Baurecht

Recht eines Grundstückseigentümers, eine auf seinem Grundstück verlaufende tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche nach Widerruf zu beseitigen, Keine Widmung bei Nichtnennung (nur) eines von der Straße erfassten Grundstücks im Bestandsverzeichnis oder in einer Widmung, Widerruf einer konkludenten Duldung von Straßenverkehr auf dem eigenen Grundstück (tatsächlich-öffentliche Straße) als empfangsbedürftige Willenserklärung, Selbstabhilfe anlässlich eines verjährten Folgenbeseitigungsanspruch stellt kein fremdes Geschäft des Hoheitsträgers im Sinne einer öffentlichen Rechtlichen, Geschäftsführung ohne Auftrag dar, Nicht entscheidungserheblicher bedingter Beweisantrag

Aktenzeichen  M 2 K 19.6067

Datum:
23.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 16083
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayStrWG Art. 67 Abs. 4
BayStrWG Art. 6
BGB § 903 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, die Beseitigung des auf dem klägerischen Grundstück Fl.-Nr. 773, Gem. …, verlaufenden Teils des M… zu dulden.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte 90 % und der Kläger 10 %. 
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hinsichtlich des ersten Klageantrags ist zulässig (A.) und begründet (B.). Die Beklagte ist verpflichtet, die Beseitigung des auf dem klägerischen Grundstück Fl.-Nr. 773, Gem. …, verlaufenden Teils des M…s zu dulden, weil die aus der Eigentümerstellung des Klägers folgende umfassende Verfügungs- und Gestaltungsmacht weder straßenrechtlich (B.I.) noch straßenverkehrsrechtlich beschränkt ist (B.II.). Die Klage hinsichtlich des zweiten Klageantrags ist unzulässig (C.).
A. Hinsichtlich des ersten Klageantrags ist die Klage zulässig.
I. Der Kläger verfolgt einen Anspruch auf Duldung einer von ihm geplanten Beseitigung einer seiner Ansicht nach rechtswidrigen Störung in Gestalt einer Eigentumsbeeinträchtigung durch Überbau. Gleich, ob man die Anspruchsgrundlage für den Duldungsanspruch (nur) in Art. 14 Abs. 1 GG oder (nur) in § 903 Satz 1 BGB oder einer Kombination aus beiden Vorschriften verortet, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Denn die Störung hat vorliegend öffentlich-rechtlichen Charakter, den sodann auch der hierauf gerichtete (Selbstabhilfe-)Duldungsanspruch teilt. Die Störung ist öffentlich-rechtlicher Art, weil die Beklagte hierfür eine öffentlich-rechtliche Befugnis beansprucht (vgl. zu diesem Maßstab Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 40 Rn. 414). Sie hält die überbaute Fläche für straßenrechtlich gewidmet oder geht jedenfalls hilfsweise davon aus, dass die aus der Eigentümerstellung des Klägers folgenden Rechte durch Straßenverkehrsrecht dauerhaft beschränkt sind.
II. Der Kläger begehrt mit der Duldung eine tatsächliche Leistung, so dass die Klage als allgemeine Leistungsklage statthaft ist (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
III. Die Klagebefugnis ist zu bejahen, weil es angesichts des Umstands, dass das klägerische Grundstück Fl.-Nr. 773 in dem den M… betreffenden Bestandsverzeichnis 1962 bzw. in der Widmung 1999 nicht genannt wird, nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass das Grundstück in rechtswidriger Weise durch einen Teil der Straße überbaut wurde und dem Kläger ein Anspruch auf Duldung einer Beseitigung aus Art. 14 Abs. 1 GG bzw. § 903 Satz 1 BGB zusteht.
IV. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist ebenfalls zu bejahen. Im Falle des Vorliegens der materiellen Duldungsvoraussetzungen ist die Beseitigung einer Straße im Sinne des Straßen- und Wegerechts bzw. einer tatsächlich öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne des Straßenverkehrsrechts durch den Eigentümer – für den Fall (und nur für diesen), dass ein Dritter an der Straße bzw. der Verkehrsfläche den Besitz ausübt (vgl. BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – juris Rn. 38) – nach der überwiegenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. Rn. 23 für das Zivilrecht) nur gestattet, wenn entweder (was kaum einmal der Fall sein wird) die Voraussetzungen einer erlaubten Selbsthilfe (§§ 229 f. BGB) oder der Besitzwehr (§ 859 BGB) vorliegen oder wenn der Eigentümer zunächst behördliche Hilfe zur Durchsetzung seiner Eigentümerrechte in Anspruch nimmt (anders für eine Rohrleitung BayVGH, B.v. 8.3.2019 – 4 CE 18.2597 – juris Rn. 11). Verweigert die Behörde die Hilfe, beharrt sie also insbesondere auf ihrem eigenen Besitz, so bedarf der Eigentümer eines gerichtlich erstrittenen Titels, der ihn zur Beseitigung der Straßen- bzw. der Verkehrsfläche berechtigt; einen solchen Titel stellt eine rechtskräftige Entscheidung über die hier erhobene Leistungsklage auf Duldung dar (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 31; s.a. für eine Klage auf Feststellung, dass der Kläger selbst berechtigt ist, eine Wegefläche sperren BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – juris Rn. 45).
Vorliegend hat sich der Kläger mit seinem Anliegen zuvor an die zuständige Straßenverkehrs- bzw. Straßenbaubehörde – jeweils die Gemeinde (vgl. Art. 2 u. 3 ZustGVerk bzw. Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG) – gewandt (vgl. BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – juris Rn. 25 u. 45), die jedoch ihren Besitz (vgl. noch Rn. 48) nicht aufgeben möchte.
B. Die Klage ist hinsichtlich des ersten Klageantrags auch begründet. Die Beklagte ist zur Duldung der Selbstabhilfe verpflichtet. Die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Rechtsmacht des Klägers als Eigentümer (I.) ist weder durch Art. 6 BayStrWG noch durch Art. 67 Abs. 4 BayStrWG straßenrechtlich (II.) noch durch § 32 StVO straßenverkehrsrechtlich eingeschränkt (III.). Dem Duldungsanspruch kann auch nicht Unzumutbarkeit entgegengehalten werden (IV.).
I. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Eigentum. Das verfassungsrechtliche Verständnis des Eigentumsbegriffs ist zwar weiter als der zivilrechtliche Eigentumsbegriff (vgl. Bryde/Wallrabenstein in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 14 Rn. 23 m.w.N.), hinsichtlich der Befugnisse des Eigentümers ist der Gehalt von Art. 14 Abs. 1 GG jedoch mit demjenigen des § 903 Satz 1 BGB, der sie einfachgesetzlich für das Zivilrecht beschreibt, identisch. Art. 14 Abs. 1 GG und § 903 BGB sehen den wesentlichen Inhalt des Eigentums in der Gewährleistung eines jeweils exklusiven und umfassenden Einwirkungs- und Ausschließungsrechts (vgl. BVerfG, B.v. 14.7.1999 – 1 BvR 995/95 – juris Rn. 106; Althammer in Staudinger, BGB, 2020, § 903 Rn. 2; Lakkis in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand: 1.3.2022, § 903 Rn. 12). Der Eigentümer hat daher das Recht, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit – insoweit integriert § 903 Satz 1 BGB die Schranke des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in seine Formulierung – diese nicht durch Gesetz oder Rechte Dritter eingeschränkt ist.
Jedoch gehen die Zivilgerichte und die zivilrechtliche Literatur davon aus, dass § 903 Satz 1 BGB nur die Rechtsmacht des Eigentümers beschreibt, aber keine Anspruchsgrundlage darstellt (vgl. BGH, U.v. 5.7.2019 – V ZR 149/18 – juris Rn. 11; s.a. Lakkis in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand: 1.3.2022, § 903 Rn. 3; Althammer in Staudinger, BGB, 2020, § 903 Rn. 6 u. 12) und folgerichtig auch keinen Duldungsanspruch gegen den Störer begründet. Vielmehr kann der Eigentümer zivilrechtlich von seinem in § 903 Satz 1 BGB verliehenen Recht – wenngleich unter Umständen nach vorheriger Ankündigung – ohne weiteres, also auch ohne Titel, Gebrauch machen (BGH, U.v. 5.7.2019 – V ZR 149/18 – juris Rn. 11; folgend BayVGH, B.v. 8.3.2019 – 4 CE 18.2597 – juris Rn. 11). § 903 Satz 1 BGB hindert nur einen möglichen Abwehranspruch des Störers gegen die sein Eigentum beeinträchtigende Selbstabhilfehandlung (Eigenbeseitigung); prozessual folgt daraus, dass allenfalls ein Feststellungsstreit zu führen ist, der Störer aber weder zur Duldung verpflichtet werden muss noch kann (BGH, U.v. 5.7.2019 – V ZR 149/18 – juris Rn. 11).
Indes ist das vorherrschende Verständnis der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ein anderes. Unabhängig davon, ob es für die Abweichung von der zivilrechtlichen Dogmatik Gründe gibt, kann es sich jedenfalls nicht auf eine umstandslose Anwendung des § 903 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage stützen, sondern muss sich auf eine eigene verwaltungsrechtliche, in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Eigentumsdogmatik berufen. Es ist deshalb Art. 14 Abs. 1 GG, der unmittelbar (und unverjährbar, vgl. Rn. 54) das Recht des Eigentümers enthält, andere von jeder Einwirkung ausschließen, also auch eine rechtswidrige Inanspruchnahme seines (Grund-)Eigentums (hier in Form eines rechtswidrigen Überbaus) auf eigene Kosten zu beseitigen, und ihm den Anspruch gegen den Hoheitsträger als Störer darauf verleiht, die Maßnahmen zu dulden, die nötig sind, die rechtswidrige Eigentumsstörung zu beseitigen (BVerwG, B.v. 12.7.2013 – 9 B 12/13 – juris Rn. 4).
II. Vorliegend hat der Kläger einen solchen Anspruch auf Duldung gegen die Beklagte, weil er Eigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. 773 ist und sein hierauf bezogenes umfassendes Einwirkungs- und Ausschließungsrecht wegen der Zurverfügungstellung des Grundstücks als Straße bzw. Verkehrsfläche durch die Beklagte ohne rechtlichen Grund verletzt ist.
1. Der Kläger ist i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG Eigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. 773. Ob und inwieweit der Kläger nach den zivilrechtlichen Regelungen auch am Überbau (dem Straßenbelag) Eigentum erlangt hat, ist insoweit nicht maßgeblich und kann offenbleiben.
2. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Einwirkungs- und Ausschließungsrecht des Klägers ist nicht durch Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) infolge einer öffentlich-rechtlichen Widmung nach Art. 6 BayStrWG und nicht infolge einer Widmungsfiktion im Sinne von Art. 67 Abs. 4 BayStrWG eingeschränkt. Nach Art. 67 Abs. 4 BayStrWG gilt die nach Art. 6 Abs. 3 BayStrWG erforderliche Zustimmung des verfügungsberechtigten Eigentümers als erteilt und die notwendige Widmung als verfügt, wenn eine Eintragung in das straßenrechtliche Bestandsverzeichnis nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG unanfechtbar geworden ist. Ist eine Straße demgegenüber nicht in das Bestandsverzeichnis aufgenommen, gilt sie nach Art. 67 Abs. 5 BayStrWG nicht als öffentliche Straße (sofern sie nicht anderweitig nach Art. 6 BayStrWG gewidmet wurde).
a) Ein Bestandsverzeichnis wird aus den Karteikarten nach Maßgabe des § 2 der Verordnung über die Straßen- und Bestandsverzeichnisse gebildet und stellt ein öffentliches Register dar. Im Verzeichnis wird die Eintragung – bestehend aus der Veröffentlichung des vom Gemeinderat zu beschließenden Bekanntmachungstexts (BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 36) – durch Wiedergabe der Eintragungsdaten dokumentiert. Es kann als Verwaltungsakt herangezogen werden und eine Widmungsfiktion begründen, wenn es bestandskräftig und nicht nichtig ist. Soweit es nachträglich im Rahmen eines anderweitigen Widmungsverfahren nach Art. 6 BayStrWG geändert wurde, ist es in der geänderten Fassung maßgeblich.
b) Die Beklagte hat 1962 ein Bestandsverzeichnis nach Art. 67 BayStrWG erstellt und 1999 hinsichtlich des M… eine Widmung nach Art. 6 BayStrWG erlassen, die das Verzeichnis insoweit geändert hat (auch wenn die Beklagte lediglich von einer „Berichtigung“ des Verzeichnisses 1962 spricht). Insoweit ist das Widmung aus 1999 maßgeblich, für deren Auslegung aber auch der historische Inhalt des Verzeichnisses von 1962 von Belang sein kann.
c) aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist regelmäßig für die Annahme einer rechtmäßigen Widmung bzw. Widmungsfiktion erforderlich, dass im Verzeichnis alle betroffenen Flurnummern aufgeführt werden; von einer Eintragung werden daher grundsätzlich nur diejenigen Grundstücke erfasst, die ausdrücklich benannt werden. Eine faktische oder konkludente Widmung gibt es nach bayerischem Straßen- und Wegerecht nicht (vgl. nur BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 28.10.2014 – 8 ZB 12.1938 – juris Rn. 14). Das Grundstück mit der Fl.-Nr. 773 wird weder im ursprünglichen noch im 1999 durch Widmung geänderten Bestandsverzeichnis ausdrücklich genannt.
bb) Allerdings kennt dieser Grundsatz – nicht nur in Bezug auf Widmungen nach Art. 6 BayStrWG, sondern auch für den Bereich der Widmungsfiktion nach Art. 67 Abs. 3 u. 4 BayStrWG (vgl. BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – juris Rn. 38) – Ausnahmen, wenn Wegeverlauf und -umfang dennoch eindeutig festliegen, etwa aufgrund eines genauen Beschriebs (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2017 – 8 ZB 17.1189 – juris Rn. 20 ff.; BayVGH, U.v. 15.5.1990 – 8 B 86.558 – juris Rn. 19; wohl restriktiver neuerdings BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 41).
Die Anerkennung von Ausnahmen vom Grundsatz der Nennung von Flurnummern hat zwei Folgen. Zum einen hindert sie, stets und ohne weiteres von einer rechtswidrigen oder gar nichtigen Eintragung bzw. Widmung auszugehen, wenn diese ohne die Nennung von Flurgrundstücken auskommt („Fußweg entlang des X-Baches“, vgl. hierzu VG München, U.v. 23.11.2021 – M 2 K 20.2710 – juris Rn. 2). Zum anderen aber ist die Anerkennung dieser Ausnahmen bereits bei jeder Ermittlung des Verzeichnis- bzw. Widmungsinhalts relevant, die jedoch aus logischen Gründen einer Rechtmäßigkeitsprüfung vorausgeht. Die Ausnahme führt dazu, dass es rechtlich grundsätzlich zulässig ist, alle im Verzeichnis bzw. der Widmung angelegten Anhaltspunkte (und nicht nur Flurnummern) zu nutzen, um den Straßenverlauf nachzuvollziehen und auf diese Weise (unter Rückgriff auf das Liegenschaftskataster) betroffene und damit gewidmete Grundstücke oder Grundstücksteile zu identifizieren.
Dieser eher großzügige Maßstab ändert aber nichts daran, dass stets aus dem ermittelten Verzeichnis- bzw. Widmungsangaben – bildlich gesprochen: als einer Art „Wanderkarte“ – ein faktischer Straßenverlauf in der Natur zu rekonstruieren, nicht aber umgekehrt aus einem faktischen Verlauf eines Weges auf den normativ relevanten Inhalt des Verzeichnisses zu schließen ist, mag der Weg auch jeher schon unverändert vorhanden gewesen sein. Soweit sich hiernach ein Straßenverlauf in der Natur nicht so rekonstruieren lässt, dass ein streitbefangenes Grundstück erfasst ist, so ist sein Eigentümer in der umfassenden Verfügungsbefugnis nicht beschränkt. Denn wird ein Straßenverlauf weder durch Nennung von Flurnummern oder durch einen anderweitigen Beschrieb in der Natur erkennbar, so sind die weitreichenden Folgen des Bestandsverzeichnisses nicht gerechtfertigt; denn dann hatten im Rahmen des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens, insbesondere anlässlich der vorgeschriebenen Auslegung (Art. 67 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BayStrWG), Grundstückseigentümer keinen Anlass, ihre eigene Betroffenheit zu erkennen und gegebenenfalls Einwände zu erheben (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 39/41). In einem solchen Fall der „Nichterfassung“ kommt es auf Fragen der Rechtmäßigkeit oder der Nichtigkeit der Eintragung gar nicht erst an. Es ist nach Ansicht des Gerichts dann auch nicht (zusätzlich) relevant, ob solche Nichterfassungs- bzw. Nachvollziehbarkeitsdefizite „mehr als unerhebliche Teile des Wegeverlaufs“ betreffen (insoweit unklar BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 23 Sätze 3 u. 4).
cc) Nach diesem Maßstab ist das klägerische Grundstück nicht als Straße gewidmet. Die Gemeinde bringt bereits 1962 gerade durch den flurnummernmäßigen Inhalt des Verzeichnisses zum Ausdruck, dass sie die Notwendigkeit, den Straßenverlauf möglichst eindeutig zu benennen, erkannt und dies eben auf jene Weise gemacht hat. Das Verzeichnis vermittelt so den Anschein der Vollständigkeit, ein Anlass im Rahmen des Verwaltungsverfahrens die Betroffenheit des Grundstücks Fl.-Nr. 773 zu erkennen oder zumindest bei Anwendung gebotener Sorgfalt erkennen zu können und gegen die Eintragung mittels Widerspruch und Anfechtungsklage vorzugehen (vgl. zu damaligen Rechtsschutzmöglichkeiten Häußler in Zeitler, BayStrWG, 27. EL März 2017, Art. 67 Rn. 47), bestand daher nicht (vgl. a. OVG RhPf B.v. 25.10.1990 – 1 B 12245/90 – NVwZ 1991, 590/591). Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die (damals) genannten Grundstücke jeweils ausschließlich ein Straßengrundstück bilden, also die Straße nicht nur auf Teilflächen anderer (größerer) Grundstücke verlaufen sollte (apodiktisch jüngst BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 41: „Der Widmungsumfang beschränkt sich in einem solchen Fall [Straßengrundstück mit einer eigenen Flurnummer] eindeutig auf die genannte Flurnummer und ist keiner Auslegung zugänglich“). Außerdem schließen die genannten Grundstücke auch aneinander an und führen zu einer vollständigen und lückenlosen Straßenstrecke. Es fehlt nicht etwa „mittendrin“ ein Grundstück, das bei „natürlichem“ Verlauf der Straße erfasst sein müsste, aber gleichwohl nicht genannt ist (zum Aspekt des Lückenschlusses bei Art. 6 Abs. 8 BayStrWG vgl. BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – juris Rn. 34 zum damaligen Art. 6 Abs. 7 BayStrWG). Insoweit harmonieren sogar das Liegenschaftskataster, in dem die Gestalt, Größe und örtliche Lage der Grundstücke als ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche dargestellt werden (Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 3 VermKatG), und das Bestandsverzeichnis von 1962. Raum für die Annahme, andere als die genannten Grundstücke seien betroffen, besteht daher nicht.
Dieses Ergebnis erfährt auch durch die Änderung des Verzeichnisses von 1999 keine Modifikation. Insoweit enthält die Widmung zum streitgegenständlichen Grundstück erneut keine Aussage. Dadurch, dass allerdings 1999 alle Grundstücke (auch die bislang schon genannten) erneut aufgelistet wurden und zusätzlich eine bloße Teilfläche des größeren Grundstücks mit der Fl.-Nr. 1028 aufgenommen wurde, bringt die Beklagte erneut zum Ausdruck, dass (auch) ihr die Inanspruchnahme des Grundstücks Fl.-Nr. 773 durch den M… nicht bewusst war. Deshalb ist auch nicht davon auszugehen, dass sich eine Eintragung im Bestandsverzeichnis bzw. eine Widmung mangels Erklärungswillen auf solche Flächen, die nicht als fremde erkannt wurde, erstreckt (vgl. für den Fall eines Vermessungsfehlers vor Errichtung einer Straße Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 49).
dd) Aus dem Gebot, den Verlauf des Weges aus dem Inhalt des Verzeichnisses bzw. der Widmung zu ermitteln (und nicht umgekehrt aus dem Faktischen auf das Normative zu schließen, vgl. Rn. 32 f.), folgt, dass aus Gründen der Rechtssicherheit der räumliche Umfang der Widmung durch Auslegung nach dem objektiven Verständnishorizont zu ermitteln. Es ist daher auch nicht zulässig ist, wie die Beklagte anzunehmen scheint, im Rahmen einer konkret-individuellen Betrachtung auf das konkrete Wissen eines Eigentümers zu rekurrieren, also bei der Auslegung darauf abzustellen, ob der damalige Eigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. 773 den tatsächlichen Verlauf des M…s kannte (wovon bei lebensnaher Betrachtung auszugehen wäre, weil dieser dort wohnte, vgl. auch die Schilderung des Klägers als Sohn des Rechtsvorgängers vom 17.3.2022) und ferner – legt man die Annahme der Beklagten zugrunde, dass die Straße bereits 1962 die heutige Breite hatte und nicht über die Jahrzehnte in das Grundstück des Klägers hineingewachsen ist (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung, S. 4, Beweisantrag) – von der Inanspruchnahme des eigenen Grundstücks hätte wissen müssen. Abgesehen davon, dass ohnehin auf die Breite der Straße im Verzeichnis kein Bezug genommen wurde (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 49), würde ein solcher Ansatz ferner die Anforderungen an eine konkludente Widmung unterminieren (vgl. Rn. 35). Im Übrigen kann es jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers bzw. seines Rechtsvorgängers gehen, wenn die Betroffenheit der Flurnummer 773 von der Gemeinde selbst nicht gesehen wurde, obwohl sie ersichtlich darauf abstellen wollte, alle betroffenen Grundstücke zu nennen. Selbst wenn es so wäre, wie die Beklagte vermutet, dass wegen der damaligen Messtechnik nicht erkannt wurde, dass Teile der Flurnummer 773 in das Verzeichnis hätten aufgenommen werden müssen, um die bestehende Straße in voller Breite abzubilden, so geht dieses Erkenntnisdefizit nicht zu Lasten des damaligen Eigentümers und seines heutigen Rechtsnachfolgers. Von ihm kann normativ nicht verlangt werden, den Verlauf der Grundstücksgrenzen und der Straße zueinander besser einzuschätzen als dies die Gemeinde vermochte (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 44).
ee) Ob die heutige Breite des M…s auch schon 1962 bestand, ist daher für das Gericht nicht entscheidungserheblich (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 70). Der bedingte Beweisantrag der Beklagten ist daher abzulehnen (vgl. auch Rn. 38).
ff) Mangels Zustimmung des Eigentümers liegt auch kein Fall einer Erstreckung der Widmung auf den klägerischen Grundstücksstreifen nach Art. 6 Abs. 8 i.V.m. Abs. 3 BayStrWG in Betracht, sollte sich – entgegen der Annahme der Beklagte – der M… über die Jahrzehnte erst sukzessive auf das klägerische Grundstück erstreckt haben. Denn Art. 6 Abs. 8 BayStrWG setzt die Verfügungsbefugnis des Straßenbaulastträgers als tatbestandliche Voraussetzung für den Eintritt der Widmungsfiktion (vgl. ausführlich BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 57 ff.). An dieser fehlt es; es kommt daher auch (vgl. Rn. 37) insoweit nicht entscheidungserheblich darauf an, welche Breite der M… ursprünglich bzw. im Verlauf der Zeit aufwies.
Kein Eigentümer – weder der Rechtsvorgänger des Klägers noch dieser selbst – haben jemals einer Widmung ausdrücklich zugestimmt.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die strengen Anforderungen an eine Zustimmung zur Widmung durch schlüssiges Verhalten erfüllt sind. Mit Blick auf die erheblichen Rechtsfolgen einer Zustimmung zur Widmung – dauerhafte Trennung des Eigentums von der dieses kennzeichnenden Verfügungsbefugnis – muss diese immer das eindeutige Einverständnis des Grundstückseigentümers damit enthalten, dass auf einer bestimmten Fläche künftig öffentlicher Verkehr stattfinden soll. Dieses Einverständnis kann zwar wegen der Formfreiheit der Zustimmung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen; jedoch muss auch einem solchen Verhalten, einem tatsächlichen Vorgang, ein eindeutiger entsprechender Erklärungsgehalt zukommen (Widmungswille, vgl. BayVerfGH, B.v. 5.7.1984 – Vf. 109-VI/83 – NJW 1985, 478/479; OVG NW, B.v. 15.9.2017 – 11 A 2702/09 – juris Rn. 24; Häußler in Zeitler, BayStrWG, 30. EL März 2020, Art. 6 Rn. 22). Ein bloßes Dulden genügt nicht (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 47). Ein solches aktives Verhalten eines Eigentümers des fraglichen Grundstücks ist jedoch nicht ersichtlich; dies schon deshalb nicht, weil ersichtlich die Beteiligten über die Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks sich erst vor wenigen Jahren bewusst geworden sind.
III. Mangels Widmung ist der M… im streitbefangenen Bereich zwar keine öffentliche Straße im Sinne des Straßenrechts. Jedoch lag insoweit (zunächst) eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche vor, die als öffentliche Straße im Sinne von § 1 StVG und § 1 StVO dem Straßenverkehrsrecht (nicht aber dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, vgl. Art. 1 Satz 1 BayStrWG) unterliegt (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 63; BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – juris Rn. 37 m.w.N.) – a). Da diese Eigenschaft der streitgegenständlichen Fläche inzwischen jedoch durch einen Widerruf aufgehoben wurde, ist eine Beseitigung der „Straße“ zulässig; § 32 StVO steht dieser nicht entgegen (b).
a) Zum öffentlichen Verkehrsraum gehören neben den öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Sinne des Straßenrechts auch solche Verkehrsflächen, auf denen aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten die verkehrsmäßige Benutzung durch jedermann tatsächlich zugelassen ist (BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 42). Zur Annahme einer stillschweigenden Duldung genügt es, wenn aus Sicht der Verkehrsteilnehmer nach objektiv erkennbaren äußeren Umständen von einer konkludenten Freigabe zur Verkehrsnutzung auszugehen ist; auf den inneren Willen des Berechtigten kommt es nicht an (BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – juris Rn. 32). Insoweit sind die dargelegten strengen Anforderungen an eine konkludente Zustimmung (Rn. 40) zu einer straßenrechtlichen Widmung nicht zu übertragen. Denn während die Zustimmung zur straßenrechtlichen Widmung eine dauernde Trennung des Eigentums von der Verfügungsbefugnis hierüber nach sich zieht, besitzt der Eigentümer einer Fläche, auf der sich mit seiner Zustimmung oder Duldung ein öffentlicher Straßenverkehr entwickelt hat, die Möglichkeit, diese Zustimmung oder Duldung zu widerrufen (vgl. Rn. 45 ff.). Vorliegend ist angesichts der jedenfalls schon lange andauernden Nutzung des M…s im streitgegenständlichen Umfang (gleich, ob die Verkehrsfläche von Anbeginn auch auf dem Grundstück des Klägers verlief oder sich erst sukzessive auf dieses erstreckt hat) eine Duldung im vorstehenden Sinne nicht zweifelhaft.
Die Zuordnung des betroffenen klägerischen Grundstücksstreifens zum öffentlichen Verkehrsraum hat zur Folge, dass der Berechtigte nach § 32 StVO keine Sperren oder andere Verkehrshindernisse errichten (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2017 – 11 ZB 16.2576 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 27) und erst recht nicht die Straßen bzw. ihren Belag entfernen darf.
b) Die Eigenschaft als öffentlicher Verkehrsraum hat der betroffene Grundstücksstreifen durch Widerruf verloren. Ein Widerruf der Duldung ist möglich und wurde vom Kläger auch ausgesprochen (aa), sein Widerrufsrecht ist weder verwirkt (bb) noch seine Ausübung im konkreten Fall treuwidrig (cc).
aa) Die Überlassung der Fläche für den Verkehr kann nach allgemeiner Ansicht durch den Verfügungsbefugten grundsätzlich rückgängig gemacht werden (vgl. nur Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 16; Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Auflage 2022, § 1 StVO Rn. 6; Müther in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., Stand: 1.12.2021, § 1 StVO Rn. 16). Die Befugnis zur Rückgängigmachung ist Ausdruck und Folge der in Art. 14 Abs. 1 GG verankerten eigentumsrechtlichen Verfügungsbefugnis (vgl. auch Rn. 54).
Nötig ist für die Rückgängigmachung jedenfalls in den Fällen, in denen ein Dritter, hier die Beklagte als Hoheitsträger, Besitz an den Flächen für sich beansprucht (vgl. BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – Rn. 38), eine Widerrufserklärung (vgl. BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 43 a.E.), die gegenüber der Beklagten als Besitzerin (1), nicht aber gegenüber den Verkehrsteilnehmern (2) zu erklären ist. Im Übrigen muss die Widerrufserklärung auf einen zukünftigen Zeitpunkt bezogen sein (3).
(1) Der Widerruf liegt nicht erst in der Vornahme einer tatsächlichen (Sperr- oder Beseitigungs-)Handlung, sondern setzt, soll er wirksam sein (andernfalls verbleibt es gegebenenfalls bei den auf § 32 StVO gestützten Befugnissen), bereits die Abgabe einer empfangsbedürftigen Widerrufserklärung (Kundgabe eines Willensentschlusses) voraus (ausdrücklich BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 45: Zugang eines Schreibens als Widerrufserklärung; implizit BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 78, wenn dort zwischen einen rechtswirksamen Widerruf und der Unterbindung der weiteren Benutzung durch Sperrung unterschieden wird; s. a. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 16, der zwischen der Bekanntgabe des Widerrufs und einer tatsächlichen Sperrung unterscheidet; anders aber wohl BayVGH, U.v. 15.2.2021 – 8 B 20.2352 – juris Rn. 38, der als Widerrufshandlung eine tatsächliche Absperrung durch Poller nennt). Diese Erklärung bedarf dann durch tatsächliche Handlungen noch der Umsetzung, was allerdings – im Falle der Besitzausübung eines Dritten – wegen des Verbots der Selbsthilfe erst auf Basis eines Titels zulässig ist (vgl. Rn. 19).
Die Widerrufserklärung muss wie jede Willenserklärung dem Richtigen zugehen (teilweise wird von Bekanntgabe gesprochen, vgl. OVG RhPf, B.v. 1.12.2017 – 7 B 11634/17 – juris Rn. 18). Richtiger Empfänger ist die Beklagte, die – wegen der konkludenten Duldung auch rechtmäßige – Besitzerin ist. Der unmittelbare Besitz einer Sache setzt nach den zivilrechtlichen Regelungen die tatsächliche Gewalt über sie voraus (vgl. § 854 Abs. 1 BGB). Unter welchen Voraussetzungen die tatsächliche Sachherrschaft zu bejahen ist, ist am Maßstab der Verkehrsanschauung anhand einer zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falls zu entscheiden (vgl. Götz in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand: 1.4.2022, § 854 Rn. 54 ff., speziell für Grundstücke vgl. Rn. 138.7). Hiernach ist die Beklagte Besitzerin des M…s in der gesamten Breite. Offensichtlich übt sie seit Jahrzehnten als Straßenbaulastträger (seit 1999 nach Art. 54 Abs. 1 BayStrWG, weil der Weg ausgebaut ist) für den unstreitig gewidmeten Teil den Besitz aus; gleichzeitig hat sie sich einer Verfügungsmacht über den (nur) tatsächlich öffentlichen Weg berühmt, insbesondere, weil sie die Fläche bislang als Bestandteil einer öffentlichen Straße angesehen und behandelt hat, so dass sie auch insoweit als Besitzerin anzusehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 45 f.; BayVGH, U.v. 17.2.2003 – 11 B 99.3439 – juris Rn. 38).
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten spätestens mit Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 6. Mai 2019 den Widerruf seiner Duldung erklärt („Mein Mandant will dies nicht mehr hinnehmen“).
(2) Nicht notwendig ist eine darüber hinaus gehende Widerrufserklärung gegenüber der Allgemeinheit (im Sinne der die tatsächlich öffentliche Fläche nutzenden Verkehrsteilnehmer); insoweit genügt die Vornahme der zulässigen tatsächlichen Sperrung bzw. Beseitigung. Zwar ließe sich eine solche Anforderung damit begründen, dass die Duldung letztlich eine „Erklärung an die Öffentlichkeit“ (BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 45) darstellt – denn schließlich erwächst der Charakter der Fläche als Teil des öffentlichen Verkehrsraums gerade wegen der Sicht der Verkehrsteilnehmer aus den für diese objektiv erkennbaren äußeren Umständen – und insoweit spiegelbildlich auch dieser gegenüber zu widerrufen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 45 f., der zwischen einer bloßen Widerrufserklärung gegenüber der Öffentlichkeit und gerade nicht nur gegenüber der Behörde sowie der tatsächlichen Sperrung zu unterscheiden scheint). Es wäre insoweit die Aufstellung eines „Ankündigungsschildes“ denkbar (vgl. Sachverhalt in BayVGH, B.v. 6.3.2019 – 8 CS 18.1890 – juris Rn. 4).
Abgesehen davon, dass eine der Allgemeinheit bekannte gemachte Widerrufserklärung für diese kaum von Interesse sein dürfte, da sich erst deren Umsetzung durch Sperr- oder Beseitigungshandlung tatsächlich auswirkt und eine Sperrung ohne Widerruf mangels Besitz der einzelnen Verkehrsteilnehmer auch insoweit keine verbotene Eigenmacht darstellt, bestünde im Übrigen für den Widerrufenden die kaum kalkulierbare Gefahr, mit der Aufstellung eines „Ankündigungsschildes“ einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 33 Abs. 2 StVO zu unternehmen, die es verbietet, auf den Verkehr wirkende Einrichtungen anzubringen, die den Zeichen oder Verkehrseinrichtungen nach §§ 36 bis 43 StVO gleichen oder mit ihnen verwechselt werden können. Schließlich erscheint die Allgemeinheit auch nicht schutzwürdig, muss sie doch auch bei einem rein hoheitlich veranlassten Einzug einer Straße nicht von Rechts wegen vorab informiert werden.
(3) Die Widerrufserklärung muss außerdem auf einen zukünftigen Zeitpunkt bezogen sein. Die Rechtsfolge des Widerrufs darf – ähnlich wie bei einer ordentlichen Kündigung – grundsätzlich nicht sofort eintreten. Auf diese Weise soll der zuständigen Behörde die Möglichkeit gesichert werden, für eine anderweitige Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses zu sorgen (BayVGH, B.v. 19.4.2007 – 11 ZB 06.2058 – juris Rn. 44). Eine rund dreiwöchige Frist hat der Kläger im Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6. Mai 2019 gesetzt.
Die gebotene Länge der Widerrufsfrist hängt im Wesentlichen von den Auswirkungen des Widerrufs auf den Verkehr und damit von der Verkehrsbedeutung der bislang genutzten Fläche ab. Entscheidend ist bei der Fristbestimmung nur, dass der Widerrufsberechtigte eine Frist gesetzt hat, nicht aber, dass die gesetzte Frist angemessen lang ist, solange nur im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – als in dem für eine Leistungsklage maßgeblichen Zeitpunkt – eine ausreichend lange Frist abgelaufen ist. Auf diese Weise wird zum einen der Widerrufsberechtigte weitgehend des Risikos enthoben, die Angemessenheit der Fristlänge richtig einzuschätzen, und zum anderen der Zweck der Frist – Gewährleistung einer Reaktionsmöglichkeit der Beklagten – gleichwohl erreicht. Der seit dem 6. Mai 2019 (bis heute) verstrichene Zeitraum ermöglichte angesichts der überschaubaren Verkehrsbedeutung der Straße und der ohnehin nur drohenden Verschmälerung (und nicht Beseitigung) der Verkehrsfläche der Beklagten ausreichende Vorbereitung.
bb) Das Widerrufsrecht des Klägers ist weder verjährt noch verwirkt. Das Widerrufsrecht unterliegt nicht der Verjährung. Insoweit können die einfachgesetzlichen Regelungen des Zivilrechts als auch als maßgebliche Ausgestaltung des für den hiesigen Fall einschlägigen Art. 14 Abs. 1 GG verstanden werden. Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nach § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht der Verjährung (vgl. Hertel in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, Stand: 15.4.2021, § 902 Rn. 4). Da das Widerspruchsrecht seine Grundlage in der Stellung des Klägers als Grundeigentümer hat und es der Verwirklichung dieses eingetragenen Rechts selbst dient, weil es – anders als Ansprüche zur Abwehr von Störungen – sicherstellt, dass die Grundbucheintragung nicht zu einer bloßen rechtlichen Hülse wird (vgl. zu dieser Voraussetzung BGH, U.v. 28.1.2011 – V ZR 141/10 – juris Rn. 8), unterfällt es dieser Vorschrift und kann nicht verjähren (vgl. BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 28).
Allerdings kann es verwirkt werden (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Rn. 16 m.w.N.). Verwirkung als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2006 – 8 ZB 05.1473 – juris Rn. 3). Eine Verwirkung kommt insbesondere in Betracht, wenn infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertraut werden durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete – das ist die Beklagte als Besitzerin – ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat. Ein Rechtsverlust durch Verwirkung kann daher nur eintreten, wenn die verzögerte Geltendmachung des Rechts ursächlich für bestimmte Dispositionen des Verpflichteten ist und gerade im Hinblick auf das durch Untätigkeit des Berechtigten geschaffene und betätigte Vertrauen des Verpflichteten die verspätete Geltendmachung des Rechts als treuwidrig erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2006 – 8 ZB 05.1473 – juris Rn. 3).
An die Verwirkung des Widerrufsrechts sind schon wegen des hohen Rangs der Privatnützigkeit des Eigentums hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 67). Allein aus einem über einen längeren Zeitraum hinweg bestehenden Einverständnis mit der Benutzung eines Wegs durch die Allgemeinheit kann daher – und auch um das Fehlen einer Verjährungsvorschrift nicht zu konterkarieren – regelmäßig nicht auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts geschlossen werden (BayVGH, U.v. 21.4.2016 – 8 B 15.129 – juris Rn. 28).
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte vorliegend Dispositionen getroffen hat, die im Vertrauen auf eine weiterhin und dauerhaft ungeschmälerte Straßenführung getroffen wurden, sind nicht ersichtlich. Zum einen hat die Beklagte selbst von der Inanspruchnahme fremden bzw. ungewidmeten Grundeigentums lange keine Kenntnisse und konnte daher insoweit auf kein Vertrauen ausbilden. Zum anderen hat schon der Rechtsvorgänger, wenngleich für ein anderes Grundstück, aber dennoch im Zusammenhang mit einem den M… betreffenden Widmungsverfahren 1985, seine Mitwirkung an Widmungshandlungen verweigert und sich gegen die Inanspruchnahme seines Grundstücks gewendet. Dies steht einer Vertrauensbildung seitens der Beklagten entgegen. Auch aus dem Umstand, dass der Kläger wohl in der jüngeren Vergangenheit für Arbeiten im Zusammenhang mit dem M… eine „Bezuschussung“ durch die Gemeinde erfahren hat, lässt diese nicht schutzwürdig erscheinen.
cc) Die Rechtsausübung des Klägers erweist sich auch nicht als im Einzelfall treuwidrig, weil ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde läge, sie also für ihn nutzlos wäre und nur als Vorwand für die Erreichung unlauterer Zwecke diente (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 75). Der Kläger ist von dem Verkehr auf der Straße schon mit Blick auf die Stabilität der in seinem Eigentum stehenden Stützmauer betroffen und verfolgt daher mit dem Ziel, seinen durch den M… überbauten Grundstücksstreifen und damit auch die Stützmauer vor weiteren Verkehrsfolgen (besser) zu schützen, keine unlauteren Zwecke. Dass er den Grundstückstreifen wegen des bestehenden Niveauunterschieds im Gelände wohl nicht anderweitig nutzen können wird, ist insoweit nicht relevant.
Der M… hat somit seinen Charakter als tatsächlich-öffentliche Fläche verloren, soweit er auf dem Grundstück des Klägers verläuft. § 32 StVO steht einer Sperrung oder eine Beseitigung nicht mehr entgegen.
IV. Dem folglich bestehenden Duldungsanspruch kann auch nicht ausnahmsweise die Unzumutbarkeit der (sofortigen, vgl. Rademacher in Schoch/Schneider, VwVfG, 8/2021, Vorb. § 53 Rn. 21) Rechtsausübung entgegengehalten werden. Ungeachtet der Antwort auf die Frage, ob nicht die Ausübung des Eigentumsrechts einem Störer immer zuzumuten ist (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2013 – 9 B 12/13 – juris Rn. 5; VG Regensburg, U.v. 3.12.2020 – RO 2 K 17.782 – juris Rn. 45), sind vorliegend jedenfalls keine Aspekte erkennbar, die nicht schon bei der Verwirkung oder Treuwidrigkeit des verkehrsrechtlichen Widerrufs gewürdigt wurden; dass diese Aspekte zwar nicht die Verwirkung oder Treuwidrigkeit, aber dennoch die Unzumutbarkeit der Rechtsausübung begründen könnten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die auf dem Grundstück des Klägers verlaufenden Bestandteile des Belags nicht beseitigt werden könnten, ohne dass die verbleibenden Straßenflächen großen Schaden nehmen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 112). Auch die Hinnahme einer sofortigen Beseitigung ist angesichts der eher überschaubaren Auswirkungen und des Ablaufs der Widerrufsfrist nicht unzumutbar (vgl. für den Gefahrenfall zu den Möglichkeiten des Erlasses einer vorübergehenden Duldungsanordnung gegen den Eigentümer, die auch sicherheitsrechtlich möglich sein dürfte, BayVGH, B.v. 8.3.2019 – 4 CE 18.2597 – juris Rn. 15, dort allerdings zum Abwasser).
C. Die Klage auf Erstattung vorprozessualer Kosten ist unzulässig.
I. Das Gericht legt den Antrag des Klägers dahingehend aus, dass er damit keinen Amtshaftungsanspruch verfolgt (dann wäre der Rechtsstreit zu verweisen, vgl. a. § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG). Er verfolgt ebenso keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten als Gerichtskosten nach § 162 Abs. 1 VwGO. Dann wäre die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, weil § 164 VwGO als Nachverfahren zum Hauptverfahren ein gegenüber einer eigenständigen Klage vorrangiges Verfahren zur Umsetzung der gerichtlichen Kostengrundentscheidung statuiert (vgl. Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 164 Rn. 2), innerhalb dessen zu klären wäre, ob und in welchem Umfang (ausnahmsweise) auch Vorbereitungskosten geltend gemacht werden können (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider, VwGO, 12. EL, Oktober 2005, § 162 Rn. 27).
II. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass der Kläger einen materiellen Anspruch im Rahmen der Selbstabhilfe (um deren Duldung es vorliegend geht) geltend macht und insoweit die zivilgerichtliche Rechtsprechung zum Ersatz von Kosten bei Beseitigung einer Störung durch den Gestörten heranziehen möchte, die sich überwiegend auf die Regelungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag stützt (vgl. Schmidt-Räntsch/Keukenschrijver in Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, NK-BGB, Band 3, Sachenrecht, 5. Auflage 2022, § 1004 Rn. 175 m.w.N.; Thole in Staudinger, BGB, 2019, § 1004 Rn. 397 ff.). Entsprechend kommt daher als öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage insoweit der Aufwendungsersatz nach §§ 683, 670 BGB analog im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 27.11.2015 – 5 BV 14.1846 – juris Rn. 17).
1. Ein so verstandene Anspruch kann als zulässige Leistungsklage vor den Verwaltungsgerichten verfolgt werden. Im konkreten Fall ist die Klage allerdings mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
a) Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet (ein Fall des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG liegt wegen der Selbständigkeit der Ansprüche nicht vor, vgl. Gerhold in Graf, BeckOK GVG, 14. Ed., Stand: 15.2.2022, § 17 Rn. 12). Ein behaupteter Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag ist öffentlich-rechtlicher Natur, wenn der Geschäftsherr – die Beklagte – bei eigenem Tätigwerden öffentlich-rechtlich gehandelt hätte (vgl. OLG Frankfurt, B.v. 25.7.2018 – 13 W 35/18 – juris Rn. 12; VG München, U.v. 1.3.2011 – M 2 K 10.3142 – juris Rn. 16; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 40 Rn. 449). Dies ist hier der Fall, weil die geforderte „Entwidmung“ bzw. Zustimmung zur Beseitigung einer tatsächlich öffentlichen Verkehrsfläche öffentlich-rechtlicher Natur ist. Es liegen auch nicht die Voraussetzungen der abdrängenden Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO vor. Aufwendungsersatz nach §§ 683, 670 BGB analog ist kein Schadensersatz (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 444).
b) Der Kläger begehrt eine Geldzahlung und mithin eine Leistung, die keinen Verwaltungsakt darstellt. Hierfür ist die Leistungsklage statthaft.
c) Da nicht von vorherein ausgeschlossen ist, dass der Kläger seine Rechtsverfolgungskosten als Aufwendungsersatz geltend machen kann, ist er auch klagebefugt (§ 42 Abs. 1 VwGO).
d) Der Kläger hat allerdings nach Aktenlage die Rechtsverfolgungskosten nicht bei der Beklagten vor Klagerhebung verlangt und diese hat insoweit die Erstattung auch nicht abgelehnt. Die außergerichtliche Geltendmachung bzw. Ablehnung ist aber Voraussetzung für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes (vgl. Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider, VwGO, § 42 Rn. 156; Wysk in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 156 Rn. 3). Folgerichtig genügt die erstmalige Forderung durch den Kläger bzw. die Zurückweisung der Forderung durch die Beklagte im Gerichtsverfahren selbst nicht, um das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.
Selbst wenn das Rechtsschutzbedürfnisses als Zulässigkeitsvoraussetzung nicht schon bei Einleitung des gerichtlichen Verfahren vorliegen müsste, also eine Nachholung möglich wäre (vgl. zum Streitstand BVerwG, U.v. 16.12.2009 – 6 C 40/07 – juris Rn. 24 m.w.N.), so ist eine Nachholung jedenfalls außerhalb des gerichtlichen Verfahrens zu verlangen. Andernfalls könnte das Erfordernis einer vorherigen außergerichtlichen Forderung bzw. Ablehnung von vornherein keinerlei die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs begrenzende Wirkung entfalten.
II. Doch auch falls vorliegend von einer Heilung auszugehen wäre, hat die Klage keinen Erfolg, da sie jedenfalls unbegründet wäre.
Angesichts des offensichtlichen Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist eines Folgenbeseitigungsanspruchs (vgl. Rademacher in Schoch/Schneider, VwVfG, 8/2021, Vorb. § 53 Rn. 17; s.a. BayVGH, B.v. 11.9.2019 – 8 ZB 19.1270 – juris Rn. 13), also eines Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Beseitigung der Straße bzw. Verkehrsfläche durch diese selbst, liegt in der Selbstabhilfe ein eigenes und kein Geschäft der Beklagten; denn für diese besteht gerade keine Handlungspflicht mehr (vgl. zur Handlungspflicht als Voraussetzung der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag BayVGH, U.v. 27.11.2015 – 5 BV 14.1846 – juris Rn. 18; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 419 f.). Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz scheidet daher aus. Es kann somit die Frage offen bleiben, ob vom Aufwendungsersatz nur die Kosten der Selbstabhilfehandlung in engeren Sinne erfasst werden oder ob auch die Kosten für die hier gegenständliche außergerichtliche Aufforderung zur Duldung erfasst sein können.
Eine andere Anspruchsgrundlage für eine Kostenerstattung ist nicht ersichtlich. Selbst wenn durch die Störungshandlung der Beklagten zwischen Kläger und Beklagter ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis entstünde, vermittelt dieses (ungeachtet von Rechtswegfragen) keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die im behördlichen „Erstkontakt“ wegen der Mandatierung eines Rechtsanwalts entstehen. Insoweit bringen Art. 80 BayVwVwfG und § 162 Abs. 1 VwGO den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck, wonach der Bürger die anfallenden Kosten im Vorfeld eines Verwaltungsverfahren selbst trägt; das Recht kennt vorbehaltlich konkreter Anspruchsgrundlagen für eine Erstattung von Aufwendungen oder sonstigen Kosten – wie sie in Form von §§ 683, 670 BGB analog vorliegen könnte – kein Gebot der Umverteilung privater Rechtsverfolgungskosten auf die Allgemeinheit (vgl. Altenmüller DVBl 1978, 285/291).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Bei einem Gesamtstreitwert von 5.492,54 € (5.000 € Auffangstreitwert für den Duldungsanspruch + 492,54 € für den Zahlungsanspruch) beträgt das Obsiegens- und Unterliegensverhältnis 90 zu 10 (492,54 : 5492,54 = 0,89).
E. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO (vgl. ausführlich VG Regensburg, U.v. 3.12.2020 – RO 2 K 17.782 – juris Rn. 49).


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