgemäß zu entsorgen/verwerten oder
– sofern es nicht möglich ist, ist der Bereich um Schurf 2 durch bauliche Maßnahmen (wasserundurchlässige Überbauung oder Rücknahme eines Teilbereichs der Auffüllung, um eine mineralische Oberflächenabdichtung mit einer Mindeststärke von 50 cm und einem kf > 10-8 m/s und darüber liegender Rekultivierungsschicht aufbringen zu können, zu sichern, dass dort anfallendes Niederschlagwasser nicht eindringen kann.
– Der Baubeginn ist 14 Tage vor Beginn dem Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg anzuzeigen.“
Begründet wurde der Bescheid im Wesentlichen damit, dass durch die Bodenauffüllung öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Interessen nicht beeinträchtigt würden. Das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht sei nicht berührt. Nach den vorgelegten Geländeschnitten werde ein ungleichmäßig terrassierter Untergrund einheitlich modelliert, so dass der Hang eine gleichmäßig fallende Linie verfolge. Auf der Grenze zum unmittelbaren Nachbargrundstück bleibe das Höhenniveau erhalten. Fachrechtlich trete für die Nachbarn eine Verbesserung ein, da im Erdreich bisher vorhandene Arsenrückstände entfernt würden. Die Mengen seien zwar gering, aber nach den Baumaßnahmen könne eine Ausbreitung auf Nachbargrundstücke, z.B. über Grundwasserströme, nicht mehr erfolgen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den vorgenannten Bescheid Bezug genommen.
2. Mit Schreiben vom 18. September 2020 hat der Antragsteller Klage gegen den vorgenannten Bescheid erhoben (W 4 K 20.1359), über die bislang noch nicht entschieden ist. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. November 2020, eingegangen bei Gericht am 24. November 2020, beantragt der Antragsteller vorliegend sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (W 4 K 20.1359) gegen den Bescheid des Landratsamts Kitzingen vom 1. September 2020 (Az.: …) anzuordnen.
Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, dass das Vorhaben der Beigeladenen nachteilige Auswirkungen auf das Grundstück des Antragstellers habe. Das Vorhaben sei insbesondere auch rücksichtslos. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege darin, dass das Gelände auf den beiden Baugrundstücken massiv aufgefüllt und verdichtet werde, so dass Oberflächenwasser ungebremst gegen die im Miteigentum des Antragstellers stehende Grenzmauer fließe und dort Nässeschäden hervorrufe. Darüber hinaus sei das kontaminierte Erdreich auf dem Grundstück Fl.Nr. …7 der Gemarkung M. bislang nicht abgetragen worden, so dass zu befürchten stehe, dass in der Zukunft kontaminiertes Erdreich auf das Grundstück des Antragstellers geschwemmt werde. Des Weiteren sei die in den Plänen vorgesehene Krallmatte nicht verlegt worden, obwohl dies vorliegend aus Gründen der Hangstabilität zwingend geboten sei. Dies alles führe zu einer Wertminderung des Grundstücks des Antragstellers. Unter Abwägung der hier widerstreitenden Interessen sei daher dem Antrag stattzugeben.
3. Mit Schriftsatz des Landratsamts Kitzingen vom 1. Dezember 2020 beantragt der Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die angegriffene Baugenehmigung rechtmäßig sei und nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße. Der mit Arsen belastete Grundstücksbereich sei nach Auskunft der Beigeladenen bislang noch nicht aufgefüllt worden. Darüber hinaus sei das aufgefüllte Material weniger verdichtet als der ursprünglich dort bestehende Hang. Die Regenwassermenge bleibe auf der betroffenen Fläche gleich, durch die Aufschüttung werde jedoch eine gleichmäßige Struktur der Oberfläche erreicht, so dass sich anfallender Regen gleichmäßiger verteilen könne. Gegenteiliges lasse sich auch den vom Antragsteller eingereichten Bildern nicht entnehmen. Insbesondere seien dort auf dem aufgefüllten Hang keinerlei Erosionsrinnen zu erkennen. Zudem sei vor der im Miteigentum des Antragstellers stehenden Grenzwand eine solide Mauer aus sogenannten „Legosteinen“ errichtet worden. Eine Verletzung nachbarschützender Rechte liege damit nicht vor. Der Antrag sei daher abzulehnen.
4. Die Beigeladene hat sich zum vorliegenden Verfahren bislang nicht geäußert und auch keinen Sachantrag gestellt.
5. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren W 4 K 20.1359 sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann in einem solchen Fall auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen, originären Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen.
Dem vorliegenden Antrag fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn nach Angaben des Landratsamts Kitzingen wurde die Auffüllung jedenfalls in dem Bereich, in dem im Untergrund eine leichte Arsenkontamination festgestellt worden war, noch nicht vorgenommen (vgl. Schriftsatz des Landratsamts Kitzingen vom 11.12.2020). Die Beigeladene hat dem ebenso wenig widersprochen wie den Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 7. Januar 2021, wonach die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen seien. Da das Bauvorhaben damit noch nicht gänzlich fertig gestellt ist, ist ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers am vorliegenden Antrag noch zu bejahen (vgl. hierzu etwa VGH Mannheim, B.v. 12.1.2005 – 8 S 2720/04 – juris Rn. 2 sowie aus der Literatur Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 83 m.w.N.).
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid vom 1. September 2020 verletzt nach dem im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit keine Rechte des Antragstellers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1. Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ist in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs in der Hauptsache abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich die angefochtene Baugenehmigung also nach summarischer Prüfung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – BayVBl. 1991, 720). Hat die Anfechtungsklage des Nachbarn – wie hier – mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg, so ist das im Rahmen der vorzunehmenden und zu Lasten des Antragstellers ausfallenden Interessenabwägung ein starkes Indiz für ein überwiegendes Interesse des Bauherrn an der sofortigen Vollziehung der ihm erteilten Baugenehmigung (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris).
Bezüglich der Frage nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist zudem zu berücksichtigen, dass sich ein Nachbar nur dann mit Erfolg gegen die einem Dritten erteilte bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens zur Wehr setzen kann, wenn hierbei öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5/87 – BVerwGE 89, 69; BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Nur in diesen Fällen wäre nämlich der Nachbar durch die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Hinsichtlich der Frage nach der möglichen Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften durch die angefochtene Baugenehmigung ist schließlich der eingeschränkte Prüfungsrahmen im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3; VG Würzburg, U.v. 8.11.2016 – W 4 K 16.418 – juris Rn. 17).
Da das zugrundeliegende Bauvorhaben kein Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, war hier das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchzuführen. Diesbezüglich begrenzt Art. 59 Satz 1 BayBO den Prüfauftrag der Bauaufsichtsbehörde. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften der Bayerischen Bauordnung im Übrigen ist dagegen nicht mehr zu prüfen.
2.2. Dies zugrunde gelegt, kann die Kammer nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung einen Verstoß der streitgegenständlichen Baugenehmigung gegen Vorschriften, die vorliegend im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren und dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind, nicht erkennen.
Zunächst gilt es festzuhalten, dass das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen genehmigungspflichtig ist, da die Aufschüttung zum Teil mehr als 2 m in der Höhe beträgt und damit nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO verfahrensfrei ist. Da hier die Regelungen des Art. 59 Satz 1 Nr. 1c) sowie Nr. 2 und Nr. 3 BayBO nicht einschlägig sind, beschränkt sich der Prüfungsumfang vorliegend auf die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB (Art. 59 Satz 1 Nr. a) BayBO) und den Vorschriften über die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 1b) BayBO).
2.3. Ein Verstoß gegen das grundsätzlich nachbarschützende Abstandsflächenrecht nach Art. 6 BayBO (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1b) BayBO) liegt aller Voraussicht nach nicht vor. Dies schon deswegen, weil Abstandsflächen grundsätzlich nur vor Außenwänden von Gebäuden gefordert werden (vgl. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Darüber hinaus sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO Abstandsflächen nur vor solchen Anlagen freizuhalten, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Eine solche gebäudegleiche Wirkung geht von der streitgegenständlichen Geländeauffüllung unter Berücksichtigung der genehmigten Planunterlagen jedoch nicht aus.
Ob eine Anlage oder Einrichtung gebäudegleiche bzw. -ähnliche Wirkung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO hat, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Abstandsflächenrechts bestimmen. Von Bedeutung ist dabei nicht nur die Größe der Anlage, sondern etwa auch das Material, aus dem sie besteht und ihre Zweckbestimmung (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2001 – 2 ZB 99.3484 – juris Rn. 11). Die hier aus Erde bestehende Erdauffüllung dient primär der (besseren) Bebaubarkeit des Grundstücks Fl.Nr. …7 der Gemarkung M* … (vgl. Blatt 107 BA). Das Wohnhaus des Antragstellers befindet sich südöstlich der genehmigten Geländeauffüllung (vgl. hierzu Bl. 62 der Behördenakte). An der nordwestlichen Grundstücksgrenze und damit in unmittelbarer Nähe zur geplanten Aufschüttung befindet sich dagegen nur ein Nebengebäude des Antragstellers. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Gelände westlich des Grundstücks des Antragstellers – jedenfalls im Bereich der geplanten Aufschüttung – auch bisher schon stark anstieg (vgl. hierzu etwa die Planunterlagen auf Blatt 63 BA sowie die Lichtbilder auf Blatt 12 ff.).
Bei dieser Sachlage kann das Vorhaben unter Berücksichtigung der mit den Abstandsflächenbestimmungen verfolgten Zielsetzung – Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung der Baugrundstücke als Grundlage für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Verhinderung der Brandübertragung, Wahrung des Wohnfriedens – allenfalls im erstgenannten Gesichtspunkt berühren. Dabei ist jedoch weiter zu berücksichtigen, dass nach der Wertung des Gesetzgebers Gebäude oder sonstige, dem Bauordnungsrecht unterliegende Anlagen und Einrichtungen mit einer Neigung von bis zu 45 Grad auch unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Belichtung und Besonnung grundsätzlich hinzunehmen sind (hierzu ausführlich BayVGH, B.v. 12.11.2001 – 2 ZB 99.3484 – juris Rn. 11). Unter Berücksichtigung der genehmigten Planunterlagen bleibt die Geländeauffüllung bezogen auf das Grundstück des Antragstellers jedoch unter 45 Grad (vgl. hierzu insbesondere Bl. 63 der Behördenakte). Von einer nennenswerten Verschattung des nordöstlichen Teils des Grundstücks des Antragstellers bzw. einer nennenswerten Verschlechterung seiner Grundstückssituation kann angesichts der bereits bestehenden örtlichen Verhältnisse und der konkreten Ausgestaltung des Vorhabens somit nicht ausgegangen werden. Eine gebäudeähnliche Wirkung kommt der genehmigten Geländeauffüllung damit nicht zu.
Das Landratsamt ist damit zu Recht davon ausgegangen, dass das Abstandsflächenrecht vorliegend nicht berührt ist. Gegenteiliges hat auch der Antragsteller selbst nicht (substantiiert) behauptet.
2.4. Das Vorhaben verstößt nach derzeitigem Erkenntnisstand auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung.
2.4.1.
Es kann dabei dahinstehen, ob sich, wie vom Landratsamt angenommen, die beiden Baugrundstücke im Außenbereich gemäß § 35 BauGB befinden (vgl. Bl. 11 der Behördenakte), oder ob zumindest das Grundstück mit der Fl.Nr. …7 noch dem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB zuzuordnen ist. Denn inhaltlich unterscheiden sich die aus dem Rücksichtnahmegebot abzuleitenden Anforderungen an ein Bauvorhaben nicht wesentlich. Ob sich der Antragsteller insoweit also auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (als sonstiger öffentlicher Belang bei nachteiligen Auswirkungen, die nicht auf (schädlichen) Immissionen beruhen, vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 – NVwZ 2018, 509/510) oder § 34 Abs. 1 („einfügen“) BauGB beruft, kann damit im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen.
2.4.2.
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75, BVerwGE 52. Band, 122). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17).
2.4.3.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sowie der vorliegenden Unterlagen und Pläne ist nach derzeitigen Erkenntnisstand eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots hier nicht anzunehmen. Hinsichtlich der Frage der Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse ist nicht davon auszugehen, dass diese in unzumutbarer Weise über das hinausgeht, was der Antragsteller auf seinem Grundstück aufgrund der bereits vor der Aufschüttung bestehenden Geländeverhältnisse hinzunehmen hatte. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen oben zum Abstandsflächenrecht (siehe oben unter 2.3) Bezug genommen.
2.4.4.
Aber auch und soweit der Antragsteller vorträgt, durch die Geländeauffüllung komme es zu einem unkontrollierten Wasserabfluss auf sein Grundstück und die in seinem Miteigentum stehende Grenzmauer, vermag das Gericht bei der hier vorzunehmenden, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht zu erkennen.
Denn der weitaus größte Teil des Bereichs, der aufgefüllt werden soll, hat sich zuvor als eine zum Grundstück des Antragstellers hin relativ steil abfallende Mulde dargestellt (vgl. hierzu etwa Bl. 12 ff. der Behördenakte). Durch die genehmigte Geländeauffüllung wird diese Mulde größtenteils ausgeglichen (vgl. hierzu den Längsschnitt auf Bl. 64 der Behördenakte). Zu berücksichtigen ist zudem, dass auf halber Höhe des aufgeschütteten Bereiches nunmehr eine 3 m breite, sog. Berme vorgesehen ist. Diese dient neben der in den Plänen vorgesehenen Erosionsschutzmatte (Krallmatte) der Stabilität der Aufschüttung (vgl. hierzu S. 16 des geotechnischen Gutachtens vom 1.8.2010, Bl. 39 der Behördenakte). Durch diese gleichmäßige Modellierung der Aufschüttung sowie der vorgesehenen, waagerechten Berme stimmt das Gericht der Einschätzung des Landratsamts zu, dass mit der Geländeauffüllung die Gefahr eines unkontrollierten Wasserablaufs auf das Grundstück des Antragstellers sogar weniger wahrscheinlich ist als beim vorherigen, abschüssigen und muldenähnlichen Zustand des Geländes (vgl. nochmals Bl. 12 der Behördenakte), bei dem insbesondere bei Starkregenereignissen ein Großteil der Wassermenge massiert am tiefsten Punkt der damals bestehenden Mulde auf das Grundstück des Antragstellers zugeflossen wäre. Dass der durch die Aufschüttung aufgetragene Boden dabei verdichteter ist als dies beim Boden des jahre- oder gar jahrzehntelang vorher bestehenden Hanges der Fall war, ist nicht erkennbar. Die diesbezüglichen Behauptungen hat der Antragsteller nicht substantiiert.
Damit ist schon nicht davon auszugehen, dass es durch die Aufschüttung zu einer nachteiligen Veränderung des Wasserabflusses zu Lasten des Grundstücks des Antragstellers kommt. Unabhängig davon hat die Beigeladene an der Grenze zum Grundstück des Antragstellers mittlerweile auch sog. Lego-Betonsteine postiert, so dass auch aus diesem Grund eine Verschlechterung der Wasserablaufsituation zu Lasten des antragstellerischen Grundstücks nicht zu befürchten steht.
Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet damit nach derzeitigem Erkenntnisstand auch insoweit aus.
Darüber hinaus ist § 37 Abs. 1 WHG weder vom Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 Satz 1 BayBO erfasst, noch vermittelt diese Vorschrift einen öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz. Insofern handelt es sich vielmehr um privates Nachbarrecht (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 15 ZB 10.1047 – juris Rn. 11; VG Würzburg, W 4 K 18.9).
2.5. Auch das Bodenschutzrecht gehört nicht zum Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO. Eine Rechtsverletzung des Antragstellers scheidet daher schon aus diesem Grund aus.
Nur ergänzend weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich nach dem geotechnischen Gutachten von Prof. Dr. B. vom 1. August 2002 (vgl. Bl. 24 ff. der Behördenakte) im Bereich des Schurf S2, in einer Tiefe von 2,50 m der Arsenwert mit 55 mg/kg knapp über dem Z 1.2-Wert mit 50 mg pro kg, aber noch deutlich unter dem Z 2-Wert von 150 mg/kg nach LAGA befindet (vgl. Bl. 9 des vorgenannten Gutachtens). Darüber hinaus wurde in diesem Gutachten festgestellt, dass wegen der günstigen geologischen sowie hydrologischen Verhältnisse durch die sehr dichten Tonsteine des Muschelkalks und dem großen Abstand zum Grundwasser im Bereich des Untersuchungsgebiets der leicht erhöhte Arsengehalt zu vernachlässigen ist, da dieser lediglich punktuell in einer Tiefe von 2,50 m festgestellt wurde (vgl. Bl. 10 des Gutachtens, S. 33 der Behördenakte). In dem Gutachten wurde schließlich noch empfohlen auf der arsenbelasteten Stelle eine Abdichtung nach oben einzurichten, um ausreichenden Schutz für das etwaige Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. …7 der Gemarkung M* … zu gewährleisten (vgl. S. 11 des geotechnischen Gutachtens vom 1.8.2002, Bl. 34 der Behördenakte). Wie es unter Zugrundelegung dieser Erkenntnisse zu einer Abschwemmung arsenbelasteten Bodens, der sich ausweislich des Gutachtens vom 1. August 2002 in einer Tiefe von 2,50 m befindet, auf das Grundstück des Antragstellers kommen soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Ausweislich der weiteren Feststellungen im genannten geotechnischen Gutachten aus dem Jahr 2002 ist auch eine Grundwasserverunreinigung durch den leicht erhöhten Arsengehalt im Bereich des Schurfs S2 nicht zu besorgen (vgl. S. 10 letzter Absatz des geotechnischen Gutachtens vom 1.8.2002).
Eine Rechtsverletzung des Antragstellers scheidet damit nach derzeitigem Erkenntnisstand auch insoweit aus.
2.6. Soweit der Antragsteller schließlich moniert, die Beigeladene halte sich nicht an die der Baugenehmigung beigefügte Auflage T 0567 und auch eine Krallmatte, wie sie in den genehmigten Plänen vorgesehen ist (vgl. Blatt 63 BA), sei nicht eingebaut worden, vermag auch dieser Vortrag dem vorliegenden Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Denn selbst wenn die Vorhabensausführung im Widerspruch zur Baugenehmigung stünde, ließe dies grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung unberührt. Maßgeblich ist allein deren Genehmigungsinhalt (vgl. hierzu etwa OVG Schleswig, B.v. 24.6.2014 – 1 MB 8/14 – juris; VGH Mannheim, B.v. 12.1.2005 – 8 S 2720/04 – juris Rn. 4). Insoweit geht auch der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Verwaltungsgericht Würzburg vom 16. März 2017 im Verfahren W 5 K 16.1345 fehl. Denn dabei handelte es sich um eine Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten und nicht um eine baurechtliche Nachbarklage, wie es im vorliegenden Hauptsacheverfahren der Fall ist.
Dass die vorgenannte Nebenbestimmung oder die in den genehmigten Plänen vorgesehene Krallmatte den Antragsteller in seinen Rechten verletzen würde, hat dieser weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.
Die hier streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt den Antragsteller daher aller Voraussicht nach nicht in seinen Rechten. Der Antrag war dementsprechend abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2013.


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