Baurecht

Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan – Ergänzendes Verfahren

Aktenzeichen  15 N 20.2639

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22444
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 4
FlurbG § 58 Abs. 4 S. 2
EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Erhebt eine Plannachbarin, deren Grundstück nicht unmittelbar von den Festsetzungen eines Bebauungsplans betroffen ist einen Normenkontrollantrag, ist eine mündliche Verhandlung auch nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK nicht zwingend erforderlich. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Lässt sich nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, dass die Unwirksamkeitserklärung eines Bebauungsplans der Antragstellerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen rechtlichen Vorteil verschaffen kann und sich darüber hinaus auch nicht zumindest aus tatsächlichen Gründen als vorteilhaft erweist, kann trotz fortgeschrittener Baumaßnahmen nicht von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses ausgegangen werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Gemeinde kann sich nicht zum Unterlassen einer Planung oder einer bestimmten planerischen Festsetzung verpflichten. Die aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie resultierende Planungshoheit kann nicht durch Vertrag geregelt oder eingeschränkt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich als Plannachbarin gegen den am 24. April 2018 erneut beschlossenen, am 26. April 2018 ausgefertigten und am 30. April 2018 erneut bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. … “S.” der Antragsgegnerin. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung K., das mit einem Wohnhaus bebaut ist (Nachbargrundstück). Dieses Grundstück grenzt nordöstlich an das Plangebiet an und wird von der nördlich verlaufenden S. straße erschlossen. Die an der S. straße anliegenden Grundstücke westlich und östlich des Nachbargrundstücks sind unbebaut. Vor Erlass des Bebauungsplans verlief entlang der südöstlichen Grenze des Nachbargrundstücks ein ausschließlich landwirtschaftlich genutzter Flurbereinigungsweg.
Der streitgegenständliche Bebauungsplan war in seiner am 29. September 2016 bekannt gemachten Fassung bereits Gegenstand der Verfahren 15 NE 16.2315 (Beschluss vom 3.3.2017), 15 NE 17.1221 (Beschluss vom 22.8.2017), 15 N 16.2158 (Urteil vom 24.11.2017) und in seiner am 30. April 2018 bekannt gemachten Fassung Gegenstand des Verfahrens 15 NE 18.1148 (Beschluss vom 15.3.2019) sowie 15 N 20.198 (Beschluss vom 20.2.2020). Auf den Inhalt der zitierten Entscheidungen wird Bezug genommen. Mit dem zuletzt genannten Beschluss lehnte der Senat den Normenkontrollantrag ab. Wegen eines Verfahrensfehlers hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (BVerwG, B.v. 8.9.2020 – 4 BN 17.20).
Die Satzung setzt ein aus zwei Teilbereichen (WA 1 und WA 2) bestehendes allgemeines Wohngebiet mit insgesamt 49 unverbindlich vorgeschlagenen Bauparzellen fest, das durch zwei Zufahrten von der S. straße aus erschlossen wird. Die östliche Zufahrt schließt im Bereich des vorherigen Flurbereinigungswegs direkt an das Nachbargrundstück an (Erschließungsstraße 1, Breite im Plan entlang des Grundstücks der Antragstellerin 6 m). Es sind bei einer GRZ von 0,35 und 0,3 Einzel- und Doppelhäuser mit jeweils maximal zwei Wohneinheiten und verschiedene Haustypen innerhalb größerer Baufenster zulässig. Im Westen und Süden schließt sich an die Bebauung ein Grünstreifen zur Ortsrandeingrünung an. Im südlichen Grünstreifen verläuft ein Fußweg, der im Osten in einen landwirtschaftlichen Weg mündet, der wiederum in den südlich des Plangebiets noch bestehenden Flurbereinigungsweg übergeht. Die Verkehrsflächen im Plangebiet sind als Mischflächen ohne Fuß- und Radwege dargestellt. In der Begründung ist ausgeführt, zur innergebietlichen Beruhigung seien die zu bauenden Straßen als Verkehrsmischflächen ohne Hochborde vorgesehen. Südlich angrenzend an die Erschließungsstraße 1 ist eine Fläche für eine Versorgungsanlage mit der besonderen Zweckbestimmung Elektrizität festgesetzt. Südwestlich des Plangebiets, getrennt durch landwirtschaftliche Flächen, befinden sich ein Pferdehof/Reitzentrum und ein Tierheim. In den textlichen Festsetzungen ist unter 3.4 geregelt, dass der im Flurbereinigungsplan A. vom 12. November 1986 auf dem Flurstück-Nr. … festgesetzte öffentliche Feldweg im Geltungsbereich des Bebauungsplans anderweitig festgesetzt, ein Teilbereich aufgestuft und ein Teilbereich eingezogen werde. Dem Plan sind u.a. Baugrundgutachten, schalltechnische Untersuchungen zum Verkehrslärm und zum Hundelärm aus dem Tierheim sowie ein immissionsschutztechnisches Gutachten zu Geruchsimmissionen aus dem Reitsportzentrum beigefügt. Das Geruchsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl anhand der Beurteilung mit der Abstandsregelung als auch durch eine Ausbreitungsrechnung nachgewiesen werden könne, dass keine Konflikte der Pferdehaltung mit der Wohnnutzung im Plangebiet zu befürchten seien. Hinsichtlich des Verkehrslärms wurde festgestellt, dass die Orientierungswerte der DIN 18005 [tags 55 dB(A), nachts 45 dB(A)] am Anwesen der Antragstellerin und an anderen Anwesen in der S. straße nachts schon durch die vorhandene Vorbelastung um bis zu 2,9 dB(A) überschritten seien. Bei Betrachtung der Gesamtbelastung nehme die Überschreitung nachts um bis zu 0,4 dB(A) auf maximal 48,2 dB(A) zu und tags trete eine Überschreitung um bis zu 2,3 dB(A) auf maximal 55,7 dB(A) auf. Im Übrigen liege tags eine maximale Pegelzunahme um 8,6 dB(A) und nachts um 1,4 dB(A) ohne Überschreitung der Orientierungswerte vor. Das Gutachten führt aus, an manchen Anwesen liege die Pegelzunahme teilweise mit mehr als 3 dB(A) über der Wahrnehmbarkeitsschwelle und sei daher abwägungsrelevant. Bezüglich des Hundelärms kommt das schalltechnische Gutachten unter entsprechender Anwendung der DIN 18005 und der TA Lärm zu dem Ergebnis, dass keine Pegelüberschreitungen zu erwarten seien.
Die Antragstellerin hat schon im Normaufstellungsverfahren Einwendungen erhoben (u.a. Rechtsanwaltsschreiben vom 4.8.2017 und 23.3.2018, persönliche Schreiben vom 7.7.2015, 24.11.2015, 25.2.2016 und 21.3.2018). Damit hat sie formelle und materielle Fehler gerügt. Die Antragsgegnerin hat die vorgebrachten Einwendungen behandelt und die Abwägungstabelle am 24. April 2018 beschlossen. Mit Schreiben vom 25. April 2018 hat das Landratsamt S. der Änderung des Flurbereinigungsplans durch den Bebauungsplan zugestimmt, da keine nachteiligen Auswirkungen auf die Teilnehmergemeinschaft ersichtlich seien.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 14. Mai 2018 Normenkontrollantrag erhoben und macht geltend, der Bebauungsplan leide an zahlreichen Fehlern und sei daher unwirksam. Es handle sich um einen einfachen Bebauungsplan, obwohl ein Investor auftrete und damit die Voraussetzungen für einen qualifizierten Bebauungsplan vorliegen würden. Die Beigeladene trete als Bauträger auf und damit lägen auch die Grundlagen für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan vor. Die Antragsgegnerin betreibe hier in hohem Maße Investorenbegünstigung und habe keine einheitlichen Genehmigungsgrundlagen. Das Anwesen der Antragstellerin liege im Außenbereich, dies sei nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Die Mindestabstände zum angrenzenden Reiterhof seien nicht gewahrt. Die nach den gerichtlichen Entscheidungen eingeholten Lärmgutachten seien nicht ordnungsgemäß berücksichtigt und abgewogen worden. Es seien ohne Weiteres andere Zufahrtsvarianten umsetzbar. Nachbarschützende Interessen bezüglich der Umwidmung des Flurbereinigungswegs seien nicht hinreichend beachtet worden. Die Straßenbreite und die Zufahrtssituation entsprächen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Flurbereinigungsweg sei nur auf ca. 4,50 m verbreitert und geteert worden. Die Mindestbreite von 6 m werde unterschritten, Geh- und Radwege fehlten völlig. Das Einfahren der Feuerwehr und größerer Baufahrzeuge mit Anhängern sei erschwert oder unmöglich. Das Eigentum der Antragstellerin werde aufgrund der unzureichenden Wende- und Einmündungsradien geschädigt. Diese Zufahrt sei auch nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden. Es bestehe satzungsrechtlich keine Grundlage, diesen Weg in die Planung des Baugebiets einzubeziehen und als Zufahrt zu nutzen. Eine Umnutzung nach Erstellung des Bebauungsplans sei fehlerhaft. Der Weg müsse daher zurückgebaut werden. Die Nichtumnutzung des Flurbereinigungswegs sei auch durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefordert worden. Die Antragsgegnerin habe gegenüber der Antragstellerin zugesichert, dass der Flurbereinigungsweg ausschließlich der landwirtschaftlichen Nutzung diene und niemals für andere Zwecke verwendet werde. Aufgrund dieser Zusage habe die Antragstellerin eine Vermögensdisposition getroffen, das Grundstück erworben und bebaut. Nunmehr hielten sich die Mitarbeiter der Antragsgegnerin nicht mehr an die Zusagen. Erschwerend käme hinzu, dass eine gütliche Einigung nicht möglich gewesen sei. Der Antragstellerin sei ein unverkäufliches Grundstück angeboten worden, damit sie auf ihre Kosten dort eine Erschließungsstraße hätte erstellen lassen sollen und sie dafür den Flurbereinigungsweg erhalten hätte. Der Flurbereinigungsweg sei mittlerweile in S. straße umbenannt worden. Dies sei unzulässig. Auch die Umplanung der Trafostation in den Bereich hinter das Grundstück der Antragstellerin sei nicht korrekt, da die Zufahrt nicht im Flächennutzungsplan enthalten sei. Gesundheitliche Aspekte einer Anwohnerpartei hätten zur Umplanung geführt. Die Widersprüche anderer Anwohner seien hingegen negativ verbeschieden worden. Die Situation der Wasserentsorgung sei völlig unzureichend, da der vorhandene Kanal unterdimensioniert sei. Bei der für das Ortsbild viel zu massiven Bebauung komme die Oberflächenentwässerung noch erschwerend hinzu. Der Boden sei stark lehmhaltig, bei Starkregen sei mit Rückstau und Überflutung zu rechnen. Die vorgesehene Regenwasserversickerung sei nicht möglich. Dies führe zu Schäden bei den bisherigen Anwohnern. Zudem sei eine hinter dem Grundstück der Antragstellerin verlegte Drainage widerrechtlich entfernt worden. Die Antragsgegnerin halte auch ihre übrigen Zusagen nicht ein, da sie vor dem Abschluss des Verfahrens Baugenehmigungen erteilt habe. Der Bebauungsplan sei nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, da die Bekanntmachung auf beigefügte Pläne verweise, die aber nicht beigefügt gewesen seien. Das ergänzende Verfahren sei unzulässig gewesen, da die Voraussetzungen nach § 214 Abs. 4 BauGB nicht vorgelegen hätten. Es müsste die Grundkonzeption des Plans geändert werden, was im ergänzenden Verfahren nicht zulässig sei. Zudem sei die Gemeinde an die tragenden Gründe der Normenkontrollentscheidung gebunden. Das Gutachten zum Hundelärm setze sich nicht mit der Stellungnahme des Landratsamts aus dem Jahr 1981 auseinander. Es sei fraglich, ob die TA Lärm herangezogen werden könne. Auch fehle weiterhin die Pferdekoppel im Geruchsgutachten, die bis zu 33 m an die Grenze des Plangebiets heranreiche. Der Plan sei unbestimmt, da er verschiedene Vorschläge und ein nicht näher erläutertes Rahmenkonzept enthalte. Die Verkehrsführung sei weiter zu bemängeln. Es finde sich ein landwirtschaftlicher Weg, der nirgendwo hinführe. Was mit Mischflächen gemeint sei, sei nicht ersichtlich.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebauungsplan Nr. … “S.” der Antragsgegnerin vom 26. April 2018 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Bebauungsplan leide nach dem ergänzenden Verfahren nicht mehr an Abwägungsmängeln. Es werde auf den Beschluss des Senats vom 15. März 2019 verwiesen. Der Bauausschuss habe am 27. März 2019 die Straßenbenennung nach Art. 52 BayStrWG beschlossen und die Erschließungsstraße S. straße genannt. Eine Widmung sei noch nicht erfolgt, da die Voraussetzungen noch nicht vorlägen. Im Januar 2021 seien schon zwei Gebäude vollständig errichtet und bezogen worden. Acht Gebäude befänden sich in Bau und für 12 weitere Gebäude liege Baurecht im Genehmigungsfreistellungsverfahren oder in Form einer Baugenehmigung vor.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen der Antragsgegnerin und den Beschluss des Senats vom 15. März 2019 im Verfahren 15 NE 18.1148.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren sowie die beigezogenen Verfahrensakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof kann durch Beschluss nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheiden, da der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten dazu mit gerichtlichem Schreiben vom 10. Mai 2021 angehört worden sind. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 25.3.2019 – 4 BN 14.19 – juris Rn. 7) kann über Normenkontrollanträge von Plannachbarn selbst dann im Beschlussweg entschieden werden, wenn diese wegen einer möglichen Verletzung des Rechts auf gerechte Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB antragsbefugt sind. Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Plannachbarin, deren Grundstück nicht unmittelbar von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffen ist. Deshalb ist eine mündliche Verhandlung auch nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht zwingend erforderlich (vgl. BVerwG, B.v. 3.8.2017 – 4 BN 11.17 – juris Rn. 19). Der Bebauungsplan war darüber hinaus schon Gegenstand zahlreicher Verfahren, insbesondere des Eilverfahrens 15 NE 18.1148, in dem schon eine rechtliche Würdigung nach Abschluss des ergänzenden Verfahrens erfolgt ist.
1. Die Antragstellerin ist unter Berücksichtigung des aktuellen Vortrags antragsbefugt, da sie sich als Plannachbarin auf ihren subjektiven Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Belange gemäß § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB im Hinblick auf die Zunahme des Verkehrslärms durch die unmittelbar östlich ihres Grundstücks geplante Erschließungsstraße für das rund 50 Parzellen umfassende Plangebiet stützt. Es erscheint dabei nicht ausgeschlossen, dass abwägungserhebliche Belange der Antragstellerin berührt werden. Zwar lässt sich dem schalltechnischen Gutachten entnehmen, dass am Grundstück der Antragstellerin schon durch die Vorbelastung die Orientierungswerte der DIN 18005 nachts überschritten waren und sich die nächtlichen Werte durch die Gesamtbelastung nur geringfügig erhöhen. Allerdings sind die Orientierungswerte tags mit der prognostizierten Gesamtbelastung erstmals überschritten und daher möglicherweise abwägungsrelevant.
2. Der Antragstellerin steht auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht. Nach allgemeiner Auffassung fehlt einem Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz das Rechtsschutzbedürfnis unter anderem dann, wenn der Betreffende seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb als für ihn nutzlos erscheint. Wann dies der Fall ist, richtet sich im Wesentlichen nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (BVerwG, B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – BVerwGE 78, 85 = juris Rn. 19). Dementsprechend fehlt einem Normenkontrollantrag, der sich gegen Festsetzungen eines Bebauungsplans richtet, zu deren Verwirklichung schon eine unanfechtbare Genehmigung erteilt worden ist, dann das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Vorhaben schon überwiegend verwirklicht ist (Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Oktober 2020, § 10 Rn. 284). Darüber hinaus kann auch durch die fast vollständige Verwirklichung einer Festsetzung durch eine genehmigungsfreie Maßnahme das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, etwa wenn der Antragsteller sein materielles Abwehrrecht gegen sie verwirkt hat oder die beabsichtigte weitere Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist (BVerwG, B.v. 9.2.1989 – 4 NB 1.89 – DVBl 1989, 660 = juris Rn. 6). Wenn für das Normenkontrollgericht auf der Hand liegt, dass eine nachfolgende Klage unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt erfolglos sein wird, muss der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen werden (vgl. auch BVerwG, B.v. 2.9.1983 – 4 N 1.83 – BVerwGE 68, 12).
Zwar sind hier die Erschließungsstraßen schon hergestellt und das Plangebiet ist schon teilweise bebaut, ohne dass die Antragstellerin gegen die erteilten Baugenehmigungen und die im Freistellungsverfahren durchgeführten Baumaßnahmen vorgegangen wäre. Möglicherweise müsste deshalb die weitere Bebauung auf manchen Parzellen nunmehr auch ohne den streitgegenständlichen Bebauungsplan nach § 34 BauGB genehmigt werden (vgl. BVerwG, B.v. 22.9.1995 – 4 NB 18.95 – NVwZ-RR 1996, 478 = juris Leitsatz, Rn. 3 f.). Es lässt sich hier aber nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, dass die Unwirksamkeitserklärung der Norm der Antragstellerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr einen rechtlichen Vorteil verschaffen kann und sich darüber hinaus auch nicht zumindest aus tatsächlichen Gründen als vorteilhaft erweist (vgl. OVG Saarl, U.v. 24.6.2021 – 2 C 215/19 – juris Rn. 43). Deshalb kann trotz der fortgeschrittenen Baumaßnahmen nicht von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses ausgegangen werden.
3. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil der Bebauungsplan nicht an durchgreifenden formellen oder materiellen Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen würden.
3.1 Es liegt kein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 4a Abs. 3 und § 3 Abs. 2 BauGB beachtlicher Bekanntmachungsmangel vor. Nach den vorgelegten Planaufstellungsakten wurde der Entwurf des Bebauungsplans (Stand 9.5.2017) mit den in der Bekanntmachung vom 28. Juni 2017 genannten Unterlagen vom 10. Juli bis 11. August 2017 öffentlich ausgelegt (Bl. 1437 bis 1527 der Planaufstellungsakten). Welche Unterlagen dabei gefehlt haben sollen, wird von der Antragstellerin nicht näher dargelegt und ist nicht ersichtlich.
3.2 Die Kritik der Antragstellerin, die Voraussetzungen für ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB hätten nicht vorgelegen, greift nicht durch. § 214 Abs. 4 BauGB erlaubt die Behebung von Fehlern und die rückwirkende Inkraftsetzung von Flächennutzungsplänen und Satzungen. Im vorliegenden Fall ist keine rückwirkende Inkraftsetzung erfolgt, sondern der Bebauungsplan ist erst mit seiner erneuten Bekanntmachung am 30. April 2018 in Kraft getreten. Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens setzt weiter voraus, dass der zu behebende Mangel nicht von solcher Art und Schwere ist, dass er die Planung als Ganzes von vorneherein in Frage stellt oder die Grundzüge der Planung berührt (BVerwG, U.v. 8.10.1998 – 4 CN 7.97 – NVwZ 1999, 414 = juris Leitsatz und Rn. 13 m.w.N., zur Vorläuferregelung des § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB i.d.F. d. Bek. v. 27.8.1997, BGBl I S. 2141). Hier wurden im ergänzenden Verfahren nur die im Urteil des Senats vom 24. November 2017 festgestellten Mängel in der Abwägung gemäß § 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB behoben, aber keine Änderungen an den Festsetzungen vorgenommen. Es ist daher nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine solche Vorgehensweise unzulässig gewesen sein soll und zu welchen nach § 214 BauGB beachtlichen und innerhalb der Frist des § 215 BauGB gerügten Verfahrensfehlern dies geführt haben soll.
Soweit die Antragstellerin meint, ein ergänzendes Verfahren sei nicht zulässig gewesen, da wesentlich weitergehende Änderungen am streitgegenständlichen Bebauungsplan vorgenommen werden müssten, um ihn rechtmäßig zu gestalten, führt dies nicht zu einem Verfahrensfehler, denn die Antragsgegnerin hat keine weitergehenden Änderungen vorgenommen.
Auch die Auffassung der Antragstellerin, es hätte ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erlassen werden müssen, da die Beigeladene als Bauträgerin auftrete, trifft nicht zu. Die Gemeinde kann selbst entscheiden, ob sie einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB oder einen Angebotsbebauungsplan nach §§ 8 ff. BauGB erlässt. Dass hier möglicherweise auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan möglich gewesen wäre, da die Beigeladene ggf. schon zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses verfügungsberechtigt über die Grundstücke war und mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag zur Erschließung und Vermarktung des Baugebiets geschlossen hat, führt nicht dazu, dass eine Angebotsplanung unzulässig wäre.
3.3 Der Bebauungsplan leidet auch nicht an Abwägungsmängeln. § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – BayVBl 2018, 814 = juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, B.v. 12.06.2018 – 4 B 71.17 – juris Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind dabei nur erheblich, wenn sie offensichtlich sind und Einfluss auf das Abwägungsergebnis hatten (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang oder Abwägungsergebnis sind nach Maßgabe dieser Vorgaben im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3.3.1 Die teilweise Verlegung und Einziehung des ehemaligen Flurbereinigungswegs sowie die teilweise Überplanung dieses Wegs mit einer Orts straße sind nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass der Weg nur mit Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG verändert werden kann und hat diese Zustimmung eingeholt (vgl. Schreiben des LRA S. vom 25.4.2018). Die weiteren Einwände der Antragstellerin, sie sei bei Erwerb ihres Grundstücks aufgrund einer mündlichen Zusage der Bediensteten der Antragsgegnerin davon ausgegangen, dieser Weg werde auch zukünftig ausschließlich zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt und zu keiner Zeit als Erschließungsstraße für ein Baugebiet ausgebaut, hat die Antragsgegnerin zur Kenntnis genommen und in die Abwägung eingestellt (s. S. 5 und 18 der Abwägungstabelle). Dass die Antragsgegnerin dabei davon ausgegangen ist, es handele sich möglicherweise um ein Missverständnis, eine derartige Zusage sei nicht getroffen worden und könne einer Bauleitplanung ohnehin nicht entgegengehalten werden, sondern löse allenfalls Amtshaftungsansprüche aus, ist dabei nicht zu beanstanden. Darüber hinaus wurde angesichts der Einwendungen der Antragstellerin im Vorfeld auch untersucht, ob eine andere Anbindung an das öffentliche Straßennetz möglich ist. Dabei wurden Alternativen in Betracht gezogen (z.B. Richtung Süden) und mit der Antragstellerin erörtert (vgl. Abwägungstabelle S. 13 und 93). Auch in der Begründung des Bebauungsplans sind unter Nr. 5.3 der textlichen Hinweise verschiedene Erschließungsvarianten aufgezeigt und deren Vor- und Nachteile aufgelistet. Es wurde aber angesichts der Größe des Baugebiets mit überzeugenden Argumenten eine zweite Zufahrt für erforderlich gehalten und die anderen Anbindungsmöglichkeiten als unwirtschaftlich und nachteilig verworfen. Dabei sind der Antragsgegnerin keine Fehler unterlaufen, denn es versteht sich von selbst, dass bei einer Abwägung manche Belange zurücktreten müssen und andere sich durchsetzen.
Ob für diese im Bebauungsplan vorgesehene Straße mittlerweile schon ein Straßenname vergeben wurde und ein Straßenschild aufgestellt worden ist, ob diese Straße neben dem Grundstück der Antragstellerin schon jetzt in der im Bebauungsplan vorgesehenen Breite von 6 m hergestellt und gewidmet worden ist und ob beide Zufahrten zum Plangebiet gleichermaßen für die erforderlichen Fahrten von Baufahrzeugen genutzt werden, sind keine Umstände, die bei der Abwägung zu berücksichtigen waren.
Sollte die Antragstellerin auch rügen wollen, dass die festgesetzte Straßenbreite von 6 m entlang ihrer Grundstücksgrenze nicht den Vorschriften entspreche und zu gering bemessen sei, so trifft dies nicht zu. Nach Nr. 5.2.1 und Nr. 6.1.1.10 der “Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen” (RASt 06, mit OBBS IID2-43411-001/06 vom 11.2.2009 zur Anwendung empfohlen) sind bei einer geringen Verkehrsfrequenz Wohnwege mit einer Straßenraumbreite von mind. 4,5 m oder schmale Zweirichtungsfahrbahnen mit Ausweichstellen zwischen 3,5 m und 4,75 m Breite zulässig. Dabei steht nach Nr. 6.1.1.11 RASt 06 in den hier geplanten Mischflächen allen Verkehrsteilnehmern der gesamte Straßenraum zur Verfügung. Eine Festsetzung von Mischflächen ist daher auch nicht zu unbestimmt, sondern deren Bedeutung kann anhand der RASt 06 definiert werden.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, vor dem Kauf ihres Grundstücks sei ihr von den Bediensteten der Antragsgegnerin zugesichert worden, dass der landwirtschaftliche Weg auch zukünftig nicht verlegt und anderweitig genutzt werden wird, kann dies ihrem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Unabhängig davon, ob eine solche Aussage tatsächlich getroffen worden ist, oder es sich um ein Missverständnis gehandelt hat, könnte eine solche Auskunft die Planung nicht verhindern. Denn eine Gemeinde kann sich nicht zum Unterlassen einer Planung oder einer bestimmten planerischen Festsetzung verpflichten (vgl. OVG NW, B.v. 25.1.2008 – 7 B 1743/07.NE – BauR 2008, 962 = juris Rn. 30 ff.; HessVGH, U.v. 26.3.2015 – 4 C 1566/12.N – BauR 2015, 1282 = juris Rn. 90). Die aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie resultierende Planungshoheit kann nicht durch Vertrag geregelt oder eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.2000 – 4 BN 37.00 – BauR 2001, 1060 = juris Rn. 5).
3.3.2 Auch hinsichtlich der vom Verkehrslärm herrührenden Geräuschimmissionen im geplanten Baugebiet und an den bestehenden Wohnhäusern entlang der S. straße sind der Antragsgegnerin keine Abwägungsfehler unterlaufen. Sie hat unter Berücksichtigung der von der BAB A 93 und der Bahnlinie S.-F. herrührenden Emissionen eine schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung erstellen lassen. Die nach diesen Berechnungen an den Fassadenseiten des Gebäudes der Antragstellerin und anderen Gebäuden in der S. straße auftretenden Erhöhungen der Lärmimmissionen einschließlich einer Überschreitung der einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 von 55 dB(A) tagsüber sowie von 45 dB(A) im Nachtzeitraum hat die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Abwägung als noch zumutbar bewertet, zumal der maßgebliche Immissionsgrenzwert der 16. BImSchV von 49 dB(A) nicht überschritten werde und an den straßenabgewandten Seiten zum Teil noch die Orientierungswerte für reine Wohngebiete von 40 dB(A) eingehalten seien. Dabei handelt es sich nicht um eine beachtliche Abwägungsfehleinschätzung, da es sich zum einen bei den Werten der DIN 18005 nur um Orientierungswerte handelt und andererseits die TA Lärm für durch Wohnen geprägte Gebiete einen Immissionsrichtwert von bis zu 63 dB(A) tagsüber als zulässig ansieht (Nr. 6.1 Buchst. c TA Lärm). Die Antragstellerin geht im Übrigen selbst davon aus, dass sich ihr Anwesen früher im Außenbereich befunden hat und damit nur eine verminderte Schutzwürdigkeit bestand.
3.3.3 Die Antragsgegnerin hat ferner ein immissionsschutztechnisches Gutachten zur Beurteilung der auf das Plangebiet einwirkenden Geruchsimmissionen durch das südlich des Plangebiets gelegene Reitzentrum eingeholt. Dieses kommt anhand der “Abstandsregelung für Rinderhaltungen” des Arbeitskreises “Immissionsschutz in der Landwirtschaft” vom März 2016 als auch nach der Veröffentlichung “Geruchsemissionen aus Rinderställen” der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München und der Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen vom 29. Februar 2008 (Geruchsimmissionsrichtlinie – GIRL, ergänzt am 10. September 2008), zum Ergebnis, dass in allen im Plangebiet festgesetzten Baufenstern der Geruchsimmissionswert der GIRL von 10% der Jahresstunden eingehalten bzw. deutlich unterschritten wird. Die Antragsgegnerin hat dieses Gutachten ihrer Abwägung zugrunde gelegt. Abwägungsfehler sind diesbezüglich nicht ersichtlich.
Das Gutachten legt in Nr. 4.1 eine Lagedarstellung der Anlagenteile (Ställe, Paddocks, Koppeln usw.) zugrunde und geht davon aus, dass die Pferde während des am Vormittag stattfindenden Entmistungsvorgangs die Boxen verlassen und sich auf den Koppeln befinden. Die Pferdekoppeln würden deshalb alle zwei Tage abgegangen und der Pferdekot aufgesammelt. Die Pferdekoppeln werden nach Nr. 4.2 des Gutachtens nicht explizit als Geruchsquellen simuliert, da sich die Pferde entweder auf den Koppeln oder im Stall befinden und die Berechnung des Stalls als dauerhaft emittierender Geruchsquelle den Worst-Case-Fall darstelle. Substantielle Einwände hiergegen bringt die Antragstellerin nicht vor, sondern behauptet nur, dass diese Betrachtung nicht überzeuge, weil der Stall zu einer gewissen Abschirmung beitrage, was bei den Pferdekoppeln nicht der Fall sei. Dabei lässt sie jedoch unberücksichtigt, dass sich auch große Koppeln südlich der Stallungen befinden und die Pferde sich bei der Nutzung dieser Flächen wesentlich weiter entfernt vom Plangebiet aufhalten und dadurch geringere Immissionen im Plangebiet hervorrufen. Eine Berücksichtigung nicht nur der dem Plangebiet naheliegenden, sondern aller Koppeln würde daher wohl keine großen Veränderungen in der Berechnung hervorbringen. Die Frage, ob solche nur vorübergehend genutzten Außenflächen überhaupt bei der Bewertung der von Tierhaltungsanlagen ausgehenden Emissionen Berücksichtigung finden müssen, obwohl weder in der GIRL noch in der VDI-RL 3894 Tierweiden als Emissionsquellen angesprochen werden, muss hier auch nicht entschieden werden. In Anbetracht der an den südlichen Baugrenzen maximal erreichten Geruchsstundenhäufigkeit von 7% erscheint es nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die angestellte Worst-Case-Betrachtung nicht ausreichend sein sollte. Eine Erhöhung der Geruchsstundenhäufigkeit von 7% auf über 10% durch die nur gelegentliche Nutzung der Koppeln erscheint fernliegend. Im Übrigen können Anwohner an der Grenze zum Außenbereich nur das Schutzniveau eines Dorfgebiets beanspruchen und müssten ggf. sogar eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 15% hinnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2021 – 1 ZB 18.2158 – juris Rn. 7).
3.3.4 Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin ein Gutachten zur Bewertung der Schallimmissionen durch Hundelärm vom Tierheim erstellen lassen. Damit ist in Anlehnung an die DIN 18005 und die TA Lärm festgestellt worden, dass von dem Hundegebell weder tags noch nachts schädliche Lärmeinwirkungen im Plangebiet zu erwarten sind. Dadurch sind die Befürchtungen des Landratsamts aus dem Jahr 1981 entkräftet. Die Antragsgegnerin hat dieses Gutachten in die Abwägung eingestellt und abgewogen. Abwägungsfehler sind nicht ersichtlich.
Ob die TA Lärm für die Immissionen des Tierheims direkt anwendbar ist, kann dahinstehen. Es kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Vorgaben der TA Lärm wie bei landwirtschaftlichen Betrieben entsprechend herangezogen werden können (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 37 ff.).
4. Auch im Übrigen lässt der Vortrag der Antragstellerin keine zur Unwirksamkeit der Planung führenden Mängel erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Bebauungsplan wegen der festgesetzten Fläche für die Trafostation an einem zur Unwirksamkeit führenden Mangel leiden sollte. Die Trafostation befindet sich nach dem Plan ca. 35 m vom Wohnhaus der Antragstellerin und ca. 10 m vom nächstgelegenen Wohnhaus im Plangebiet entfernt. Nach Angaben des Netzbetreibers (Schreiben vom 12.6.2017 mit Dokumentation Feldminimierung, Iso-Linien) sind die elektromagnetischen Auswirkungen der geplanten Trafostation wegen eines im Abstand von bis zu 10 m zur Einhausung befindlichen Minimierungsorts (z.B. Wohnungen, Krankenhäuser, Schulen usw.) minimiert worden und sind auf den unmittelbaren Nahbereich beschränkt. Dass diese Angaben unzutreffend sein und damit Gesundheitsgefahren für die benachbarten Wohnanwesen bestehen könnten, hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt und dies ist auch nicht ersichtlich. Dass die Trafostation möglicherweise auch an einem anderen Ort hätte geplant werden können, führt nicht dazu, dass die getroffene Wahl abwägungsfehlerhaft ist. Dass die Trafostation an dem geplanten Standort unzulässig sein soll, weil die Zufahrt von der S. straße über den ehemaligen Flurbereinigungsweg führt, ist nicht nachvollziehbar, denn die Trafostation kann ohne weiteres auch von Süden angefahren werden.
Die von der Antragstellerin kritisierte geplante Versickerung von Niederschlagswasser erscheint unproblematisch. Im Baugrundgutachten wird eine direkte Versickerung von Niederschlagswasser wegen der anstehenden Tone und Schluffe nicht für möglich gehalten, aber als Variante Sickerschächte in unterschiedlicher Tiefe empfohlen, gegen die auch das Wasserwirtschaftsamt keine Bedenken hat. In der Begründung des Bebauungsplans (S. 25 f.) und nach Nr. 6.1.2 der textlichen Hinweise wird deshalb darauf hingewiesen, dass die Einleitung des Oberflächenwassers der privaten Grundstücke in die Kanalisation nicht zulässig ist und das Oberflächenwasser auf den privaten Baugrundstücken zwingend zu versickern ist. Durchgreifende Argumente, aus welchen Gründen eine Versickerung in Schächten nicht möglich sein sollte, werden von der Antragstellerin nicht aufgezeigt. Weshalb der Abwasserkanal unterdimensioniert sein sollte, wenn das Oberflächenwasser versickert wird, erschließt sich ebenfalls nicht.
Auch die Verlegung einer Drainage südlich des Grundstücks der Antragstellerin führt zu keinem Fehler des Bebauungsplans. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie das Wasserwirtschaftsamt haben keine Bedenken gegen die geplante Verlegung der Drainage erhoben. Weshalb die Verlegung der Drainage angesichts der notwendigen Versickerung des Oberflächenwassers auf den Baugrundstücken gleichwohl problematisch sein sollte, wird nicht weiter erläutert.
Dass die Antragsgegnerin die Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO beachten muss, führt nicht dazu, dass sie die festgestellten Fehler des Bebauungsplans nicht bereinigen und den Plan erneut als Satzung beschließen könnte. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 24. November 2017 im Verfahren 15 N 16.2158 festgestellt hat, dass nachträglich erhobenes und dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegtes Datenmaterial nicht den Schluss rechtfertigt, dass das Ermittlungs- und Bewertungsdefizit nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist (BayVGH a.a.O. Rn. 21) führt dies ebenfalls nicht dazu, dass die Antragsgegnerin nicht erneut und unter Berücksichtigung dieses neuen Materials in eine Abwägung eintreten könnte, selbst wenn das Material schon vor Erlass des Urteils erstellt worden ist. Mit dem Urteil wurde nur die konkrete Abwägung, die ohne dieses Material erfolgt ist, bewertet. Dass die Abwägung unter Berücksichtigung des neuen Materials zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist, ist nicht zu beanstanden, denn die Bewertung, dass ein Mangel auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist, rechtfertigt nicht den Umkehrschluss, dass ohne den Mangel das Ergebnis anders ausfallen muss.
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Im Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB können dabei insbesondere die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge dargestellt werden. Erschließungsstraßen und sonstige untergeordnete Verkehrswege werden daher im Flächennutzungsplan regelmäßig nicht dargestellt und können nach den Bedürfnissen der einzelnen Baugebiete in den Bebauungsplänen festgesetzt werden. Das ist hier geschehen und begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Eine “ungefragte Fehlersuche” (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2018 – 4 B 20.18 – juris Rn. 10; U.v. 8.3.2017 – 4 CN 1.16 – UPR 2017, 347-352 Rn. 29; B.v. 4.10.2006 – 4 BN 26.06 – BayVBl 2007, 120 = juris Ls 2 und Rn. 7; U.v. 17.6.1993 – 4 C 7.91 – ZfBR 1993, 304 = juris Rn. 17) ist nicht veranlasst.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
6. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 52 Abs. 1, Abs. 8 GKG und orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO).
7. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).


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