Baurecht

Planfeststellung für Ortsumgehung und Existenzgefährdung für landwirtschaftlichen Betrieb

Aktenzeichen  8 B 16.44

Datum:
4.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayStrWG BayStrWG Art. 35
BayVwVfG BayVwVfG Art. 72

 

Leitsatz

1 Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen.  (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2 Nach allgemeiner, durch Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden.  (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 12.70 2014-12-18 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 18. Dezember 2014 wird abgeändert.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufungen von Beklagtem und Beigeladener haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss der Regierung von O … vom 23. Dezember 2011 zu Unrecht aufgehoben. Die Klage des Klägers ist unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine Rechtsfehler auf, die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit führen.
1. Der auf Grundlage von Art. 35 ff. BayStrWG i.V.m. Art. 72 ff. BayVwVfG erlassene Planfeststellungsbeschluss der Regierung von O … vom 23. Dezember 2011 leidet an keinen durchgreifenden formellen Defiziten. Insbesondere sind rechtserhebliche Defizite der durchgeführten FFH-Vorprüfung mit Bezug auf das in räumlicher Nähe des Vorhabens gelegene FFH-Gebiet DE 6035-372 „…-, M …- und Ö … um B …“ entgegen klägerischer Auffassung nicht ersichtlich. Für den Senat ist vielmehr – auch auf der Grundlage der diesbezüglichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung – nachvollziehbar, dass es der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung vorliegend nicht bedurfte.
Der im Rahmen einer FFH-Vorprüfung (vgl. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/43/EWG – FFH-Richtlinie) anzulegende Maßstab ist nicht identisch mit den Anforderungen, die an eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu stellen sind. Erst wenn bei einem Vorhaben aufgrund der Vorprüfung nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstanden ist, kann dieser Verdacht nur durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden, mit der ein Gegenbeweis geführt wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2007 – 4 BN 46.07 – NVwZ 2008, 210 Rn. 11; U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 Rn. 62).
Eine derartige ernsthafte Besorgnis nachteiliger Auswirkungen auf das FFH-Gebiet besteht jedoch zur Überzeugung des Senats vorliegend nicht. Nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Beklagten sind vielmehr erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „R …-, M …- und Ö … um B …“ im Zuge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens schon im Ansatz nicht zu besorgen (vgl. insbesondere Stellungnahme der höheren Naturschutzbehörde vom 6.11.2009; vgl. auch Planfeststellungsbeschluss, S. 43 f.). Die insoweit von Klägerseite geäußerten Befürchtungen hinsichtlich vermehrter Überschwemmungen artenreicher Wiesen sowie der Schädigung namentlich von Fischarten innerhalb des FFH-Gebiets durch Eintrag von verschmutztem Straßenabwasser über den H … in den M … vermag der Senat nach erfolgter ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift, S. 7 ff.) nicht nachzuvollziehen. Für den Senat haben sich hiernach keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das planfestgestellte Gesamtsystem der Straßenentwässerung nicht sicherstellt, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „…-, …- und Ö … um B …“ unterbleiben. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der fachgerechten Ausführung und hinreichenden Dimensionierung des planfestgestellten Absetz- und Regenrückhaltebeckens, das auch vom bezüglich wasserwirtschaftlicher Fragestellungen in besonderem Maße fachkundigen Wasserwirtschaftsamt (vgl. Art. 63 Abs. 3 BayWG 2010) einer Prüfung unterzogen worden ist (vgl. insbesondere Schreiben des Wasserwirtschaftsamts H vom 21.10.2011). Die Klägerseite, die sich lediglich auf befürchtete Überschwemmungen aufgrund persönlicher Erfahrungen beruft, hat dem nichts Substanzielles entgegenzusetzen. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, als sich die im FFH-Gebiet „R …-, M …- und Ö … um B …“ vorhandenen artenreichen Wiesen nach den auch insoweit nachvollziehbaren sachverständigen Darlegungen des Diplom-Geoökologen M … in der mündlichen Verhandlung ohnedies nur im Falle häufiger Überschwemmungen in ihrer Artenzusammensetzung ändern (vgl. Niederschrift, S. 9).
2. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist auch in materieller Hinsicht keine Rechtsfehler auf, die zu dessen Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führten.
2.1 Das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung ist bei dem planfestgestellten Vorhaben gegeben. Die Planrechtfertigung ist – als Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in die Rechte Privater verbunden ist – ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Das Erfordernis ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt, wenn für das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes – ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. nur BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 182 m.w.N.; vgl. auch HessVGH, U.v. 21.8.2009 – 11 C 227/08.T – juris Rn. 312, bestätigt durch BVerwG, U.v. 4.4.2012 – 4 C 8.09 – NVwZ 2012, 1314). Auch Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG verlangt kein unabweisbares Bedürfnis für ein Vorhaben. Eine solche zumeist unerfüllbare Zulässigkeitsvoraussetzung stellte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im praktischen Ergebnis ein weitgehendes Verbot der Enteignung dar. Mithin genügt es für die Erforderlichkeit des Vorhabens auch aus verfassungsrechtlicher Perspektive, dass es zum Wohl der Allgemeinheit vernünftigerweise geboten ist (BVerfG, U.v. 17.12.2013 – 1 BvR 3139/08 – NVwZ 2014, 211 Rn. 185f. m.w.N.).
2.1.1 Ob für ein planfestgestelltes Vorhaben ein Bedarf besteht – das konkrete Vorhaben also vernünftigerweise geboten ist – muss prognostisch ermittelt werden. Hinsichtlich eines Vorhabens der verkehrlichen Infrastruktur bedarf es insoweit einer Verkehrsprognose. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der erkennende Senat anschließt, unterliegt eine behördliche Verkehrsprognose nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (vgl. nur BVerwG, U.v. 4.4.2012 – 4 C 8.09 – NVwZ 2012, 1314 Rn. 59 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, U.v. 23.8.2012 – 8 B 11.1608 – juris Rn. 76 m.w.N.).
Der Senat hat entgegen klägerischer Auffassung im Ergebnis vorliegend keine Zweifel, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Verkehrsprognose (Verkehrsuntersuchung der Ingenieurgemeinschaft Dr.-Ing. S … vom März 2009; vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 27), die für das Prognosejahr 2025 von einer durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke auf der Plantrasse von 6.900 Kfz/24h und einer Entlastung der Ortsdurchfahrt von überörtlichem und örtlichem Verkehr im Bereich von 6.000 bis 7.000 Fahrzeugen täglich ausgeht (ca. 2/3 der Gesamtverkehrsmenge von 9.000 bis 10.000 Fahrzeugen täglich), nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der maßgebliche Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Dass dies der Fall ist, hat sich nicht zuletzt auch im Zuge der gut nachvollziehbaren Erläuterung des Verkehrsgutachtens durch den Bearbeiter Dipl.-Ing. K … in der mündlichen Verhandlung bestätigt (vgl. Niederschrift, S. 6 f. sowie Tischvorlage der Ingenieurgemeinschaft Dr.-Ing. S … vom 28.3.2017; vgl. auch die bereits im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vorgelegten und gut nachvollziehbaren fachlichen Erläuterungen im Schreiben der Ingenieurgemeinschaft Dr.-Ing. S … vom 10.12.2014).
Die hinsichtlich der Verkehrsprognose von klägerischer Seite vorgebrachten Bedenken vermochten demgegenüber – unter Beachtung des dargelegten Maßstabs der gerichtlichen Kontrolle – nicht durchzugreifen. Dies gilt schon insoweit, als die vorgebrachten laienhaften Einzeleinwände der Klägerseite – namentlich etwa hinsichtlich einer fehlenden Verkehrs-Zählstelle im Bereich des Dorfplatzes, von Detailfragen des innerörtlichen Verkehrs oder der Art und Weise der Einbeziehung der „Shell-Studie“ in die Untersuchung – die insgesamt einwandfreie Erstellung des Verkehrsgutachtens auf der Grundlage einer Modellierung des Straßennetzes der Gemeinde, der Verwendung der einschlägigen Strukturdaten und unter zusätzlicher Heranziehung von in hinreichender Dichte durchgeführten Verkehrszählungen zur Kalibrierung des Verkehrsmodells schon im Ansatz nicht infrage stellen konnten.
Letztlich kann dies jedoch dahin stehen, weil die Klägerseite ausweislich der in das gerichtliche Verfahren eingebrachten „Fehleranalyse der Verkehrsuntersuchung St … Ortsumgehung M …“ vom Januar 2017 (S. 6) selbst ausdrücklich zugesteht, dass sich der Durchgangsverkehr bei Verwirklichung der planfestgestellten Maßnahme in einer Größenordnung von etwa 6.000 Kfz/24h auf die Ortsumgehung verlagern werde. Mithin wird das planerische Ziel des Beklagten, die Ortsdurchfahrt von M … vom Durchgangsverkehr zu entlasten, auch auf der Grundlage der klägerischen Annahmen erreicht. Diese Annahmen weichen mithin mit Blick auf die Zielerreichung nicht maßgeblich von der der Planfeststellung zugrunde gelegten Verkehrsprognose ab, die für den Planungsfall von einer Entlastung der Ortsdurchfahrt im Bereich von 6.000 bis 7.000 Fahrzeugen täglich, einschließlich des örtlichen Verkehrs, ausgeht. Unbeschadet dessen behielte das planerische Ziel, die Ortsdurchfahrt von M … vom Durchgangsverkehr zu entlasten, sogar bei niedrigeren als den in der Verkehrsprognose ermittelten und auch von Klägerseite erwarteten Belastungswerten sein planrechtfertigendes Gewicht (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2011 – 9 A 14.10 – NVwZ 2012, 180/181 Rn. 15; BayVGH, U.v. 22.11.2011 – 8 B 09.2587 – juris Rn. 41).
Vor diesem Hintergrund war der klägerische Beweisantrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, ob das Verkehrsgutachten gravierende fachliche und methodische Fehler aufweist, abzulehnen. Die Kläger haben die methodische Vorgehensweise des Verkehrsgutachters, das Gutachten auf der Grundlage der einschlägigen Strukturdaten und unter zusätzlicher Heranziehung der Ergebnisse durchgeführter Verkehrszählungen zu erstellen, nicht erschüttert. Die Klägerseite stellt mit ihren Ausführungen insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung den wissenschaftlich begründeten Ausführungen des Verkehrsgutachters lediglich eine eigene – fachlich nicht hinreichend fundierte – Meinung gegenüber. Für den Senat wurde nicht ersichtlich, dass die Ausführungen des Verkehrsgutachters wissenschaftlich-methodisch nicht vertretbar wären oder methodisch grobe Mängel aufwiesen. Deshalb musste sich dem Senat eine Beweisaufnahme durch Sachverständige jedenfalls nicht aufdrängen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 26.4.2007 – 4 C 12.05 – NVwZ 2007, 1074 Rn. 71 m.w.N.; B.v. 28.3.2013 – 4 B 15.12 – juris Rn. 19 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, B.v. 20.2.2008 – 1 BvR 2722/06 – juris Rn. 10 m.w.N.). Außerdem würde eine diesbezügliche Beweiserhebung dem Verfahren allenfalls eine dritte (wissenschaftliche) Meinung hinzufügen. Der Verwertung bereits im Zuge des Verwaltungsverfahrens erstatteter Gutachten und Äußerungen – wie vorliegend erfolgt – steht nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nichts entgegen (vgl. nur BVerwG, B.v. 30.8.1993 – 2 B 106.93 – juris Rn. 2 m.w.N.). Zudem ist die von der Klägerseite formulierte Beweisfrage schon im Hinblick auf die – wie dargelegt – im Wesentlichen unstreitige erhebliche Entlastungswirkung der planfestgestellten Ortsumgehung schon nicht entscheidungserheblich.
Hinzu kommt, dass nicht zu bestreiten ist, dass mit der prognostizierten Verkehrsentlastung der Ortsdurchfahrt von M … auch eine Steigerung der Verkehrssicherheit im Bereich dieser Ortsdurchfahrt einher geht (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 8 ZB 15.2159 – juris Rn. 16 f.). Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass im Bereich der bestehenden Ortsdurchfahrt M … auch ausweislich des seitens des Senats eingenommenen Augenscheins sicherheitsrelevante Defizite namentlich hinsichtlich vergleichsweise enger Kurven, eher geringer Querschnittsbreiten, schmaler oder gänzlich fehlender Gehwege und einer (teilweise) unausgewogenen Linienführung bestehen (vgl. hierzu auch Planfeststellungsbeschluss, S. 28). Diese Steigerung der Verkehrssicherheit fällt umso größer aus, als der Verkehrsgutachter in der mündlichen Verhandlung gut nachvollziehbar dargelegt hat, dass die überproportionale Abnahme des Lkw-Verkehrs im Bereich der Ortsdurchfahrt um ca. 500 tägliche Fahrten insoweit bedeutende positive Effekte hat (vgl. Niederschrift, S. 6).
Schließlich ergibt sich eine erhöhte Dringlichkeit des planfestgestellten Vorhabens nach der Rechtsprechung des Senats auch mit Blick auf die bestehende Sonderbaulastvereinbarung zwischen Beigeladener und Beklagtem vom 26. April bzw. 4. Mai 2007 (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 24). Insoweit bewirkt der geplante Bau des planfestgestellten Vorhabens in der vereinbarten kommunalen Baulast eine Veränderung bei der Dringlichkeitseinstufung. Im Ergebnis ist ein Staatsstraßenbauvorhaben wie das planfestgestellte, das sich nach dem 7. Ausbauplan für die Staatsstraßen in Bayern vom 11. Oktober 2011 ohnedies bereits in der Dringlichkeitsstufe „1 R“ befindet, zu beurteilen, als wäre es im Ausbauplan in der Dringlichkeitsstufe „1“ eingestuft (vgl. BayVGH, U.v. 22.11.2011 – 8 B 09.2587 – juris Rn. 42). Auch diese erhöhte Dringlichkeit streitet für die Planrechtfertigung des Vorhabens.
2.1.2 Die Planrechtfertigung für das streitgegenständliche Vorhaben entfällt vorliegend schließlich auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil dem Ausbauvorhaben bei vorausschauender Beurteilung durch die Planfeststellungsbehörde unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstünden (vgl. zu diesem Prüfungsgesichtspunkt im Rahmen der Planrechtfertigung BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 200 m.w.N.). Für derartige unüberwindbare finanzielle Hürden fehlt es entgegen klägerischer Behauptung an jeglichem konkreten Anhaltspunkt. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, als die finanziell uneingeschränkt leistungsfähige Beigeladene, die mit dem Beklagten auf der Grundlage eines einstimmigen Gemeinderatsbeschlusses am 26. April bzw. 4. Mai 2007 – wie soeben dargelegt – eine Sonderbaulast-vereinbarung getroffen hat, mit einer erheblichen staatlichen Förderung des planfestgestellten Vorhabens rechnen kann. Nach den insoweit für den Senat plausiblen Darlegungen des ersten Bürgermeisters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift, S. 5) ist für das planfestgestellte Vorhaben ein Fördersatz in Höhe von 72% zu erwarten (vgl. auch BayVGH, U.v. 22.11.2011 – 8 B 09.2587 – juris Rn. 46: Regelförderung in Höhe von etwa 75%).
2.2 Auch die Festlegung der Planungsziele und die vom Beklagten durchgeführte fachplanerische Alternativenprüfung leiden nicht unter beachtlichen Rechtsfehlern.
2.2.1 Die Planfeststellungsbehörde verfügt im Rahmen ihres planerischen Ermessens über einen weiten Spielraum bei der Festlegung von Planungszielen. Insoweit ist es nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen anstelle der Planfeststellungsbehörde ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer besseren Planung leiten zu lassen. Aufgabe des Gerichts ist es vielmehr zu prüfen, ob rechtsfehlerfrei geplant wurde (vgl. nur BVerwG, U.v. 19.5.1998 – 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1/10). Rechtswidrig ist die Vorgehensweise bei der Festlegung von Planungszielen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst dann, wenn die von der Planfeststellungsbehörde als maßgebend angesehenen Zielsetzungen es im Verhältnis zu anderen an jeglichem Gewicht fehlen lassen, zu einer erkennbaren Disproportionalität der eingestellten Gewichte führen oder nur vorgeschobene Belange sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.1998 – 4 A 10.97 – juris Rn. 30; vgl. auch BVerwG, B.v. 5.12.2008 – 9 B 29.08 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, U.v. 24.11.2010 – 8 A 10.40022 – juris Rn. 133).
Vorliegend verfolgt der Beklagte mit der planfestgestellten Ortsumgehung die Ziele der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrsablaufs, die Verbesserung der Funktion der Staats Straße als Verbindungs Weg von und nach B …, die Trennung der verschiedenen Verkehrsarten und der Entlastung der Ortsdurchfahrt von M … vom Durchgangsverkehr (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 29). Diese Planungsziele sind nach den dargelegten Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Auch aus der vom Klägervertreter (vgl. Niederschrift, S. 6) in diesem Zusammenhang konkret benannten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 9 A 13.09 – BVerwGE 138, 226) ergibt sich nichts anderes.
2.2.2 Die klägerischen Einwände gegen die auf der Grundlage mithin rechtmäßiger Planungsziele durchgeführte fachplanerische Alternativenprüfung vermögen ebenfalls nicht durchzugreifen. Insbesondere trifft es entgegen klägerischer Behauptung nicht zu, dass der Beklagte die sogenannte Nullvariante nicht bzw. rechtlich nur unzureichend geprüft habe.
Im Rahmen der fachplanerischen Alternativenprüfung ist es Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich ein wertendes Gesamturteil über in Betracht kommende Planungsalternativen zu bilden und dabei einen Belang einem anderen vorzuziehen. Gerichtlicher Kontrolle ist die Variantenauswahl nur begrenzt zugänglich. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vielmehr erst überschritten, wenn eine andere Alternative sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Alternative darstellen würde, sich diese Lösung der Behörde also hätte aufdrängen müssen (BVerwG, U.v. 28.1.2009 – 7 B 45.08 – NVwZ 2009, 521 Rn. 31 unter Bezugnahme auf B.v. 12.4.2005 – 9 VR 41.04 – NVwZ 2005, 943/947; U.v. 30.1.2008 – 9 A 27.06 – NVwZ 2008, 678 Rn. 36).
Von einer Alternative kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft (vgl. etwa BVerwG, U.v. 6.11.2012 – 9 A 17.11 – BVerwGE 145, 40 Rn. 70). Dies ist namentlich der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht erreicht werden kann (BVerwG, B.v. 16.7.2007 – 4 B 71.06 – juris Rn. 42 m.w.N). Zumutbar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, Abstriche vom Ziel-erfüllungsgrad in Kauf zu nehmen. Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbstständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht dagegen nicht berücksichtigt zu werden (BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 Rn. 143).
Bei der fachplanerischen Alternativenprüfung kann die Planfeststellungsbehörde in Stufen vorgehen. So entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn die Planfeststellungsbehörde bei der Alternativenprüfung in einer ersten Stufe diejenigen Varianten ausscheidet, die nicht näher zu untersuchen sind, weil sie bereits nach einer Grobanalyse nicht geeignet sind, die Planungsziele in zumutbarer Weise zu erfüllen (vgl. nur BVerwG, U.v. 4.4.2012 – 4 C 8.09 u.a. – NVwZ 2012, 1314 Rn. 128 m.w.N). Namentlich auch bei der Planung von Ortsumgehungen ist die Planfeststellungsbehörde nicht verpflichtet, jede nur denkbare Variante genauer zu untersuchen. Insbesondere ist sie nicht genötigt, Alternativen (wie beispielsweise die Beschränkung auf verkehrslenkende Maßnahmen) zu prüfen, die auf ein anderes Projekt hinauslaufen (vgl. BVerwG, B.v. 30.10.2013 – 9 B 18.13 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Ausgehend von diesen rechtlichen Maßgaben hat die Planfeststellungsbehörde vorliegend die Variante „Beibehaltung des bestehenden Verlaufs“ der Staats Straße … im Ortsbereich M … (Nullvariante) abwägungsfehlerfrei bereits im Rahmen einer Grobanalyse ausgeschieden. Insoweit ist es für den Senat offensichtlich, dass das rechtlich nicht zu beanstandende Planungsziel, die Ortsdurchfahrt von M … vom Durchgangsverkehr zu entlasten, unter Beibehaltung des bestehenden Trassenverlaufs der Ortsdurchgangs Straße nicht erreicht werden kann. Dies wird im Planfeststellungsbeschluss – unter ausdrücklicher Auseinandersetzung mit den in diesem Zusammenhang vorgebrachten privaten Einwendungen – hinreichend deutlich dargelegt und erläutert (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 29 f.). Diese Vorgehensweise der Planfeststellungsbehörde steht im Übrigen auch in Einklang mit der von Klägerseite auch insoweit ausdrücklich angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Pflicht zur Überprüfung des Variantenvergleichs „so weit gehen“ könne, auch die Frage nach der Nullvariante nicht auszusparen (BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 9 A 13.09 – BVerwGE 138, 226 Rn. 62 m.w.N.).
2.3 Auch bei der Abwägung der für und gegen das planfestgestellte Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange sind dem Beklagten keine rechtserheblichen Fehler unterlaufen.
Das Gebot gerechter Abwägung wird nicht verletzt, wenn sich die zuständige Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen widerstreitenden Belangen für die Bevorzugung einzelner Belange und damit notwendig für die Zurückstellung anderer Belange entscheidet. Die hierin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist nach ständiger Rechtsprechung vielmehr gerade ein wesentliches Element der der Planfeststellungsbehörde durch den Gesetzgeber eingeräumten planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. nur BVerwG, U.v. 13.10.2011 – 4 A 4001.10 – NVwZ 2012, 432 Rn. 45 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 14.2.1975 – 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56/64).
2.3.1 Vorliegend hat sich der Beklagte im Rahmen seiner planerischen Abwägungsentscheidung mit der Lärm- und Schadstoffsituation im Bereich der im Umfeld der Trasse der planfestgestellten Umgehungsstraße gelegenen Wohngebiete bzw. Einzelanwesen ausführlich beschäftigt und diesbezügliche Lärmberechnungen für den Prognosefall durchgeführt. Hierbei ist die Planfeststellungsbehörde zu dem auch von Klägerseite nicht substanziiert in Zweifel gezogenen Ergebnis gekommen, dass die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) an allen Wohngebäuden sowohl am Tag als auch in der Nacht wesentlich unterschritten werden, ohne dass insoweit Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. Sogar bei den abseits der zusammenhängenden Bebauung gelegenen Wohngebäuden bzw. Wochenendhäusern werden nach den durchgeführten Berechnungen die für reine und allgemeine Wohngebiete nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV geltenden Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) tags bzw. 49 dB(A) nachts deutlich unterschritten. Die maximal auftretenden Beurteilungspegel liegen insoweit bei lediglich 53,7 dB(A) tagsüber und 45,2 dB(A) nachts (vgl. hierzu Anlage 1 zur Planunterlage 11.1). Auch die einschlägigen lufthygienischen Grenzwerte werden an den zum geplanten Trassenverlauf am nächsten gelegenen Wohngebäuden nicht erreicht.
Auf der anderen Seite ergibt sich im Bereich der Ortsdurchfahrt von M … – dem Grunde nach unbestritten – eine ganz erhebliche Entlastung der dort vorhandenen Wohnbebauung namentlich von Verkehrslärm, den die Beklagte bei der getroffenen planerischen Abwägungsentscheidung ohne Rechtsfehler maßgeblich zugunsten des planfestgestellten Vorhabens gewichtet hat (vgl. zum Ganzen Planfeststellungsbeschluss, S. 61 ff.). Im Rahmen des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte die insoweit zu erwartenden und im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigten erheblichen Lärmentlastungen im Bereich der Ortsdurchfahrt von M … ergänzend „gebäudescharf“ beziffert (vgl. hierzu das in das Gerichtsverfahren eingeführte Schreiben der Regierung von O … vom 25.9.2014; vgl. auch Niederschrift über die erstinstanzliche mündliche Verhandlung vom 18.12.2014, S. 5 f.).
2.3.2 Zur Überzeugung des Gerichts kommt es durch das planfestgestellte Vorhaben auch zu keiner Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs des Klägers. Die diesbezüglichen Eigentumsbelange des Klägers sind vom Beklagten im Rahmen der durchgeführten planerischen Abwägung in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es grundsätzlich Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher Betriebe in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen. Wird die betriebliche Existenz durch ein Vorhaben weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde jedoch grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 28 m.w.N.).
Zur Klärung der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge des planfestzustellenden Vorhabens in seiner Existenz gefährdet oder gar vernichtet zu werden droht, werden Vorhabenträger oder Planfeststellungsbehörde regelmäßig einer Begutachtung des Betriebs durch einen landwirtschaftlichen Sachverständigen bedürfen. Nach allgemeiner, durch solche Sachverständigengutachten belegter Erfahrung kann dabei ein Verlust an Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden. Deshalb kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs nicht eintritt (BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27; vgl. auch BayVGH, U.v. 24.5.2005 – 8 N 04.3217 – VGHE 58, 155/164 m.w.N).
Bedarf es demgegenüber einer sachverständigen landwirtschaftlichen Begutachtung, ist diese grundsätzlich nach objektiven betriebswirtschaftlichen Maßstäben durchzuführen. Zu prüfen ist, ob der landwirtschaftliche Betrieb längerfristig existenzfähig ist. Dieser Maßstab rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass die fernstraßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist. Daher fehlt landwirtschaftlichen Betrieben, die ihrerseits keine Aussicht auf längerfristige Existenz haben, regelmäßig das erforderliche Gewicht, um das für das Planvorhaben sprechende öffentliche Interesse zu überwinden. Bei Betrieben, die ohnehin nicht lebensfähig sind (den Eingriff durch das Vorhaben hinweggedacht), ist eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung regelmäßig zu verneinen (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 28 m.w.N.).
Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben sind Defizite in der Vorgehensweise der Planfeststellungsbehörde vorliegend nicht ersichtlich. Dem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb des Klägers werden im Zuge einer Verwirklichung der planfestgestellten Umgehungsstraße dauerhaft etwa 1,1 Hektar Eigentumsfläche und 0,1 Hektar Pachtfläche entzogen. Nach den von Klägerseite unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entspricht dies – bezogen auf die Eigentumsflächen des klägerischen Betriebs – einem Flächenverlust von 4,96 Prozent (vgl. Niederschrift, S. 3). Bezogen auf die vom klägerischen Betrieb insgesamt bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzfläche von 24,16 Hektar (vgl. hierzu Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. H … T … vom 4.8.2011, S. 4) ergibt sich eine Verlustquote von etwa 4,6 Prozent. Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte mithin (noch) davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung des landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs des Klägers schon im Hinblick auf den begrenzten Flächenverlust nicht eintritt.
Dessen ungeachtet hat der Beklagte vor Erlass des verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses die Erstattung des bereits zitierten landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens (Gutachten Dipl.-Ing. H … T … vom 4.8.2011) in Auftrag gegeben, das zu dem für den Senat nachvollziehbaren Ergebnis kommt, das bei nachhaltiger Betrachtung schon unabhängig vom drohenden Flächenverlust durch das planfestgestellte Vorhaben beim Kläger kein existenzfähiger landwirtschaftlicher Betrieb anzunehmen ist. Gleichzeitig geht die nach der sachverständigen Begutachtung bestehende eingeschränkte Existenzfähigkeit des klägerischen Betriebs bis zum Rentenalter des Klägers, der im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „von seiner Hände Arbeit“ lebt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 28), durch den vorhabenbedingten Flächenverlust nicht verloren (Gutachten Dipl.-Ing. H … T … vom 4.8.2011, S. 15).
Einer Verwertbarkeit der landwirtschaftlichen Begutachtung steht vorliegend nichts entgegen. Die insoweit von Klägerseite geübte Kritik, die sich im Übrigen nicht in substanziierter Art und Weise auf etwaige falsche tatsächliche Annahmen des Gutachters oder methodische Fehlleistungen bei der Begutachtung, sondern im Wesentlichen auf eine unterbliebene Befragung des Klägers durch den landwirtschaftlichen Gutachter bezieht, geht schon insoweit ins Leere, als sich der Kläger diesbezüglich entgegen halten lassen muss, seinen Mitwirkungspflichten nicht genügt zu haben (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2011 – 9 A 9.10 – juris Rn. 29 m.w.N.). Dass der Gutachter vor Erstattung seiner gutachterlichen Stellungnahme den Hof des Klägers aufgesucht hat, ist in diesem Zusammenhang unstreitig (vgl. Niederschrift, S. 3). Auch den weiteren Verfahrensgang hat der Kläger nicht genutzt, dem kritisierten Gutachten in inhaltlicher Hinsicht etwas Substanzielles entgegenzusetzen bzw. die aus seiner Sicht zur Beurteilung seines Betriebs geeigneten Unterlagen vorzulegen. Auf die Frage, ob die fehlende Mitwirkungsbereitschaft des Klägers bei der landwirtschaftlichen Begutachtung darüber hinaus schon zu einer Präklusion (Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG) hinsichtlich des klägerischen Einwands der Existenzgefährdung insgesamt führt, wie dies das Erstgericht angenommen hat (vgl. Urteilsumdruck, S. 25 f.), kommt es hiernach nicht mehr an.
Nach allem war der klägerische Beweisantrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, dass das dem Kläger in der mündlichen Verhandlung als Ersatzland angebotene Grundstück FlNr. 420 der Gemarkung M … (vgl. hierzu Niederschrift, S. 3) wegen mangelnder Qualität und wegen der Entfernung zur Hofstelle des Klägers als Ersatzland nicht geeignet ist, abzulehnen. Die von Klägerseite aufgeworfene Beweisfrage ist schon nicht entscheidungserheblich, weil – wie soeben dargelegt – eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers unabhängig von dem erfolgten Ersatzlandangebot nicht anzunehmen ist.
2.3.3 Vom Kläger darüber hinaus in allgemeiner Art und Weise befürchtete Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen, namentlich durch mit dem planfestgestellten Vorhaben verbundenen Eingriffe in den Grundwasserhaushalt, wurden schon nicht hinreichend plausibel gemacht. Auch hinsichtlich sonstiger Auswirkungen des Vorhabens auf die Belange der Land- und Forstwirtschaft, wie etwa den von Klägerseite genannten Aspekten des Flächenverbrauchs oder der Beeinträchtigung des landwirtschaftlichen Wegesystems, vermochte die Klage schon im Ansatz nicht deutlich zu machen, inwieweit der angefochtene Planfeststellungsbeschluss insoweit Abwägungsdefizite enthalten soll. Solche Defizite sind für das Gericht auch sonst nicht ersichtlich (vgl. zu den Belangen der Land- und Forstwirtschaft auch Planfeststellungsbeschluss, S. 75 ff.).
2.4 Die Belange des Naturschutzes werden von dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auch in materieller Hinsicht in vollem Umfang gewahrt.
2.4.1 Wie bereits unter Ziff. 1 zur Frage der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses im Einzelnen dargelegt, sind im Zuge der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „R …-, M …- und Ö … um B …“, namentlich durch einen von Klägerseite befürchteten Abfluss von Wasser von der Plantrasse über das geplante Regen-Rückhaltebecken in den H … und sodann in den M …, nicht zu besorgen (vgl. zum Ganzen auch Planfeststellungsbeschluss, S. 43 f. und S. 69 ff.).
2.4.2 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss geht auch zu Recht davon aus, dass ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand (§ 44 BNatSchG) im Zuge der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens nicht verwirklicht wird.
2.4.2.1 Dies gilt namentlich hinsichtlich des in etwa 135 Meter Entfernung von einem geplanten Straßeneinschnitt vorhandenen Vorkommens der nach Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützten Pflanzenart Prächtiger Dünnfarn (trichomanes speciosum). Das vom Staatlichen Bauamt B … insoweit in Auftrag gegebene biologische Fachgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass sich im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen keine Hinweise auf eine Gefährdung des Standorts der Art durch das planfestgestellte Straßenbauvorhaben ergeben hätten (Gutachten O … vom 14.4.2008, S. 7). Ein weiteres vom Staatlichen Bauamt B … in Auftrag gegebenes hydrogeologisches Gutachten kommt darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die Auswertung aller Untersuchungsergebnisse zeige, dass eine Beeinflussung des Farnvorkommens im Zuge der geplanten Baumaßnahmen schon deshalb ausgeschlossen werden könne, weil die vom Farn benötigte Feuchtigkeitszufuhr nicht über das Grundwasser, sondern über den Niederschlag und damit den Sickerwasserstrom direkt im Umfeld der Schichtfuge am Vorkommensstandort erfolge (Gutachten P … vom 27.11.2007, S. 10). Diese Erkenntnisse stellt auch die Klägerseite nicht substanziiert in Zweifel.
Dessen ungeachtet sieht der angefochtene Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Art Prächtiger Dünnfarn vorsorglich konfliktvermeidende Maßnahmen vor (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 45). Namentlich erfolgt gegenüber der ursprünglichen Planung ein Abrücken der Trasse vom Waldrand (und damit vom Standort des Prächtigen Dünnfarns), die Pflanzung eines Waldbestands bzw. eines Feldgehölzes und eine Verringerung der Einschnittstiefe der Trasse (ursprünglich geplante Einschnittstiefe im Bereich des Farnvorkommens nach Angaben des Beklagten 10 bis 12 Meter, planfestgestellte Einschnittstiefe 6 bis 11 Meter). Diese vorsorglich angeordneten Maßnahmen dienen dem Ausschluss etwaiger Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf das Grundwasser, die das Farnvorkommen gegebenenfalls beeinträchtigen könnten (vgl. auch Niederschrift, S. 10).
2.4.2.2 Auch hinsichtlich der Vorkommen geschützter Tierarten ist für eine vorhabenbedingte Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nichts ersichtlich (vgl. zum Ganzen auch Planfeststellungsbeschluss, S. 45 ff.). Dies gilt sowohl für die im H … bzw. im M … vorkommenden Arten Bachneunauge bzw. Koppe sowie für die im Wirkbereich des geplanten Vorhabens auftretenden Fledermausarten.
Von sachverständiger Seite wurde zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift, S. 8 f.) nachvollziehbar dargelegt, dass der von Klägerseite auch im Zusammenhang der etwaigen Gefährdung des Vorkommens von Bachneunauge bzw. Koppe befürchtete Abfluss von (verschmutztem) Wasser von der Plantrasse über das geplante Regen-Rückhaltebecken in den H … und sodann in den M … nicht zu besorgen ist (vgl. hierzu auch bereits oben Ziff. 1 und Ziff. 2.4.1).
Hinsichtlich der nach nachvollziehbarer sachverständiger Darstellung in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift, S. 8) lediglich vereinzelt vorkommenden Fledermausarten wurden im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss Vermeidungs- bzw. Schutzmaßnahmen, wie die Pflanzung von Bäumen bzw. Hecken als Leitstrukturen, angeordnet. Deren Wirksamkeit wurde auch von Klägerseite nicht substanziiert in Zweifel gezogen.
Auch hinsichtlich der Sicherstellung rechtzeitiger Wirksamkeit der nach den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses zu ergreifenden naturschutzfachlichen Maßnahmen haben sich im gerichtlichen Verfahren keine substanziellen Zweifel ergeben. Namentlich sind die seitens der Planfeststellungsbehörde angeordneten Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität (CEF-Maßnahmen) entsprechend ausdrücklicher Festsetzung bereits im Vorlauf des eigentlichen Straßenbaues umzusetzen (Planfeststellungsbeschluss, S. 7).
2.4.3 Sonstige Verstöße des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gegen Bestimmungen des Naturschutzrechts sind ebenfalls nicht ersichtlich.
3. Der Kläger trägt als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Zugleich entspricht es der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese im Verfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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