Baurecht

Nutzungsuntersagung für einen Containerplatz

Aktenzeichen  M 1 S 21.1635

Datum:
12.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19868
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 15, Art. 76 S. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

Das Aufstellen mehrerer Container auf einem gewerblich genutzten Grundstück ist von einer Baugenehmigung für die Umnutzung eines bestehenden Gebäudes in eine LKW-Garage mit einem Lagerraum für Reifen nicht umfasst. (Rn. 43 – 44) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,– festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung.
Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben Inhaberin der Firma C … … … Zugleich ist sie Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 543 Gem. …, das im unbeplanten Innenbereich liegt. Hierfür erteilte das Landratsamt ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann, Herrn … …, mit Bescheid vom 17. Januar 2002 eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Maschinenhalle in eine Lkw-Garage mit (umbauten) Lagerraum für Reifen. Im Bescheid unter „Immissionsschutzauflagen“ wird unter Nr. 401 festgesetzt, dass der Beurteilungspegel der vom Gesamtbetrieb einschließlich des Fahrverkehrs ausgehenden Geräusche nicht dazu führen darf, dass der Immissionsrichtwert für ein Dorfgebiet an den nächstgelegenen Immissionsorten von tagsüber 60 dB(A) überschritten wird. Laut Betriebsbeschreibung vom 17. Dezember 2011, die gemäß der Auflage Nr. 402 Bestandteil der Baugenehmigung ist, erfolgt eine gewerbliche Nutzung als Lkw-Garage und als Lager für Reifen, die Halle dient nur als Unterstellfläche für Lkw. Im Bescheid unter Nr. 404 wird das Abstellen von Containern im Freien oder in der Halle für nicht zulässig erklärt.
Mit Schreiben vom 5. März 2002 teilte das Landratsamt dem Ehemann der Antragstellerin mit, dass die Auflage 404 entfallen könne, weil nur eigene Lkw-Reifen gelagert werden sollen, wofür keine Container benötigt würden; der bestehende Containerplatz würde durch die Maßnahme nicht berührt bzw. verändert.
Im Jahr 2004 wurde an das Landratsamt eine Beschwerde herangetragen, dass an im Freien stehenden Containern Lackiererarbeiten durchgeführt würden. Auf weitere Beschwerde im März 2011, dass auf dem Grundstück täglich zahlreiche offene Container, leer oder voll, abgestellt würden, an denen Lackiererarbeiten, Schweißarbeiten und lärmintensive Blecharbeiten durchgeführt würden, bemühte sich das Landratsamt um eine Vereinbarung mit der Antragstellerin, dass u.a. nicht mehr im Freien gearbeitet oder lackiert werden dürfe. Es erfolgten im Laufe des Jahres 2011 weitere Nachbarbeschwerden insbesondere zu lärmintensiven Arbeiten am späten Abend und am Wochenende sowie zu An- und Abfahrtsverkehr in den frühen Morgenstunden. Mit Schreiben vom 5. Juli 2011 wurde die Firma darauf hingewiesen, dass der beauflagte Lärmpegel von 60 dB(A) bei Ausführung von Reparaturarbeiten an den Containern und an LKWs erheblich überschritten werde. Es wurde zum beabsichtigten Erlass einer Nutzungsuntersagung für die Durchführung lärmintensiver Tätigkeiten angehört sowie zur Überschreitung der im Genehmigungsbescheid festgesetzten Betriebszeiten (werktags von 6:00 bis 22:00 Uhr) durch an- und abfahrende LKWs. Die Nachbarn teilten sodann mit, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück im Wesentlichen Ruhe eingekehrt sei.
Im Jahr 2018 kam es zu erneuten Nachbarbeschwerden, die sich gegen als unzumutbar erachteten Lärm, insbesondere samstags, auf dem Grundstück wandten. Unter anderem wurde berichtet, dass ein Gabelstapler über einen Zeitraum von ca. 75 Minuten Glas und Schutt aus großer Höhe in die Container geworfen habe. Privat durchgeführte Messungen hätten die mehrfache Überschreitung von 60 dB(A) ergeben. Die Abläufe schienen gleichförmig dergestalt, dass ein Lkw ankomme und Container entlade. Arbeiter und Gabelstapler begäben sich zum entladenen Müll und sortierten diesen dann nach Material getrennt in weitere Container. Volle Container würden durch Lkws wieder abtransportiert.
Nach Mitteilung des gemeindlichen Gewerbeamts besteht unter der Anschrift des streitgegenständlichen Grundstücks seit 14. Februar 2008 eine Gewerbeanmeldung unter „Abholung von Müllcontainern“.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2020 hörte das Landratsamt die Firma zum Erlass einer bauaufsichtlichen Untersagungsverfügung an. Eine Baukontrolle am 30. April 2020 habe ergeben, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück ein Entsorgungsbetrieb eingerichtet sei; die vorgefundene Anzahl an Containern und die Abfallfraktionen gäben ein eindeutiges Bild ab (Fotos S. 13 ff. der Behördenakte).
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin äußerte, dass der C … nicht auf dem streitgegenständlichen Grundstück betrieben werde, sondern dies viel mehr von einem anderen Standort geschehe. Das streitgegenständliche Grundstück werde zur Hälfte weiterhin landwirtschaftlich genutzt, die andere Hälfte sei von der Nutzungsänderung als Lkw-Halle umfasst. Die Antragstellerin habe vier privat genutzte Container aufgestellt, die nicht zum Containerbetrieb gehörten. Über Jahre hinweg habe es keine Nachbarbeschwerden gegeben. Die Antragstellerin habe in den vergangenen Wochen nur einen einzigen Anruf bekommen, als sie das Gartentor abgeschliffen habe.
Das Landratsamt führte am 4. Juni 2020 eine weitere Baukontrolle durch, bei der ausweislich der Lichtbilder und der Feststellungen des Baukontrolleurs (S. 42 ff. der Behördenakte) diverse Container mit Folien, gemischten Baumaterialien, Bauschutt und Holz gefüllt waren, ein weiterer Container war leer. Im hinteren Bereich des Grundstücks sind Schuttberge erkennbar; der Baukontrolleur merkte hierzu an, hier würden die Container gelegentlich geleert und die einzelnen Materialien getrennt. Eine Baukontrolle am 8. Juni 2020 zeigte, dass die Schuttberge sich verändert hatten, und die Container bis auf den Holzcontainer leer waren (S. 46 ff. Behördenakte). Bei einer weiteren Baukontrolle am 25. Juni 2020 (S. 49 ff. der Behördenakte) waren zwei Arbeiter anwesend, von denen einer Lötarbeiten an einem Container vornahm. Baukontrollen am 3. und 21. Juli 2020 (S. 55 ff. der Behördenakte) ergaben nach den Feststellungen des Landratsamtes, dass die Anzahl der Container weniger geworden war.
Das Landratsamt teilte dem Bevollmächtigten der Antragstellerin unter dem 27. Juli 2020 mit, dass die Antragstellerin die Arbeiten schrittweise einschränke bzw. eingestellt habe. Sollten erneut Tätigkeiten des Entsorgungsbetriebes ausgeführt werden, werde unverzüglich eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen und ein Bußgeld festgesetzt.
Bei einer Ortsansicht am 14. August 2020 wurden keine Container und keine lauten Arbeiten festgestellt. Am 14. September 2020 stellte das Landratsamt das Vorhandensein eines Containers mit Holz und eines Containers mit Karton für den Eigengebrauch fest. Ab September 2020 kam es wieder zu Nachbarbeschwerden. Es sei wieder Müll angeliefert worden, sodass es sich zu einem Wertstoffhof entwickele. Eine Baukontrolle am 9. November 2020 ergab, dass auf dem Gelände Holz abgeschnitten worden sei und in einem Container zur Entsorgung befördert worden sei. Auf dem Gelände seien noch zwei leere Container vorgefunden worden.
Fotos einer erneuten Baukontrolle am 1. Februar 2021 (S. 95 ff. der Behördenakte) lassen eine aus Betonbausteinen errichtete Mauer an der Grundstücksgrenze erkennen, ferner aufgestellte Container, die teilweise mit Holz gefüllt sind sowie weiteres frei gelagertes Holz und einen Container mit Reifen, außerdem einen größeren Sandhaufen und Holzpaletten. Auf einem weiteren Foto vom 6. Februar 2021, das Nachbarn dem Landratsamt zusandten, ist ein Container mit Reifen, ein leerer und ein verschlossener Container erkennbar.
Der Antragsgegner erließ unter dem 22. Februar 2021, dem Bevollmächtigen am 1. März 2021 zugestellt, einen Bescheid, mit dem der Firma C … … …, vertreten durch Geschäftsführerin Frau … …, die Nutzung des Grundstücks FlNr. 543 Gem. … zu gewerblichen Zwecken untersagt wird (Nr. 1 Satz 1 des Bescheids). Dies beinhaltet insbesondere das Aufstellen und Zwischenlagern von Containern, das Durchführen von Sortier-, Schneide-, Zerlege- und Umladearbeiten sowie das Durchführen von Reparatur- und Reinigungsarbeiten an den Containern (Satz 2). Die gegenwärtig aufgestellten Container sind bis spätestens 04.03.2021 zu entfernen (Satz 3). Ausgenommen davon ist die Nutzung für private Zwecke (Satz 3). Ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 EUR wurde für den Fall des Zuwiderhandelns gegen die Verpflichtung in Nr. 1 Satz 1 angedroht (Nr. 2 des Bescheids) und der sofortige Vollzug von Nr. 1 angeordnet (Nr. 3 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die vorgenommenen Entsorgungsarbeiten genehmigungspflichtig und nicht offensichtlich genehmigungsfähig seien. Genehmigt sei eine Nutzung nur als Unterstellfläche für Lkw und Lager für Reifen. Ein Geschäftsbetrieb sei nicht zulässig. Die bauplanungsrechtliche Qualifikation des Gebietes sei unklar; selbst wenn es sich noch um ein Dorfgebiet handele und es sich noch nicht zu einem Wohngebiet hin entwickelt habe, seien dort nur nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe zulässig. Ein solcher dürfte hier nicht vorliegen. Im Rahmen des Ermessens sei zu berücksichtigen, dass die Firma auf ein ihr zur Verfügung stehendes Grundstück im Gewerbegebiet ausweichen könne. Ferner sei die angrenzende Wohnbebauung vor ungenehmigten Emissionen zu schützen; dies sei mangels Baugenehmigung gerade nicht sichergestellt. Die sofortige Vollziehung sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens geboten gewesen, weil ein dringendes öffentliches Interesse daran bestehe, eine geordnete bauliche Entwicklung zu gewährleisten. Bei einer Klage könnte die Nutzung als gewerblicher Lagerraum für Container auf Jahre hinaus verzögert werden, wodurch die Nachbarn den störenden Auswirkungen des Entsorgungsbetriebes ausgesetzt wären.
Die Antragstellerin hat am … März 2021 Klage (M 1 K 21.1634) gegen vorgenannten Bescheid erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit demselben Schriftsatz ersucht sie um einstweiligen Rechtsschutz und beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 22.02.2021, Az.: …, wiederherzustellen.
Die Antragstellerin habe regelmäßig auf dem hintersten Teil des Grundstückes fünf Container abgestellt, davon zwei Holzcontainer und jeweils einen Papiercontainer, Müllcontainer und Reifencontainer. Die Antragstellerin nutze diese Container nicht gewerblich, sondern privat. Das Holzlagern in mindestens zwei Containern sei für den Heizungsbetrieb erforderlich. Im benachbarten Doppelhaus lebten fünf Parteien auf ca. 680 m² Wohnfläche, die die Heizungsbrenner der Doppelhaushälfte nutzten; ferner werde die Lkw-Halle und das Reifenlager mit ebenfalls einem Holzbrenner beheizt. Zu diesem Zwecke sei regelmäßig Holz zu schneiden. Die Parteien benötigten außerdem einen Papier- und einen Restmüllcontainer. Das Lagern von Altreifen sei mit Ergänzungsbescheid vom 5. März 2002 erlaubt. Die Antragstellerin benötige für ihre landwirtschaftliche Tätigkeit Gerätschaften, hier einen Traktor und einen Lader. Im Übrigen würden mit der Privatnutzung, der Lkw-Halle und dem landwirtschaftlichen Betrieb die üblichen Lärmschutzgrenzen von 60 dB(A), bei der auch kurzzeitige Geräuschspitzen darüber erlaubt wären, nicht überschritten. Diesbezüglich habe das Landratsamt keine Feststellungen getroffen, und es gehe fehl in der Annahme, dass eine gewerbliche Nutzung vorliege. Die Antragstellerin habe aufgrund der Anordnung die Container teilweise entfernt und nunmehr Schwierigkeiten mit der Holzlagerung und Probleme bei der Mülltrennung. Die bei den Baukontrollen vom 21. Juli, 9. November 2020 und 30. Januar 2021 vorgefundenen Nutzungen seien private gewesen. Eine gewerbliche Nutzung wäre tatsächlich auch zulässig, da ein Gewerbebetrieb nach § 5 Abs. 1 BauNVO nicht wesentlich stören würde. Die diesbezüglichen Feststellungen im Bescheid seien unsubstantiiert. Im Dorfgebiet sei die landwirtschaftliche Nutzung grundsätzlich gestattet. Anfahrts- und Abfahrtsgeräusche eines großen Traktors oder eines Lkw seien vergleichbar, auch notwendige Sortier- und Schneidearbeiten oder Umlagerarbeiten des Containerbetriebs einem landwirtschaftlichen Betrieb ähnlich. Hierzu habe der Antragsgegner kein Ermessen ausgeübt. Das sei auch dadurch verdeutlicht, dass das Ab- und Aufstellen eines Containers zur Reifenlagerung und -entsorgung erlaubt sei. Es handele sich hier nicht um einen typischen Fall einer völlig sachfremden Nutzung. Es sei ermessensfehlerhaft, darauf abzustellen, dass der Antragstellerin eine weitere Fläche zur Verfügung stehe. Es sei auch an einen Ermessensnichtgebrauch zu denken. Im Hinblick auf die im Bescheid genannte Wohnbebauung lägen keinerlei Feststellungen vor. Im Übrigen überzeuge die Begründung des Sofortvollzuges nicht. Es werde nur mit allgemeinen Gefahren argumentiert; ferner fehle es an der Anhörung.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Auf dem Grundstück dürften keine gewerblich genutzten Container aufgestellt werden. Mit dem Schreiben des Landratsamtes vom 5. März 2002 sei lediglich die Auflage aus dem Baugenehmigungsbescheid vom 17. Januar 2002 gestrichen worden, dass das Abstellen von Containern im Freien oder in der Halle unzulässig seien. Diese Auflage habe entfallen können, weil entgegen der ursprünglichen Annahme keine Fremdreifen auf dem Grundstück gelagert werden sollten. Der Nachsatz, dass der bestehende Containerplatz nicht berührt werde, sei rechtlich ohne Belang. Er sei unter der falschen Annahme abgegeben worden, dass bereits ein gewerblicher Lagerplatz genehmigt sei, was aber offensichtlich nicht der Fall sei. Der Vortrag der Privatnutzung sei im Hinblick darauf zweifelhaft, dass das Vorhalten zweier Container für die Papier- und Müllentsorgung von fünf Familien weit überzogen scheine und auch der Abfallsatzung des Landkreises widersprechen dürfe. Mangels dicht schließender Abdeckung dürften damit im Übrigen erhebliche Geruchsprobleme einhergehen. Das Aufstellen zweier Container für die Holzlagerung erscheine ebenfalls weit hergeholt. Eine Anlieferung von Frischholz in Containern möge noch begründbar sein, eine spätere Lagerung des noch nicht getrockneten Holzes widerspreche jeder fachlichen Praxis. Schließlich müsse jedes Holz, bevor es verheizt werde, ausreichend lange trocknen, um den Heizwert zu erzielen und umweltrechtskonform zu sein. Die Aufstellung eines Reifencontainers sei nicht durch „Ergänzungsbescheid“ zugelassen worden. Inwieweit ein Bauantrag zur Legalisierung der gewerblichen Nutzung genehmigungsfähig sei, könne ohne einen solchen nicht beurteilt werden. Für eine Ausnahme von der Regel des Sofortvollzugs seien keine Umstände ersichtlich; unumkehrbare Fakten würden durch die Anordnung nicht geschaffen.
Zu dem Vortrag im Übrigen und den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch im Verfahren M 1 K 21. 1634, sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der fristgerecht erhobenen Klage ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, weil der Antragsgegner in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids vom 22. Februar 2021 die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.
b) Vom Vorliegen der Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO wird zugunsten der Antragstellerin ausgegangen. Zweifel bezüglich einer möglichen Beschwer durch den angefochtenen Verwaltungsakt bestehen zwar insoweit, als Inhaltsadressat des streitgegenständlichen Bescheids die Firma … … ist, den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz jedoch die Antragstellerin gestellt hat. Das Gericht vermag die Rechtsform des Unternehmens und der dahinterstehenden Personen einstweilen nicht zu klären; dabei kommen insbesondere der eingetragene Kaufmann und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts infrage. Die Parteien bezeichnen die Antragstellerin unterschiedlich als „Inhaberin“ und „Geschäftsführerin“ des Unternehmens; auch unter Zuhilfenahme des Handelsregisters sowie der Internetseite des Unternehmens blieb dies unklar. Ohne jedoch den gesellschaftsrechtlichen Fragen im Eilverfahren weiter nachzugehen zu müssen, geht das Gericht vom Vorliegen einer Antragsbefugnis jedenfalls im Hinblick auf die Eigentümerposition der Antragstellerin an dem Grundstück FlNr. 543 Gem. …, auf das sich die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung bezieht, aus.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im streitgegenständlichen Bescheid nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist rechtmäßig (vgl. sogleich unter a). Die in der Sache vorzunehmende Interessenabwägung des Gerichts ergibt ein Überwiegen des Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, weil nach summarischer Prüfung die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird (vgl. unter b).
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids genügt den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründen. Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt an dieser Stelle nicht (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Der Sofortvollzug ist bei einer auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Maßnahme regelmäßig schon dann gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung aller Voraussicht nach vorliegen. Das öffentliche Interesse, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird, überwiegt im Allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen. Im Fall der Nutzungsuntersagung einer formell illegalen und nicht offensichtlich genehmigungsfähigen Nutzungsänderung sind mit Blick auf die negative Vorbildwirkung sowie auf die Kontrollfunktion des Bauordnungsrechts nur geringe Anforderungen an die Begründung der Vollziehungsanordnung zu stellen. Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt auch deswegen regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 9; B.v. 19.8.2010 – 1 CS 10.1430 – juris Rn. 17).
Der Antragsgegner hat das von ihm angenommene überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung hinreichend begründet. Hierzu wird im Bescheid zunächst ausgeführt, dass ein dringendes Interesse an der Gewährleistung einer geordneten baulichen Entwicklung besteht und Gefahren für die Rechtsordnung zu verhindern sind, die die Durchführung und Nutzung von Bauvorhaben ohne genehmigte Bauvorlage mit sich bringen. Der Antragsgegner weist ferner einzelfallbezogen darauf hin, dass die weitere beanstandete Nutzung des Grundstücks auf Jahre hinaus fortgesetzt würde, wodurch die Nachbarn weiterhin dem Lärm und den weiteren sonstigen störenden Auswirkungen des Betriebs ausgesetzt wären. Damit sind hinreichend konkrete Angaben für die Begründung des Sofortvollzugs gemacht; einer dahingehenden Anhörung bedurfte es nicht (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 53 m.w.N.).
b) Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung überwiegt auch in der Sache das gegenläufige Suspensivinteresse der Antragstellerin.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Eilantrags. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
Hier müssen die Interessen der Antragstellerin zurückstehen, weil die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der in Rede stehende Bescheid ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
aa) Die Nutzungsuntersagung in Nr. 1 des Bescheids findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Hiernach kann eine Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden.
(1) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist angesichts des Charakters der Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt grundsätzlich der der mündlichen Verhandlung; da diese im Eilverfahren nicht stattfindet, kommt es hier auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an. Nach Erlass der Anordnung eingetretene oder vorgenommene tatsächliche Änderungen sind folglich zu berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass die Bauaufsichtsbehörde die Rechtmäßigkeit der Verfügung ständig verfahrensbegleitend kontrollieren und ihre Entscheidung ggf. – auch in einem laufenden gerichtlichen Verfahren – aktualisieren muss. Das Tatsachengericht muss daher im Rahmen seiner Aufklärungspflicht auch neue, entscheidungserhebliche Umstände, die nach der behördlichen Entscheidung eingetreten oder bekannt geworden sind, umfassend ermitteln und würdigen. Damit kann auch eine ursprünglich rechtmäßige Nutzungsuntersagung nachträglich rechtswidrig werden (BayVGH, B.v. 23.7.2018 – 15 ZB 17.1092 – juris Rn. 18; Decker in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 76 Rn. 452 m.w.N.).
(2) Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen, insbesondere leidet er an keinem Anhörungsmangel. Eine Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgte, sodass nicht entschieden werden muss, ob diese überhaupt im Hinblick auf die Regelung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG überhaupt geboten war. Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 5. Mai 2020 zum Erlass einer bauaufsichtlichen Maßnahme angehört, und nach Äußerung ihres Bevollmächtigten wurde ihr mit Schreiben vom 27. Juli 2020 mitgeteilt, dass unverzüglich eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen werde, sollten erneut Tätigkeiten des Entsorgungsbetriebs festgestellt werden. Damit ist eine Anhörung erfolgt, und die Antragstellerin musste mit dem Erlass einer entsprechenden Anordnung rechnen. Ferner bestand bei der Baukontrolle am 1. Februar 2021 Möglichkeit, sich zu den aktuellen Tätigkeiten auf dem Grundstück zu äußern, die ausweislich des Aktenvermerks des Landratsamtsmitarbeiters (Bl. 103 der Behördenakte) seitens Herrn …s auch dazu genutzt wurde, Angaben über die vorhandenen Materialien in den Containern zu machen.
(3) Die in Nr. 1 des Bescheids bezeichnete Nutzung verstößt nach summarischer Prüfung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt grundsätzlich schon bei sogenannter formeller Rechtswidrigkeit vor, wenn also die untersagte Nutzung ein gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtiges Vorhaben betrifft, dem die erforderliche Baugenehmigung fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21; B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33).
(a) Gegenstand der Nutzungsuntersagung sind zunächst die Tätigkeiten des C …s an und mit den Containern sowie die Weiterbehandlung von Containerinhalten. Der Bescheid ist im Hinblick auf den Umfang der Anordnung hinreichend bestimmt. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein. Maßgebend ist dabei der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen. Es reicht aus, wenn sich der Regelungsgehalt aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 CS 20.2376 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Nach dem Wortlaut der Bescheidsnummer 1 Satz 1 ist Gegenstand der Anordnung „die Nutzung des Grundstücks zu gewerblichen Zwecken“ durch das C …unternehmen. Für sich genommen begegnet diese pauschale Untersagung zwar Zweifeln, weil die Baugenehmigung vom 17. Januar 2002 für das Grundstück durchaus eine, wenngleich eingeschränkte gewerbliche Nutzung zulässt und der Antragsgegner ausweislich der Bescheidsbegründung die genehmigte Nutzung auch nicht untersagen möchte. Doch die Auslegung des Bescheids unter Zugrundelegung des weiteren Wortlauts des Bescheidstenors, der Bescheidsbegründung und des Verständnisses auch der Antragspartei ergibt, dass damit die so bezeichnete gewerbliche Nutzung nicht umfassend und technisch, sondern eingeschränkt zu verstehen ist und dies auch noch dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit genügt.
Die Anordnung bezieht sich, wie die „Insbesondere“-Aufzählung in Satz 2 der Bescheidsnummer 1 ersichtlich macht, nicht auf jegliche gewerbliche Nutzung, sondern (nur) auf die Containernutzung des Grundstücks im Rahmen des Geschäftsbetriebs des C …unternehmens. Dass von der Nutzungsuntersagung nicht auch die früher genehmigte gewerbliche Nutzung erfasst werden soll, wird ausdrücklich in den Bescheidsgründen ausgeführt, wonach „laut der Baugenehmigung […] vom 17. Januar 2002 i.V.m. der Betriebsbeschreibung […] eine Nutzung des Grundstücks FlNr. 543 nur als Unterstellfläche für LKW und Lager für Reifen zulässig [ist]“ (S. 3 des Bescheids). Aus dem Antragsschriftsatz kann ferner geschlossen werden, dass die Antragspartei den Umfang der Untersagung so, wie vom Antragsgegner gemeint, verstanden hat. Denn die Antragstellerin argumentiert gerade nicht damit, dass mit dem Bescheid jegliche gewerbliche Tätigkeiten untersagt seien, sie aber aufgrund der Baugenehmigung eine (wenngleich eingeschränkte) gewerbliche Nutzung vornehmen dürfe. Vielmehr beschränkt sie sich im Wesentlichen darauf auszuführen, dass die vorgefundene Nutzung eine private gewesen sei. Damit ist auch aus ihrer Empfängersicht der Umfang der Anordnung klar.
(b) Das Verlangen der Bauaufsichtsbehörde, dass auch die Container entfernt werden (Nr. 1 Satz 3 des Bescheids) kann ebenfalls zutreffend auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt werden. Auf dieser Grundlage können auch auf Gegenstände bezogene Anordnungen getroffen werden, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade in der speziell ihrem Zweck dienenden Anwesenheit dieser Gegenstände manifestiert. Beginnt eine rechtswidrige Nutzung einer baulichen Anlage bereits mit dem zweckgerichteten Vorhalten bestimmter Einrichtungsgegenstände, und führt das Belassen dieser Gegenstände am Ort der baulichen Anlage zu einer Perpetuierung der rechtswidrigen Nutzung, kann die illegale Nutzung auf der Grundlage des Art. 76 Satz 2 BayBO nicht nur verhaltensbezogen, sondern auch gegenstandsbezogen untersagt werden, und zwar in der Weise, dass diese Gegenstände entweder zu beseitigen oder – falls ihre schlichte Lagerung in der Anlage eine legale Nutzung darstellt – funktionslos zu stellen sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2018 – 15 ZB 17.1092 – juris Rn. 11 f.; Decker in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 76 Rn. 273 jeweils m.w.N.). Im Falle des hier gegebenen Containerplatzes stellt die Entfernung der Container – ähnlich dem Fall eines Lagerplatzes (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 19.11.2007 – 25 B 05.12 – juris Rn. 24) – gerade die Realisierung der Nutzungsuntersagung dar und kann daher gegenstandsbezogen angeordnet werden.
(c) Die so verstandene beanstandete Nutzung ist formell rechtswidrig.
Der Antragsgegner hat die Nutzung auf dem streitgegenständlichen Grundstück in voraussichtlich rechtmäßiger Weise zum Anlass genommen, bauaufsichtlich einzuschreiten. Anhand der vorliegenden Fotos und der Feststellungen der Baukontrollen ist hinreichender Grund für die Annahme gegeben, dass die Freifläche des Grundstücks durch das C …unternehmen genutzt wird und darin weder eine dem privaten Bereich noch eine einem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnende Tätigkeit besteht.
Wie die Fotos der zahlreichen Baukontrollen in der Vergangenheit zeigen, kam es zu Containerbewegungen und zum Sortieren und Lagern verschiedener Materialien wie etwa Baumaterialien, Bauschutt, Folien, Papier, ferner zu Arbeiten an den Containern. Auch bei der letzten Baukontrolle am 1. Februar 2021 vor Erlass des Bescheids befanden sich auf der Freifläche mindestens drei Großcontainer (vgl. Fotos S. 98 und 100 Behördenakte) sowie ein kleinerer Container, von denen mindestens zwei den Gewerbenamen des Unternehmens tragen; ferner befanden sich auf dem Grundstück etliche Drahtcontainer, die mit Holz gefüllt waren. Auf einem von einem Nachbarn am 6. Februar 2021 gemachten Foto (S. 107 der Behördenakte) sind drei Container sichtbar, die augenscheinlich nicht identisch mit den vormals benannten sind und an wieder anderer Stelle stehen. Aus den Fotos ist zu schließen, dass es zu Containerbewegungen kommt, die nicht einem privaten, sondern dem gewerblichen Bereich des Unternehmens zuzurechnen sind. Würde es sich um Abfallbehälter für die private Müllentsorgung der Anrainer handeln, wären diese überwiegend ortsfest aufgestellt. Im Übrigen dürfte eine derartige Entsorgung nicht mit dem im Abfallrecht bestehenden Anschluss- und Benutzungszwang vereinbar sein. Die Zweckbestimmung für die private Müllentsorgung ist auch deswegen unglaubhaft, weil auf keinem der Bilder Hausmüll erkennbar ist; abgesehen davon hält das Gericht die Container für die Entsorgung des Abfalls, der auf 680 m² Wohnfläche entsteht, für überdimensioniert. Die Behauptung, es handele sich dabei teilweise um Container für die Holzlagerung für private Zwecke, vermag ebensowenig zu überzeugen; der enorme Umfang des Holzes spricht ebenso dagegen wie die plausiblen Erwägungen des Antragsgegners, dass es sich dabei um eine unübliche Lagerung von Frischholz handele, das erst einmal der fachgerechten Trocknung bedürfe. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Ob, wie vorgetragen, ein Reifenlager und eine LKW-Garage tatsächlich zu beheizen sind – noch dazu mit einem Holzbrenner – und daher Brennholzbedarf haben, muss daher nicht weiter geklärt werden. Für eine gewerbliche Nutzung spricht im Übrigen indiziell die Gewerbeanmeldung unter der Adresse des streitgegenständlichen Grundstücks, ferner das großen Firmenschild auf dem Zugangstor (vgl. Foto S. 41 Behördenakte).
(c) Diese Nutzung ist von der Baugenehmigung vom 17. Januar 2002, auch in Zusammenschau mit dem Schreiben des Landratsamts vom 5. März 2003, nicht umfasst. Gegenstand der Genehmigung ist die Umnutzung eines bestehenden Gebäudes in eine LKW-Garage mit einem Lagerraum für Reifen. Sie bezieht sich ausweislich des genehmigten Eingabeplans auf die Nutzung umbauten Raums und nicht auf die Nutzung der Freifläche. Auch das Schreiben vom 5. März 2003 ist keine bauaufsichtliche Zulassung eines „Containerplatzes“, weil ihm ein solcher Erklärungsgehalt nicht beigemessen werden kann. Gegenstand des Schreibens ist die Aufhebung einer so bezeichneten Auflage des Genehmigungsbescheids, mit der das Abstellen von Containern im Freien oder in der Halle für nicht zulässig erklärt worden war. Das Entfallen der Auflage hat keineswegs zur Folge, dass damit das Aufstellen jedweder Container, insbesondere im Freibereich, zulässig wird, weil eine derartige Nutzung schon nicht beantragt worden war. Zum anderen wird das Entfallen der Auflage gerade damit begründet, dass für die beabsichtige Lagerung von Reifen kein (!) Container benötigt werde. Der Nachsatz in dem Schreiben, dass der bestehende Containerplatz durch die Maßnahme – d.h. die Aufhebung der Auflage – nicht berührt bzw. verändert werde, wirft zwar Fragen nach dem Anlass einer derartigen Aussage auf, enthält aber ebensowenig die positive Zulassung eines Containerplatzes mit der nunmehr beanstandeten Nutzung; für die hinreichende Bestimmtheit einer derartigen Genehmigung hätte es im Übrigen an einer Betriebsbeschreibung gemangelt.
(d) Die Nutzung fällt bereits wegen der Größe des Platzes von über 300 m² auch nicht unter den Tatbestand der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b) BayBO. Dass die gelagerten Materialien dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen wären und deren Lagerung nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a) BayBO unter Umständen verfahrensfrei sein könnte, wird auch von der Antragspartei nicht behauptet.
(4) Ermessensfehler liegen nicht vor, und die Maßnahme ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar darf eine lediglich formell rechtswidrige Nutzung mit Blick auf das im Rahmen des behördlichen Ermessens zu berücksichtigende Übermaßverbot nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. In der Begründung der Ermessensentscheidung ist auch auf die materielle Illegalität der (neuen) Nutzung einzugehen. Nach Sinn und Zweck des Art. 76 Satz 2 ist die Bauaufsichtsbehörde jedoch nicht gehalten, nach den Maßstäben für ein Baugenehmigungsverfahren zu prüfen; es genügt vielmehr eine Offensichtlichkeitsprüfung. Es ist nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde in einem Verfahren, in dem durch die Ausübung baurechtlicher Eingriffsbefugnisse die ungenehmigte Nutzung unterbunden werden soll, die Prüfung eines künftigen Genehmigungsverfahrens vorwegzunehmen. Die Eingriffsbefugnis nach Art. 76 Satz 2 BayBO soll sicherstellen, dass genehmigungspflichtige Vorhaben nicht ohne die Durchführung des erforderlichen Genehmigungsverfahrens verwirklicht werden und eine baurechtlich nicht zulässige Nutzung unterbunden werden kann. Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit kann z. B. nicht ausgegangen werden, wenn das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen der Gemeinde fehlt. An der Offensichtlichkeit fehlt es auch, wenn durch eine Begehung des Gevierts erst noch der Gebietscharakter ermittelt werden muss (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 76 Rn. 302 f. m.w.N.).
Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einer Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen. Der Antragsgegner verweist in der Bescheidsbegründung außerdem darauf, dass für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nicht einmal der bauplanungsrechtliche Rahmen geklärt sei, nämlich ob es sich bei der näheren Umgebung noch um ein Dorfgebiet handele oder es sich hin zu einem Wohngebiet entwickelt habe. Das Gericht vermag anhand von Luftbildern ebensowenig eine eindeutige bauplanungsrechtliche Einordnung vorzunehmen. Der Hinweis darauf, dass das Störpotenzial der beanstandeten Nutzung vergleichbar mit dem der genehmigten Nutzung sei, greift im Übrigen nicht durch, weil dies zum einen nicht offensichtlich zutrifft. Zum anderen beruht dies auf einem unrichtigen Verständnis des Einfügungsgebots nach § 34 Abs. 1 BauGB, ggf. unter Einbeziehung der Regelungen der Baunutzungsverordnung nach § 34 Abs. 2 BauGB, weil es sich bei der beanstandeten Nutzung entscheidend um eine andere Nutzungsart handelt als die der landwirtschaftlichen Nutzung, der Reifenlagernutzung und der Nutzung als Lkw-Garage. Ob es sich um einen im Dorfgebiet zulässigen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb handelt, muss und kann im vorliegenden Verfahren daher nicht beantwortet werden.
Auch ist es nicht ermessensfehlerhaft, darauf zu verweisen, dass das Unternehmen eine andere Lagermöglichkeit habe. Zum einen ist es im Rahmen des Ermessens gerade geboten, den konkreten Einzelfall zu betrachten. Zum anderen würde eine Nutzungsuntersagung selbst bei fehlenden anderweitigen Unterbringungsmöglichkeiten keine unbillige Härte darstellen, weil es dem Bauherrn obliegt, sich bereits vor Aufnahme der beabsichtigten Nutzung um eine bauaufsichtliche Zulassung zu kümmern, statt die Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen zu stellen.
2. Die Zwangsgeldandrohungen in Nr. 2 und Nr. 3 des angegriffenen Bescheides begegnen keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere nicht mit Blick auf die Höhe der Zwangsgelder. Die Antragspartei hat diesbezüglich auch keine rechtlichen Zweifel geäußert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten trägt.
4. Der Streitwert folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es erscheint angemessen, den für die Hauptsache anzusetzenden Auffangstreitwert i.H.v. EUR 5.000,- im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes zu halbieren.


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