Baurecht

Plicht einer eingeschränkten Grundstücksbewirtschaftung – Maßstab der Belastung für den Eigentümer

Aktenzeichen  14 B 15.2206

Datum:
28.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2018, 1061
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 121
§ 3 Abs. 2 Halbs. 2, § 17 Abs. 8, § 22 Abs. 1, § 23 BNatSchG
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.

 

Leitsatz

Kann der durch eine bestimmte Grundstücksnutzung entstandene Schutzgegenstand einer Naturschutzverordnung nicht lediglich durch Nutzungsbeschränkungen, sondern ausschließlich durch eine mit umfangreichen Handlungs- und Kontrollpflichten des Eigentümers verbundene Bewirtschaftung erhalten werden, ist eine Verpflichtung zur Vornahme der erforderlichen Handlungen jedenfalls dann mit einer unangemessenen, die Grenzen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG überschreitenden Belastung verbunden, wenn der Eigentümer die bisherige Bewirtschaftung aufgeben will. (Rn. 48)

Verfahrensgang

AN 11 K 12.196 2013-01-30 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2013 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2012 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Nachdem der Kläger den in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2017 geschlossenen gerichtlichen Vergleich mit Erklärung vom 22. Dezember 2017 widerrufen hat, kann der Senat gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten hatten für den Fall, dass der Vergleich widerrufen wird, auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die vom Kläger im Hauptantrag aufrechterhaltene Anfechtungsklage ist zwar unzulässig und wurde daher vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen (A.). Der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Landratsamts Ansbach vom 11. Januar 2012 ist jedoch zulässig (B.) und begründet (C.). Unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist daher die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids festzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.
A. Die im Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig. Sie ist nicht nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil sich der streitgegenständliche Bescheid erledigt hat.
Die in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Verpflichtung, den Großen Karrachsee in der Zeit vom 1. März 2012 bis 15. September 2012 zu bespannen, hat sich spätestens mit Ablauf des 15. September 2012 durch Zeitablauf erledigt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Mit diesem Zeitpunkt ist die beschwerende Regelung des Bescheids endgültig weggefallen.
B. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.
I. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Der Kläger konnte nach Erledigung des Verwaltungsakts auch noch im Berufungsverfahren seinen Klageantrag – hilfsweise neben dem Aufhebungsantrag – gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO umstellen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 67 m.w.N.).
II. Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Umstellung der Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungklage liegt ebenfalls vor. Es besteht die konkrete Gefahr, dass das Landratsamt dem Kläger die in Nr. I des streitgegenständlichen Verwaltungsakts enthaltene Bespannungsverpflichtung auch für Folgejahre auferlegen wird. Bereits in der Vergangenheit kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und der unteren Naturschutzbehörde über die Verpflichtungen des Klägers im Hinblick auf die Bespannung des Großen Karrachsees, denen behördliche Anordnungen folgten. Darüber hinaus ist der Korrespondenz zwischen dem Kläger und dem Landratsamt im vorliegenden Verwaltungsverfahren hinlänglich deutlich zu entnehmen, dass der Große Karrachsee nach Auffassung des Landratsamts auch dann, wenn er im Herbst des Vorjahres abgelassen wurde, spätestens am 1. März des Folgejahres bespannt sein muss. Nicht zuletzt belegt Nr. I des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen und an den Kläger gerichteten Bescheids des Landratsamts vom 16. März 2017, der erneut die Bespannung des Großen Karrachsees bis 15. September 2017 anordnet, das Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr.
III. Bedenken gegen die (ursprüngliche) Zulässigkeit der vor Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids erhobenen Anfechtungsklage bestehen nicht. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stand einer erneuten gerichtlichen Nachprüfung in der Sache nicht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – (vgl. § 121 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO) als ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage, namentlich auch im Berufungsverfahren von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis (BVerwG, U.v. 27.1.1995 – 8 C 8.93 – BayVBl 1995, 605) entgegen. Das klageabweisende Urteil vom 21. Juli 2009 entfaltet auch keine Bindungswirkung in Bezug auf die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage.
Nach § 121 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. In diesem Umfang tritt damit materielle Rechtskraft ein, d.h. der durch das Urteil ausgesprochene Inhalt ist in jedem Verfahren zwischen den Beteiligten bindend. Das Institut der materiellen Rechtskraft dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Es bezweckt, dass in einem neuen Verfahren keine dem rechtskräftigen Urteil widersprechende Entscheidung ergehen kann. Deshalb sind in einem späteren Prozess nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte an das rechtskräftige Urteil gebunden. Der Widerstreit zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit nach der Durchführung eines den rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Verfahrens wird damit zu Gunsten des letzteren Prinzips entschieden (BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 2 C 17.15 – BVerwGE 156, 159 Rn. 9 m.w.N.).
Streitgegenstand des damaligen Verfahrens war der Bescheid vom 14. April 2009, mit dem das Landratsamt den Kläger in Nr. I verpflichtet hatte, den Wasserspiegel – des Anfang April 2009 nahezu komplett abgelassenen Großen Karrachsees – nicht weiter abzusenken und die Wiederaufstauung vorzunehmen. Das Verwaltungsgericht hatte mit Urteil vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – festgestellt, dass Nr. I dieses Bescheids dem Ziel diente, eine den Vorgaben der Naturschutzverordnung entsprechende Bespannung des Großen Karrachsees wiederherzustellen. Im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung mit dem Verbot, die Weiher in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen, habe der Kläger zum Zeitpunkt, als das Landratsamt den angefochtenen Bescheid erlassen habe, den Großen Karrachsee soweit abgelassen, dass nahezu kein Wasser vorhanden war (vgl. VG Ansbach, U.v. 21.7.2009 – AN 15 K 09.631 – juris Rn. 22).
Im Gegensatz hierzu ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Große Karrachsee in der Zeit nach dem 15. September 2011 und damit außerhalb des Verbotszeitraums des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung abgelassen wurde. Die Frage, ob eine Bespannungspflicht für den Kläger auch dann angeordnet werden kann, wenn er den Großen Karrachsee außerhalb des Verbotszeitraums des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung abgelassen hat, wurde im Vorprozess nicht entschieden. Unerheblich ist, dass der Streitgegenstand des Vorprozesses anhand der gleichen Vorschrift, nämlich an § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung, zu beurteilen war wie der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es konnte bereits deshalb keine Bindungswirkung eintreten, weil der Streitgegenstand des früheren Verfahrens ein anderer als der des vorliegenden Verfahrens war und darüber hinaus auch nicht dieselbe Sache vorliegt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 18 m.w.N; U.v. 7.8.2008 – 7 C 7.08 – BVerwGE 131, 346 Rn. 18). Die materielle Bindungswirkung des Urteils vom 21. Juli 2009 – AN 15 K 09.631 – stand (und steht) demnach einer Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren nicht entgegen.
C. Die Fortsetzungsfeststellungsklage hat auch in der Sache Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 11. Januar 2012 war – aus materiell-rechtlichen Gründen – rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 4 und 1 VwGO).
I. Der Verpflichtung des Klägers in Nr. I des Bescheids vom 11. Januar 2012, den Großen Karrachsee vom 1. März bis 15. September 2012 zu bespannen, fehlte die erforderliche Rechtsgrundlage.
Ausgehend davon, dass der Große Karrachsee zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vollständig abgelassen war, bestand die erledigte Anordnung in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids inhaltlich aus zwei (Teil) Verpflichtungen: Mit der Verpflichtung zur Bespannung vom 1. März 2012 an wurde dem Kläger zunächst (schlüssig) aufgegeben, den Großen Karrachsee spätestens zum 1. März 2012 erneut zu bespannen (vgl. hierzu auch die in Nr. II des Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung, wonach das Zwangsgeld zur Zahlung fällig wird, wenn der Kläger der in I. festgelegten Verpflichtung am 1. März 2012 nicht nachkommt). Darauf aufbauend beinhaltete die zweite (Teil) Verpflichtung die Anordnung, den (erneut) bespannten Weiher bis 15. September 2012 bespannt zu belassen. Vorliegend kann zunächst die erste (Teil) Verpflichtung rechtlich in den Blick genommen werden. Fehlte es an einer Rechtsgrundlage hierfür, konnte auch die zweite (Teil) Verpflichtung rechtlich keinen Bestand haben.
1. Als Rechtsgrundlage für die getroffene Anordnung kam nicht § 3 Abs. 2 Halbs. 2, § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (i.d. damals wie heute maßgeblichen Fassung vom 29.7.2009) i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung in Betracht.
a) Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG statuiert eine an die polizeiliche Generalklausel angelehnte Eingriffsermächtigung, die grundsätzlich neben konkurrierende Eingriffsbefugnisse anderer Behörden tritt und von der zuständigen Naturschutzbehörde in ihrer Eigenschaft als Sonderordnungsbehörde vollzogen wird (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 21). Die Befugnis der Behörde, die Einhaltung der Vorschriften „zu überwachen“ und „sicherzustellen“, beschränkt sich nicht auf ein Verhüten oder Unterbinden rechtswidriger Verhaltensweisen, sondern umfasst auch die Anordnung der Beseitigung solcher Verhaltensweisen; denn andernfalls wären die Handlungsmöglichkeiten der Naturschutzbehörden im Fall einer Missachtung der Vorschriften ineffizient, da sie rechtswidrige Handlungen zwar verhüten und unterbinden, nicht aber die Beseitigung der Folgen anordnen könnten. Im Naturschutzrecht ist die Folgenbeseitigung ein zentrales Erfordernis, das bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen insbesondere auch zur Wiederherstellung des früheren Zustands ermächtigt. Deshalb erfolgt die Anordnung von Handlungen typischerweise in der Form des Gebots zur Wiederherstellung des status quo ante (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2012 – 14 C 12.308 – juris Rn. 10 m.w.N.).
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG (Erforderlichkeit der Sicherstellung der Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften) lagen nicht vor. Der Kläger hat mit seiner Weigerung, den Großen Karrachsee (erneut) zu bespannen, weder gegen ein sich aus der Naturschutzverordnung ergebendes Verbot verstoßen noch ergab sich aus dieser oder sonstigen Vorschriften eine Verpflichtung für ihn, den Weiher trotz Bewirtschaftungsaufgabe zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen. Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids war daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.
aa) Die streitgegenständliche Anordnung konnte nicht – im Wege der Folgenbeseitigung – auf einen Verstoß gegen das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot gestützt werden, den Großen Karrachsee in der Zeit vom 1. März bis 15. September abzulassen oder nicht bespannt zu belassen.
(1) Das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot hat seine Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 2, Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG (i.d. ab 1.10.1982 geltenden Fassung des Gesetzes v. 27.7.1973, BayNatSchG a.F.). Nach Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG a.F. waren alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen konnten, verboten. Dem Verordnungsgeber stand es frei, die wichtigsten kraft Gesetzes verbotenen Handlungen in der Verordnung beispielhaft aufzuführen (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 BayNatSchG a.F.). Soweit Handlungen – wie vorliegend das in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung enthaltene Verbot – mit Geldbuße bedroht waren (vgl. § 7 der Naturschutzverordnung), waren die Tatbestände gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG a.F. aufzuführen (vgl. BayVGH, U.v. 5.3.1996 – 9 N 92.3498 – BayVBl 1996, 501 m.w.N.). Art. 7 Abs. 2 BayNatSchG a.F. entsprach damit – jedenfalls für mit Geldbuße bedrohte Handlungen – dem Wortlaut von § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (i.d. heutigen Fassung), der ein absolutes Veränderungsverbot nach Maßgabe konkreter Bestimmungen vorsieht (vgl. Hendrischke in Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 27).
(2) Anders als im Jahre 2009 ist aufgrund fehlender anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger den Großen Karrachsee im Jahr 2011 nach dem 15. September 2011 und damit außerhalb des in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung genannten Verbotszeitraums abgelassen hatte. Da § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung das allgemeine Veränderungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 1 der Naturschutzverordnung konkretisiert, stand das Ablassen des Weihers nach dem 15. September 2011 – wie sich aus dem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung ergibt – nicht im Widerspruch zu den Veränderungsverboten der Naturschutzverordnung. Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger im Herbst 2011 bereits die fischerei- (und teich) wirtschaftliche Nutzung des Großen Karrachsees aufgegeben hatte. Denn das danach mögliche Ablassen der Weiher in der Zeit vom 16. September eines jeden Jahres bis Ende Februar des Folgejahres steht nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht unter dem Vorbehalt einer (weiteren) fischereiwirtschaftlichen Nutzung der Weiher.
bb) Ein ausdrückliches Gebot, den zulässigerweise abgelassenen Großen Karrachsee bis zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung weder dort noch in sonstigen Vorschriften der Naturschutzverordnung enthalten. Damit fehlt in der Naturschutzverordnung eine ausdrückliche Regelung, die den Kläger zu einer (erneuten) Bespannung verpflichtete.
cc) Anders als der Beklagte meint, kann über den ausdrücklichen Wortlaut der Regelung hinaus aus dem Verbot des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung nicht – im Sinne einer Entsprechung – das Gebot hergeleitet werden, einen außerhalb des dort genannten Zeitraums abgelassenen Weiher zum 1. März eines jeden Jahres erneut zu bespannen. Eine derartige Auslegung der Vorschrift würde das Bestimmtheitsgebot verletzen und gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen.
(1) Da Gebote aufgrund ihrer einschneidenden Wirkung mit der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit zum Ausdruck bringen müssen, welche Handlungen zur Verwirklichung des Schutzzwecks vorzunehmen sind, genügt eine derartige Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung bereits nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Die zur Zweckerreichung erforderlichen Ge- und Verbote müssen tatsächlich in die Schutzerklärung aufgenommen werden und mit der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit zum Ausdruck bringen, welche Handlungen zur Verwirklichung des Schutzzwecks vorzunehmen und welche zu unterlassen sind (vgl. Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dezember 2017, § 22 BNatSchG Rn. 22 m.w.N.). Dies gilt in besonderer Weise, wenn diese bußgeldbewehrt sind (vgl. BVerfG (Kammer), B.v. 17.11.2009 – 1 BvR 2717/08 – NJW 2010, 754 Rn. 14 ff. m.w.N.; BayVerfGH, E.v. 30.9.2014 – Vf. 1-VII-14 – VerfGHE 67, 242 Rn. 25 m.w.N.). Etwaige Formulierungsunklarheiten gehen im Zweifel zulasten der Behörde.
(2) Unabhängig davon würde eine Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung in dem Sinne, dass aus dem dortigen Verbot ein Gebot zur Neubespannung zum 1. März eines jeden Jahres abgeleitet wird, gegen Art. 14 GG verstoßen. Eine derartige Auslegung wäre mit einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Eigentümerbefugnisse verbunden.
(a) Nach ständiger Rechtsprechung sind Regelungen, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, zwar grundsätzlich keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, haben aber als Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass jedes Grundstück durch seine Lage und Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt, also durch seine jeweilige Situation, geprägt wird. Diese „Situationsgebundenheit“ kann den Regelungsgeber, der gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen und hierbei den privaten und den sozialen Nutzen des Eigentumsgebrauchs (Art. 14 Abs. 2 GG) in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen hat, zu einer entsprechenden Beschränkung der Eigentümerbefugnisse berechtigen. Denn seine Gestaltungsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich hieraus eine Art immanenter, d.h. dem Grundstück selbst anhaftender Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen lediglich nachgezeichnet wird (BVerwG, U.v. 24.6.1993 – 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1).
Verlässt der Regelungsgeber den durch die Schranken gesetzten Rahmen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam, hierauf gestützte Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege primären Rechtsschutzes abgewehrt werden (BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11 m.w.N.). Dabei ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Eigentumsbeschränkungen, die er im öffentlichen Interesse für geboten hält, auch in Härtefällen durchzusetzen, wenn er durch kompensatorische Maßnahmen ansonsten unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Hierfür stehen dem Regelungsgeber im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Ausnahme- und Befreiungsvorschriften und – soweit hierdurch ein Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist – Ausgleichsregelungen zur Verfügung, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderen Härtefällen wahren sollen (BVerwG, U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11). Eine derartige Regelung ist § 68 BNatSchG. Die Bestimmung dient im Zusammenspiel mit den Befreiungstatbeständen des § 67 BNatSchG dem verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsausgleich nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 17.5.2018 a.a.O. Rn. 12 m.w.N.).
(b) Da jedes Verbot als Gebot ausgestaltet werden kann, sind nach diesen Maßstäben in Schutzgebietsverordnungen getroffene Wegegebote, Anleingebote sowie Gebote zur behutsamen – extensiven – Bewirtschaftung der Grundstücke regelmäßig zulässig. Unzulässig sind hingegen weitergehende Gebote, die den Grundstückseigentümer verpflichten, seine Flächen zu pflegen oder weitergehend zu bewirtschaften (P. Fischer-Hüftle/J. Schumacher/A. Schumacher in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 22 Rn. 26; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 22 Rn. 49). Soweit in Schutzerklärungen Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen enthalten sind, richten sich diese nicht an den Bürger, sondern an die Behörden, denen somit die Durchführung der Maßnahmen obliegt; Private können insoweit mit Blick auf ihren Grundrechtsschutz und das Übermaßverbot grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden (Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 22 Rn. 59). Lässt sich der Schutzzweck nur durch regelmäßige Pflegemaßnahmen oder durch besondere Bewirtschaftungsmaßnahmen verwirklichen, müssen solche Maßnahmen entweder vertraglich mit den Eigentümern vereinbart oder von der Behörde selbst durchgeführt werden, die sich dabei auf eine Duldungspflicht der Eigentümer nach Maßgabe von § 65 BNatSchG stützen kann (J. Schumacher/A. Schumacher/P. Fischer-Hüftle in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 23 Rn. 45; Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 65 Rn. 22 zur Duldungspflicht betreffend die Anpflanzung von Hecken und Gehölzen u.a.; vgl. für den Fall, dass sich der Charakter einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nur durch besondere Bewirtschaftungsmaßnahmen erreichen lässt: BVerfG (Kammer), B.v. 16.9.1998 – 1 BvL 21/94 – NuR 1999, 99). Durch die Aufnahme von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen in die Schutzerklärung erlangen die Maßnahmen Verbindlichkeit und werden Inhalt der Duldungspflicht nach § 65 BNatSchG (vgl. Appel in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 22 Rn. 59).
(c) Vorliegend konnte der schutzwürdige Zustand des Großen Karrachsees – als einer der in § 1 der Naturschutzverordnung genannten Schutzgegenstände – nicht durch bloße Nutzungsbeschränkungen erhalten werden, sondern setzte besondere Handlungspflichten des Klägers als Grundstückseigentümer voraus. Die besondere naturschutzfachliche Bedeutung des Großen Karrachsees als Feuchtgebiet beruht nicht auf der Situationsgebundenheit des Grundstücks.
Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass sich das Feuchtgebiet, durch das der Große Karrachsee seine Bedeutung als Lebensraum erlangt, natürlicherweise nicht oder zumindest nicht so ausgeprägt entwickelt, dass allein dadurch der in § 3 der Naturschutzverordnung formulierte Schutzzweck gewährleistet werden könnte (vgl. hierzu auch die Formulierung in § 3 Nr. 1 der Naturschutzverordnung, wo von einem „naturnahen Feuchtgebietskomplex im Oberlauf des Karrachbachs mit seinen gut ausgeprägten, überregional bedeutsamen Verlandungszonen am Großen Karrachsee“ die Rede ist). Seine Bedeutung als Lebensraum für die dort anzutreffenden seltenen und schutzbedürftigen Pflanzen- und Tierarten – insbesondere für die dort im Frühjahr vorhandene Amphibienpopulation – erlangt der Große Karrachsee als künstliche Teichanlage nur dann, wenn er von Anfang März bis Mitte September nicht trockenfällt. Ein Trockenfallen im für Fauna und Flora entscheidenden Zeitraum 1. März bis 15. September kann aber, wie sich dem streitgegenständlichen Bescheid und den unbestrittenen Angaben des Klägers entnehmen lässt, nur dann verhindert werden, wenn der Große Karrachsee rechtzeitig im Frühjahr bespannt wird. Darüber hinaus erfordert der Erhalt des Weihers als wertvoller Lebensraum ein bestimmtes Stauziel, d.h. eine bestimmte Befüllungshöhe. Sowohl die wiederholte bescheidsmäßige Auferlegung der Bespannungsverpflichtung als auch das Fehlen anderslautender Angaben des Beklagten lassen keinen Zweifel daran, dass der Kläger den Weiher aktiv durch den Betrieb des Mönchbauwerks bespannen muss, damit dieser als bedeutsamer Lebensraum für Flora und Fauna erhalten bleiben kann.
Umgekehrt bedeutet dies, dass der schutzwürdige Zustand des Großen Karrachsees nicht nur nicht auf natürliche Weise durch seine Lage, Beschaffenheit und Einbettung in seine Umwelt entstanden ist, sondern auch nicht auf natürliche Weise erhalten werden kann. Denn Grund für die Entstehung des durch die Naturschutzverordnung unter Schutz gestellten wertvollen Lebensraums für seltene und schutzbedürftige Pflanzen- und Tierarten war ausschließlich die bisherige Bewirtschaftung und nicht die dem Grundstück immanente „Situationsgebundenheit“. Anders als in den Fällen, in denen sich der schutzwürdige Zustand eines Grundstücks ebenfalls durch eine besondere – beispielsweise durch eine unterbliebene oder extensive – Bewirtschaftung entwickelt hat, kann der wertvolle Lebensraum des Großen Karrachsees nicht bereits dadurch erhalten werden, dass man dem Eigentümer Nutzungsverbote, Nutzungsbeschränkungen oder besondere Duldungsverpflichtungen auferlegt, bei denen von einer unangemessenen Beschränkung der Eigentümerbefugnisse erst dann die Rede sein kann, wenn ohne finanziellen oder sonstigen Ausgleich eine Nutzung unterbunden wird, die bisher ausgeübt worden ist oder die sich nach Lage der Dinge objektiv anbietet (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1983 – 4 C 21.79 – BVerwGE 67, 84; U.v. 17.5.2018 – 4 C 2.17 – juris Rn. 11). Denn weder durch Nutzungsverbote oder Nutzungsbeschränkungen noch durch besondere Duldungsverpflichtungen kann das Feuchtgebiet im Frühjahr eines jeden Jahres (erneut) entstehen und bis zum Herbst erhalten bleiben. Eine dem Grundstück anhaftende – entweder natürlich oder durch eine eingeschränkten Grundstücksnutzung entstandene – Beschränkung der Eigentümerbefugnisse (s.o.), die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen lediglich nachgezeichnet wird (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1993 – 7 C 26.92 – BVerwGE 94, 1), besteht vorliegend gerade nicht.
(d) Der vorliegend zur Erhaltung des Schutzgegenstands „Großer Karrachsee“ erforderliche Betrieb des Mönchbauwerks übersteigt vor diesem Hintergrund das Maß dessen, was dem Grundstückseigentümer unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässigerweise auferlegt werden könnte. Dass es andere, den Eigentümer deutlich weniger belastende Möglichkeiten gibt, den Großen Karrachsee zu bespannen, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.
Wie dem Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Ansbach vom 9. Januar 2012 zu entnehmen ist, handelt es sich beim vorliegend zur Bespannung verwendeten Mönchbauwerk um eine Stauanlage im Sinne der DIN 19700-10, bei der sowohl die Verantwortlichkeit für die Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit als auch der ordnungsgemäße Betrieb im Allgemeinen dem Betreiber/Betriebsbeauftragten der Anlage obliegt. Daraus folgt, dass der Kläger mit dem Betrieb des Mönchbauwerks mit allen aus dem Betrieb resultierenden Pflichten – insbesondere Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Mönchbauwerks sowie Überwachungs- und Verkehrssicherungspflichten – belastet war. Darüber hinaus war auch die Beibehaltung einer bestimmten Stauhöhe für den Grundstückseigentümer mit weitergehenden Handlungs- und Kontrollpflichten verbunden. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang aufgezeigten erforderlichen Tätigkeiten – insbesondere Kontrollgänge, Ausbesserungsmaßnahmen, Beseitigung von Wildverbissschäden – hat der Beklagte zwar als für den Kläger zumutbar bewertet, sie aber dem Grunde nach nicht bestritten.
Derartig umfangreiche, zur Erhaltung des Schutzgegenstands notwendige Handlungspflichten sind jedenfalls dann mit einer unangemessenen, die Grenzen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG überschreitenden Belastung verbunden, wenn der Eigentümer – wie hier mit der Aufgabe der Fischerei- und Teichwirtschaft – die Bewirtschaftung aufgeben will, die erst zur Entstehung des Schutzgegenstands geführt hat.
(3) Somit kann aus Gründen der Bestimmtheit und der Verhältnismäßigkeit aus dem Verbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung nicht – im Wege der Auslegung – das Gebot hergeleitet werden, den berechtigterweise abgelassenen Weiher im Folgejahr erneut zu bespannen. Aus den gleichen Gründen könnte eine derartige Bespannungsverpflichtung für Grundstückseigentümer auch nicht Gegenstand eines ausdrücklichen Gebots in der Naturschutzverordnung sein.
dd) Entgegen der Ansicht des Beklagten konnte eine Verpflichtung des Klägers zur erneuten Bespannung des Großen Karrachsees auch nicht dem gesetzlichen Veränderungsverbot in § 23 Abs. 2 BNatSchG entnommen werden. Nicht nur, dass der eindeutige Wortlaut der Regelung, wonach Handlungen „verboten“, nicht jedoch Handlungen „geboten“ sind, bereits gegen die Annahme eines solchen Gebotes spricht, würde eine entsprechende Auslegung der Vorschrift ebenfalls gegen das Bestimmtheitsgebot sowie gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen.
ee) Lässt sich demnach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung oder anderen Vorschriften weder das Verbot, die Weiher außerhalb des dort genannten Zeitraums abzulassen, noch das Gebot entnehmen, den Großen Karrachsee nach berechtigtem Ablassen am 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, konnte die in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Verpflichtung des Klägers bereits tatbestandlich nicht auf § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG gestützt werden.
c) Ungeachtet dessen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG nicht vorlagen (s.o.), hat das Landratsamt das ihm durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt (§ 114 VwGO).
aa) Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG steht das Einschreiten grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen (Entschließungs- und Auswahlermessen) der zuständigen Naturschutzbehörde. Allein aus der Verletzung des Naturschutzrechts folgt noch nicht zwingend, dass ein Absehen vom Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 21). Das durch die Norm eröffnete Ermessen ist in keiner Weise gebunden oder intendiert (BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 Rn. 27). Lediglich ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen das Naturschutzrecht kann zu einer Ermessensreduzierung führen; das gilt umso mehr, je wertvoller, empfindlicher und knapper das betreffende Naturgut ist (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 9 C 2.16 – DVBl 2017, 1105 Rn. 24).
bb) Es ist bereits fraglich, ob sich das Landratsamt bei Erlass der streitgegenständlichen Anordnung seines Entschließungs- und Auswahlermessens bewusst war. Formulierungen wie „Die Mitteilung des Herrn T. N., dass er den Großen Karrachsee nicht mehr bewirtschaftet und das Schreiben an das Landratsamt indem er anzeigt, dass der Mönch gerissen ist, rechtfertigt den Verstoß gegen geltendes Recht nicht.“ oder „Andere triftige Gründe wurden nicht bekannt, die gegen eine Bespannung des Großen Karrachsees sprechen würden.“ sowie „Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Herrn T. N. bekannt ist, dass der Große Karrachsee nach der“ Naturschutzverordnung „zu bespannen ist und wie dieses Stauziel erreicht wird.“ sprechen eher für eine Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung als für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung im Rahmen der Anwendung des § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG.
cc) Ungeachtet dessen war die Anordnung der erneuten Bespannung des Großen Karrachsees im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG auch nicht verhältnismäßig (§ 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Bei der Gesamtabwägung der für und gegen die streitgegenständliche Verpflichtung streitenden Interessen überwogen die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten privaten Belange des Klägers.
In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG ergänzend zu den obigen Ausführungen (oben b) noch anzumerken, dass die Nichtbespannung zwar dazu führen wird, dass das Feuchtgebiet „Großer Karrachsee“ erheblich beeinträchtigt, wenn nicht sogar zerstört wird, und davon auszugehen ist, dass der Weiher seine Funktion als wertvoller Lebensraum für seltene und schutzbedürftige Pflanzen- und Tierarten verlieren wird. Dennoch überwiegen die privaten Interessen des Klägers, nicht als Grundstückseigentümer hoheitlich zu einer Bespannung des Großen Karrachsees verpflichtet zu werden. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, dem Kläger seien keine Bewirtschaftungsmaßnahmen aufgegeben worden, greift dieser Hinweis zu kurz. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger durch die streitgegenständliche Anordnung nicht zum weiteren Betrieb seiner Fischereiwirtschaft verpflichtet wurde. Die streitgegenständliche Anordnung ließ sich jedoch – wie zuvor gezeigt – nur dadurch erfüllen, dass der Kläger das Mönchbauwerk betrieb, was für ihn mit allen aus dem Betrieb resultierenden Pflichten – insbesondere Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Mönchbauwerks sowie Überwachungs- und Verkehrssicherungspflichten – verbunden war. Zusätzlich wurde der Kläger dadurch belastet, dass er für einen bestimmten Wasserstand und damit für eine bestimmte Stauhöhe zu sorgen hatte. Insgesamt überschritten die mit dem Betrieb der Bespannungsanlage verbundenen Belastungen und Haftungsrisiken die Grenzen dessen, was dem Kläger, der den Weiher nicht für eigene Zwecke nutzen wollte, als Eigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG zugemutet werden konnte. Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange überwogen daher die privaten Belange des Klägers. Die streitgegenständliche Anordnung konnte daher auch aus diesem Grund nicht auf § 3 Abs. 2 Halbs. 2 BNatSchG gestützt werden.
2. Das Landratsamt konnte die getroffenen (Teil) Anordnungen rechtmäßig auch nicht auf § 17 Abs. 8 BNatSchG stützen.
a) Nach dieser Vorschrift soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen, wenn ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen wird. Soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie entweder Maßnahmen nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen. Wie dem Wortlaut des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG zu entnehmen ist, setzt die Vorschrift einen „vorgenommenen Eingriff“ voraus, dessen „weitere Durchführung“ die Behörde untersagen kann. Die Regelung ist darauf gerichtet, die Fortsetzung (aktuell) stattfindender, ungenehmigter Eingriffe in Natur und Landschaft zu unterbinden. Eine Untersagung noch nicht erfolgter Eingriffe kann folglich nicht auf § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG, sondern allenfalls auf § 3 Abs. 2 BNatSchG gestützt werden (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – BVerwGE 156, 94 Rn. 25).
b) Von einem „erfolgten“ Eingriff durch den Kläger war vorliegend weder im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im Januar 2012 noch am 1. März 2012 als Zeitpunkt für die Erfüllung der Verpflichtung auszugehen.
Der Begriff „Eingriff“ ist in § 14 Abs. 1 BNatSchG definiert. Danach sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Ein Eingriff setzt eine Eingriffshandlung (Ursache) voraus, die eine Eingriffswirkung (eine mögliche Folge) nach sich ziehen kann (P. Fischer-Hüftle/D. Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 14 Rn. 2). Regelmäßig erfordert der Eingriff ein aktives Tun, das zu einer negativen Veränderung von Natur und Landschaft führt (vgl. Prall in Schlacke, GK-BNatSchG, § 14 Rn. 29; Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 14 Rn. 14 f.). Zwar kann auch ein Unterlassen in Form reiner Untätigkeit negative Veränderungen von Natur und Landschaft verursachen. Von einem Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG ist jedoch nur dann auszugehen, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln – etwa kraft gesetzlicher Regelung oder vertraglicher Vereinbarung – besteht.
Die Weigerung des Klägers, den Großen Karrachsee zum 1. März 2012 (erneut) zu bespannen, nachdem er ihn nach dem 15. September 2011 berechtigterweise abgelassen hatte, stellte keinen Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 8 BNatSchG dar. Da sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 der Naturschutzverordnung weder ein Verbot zum Ablassen des Großen Karrachsees außerhalb des dort genannten Zeitraums ergibt noch eine Handlungspflicht zur (erneuten) Bespannung des Weihers zum 1. März eines jeden Jahres hergeleitet werden kann, hat der Kläger weder im Januar 2012 noch zum 1. März 2012 gegen Handlungspflichten verstoßen, weil ihm derartige Pflichten durch die Naturschutzverordnung nicht auferlegt wurden (s.o.). Auch aus dem Unterlassen in Form reiner Untätigkeit – hier: durch das Absehen von einer weiteren Bespannung infolge Aufgabe der Teichwirtschaft – konnten mangels einer allgemeinen Bewirtschaftungsverpflichtung keine Verursacherpflichten nach der Eingriffsregelung abgeleitet werden (vgl. P. Fischer-Hüftle/D. Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 14 Rn. 16; Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 14 Rn. 15).
Soweit der früher für das Naturschutzrecht zuständige 9. Senat in seinem Urteil vom 8. August 1984 – 9 B 80 A. 2203 – (NuR 1985, 72) eine Pflicht zur Bespannung diverser Teiche angesichts der jahrhundertelangen Bedeutung der befüllten Gewässer für das dortige Orts- und Landschaftsbild angenommen hat und das Unterlassen des bisher stets erfolgten Wiederbespannens mit der Absicht, die Gewässer für dauernd trockenzulegen, begrifflich als schädigendes Vorhaben oder als einen die Gestalt der Gewässer verändernden Eingriff angesehen hat, steht dies wegen der Besonderheiten des dortigen Falles dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Weder ist davon auszugehen, dass der Große Karrachsee eine ähnlich jahrhundertelange Bedeutung als Lebensraum hat wie die dortigen Seen für das Orts- und Landschaftsbild, noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger des dortigen Verfahrens in einer vergleichbaren Weise durch die angeordnete Bespannung belastet waren. Angesichts der Ausführungen des 9. Senats im Rahmen eines obiter dictums, ob den dortigen Klägern Maßnahmen zur Verhinderung einer Verlandung der Gewässer bei einer Aufgabe der teichwirtschaftlichen Nutzung unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit hätten aufgegeben werden können (vgl. BayVGH, U.v. 8.8.1984 – 9 B 80 A. 32203 – NuR 1985, 72/73), kann von Letzterem nicht ausgegangen werden. Auch die Ausführungen im Urteil des 9. Senats vom 26. Juni 1984 – 9 B 80 A. 626 – (NuR 1986, 26) können auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden. Der Klägerin des dortigen Verfahrens, der eine beabsichtigte Entlandung eines Weihers untersagt und dessen Bespannung in der bisherigen Weise aufgegeben worden waren, ging es vorrangig um die Aufhebung der untersagenden Verfügung. Soweit der 9. Senat im Hinblick auf die Verpflichtung zur Bespannung angenommen hat, ein schädigendes Vorhaben im Sinne des Art. 6 Abs. 1 und 3 BayNatSchG a.F. könne auch in einem Unterlassen dessen liegen, was man bisher immer getan habe, kann diese Rechtsmeinung ebenfalls nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn die Klägerin des dortigen Verfahrens war hierdurch nicht beschwert, da sie sich nicht gegen das Bespannungsgebot selbst gewendet hatte, sondern nur gegen das Verbot, das Wasser im Frühjahr nicht höher als bisher aufzustauen (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1988 – 4 C 58.84 – NuR 1989, 257).
II. Die in Nr. II enthaltene Zwangsgeldandrohung kann demnach ebenfalls keinen Bestand haben.
III. Der streitgegenständliche Bescheid war daher insgesamt rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten.
Da der Senat nach den Einlassungen des Klägers den Eindruck hat, dass auch ihm an der Erhaltung des schutzwürdigen Lebensraums „Großer Karrachsee“ gelegen ist, sollten die Beteiligten erneut das Gespräch darüber suchen, wie die mit der Bespannung des Großen Karrachsees verbundenen Belastungen des Klägers – etwa durch finanzielle Anreize im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung – abgemildert werden könnten.
Kostenentscheidung: § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Da der Kläger teilweise unterlegen ist, weil er nach Erledigung des streitgegenständlichen Bescheids die Anfechtungsklage im Hauptantrag aufrechterhalten hat, hat er die Hälfte der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

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