Baurecht

Rechtsanwaltskosten, Berufung, Erstattung, Unterlassung, Feststellung, Rechtsmittel, Feststellungsklage, Landratsamt, Immissionen, Gegenstandswert, Nutzung, Auskunft, Anspruch, Ermessen, negative Feststellungsklage, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, keinen Erfolg

Aktenzeichen  3 U 1919/21

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12896
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 256 Abs. 1, § 291, § 325
BGB § 823 Abs. 2, § 903 S. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Zur Bedeutung der Erosionsschutzverordnung für nachbarliche Ansprüche.

Verfahrensgang

18 O 576/19 2021-05-11 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Mai 2021, Az. 18 O 576/19, wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das Ergänzungsurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 7. September 2021, Az. 18 O 576/19, wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 79%, die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner 2% und die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils weitere 9,5%.
Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der im Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Mai 2021, Az. 18 O 576/19 getroffenen Entscheidung.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die in Ziffer I. und II. genannten Urteile des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.443,52 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche, die im Zusammenhang mit der Lage ihrer Grundstücke und deshalb abfließendem Niederschlagswasser stehen.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind Eigentümerinnen des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks B…(Ort), Flurnummer 6…, der Kläger ist Eigentümer des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks B…(Ort), Flurnummer 6… Das Grundstück des Klägers liegt unmittelbar nördlich zum Grundstück der Beklagten zu 1) und zu 2) und fällt, insbesondere im südlichen Teil, nach Süden zum Grundstück der Beklagten zu 1) und zu 2) ab.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) hatten in einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hersbruck (1 C 543/12) gegen den Vater des Klägers, der damals Eigentümer des nun dem Kläger gehörenden Grundstücks war, Ansprüche auf Wiederherstellung eines angeblich früher vorhandenen Grabens geltend gemacht; die Klage hatte keinen Erfolg.
Mit Schreiben ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 10. Juli 2018 verlangten die Beklagten zu 1) und zu 2) vom Kläger unter Fristsetzung Maßnahmen, um die „massive Erosion“ und den Abfluss von „unkontrollierte[n] Wassermassen bei Starkregen“ zu verhindern. Der Kläger ließ daraufhin durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten unter dem 12. Juli 2018 bestreiten, dass es zu einer massiven Grundstückserosion gekommen sei, und an den Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hersbruck erinnern. Mit Schreiben vom 20. August 2018 ließ er die Beklagten zu 1) und 2) ultimativ auffordern, ihre Ansprüche fallen zu lassen, und die Kosten des anwaltlichen Tätigwerdens i.H.v. 413,64 € (errechnet auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 4.000,00 €) zu erstatten. Der Kläger begehrte daraufhin mit Klageschrift vom 28. Dezember 2018 (führendes Verfahren 19 O 576/19) gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) die Feststellung, dass diese von ihm keine Maßnahmen zur Verhinderung von Regenwasserabfluss verlangen können. Ferner begehrte er Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.171,67 €, basierend auf einem Gegenstandswert von 20.000,00 €.
Mitte 2019 nahmen die Beklagten zu 1) und zu 2) Sanierungsarbeiten an der Grenzmauer, die ihr Grundstück gegen eindringendes Wasser schützen sollte, vor. Sie ließen im Zuge dieser Arbeiten vom früheren Beklagten zu 3), einem Bauunternehmer, auf dem Grundstück des Klägers eine von ihnen als „Graben“ bezeichnete Vertiefung von ca. 5 m Länge, 1 m Tiefe und 0,6 m Breite anlegen. Der Kläger ließ die Beklagten zu 1), 2) und 3) durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten unter dem 12. Juli 2019 auffordern, den Graben zu verschließen und sich künftig jeglicher Eingriffe in sein Grundstückseigentum zu enthalten, was zunächst nicht geschah. Mit Klageschrift vom 4. September 2019 (hinzuverbundenes Verfahren 19 O 5604/19) verlangte der Kläger von den drei Beklagten, den Graben zu schließen und künftig Grabungsarbeiten oder sonstigen Baumaßnahmen auf seinem Grundstück zu unterlassen, sowie ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 887,03 € (Gegenstandswert 10.000,00 €) zu erstatten. Das Landgericht hat die beiden Verfahren zum älteren Aktenzeichen verbunden. Hinsichtlich des Schließens des Grabens haben die Parteien den Rechtsstreit im weiteren Prozessverlauf für erledigt erklärt, nachdem diese Maßnahme seitens der Beklagten erfolgt war.
Das Landgericht hat mit Beweisbeschluss vom 27. August 2020 die Einholung einer behördlichen Auskunft durch das Landratsamt N…(Ort) u.a. dazu, ob Erosionen stattfinden und ob das klägerische Grundstück in landwirtschaftlich und bodenschutzrechtlich konformer Weise genutzt werde, angeordnet. Mit Endurteil vom 11. Mai 2021 hat es die Klage abgewiesen; wie sich aus Tatbestand und Gründen ergibt, hat es dabei nur über den Feststellungsantrag und die auf diesen Vorgang bezogenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € entschieden. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein, mit der er zunächst sämtliche (d.h. auch die übergangenen) ursprünglichen Klageanträge weiterverfolgte, und begehrte unter dem 18. Mai 2021 beim Landgericht Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung. Mit Ergänzungsurteil vom 7. September 2021 verurteilte das Landgericht, das zuvor den Tatbestand ergänzt hatte, die drei Beklagten antragsgemäß strafbewehrt zur Unterlassung und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 887,03 €. Hiergegen wenden sich nunmehr die Beklagten zu 1) und zu 2) mit ihrem Rechtsmittel. Der Kläger hat nach Erlass des Ergänzungsurteils seine Berufungsanträge zunächst für erledigt erklärt, soweit sie sich auf die nicht verbeschiedenen Klageanträge bezogen; die Beklagten haben sich dem nicht angeschlossen.
Der Kläger beantragt mit seiner Berufung:
I. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11.05.2021 wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und zu 2. nicht vom Kläger verlangen können, dass dieser Maßnahmen trifft, die verhindern sollen, dass von seinem Grundstück der Gemarkung B…(Ort), Flurnummer 6…, Regenwasser auf das Grundstück der Beklagten zu 1. und 2. der Gemarkung B…(Ort), Flurnummer 6… läuft.
III. Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € zu bezahlen.
Die Beklagten zu 1) und zu 2) beantragen mit ihrer Berufung:
Das Ergänzungsurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 07.09.2021, Az. 18 O 576/19, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Beide Parteien beantragen im Übrigen,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Inhaltlich bringen die Parteien ihre bereits zuvor angeführten tatsächlichen und rechtlichen Argumente vor; insoweit wird auf die Tatbestände der angegriffenen Urteile und die Schriftsätze Bezug genommen. Der Kläger hält das Vorgehen des Landgerichts zudem deshalb für fehlerhaft, weil es unzutreffend zugrunde gelegt habe, das Landratsamt N…(Ort) habe sich der Stellungnahme des Fachzentrums Agrarökologie U…(Ort) angeschlossen. Die Beklagten sehen die Anlegung des Grabens unter dem Gesichtspunkt des Notstands als gerechtfertigt an, da ohne diesen noch mehr Wasser auf ihr Grundstück gelaufen wäre.
Der Senat hat die Verfahrensakte des Amtsgerichts Hersbruck, 1 C 543/12, beigezogen und zur Sache mündlich verhandelt. Er hat dabei mit den Parteien insbesondere den Geländeverlauf erörtert und dabei auf Recherchen im BayernAtlas sowie die Lichtbilder verwiesen; ferner wurde auf die geologischen Gegebenheiten hingewiesen. Der Kläger hat unter dem 1. Februar 2020 schriftsätzlich seinen Standpunkt wiederholt und vertieft.
II.
Die Berufungen der Parteien sind zwar – soweit sie noch aufrechterhalten wurden – jeweils zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die negative Feststellungsklage abgewiesen, da den Beklagten zu 1) und 2) der vom Kläger mit seiner negativen Feststellungsklage bekämpfte Anspruch, bei der Bewirtschaftung des Grundstücks Schutzmaßnahmen zur Verhinderung eines Regenwasserzuflusses zu ergreifen, zusteht.
a) Das im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hersbruck, Az. 1 C 543/14, ergangene Urteil, welches das Gericht von Amts wegen zu prüfen hatte, hat keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit; insbesondere entfaltet es keine präjudizielle Wirkung aufgrund der materiellen Rechtskraft.
Die Entscheidung würde zwar auch für und gegen den hiesigen Kläger als Rechtsnachfolger im Eigentum des betroffenen Grundstücks wirken (§ 325 ZPO). Der Streitgegenstand, über den dort zu befinden war, ist jedoch nicht identisch mit dem des vorliegenden Rechtsstreits: Während dort die Wiederherstellung eines Grabens und damit die Vornahme einer konkreten Handlung begehrt wurde, steht vorliegend inmitten, ob der Kläger überhaupt Maßnahmen ergreifen muss. Auch wenn in den Entscheidungsgründen ausgeführt wird, dass den hiesigen Beklagten mangels Störereigenschaft des dortigen Klägers von vornherein keine Ansprüche wegen abfließenden Niederschlagswassers zustehen, nehmen diese Erwägungen als bloße Urteilselemente nicht an der materiellen Rechtskraft des Ausspruchs teil (§ 322 Abs. 1 ZPO).
b) Die negative Feststellungsklage ist zulässig, weil die Beklagten vorgerichtlich entsprechende Ansprüche geltend gemacht haben. Eine Berühmung mit Ansprüchen begründet das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Umstand, ob der Kläger Maßnahmen zu ergreifen hat, die einen Abfluss von Niederschlagswasser verhindern, stellt auch wegen des Bezugs zu konkreten Grundstücken nicht lediglich eine (nicht als Rechtsverhältnis i.S.v. § 256 ZPO zu qualifizierende) abstrakte Rechtsfrage dar, sondern ein Rechtsverhältnis, da es um das Bestehen konkreter rechtlicher Pflichten geht.
c) Das Landgericht ist in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, dass negatorische Ansprüche gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gegen Immissionen, die durch das bloße Wirken von Naturkräften ausgelöst wurden, nicht gegeben sind, sondern voraussetzen, dass die Einwirkungen auf von Menschenhand vorgenommene Veränderungen zurückzuführen sind, die auf die wirtschaftliche Ausnutzung des Grundstücks zurückgehen (vgl. MüKoBGB/Raff, 8. Aufl. 2020, BGB § 1004 Rn. 73). Wirkungen, die sich aus der landwirtschaftlichen Nutzung eines Grundstücks ergeben, begründen für sich genommen noch keine Störerverantwortlichkeit, selbst wenn der Betreiber die Bewirtschaftung für ein Jahr aussetzt (vgl. MüKoBGB/Raff, 8. Aufl. 2020, BGB § 1004 Rn. 76; BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 92); dies gilt insbesondere für die bei der landwirtschaftlichen Nutzung notwendige Bodenbearbeitung und die mit Aussaat und Ernte verschiedener Feldfrüchte zwangsläufig verbundenen Änderungen der Oberfläche (BGH, Urteil vom 2. März 1984 – V ZR 54/83, NJW 1984, 2207 (2208); BeckOK BGB/Fritzsche, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 45; BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 93). Da dem Eigentümer Einwirkungen zugerechnet werden, die auf eine von ihm geschaffene objektive Gefahrenlage zurückgehen, gegen die er seine Nachbarn zu sichern hat, können sich aber aus einer bestimmten Art und Weise der Bewirtschaftung Folgen ergeben (MüKoBGB/Raff, 8. Aufl. 2020, BGB § 1004 Rn. 79; LG Koblenz, Urteil vom 3. September 1990 – 3 S 51/90, NJW-RR 1991, 655 f.). Als relevant hat es daher angesehen, ob das Verhalten des Klägers bzw. seines Pächters den Rahmen der normalen landwirtschaftlichen Nutzung wahrt und die gute fachliche Praxis beachtet. Die Parteien streiten insbesondere auch darum, ob der Kläger im Rahmen der Bewirtschaftung ein entsprechendes Verhalten schuldet, was sich daran zeigt, dass die Beklagten zu 1) und 2) in der Klageerwiderung rügten, dass der Kläger in Gefällerichtung pflüge und so bewirke, dass nicht nur Oberflächenwasser als solches, sondern mitgespültes Erdreich auf ihr Grundstück eindringe.
d) Auch der Senat kommt zum Ergebnis, dass der Kläger in der Bewirtschaftung des ihm gehörenden Grundstücks nicht völlig frei ist, sondern Handlungen zu unterlassen hat, die über die natürliche Gefällesituation hinaus die Beeinträchtigungen des Grundstücks der Beklagten zu 1) und 2) steigern, sei es z.B. dadurch, dass das Wasser schneller abläuft und dadurch konzentrierter auf deren Grundstück einwirkt, als es bei unbearbeitetem (“natürlichen“) Zustand seines Grundstücks der Fall wäre, sei es dadurch, dass nicht gewöhnliches Niederschlagswasser, sondern mit Erdreich und Schlamm versetztes Wasser die Grundstücksgrenze überschreitet. In diesem Umfang muss der Kläger Maßnahmen zum Schutz der Beklagten zu 1) und zu 2) ergreifen. Die negative Feststellungsklage, die jegliche Verpflichtungen des Klägers in dieser Hinsicht leugnet, ist daher unbegründet, ohne dass es gegenwärtig im Detail darauf ankäme, wo in der vorliegenden Konstellation die Grenze zwischen dem bloßen Naturwirken aufgrund des gegebenen Geländezustands und der Verursachung durch menschliche Eingriffe verläuft, und welche Maßnahmen und Vorkehrungen dem Kläger zumutbar und daher abzuverlangen sind.
aa) In tatsächlicher Hinsicht ist aufgrund des Akteninhalts und allgemeinkundiger Tatsachen davon auszugehen, dass das Grundstück des Klägers im unteren, d.h. an das Grundstück der Beklagten zu 1) und 2) grenzenden, Bereich ein erhebliches Gefälle aufweist. Zwar ist zwischen den Parteien streitig, ob dort, wie beklagtenseits behauptet, ein Gefälle von 8,3% und mehr herrscht; die genaue Steigungsrate kann aber dahinstehen. Zumindest ist zur Überzeugung des Senats ein überdurchschnittliches Gefälle gegeben, welches eine gesteigerte Gefahr von Wasserzufluss, ggf. vermischt mit Erdreich, begründet.
(1) So lässt sich aus dem auf amtlichen Daten beruhenden BayernAtlas als allgemein verfügbarer, zuverlässiger Quelle i.S.v. § 291 ZPO, entnehmen, dass die Geländehöhe im Bereich der gemeinsamen Grundstücksgrenze bei rund 416,70 m üNN liegt und sodann nach Norden hin kontinuierlich über eine Strecke von rund 75 m auf 422,8 m üNN steigt. Dies bedeutet rechnerisch einen Anstieg von 8,13%. Anschließend steigt das Gelände nur noch geringfügig auf 423,00 m üNN, um dann sogar wieder leicht abzufallen. Auf den ersten 30 m beläuft sich der Anstieg sogar auf rund 3,10 m, was knapp 10% entspricht, auf die ersten 50 m auf rund 4,6 m, also ca. 9,2%, und auf den ersten 60 m auf etwa 5,40 m, also ca. 9%.
(2) Auch die beklagtenseits vorgelegten Lichtbilder lassen deutlich (und auch bei Berücksichtigung einer möglichen gewissen perspektivischen Verzerrung) erkennen, dass das Gelände (von Süden aus gesehen) nach einem kleineren Flachabschnitt über mehrere Meter recht deutlich ansteigt.
(3) Damit ist von einem erheblichen Gefälle in der beklagtenseits bezifferten Größenordnung auszugehen, auf dem Wasser mit entsprechend großer Geschwindigkeit zum Grundstück der Beklagten zu 1) und 2) abfließen und Sedimente mitreißen kann. Auf das exakte Ausmaß der Steigung kommt es insoweit nicht entscheidend an.
bb) Der Annahme, dass der Kläger sein Bewirtschaftungsverhalten an die gegebene Situation anpassen und dabei insbesondere Maßnahmen zur Verhinderung von gesteigerter Erosion treffen muss, stehen die eingeholten behördlichen Stellungnahmen nicht entgegen. Diese bestätigen dies vielmehr. Es bedurfte auch keiner Fortsetzung der Beweisaufnahme.
(1) Das Grundstück des Klägers ist nach der bayerischen Erosionsschutzverordnung (ESchV) in die Wassererosionschutzstufe CC-Wasser 0 eingestuft, was bedeutet, dass keine Erosionsgefährdung vorliegt und sich daher aus der ESchV keine Bewirtschaftungsauflagen ergeben. Diese Einstufung besitzt für den vorliegenden Rechtsstreit jedoch keine entscheidende Aussagekraft.
(a) Die ESchV dient nach § 1 Nr. 1 der verbindlichen Einteilung der landwirtschaftlichen Flächen nach dem Grad der Wasser- und Winderosionsgefährdung und nach Nr. 2 und Nr. 3 der Feststellung bestimmter Tatbestände nach der AgrarZahlVerpflV. Danach dürfen/sollen bei erosionsgefährdeten Flächen bestimmte Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht oder zu anderen Zeitpunkten erfolgen, obwohl die landwirtschaftlichen Förderprogramme insoweit andere Vorgaben machen.
(b) Ob die ESchV einen zivilrechtlichen Nachbarschutz intendiert und sie daher Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB wäre und so quasinegatorische Abwehransprüche analog § 1004 BGB begründen könnte, erscheint daher bereits fraglich. In jedem Fall würde jedoch nur ein Mindestschutzniveau begründet, so dass dann, wenn Schutzmaßnahmen nach der ESchV geboten wären, auch zivilrechtliche Ansprüche bestehen, während das Fehlen einer Einstufung als erosionsgefährdet nicht zwingend bedeuten könnte, dass zivilrechtliche Ansprüche ausscheiden.
(c) Der Umstand, dass nach der anzuwendenden Formel in der Anlage zu § 3 keine Erosionsgefahr gegeben ist, indiziert vorliegend auch nicht, dass objektiv Maßnahmen zum Schutze der Nachbarn/Unterlieger nicht veranlasst sind, weil keine gesteigerte Erosionsgefahr bestehe.
Die Einstufung nach der ESchV erfolgt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 ESchV feldstückbezogen, d.h. es wird jeweils eine zusammenhängende landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt betrachtet, nicht aber einzelne steile oder flache Passagen innerhalb eines solchen (was wiederum einen agrarrechtlichen Hintergrund haben dürfte, da die Förderrichtlinien ebenfalls an das „Feldstück“ anknüpfen). Dies lässt die Aussagekraft der Einstufung dafür, ob eine Erosionsgefahr für das Grundstück der Beklagten zu 1) und zu 2) besteht, entfallen. Aufgrund des beschriebenen Geländeverlaufs (der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Länge mit 145 m angegeben, der BayernAtlas weist etwa 165 m aus) mag es durchaus sein, dass das Flurstück insgesamt nicht die Eigenschaften aufweist, die nach Maßgabe der Anlage zu § 3 ESchV zu einer Einstufung als erosionsgefährdet führen würde, obwohl für den unteren Hangabschnitt eine entsprechende Situation durchaus gegeben wäre. Insoweit kommt es nach I. 1 der Anlage entscheidend darauf an, ob der Median der einzelnen Rasterzellen, deren Mittelpunkte innerhalb des Grundstücks liegen, zu einer entsprechenden Einstufung führt. Selbst wenn daher innerhalb des Grundstücks erosionsgefährdete Abschnitte enthalten sind, ist daher das Flurstück nicht als erosionsgefährdet eingestuft, wenn in ausreichender Zahl nicht-erosionsgefährdete Abschnitte zu ihm gehören.
(2) Auch die maßgeblichen Stellungnahmen der Behörden, die zur Akte gelangt sind, gehen davon aus, dass der Kläger bei der Bewirtschaftung seines Handgrundstücks nicht völlig frei ist, sondern dabei Maßnahmen zum Schutze vor Erosion treffen muss.
(a) Das Landratsamt N…(Ort), welches als Kreisverwaltungsbehörde die für den Vollzug des BBodSchG zuständige Behörde ist, erklärte unter dem 5. März 2020, dass aus bodenschutzfachlicher Sicht kein Anlass für eine Anordnung gegeben ist, da der Kläger die betroffene Fläche im Rahmen einer freiwilligen Maßnahme nach dem Kulturlandschaftsprogramm stilllegen und mit einer mehrjährigen Blühmischung einsäen wolle, was die Erosionsgefahr vermindere. Ebenso berief sich das zuständige Landwirtschaftsamt, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R…(Ort), Dienststelle Hersbruck, im Schreiben vom 23. April 2020 darauf, dass die beabsichtigte Stilllegung mit Anlage einer mehrjährigen Grünfläche einen größtmöglichen Beitrag zum Natur- und Erosionsschutz bedeute. Beide Stellungnahmen sind aber zwischenzeitlich insoweit überholt, als der Kläger seine entsprechende Absicht aufgegeben und den Antrag zurückgezogen hat. Soweit das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R…(Ort), weiter ausführt, dass aufgrund einer Ortseinsicht vom 11. Februar 2020 keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Bodenbewirtschaftung mit guter landwirtschaftlicher Praxis bestünden, wird nicht klar, welche Gesichtspunkte hierbei berücksichtigt worden sind; aufgrund der Bezugnahme auf das Erosionsgefähdrungskataster steht zu vermuten, dass der ungleichmäßige Gefälleverlauf nicht die gebotene Berücksichtigung gefunden hat.
(b) Das Fachzentrum Agrarökologie des Amtes für Ernährung, Landschaft und Forsten U…(Ort), hat demgegenüber im Jahr 2019 die Notwendigkeit von wirksamen Erosionsschutzmaßnahmen attestiert, da die aktuelle Nutzung nicht der guten fachlichen Praxis entspreche. Dieselbe Behörde hat sodann, nachdem das Landratsamt um Klärung gebeten hatte, unter dem 20. Januar 2021 unter Hinweis auf § 17 BBodSchG ausgeführt, dass aufgrund der vorliegenden Kenntnisse Erosionsereignisse eingetreten sind und daher Maßnahmen zur Abwehr schädlicher Bodenveränderungen zu treffen sind. Das Fachzentrum Agrarökologie schlägt daher vor, das Grundstück 6… auf eine Teilfläche von 0,10 ha, entsprechend einem Streifen von 30 m, mit Dauergrünland anzusäen; der Dauergrünlandstreifen würde die erosive Hanglänge des Ackers, insbesondere im steilen Bereich, verkürzen, was den Sedimentabtrag reduziere und Boden auf dieser Pufferzone zurückhalte.
(c) Das Landgericht hält die Einschätzung des Fachzentrums Agrarökologie unter den gegebenen Voraussetzungen für die aussagekräftigere. Einem derartigen Fachzentrum kommt die höhere Kompetenz zu, solche Fragen zu beantworten, was sich auch daran zeigt, dass aufgrund der vom Fachzentrum Agrarökologie zitierten Vorschriften die Kreisverwaltungsbehörde in allen Fragen, die die landwirtschaftliche Bodennutzung betreffen, mit diesem zusammen zu entscheiden hat, und das Landratsamt N…(Ort) im Schreiben vom 2. Oktober 2020 sich selbst nicht in der Lage sah, die festgestellten Divergenzen fachkundig aufzulösen. Die vorangegangenen Äußerungen der anderen Behörden waren zudem von der Erwartung geprägt, dass der Kläger die freiwillige Maßnahme ergreifen werde. Schließlich berücksichtigt nur die Stellungnahme des Fachzentrums Agrarökologie die konkrete Lage vor Ort, insbesondere die zurückliegenden Erosionsereignisse – von deren Vorliegen der Senat aufgrund der Lichtbilder ausgehen muss – und den Geländeverlauf.
Unerheblich ist, dass zum 1. Juli 2021 die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in U…(Ort) und F…(Ort) zusammengelegt wurden; diese kann die Aussagekraft der damaligen, noch zuvor abgegebenen Erklärung nicht in Frage stellen.
cc) Entgegen der Auffassung des Klägervertreters bedarf und bedurfte es keiner Fortsetzung der Beweisaufnahme, insbesondere der Aufforderung an das Landratsamt N…(Ort), eine eigene behördliche Auskunft abzugeben, oder einer Stellungnahme der Behörde in R…(Ort) als dem für das Flurstück zuständigen Landwirtschaftsamt. Auch diese Behörden hätte eine amtliche Äußerung nämlich nur unter Berücksichtigung der Einschätzung des Fachzentrums U…(Ort) tätigen dürfen.
e) Ob sich das Landratsamt N…(Ort) durch die Übersendung der Stellungnahme der Behörde aus U…(Ort) deren Standpunkt zu eigen machen wollte, wie es das Landgericht angenommen hat, oder nicht, ist daher unerheblich. Entscheidend ist, dass nach den Ausführungen im Schreiben der Behörde U…(Ort), die als Fachzentrum Agrarökologie für die Beurteilung derartiger Fragen zuständig und fachkompetent ist, sich diese so geäußert hat, weshalb das Landratsamt N…(Ort) auch diese Behörde involviert hatte. Deren Einschätzung ist daher, was die Landwirtschaftsverwaltung angeht, grundsätzlich die gewichtigere. Die Ausführungen sind auch, wie dargelegt, in sich nachvollziehbar.
aa) Es Kann daher dahinstehen, ob das Landgericht den von ihm getroffenen Beweisbeschluss vollständig ausgeführt hat. Ein Gericht ist grundsätzlich jederzeit befugt, einen Beweisbeschluss aufzuheben und die begonnene Beweiserhebung abzubrechen. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass das Landgericht noch in der Verfügung vom 15. September 2020 das Landratsamt N…(Ort) als die zuständige und kompetente Stelle angesehen hat; der weitere Verlauf des Verfahrens, insbesondere das Schreiben des Landratsamts N…(Ort) vom 30. November 2020, gaben Anlass, zu einer anderen Erkenntnis zu gelangen und daher den eingeschlagenen und zunächst noch verteidigten Weg nicht weiterzugehen. Die Verfügung des Landgerichts vom 8. Dezember 2020, dass es an dem Beweisbeschluss festhalte, ist insoweit so zu lesen, dass das Gericht nicht der Anregung des Klägers entsprechen wolle, selbst bei anderen Behörden Stellungnahmen einzuholen. Diese wurden schließlich unter dem 28. Januar 2021 von Landratsamt N…(Ort) dem Gericht übermittelt. Damit war aus Sicht des Landgerichts der Beweisbeschluss erschöpfend abgearbeitet, auch wenn das Landratsamt nicht ausdrücklich eine eigene Stellungnahme abgegeben haben mag. Dies wurde für die Parteien auch dadurch deutlich, dass es ihnen mit Verfügung vom 10. Februar 2021 eine Frist zur Stellungnahme und Äußerung zu der Stellungnahme der Behörden U…(Ort) setzte, welche sich das Landratsamt N…(Ort) zu eigen gemacht habe. Ob man im Hinblick auf Letztere von einer solchen sprechen konnte oder nicht, kann insoweit dahinstehen, weil die Bewertung durch das Landgericht, diese Behörde werde angesichts der Äußerung der fachnäheren Behörde U…(Ort) sich nicht abweichend positionieren, deutlich war. Die aktuelle Auffassung des Gerichts war damit transparent, so dass ein Gehörsverstoß nicht gegeben ist (ungeachtet dessen, dass die Berufung nicht aufzeigt, welche relevanten Umstände andernfalls vorgebracht worden wären).
Der Senat merkt in diesem Zusammenhang an, dass das Landgericht von vornherein kein Sachverständigengutachten i.S.d. §§ 402 ff. ZPO erholt, sondern eine behördliche Auskunft angefordert hatte. Es kam dem Gericht somit darauf an, dass sich die Behörde äußert, die für die jeweilige Frage sachlich zuständig war. Nach außen hin war dies zwar im Hinblick auf den Vollzug des BBodSchG das Landratsamt, welches auch eine entsprechende behördliche Maßnahme anzuordnen gehabt hätte. Die fachliche Beurteilung im Hinblick auf die bodenschutzrechtliche Bedeutung der landwirtschaftlichen Nutzung oblag allerdings dem Fachzentrum Agrarökologie. Ob ein Zivilgericht in einer derartigen Situation sich unmittelbar an die Fachbehörde wendet oder eine andere Behörde, die nur auf Grundlage deren Einschätzung zu entscheidet hat, ist für das Beweisverfahren grundsätzlich unerheblich, solange – woran hier aber für den Senat kein Zweifel besteht – gewährleistet ist, dass alle relevanten Gesichtspunkte in das Verfahren eingeführt werden.
f) Welche Handlungen oder Unterlassungen der Kläger konkret schuldet, kann aufgrund der breiten Antragsfassung gegenwärtig offenbleiben. Auf die maßgeblichen Grundsätze dazu, für welche Situationen und Handlungen der Kläger als Störer verantwortlich ist, wird verwiesen; vom Kläger kann daher nur eine Bewirtschaftung verlangt werden, die die Abfluss- und Erosionsphänomene nicht gegenüber dem, was bereits aus dem natürlichen Grundstückszustand folgen würde, weiter steigert und verschärft. Die Beklagten zu 1) und zu 2) tragen grundsätzlich die Nachteile und Risiken, die daraus resultieren, dass ihr Grundstück unterhalb eines Hanges liegt. Dasselbe gilt für die Folgen davon, dass das Gelände, worauf der Kläger aufmerksam gemacht hat, von einer Abfolge undurchlässiger und durchlässiger Bodenschichten (Feuerletten/Rhätsandstein) geprägt ist. Der Kläger darf aber nichts unternehmen, was den Wasserabfluss als solchen oder dessen Brisanz für die Beklagten zu 1) und 2) weiter steigert. Ob die dem Kläger bei der Bewirtschaftung zumutbaren Maßnahmen ausschließen, dass es bei entsprechend starken Regenereignissen zu Schäden am Grundstück der Beklagten zu 1) und zu 2) kommt, liegt nicht in der Risikosphäre des Klägers, da er nicht gehalten ist, alles zu unternehmen, um zu verhindern, dass Wasser von seinem Grundstück auf das Grundstück der Beklagten zu 1) und zu 2) eindringt.
g) Dementsprechend ist auch der vom Kläger mit seiner Klage und seiner Berufung verfolgte Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unbegründet.
Zum einen traf der vom Kläger geäußerte Rechtsstandpunkt nicht zu. Zum anderen gilt der Grundsatz, dass es zum allgemeinen Lebensrisiko gehört, von anderen Personen mit Ansprüchen konfrontiert zu werden. Selbst dem zu Unrecht in Anspruch Genommenen steht daher eine Erstattungspflicht nur zu, wenn ausnahmsweise ein besonderer Tatbestand verwirklicht ist. Ein solcher ist vorliegend nicht dargetan oder sonst erkennbar. Insbesondere liegt in einer derartigen Forderung auch kein rechtswidriger Eingriff in das Eigentum.
Auf den Aspekt, dass der Schaden des Klägers geringer sein dürfte, weil sein Prozessbevollmächtigter ihm gegenüber zunächst nur aus einem geringeren Gegenstandswert (4.000,00 €) abgerechnet und sein Ermessen insoweit verbraucht hat, kommt es damit nicht mehr entscheidend an.
2. Die Berufung der Beklagten zu 1) und zu 2) erweist sich ebenfalls als unbegründet.
a) Partei des Berufungsverfahrens sind auch insoweit lediglich die Beklagten zu 1) und zu 2), da die Beklagtenvertreter lediglich für sie das Rechtsmittel eingelegt haben, nicht jedoch auch für den in erster Instanz ebenso verklagten Beklagten zu 3). Aufgrund der Erklärung in der mündlichen Verhandlung steht zweifelsfrei fest, dass insoweit nicht nur ein Versehen, sondern ein bewusstes Handeln vorlag. Die in persönlicher Hinsicht beschränkte Berufungseinlegung ist zulässig, da die Beklagten hinsichtlich des Unterlassungsantrags lediglich einfache Streitgenossen sind.
b) Der vom Kläger insoweit noch verfolgte Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ist begründet, das von den Beklagten zu 1) und zu 2) bekämpfte Ergänzungsurteil daher zutreffend.
aa) Das Anlegen einer Vertiefung durch Bewegen von Erdreich geht mit einer Veränderung der Substanz des Grundstücks einher und stellt damit, was auch die Beklagten zu 1) und zu 2) nicht in Abrede stellen, eine Beeinträchtigung des Eigentums i.S.v. § 903 S. 1 BGB dar.
bb) Eine solche Substanzeinwirkung ist auch regelmäßig rechtswidrig, da eine Duldungspflicht i.S.v. § 1004 Abs. 2 BGB nicht gegeben ist. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass das Gericht den Kläger für verpflichtet ansieht, in gewissem Umfang dem Abfluss von Erdreich führendem Wasser von seinem Grundstück auf das der Beklagten zu 1) und zu 2) entgegenzuwirken. Es ist nach allgemeinen Grundsätzen Sache des Störers, darüber zu befinden, wie er seiner Pflicht nachkommen will, insbesondere, unter mehreren möglichen Alternativen eine auszuwählen. Ein Recht der Beklagten zu 1) und zu 2), durch Anlegung einer Graben- oder auffangbeckenartigen Vertiefung für den gebotenen Schutz zu sorgen, besteht daher unter keinem Gesichtspunkt.
cc) Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Eine Wiederholungsgefahr wird regelmäßig dadurch indiziert, dass es zu einer (rechtswidrigen) Handlung bereits gekommen ist. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben im Juni/Juli 2019 mit Hilfe des früheren Beklagten zu 3) eine Vertiefung auf dem Grundstück des Klägers angelegt.
Der Senat kann auch nicht davon ausgehen, dass dies damals rechtmäßig erfolgte. Zwar kann die Einwirkung auf eine fremde Sache unter dem Gesichtspunkt des Aggressivnotstands (§ 904 BGB) oder des Defensivnotstands (§ 228 BGB) gerechtfertigt sein, wenn dadurch eine Gefahr für andere Rechtsgüter abgewehrt werden soll und die (je nach Situation unterschiedlichen) Verhältnismäßigkeitsanforderungen gewahrt sind. Vorliegend kann der Senat jedoch dem Sachvortrag der Beklagten zu 1) und zu 2), auch unter Berücksichtigung der als Ausdruck und auf CD eingereichten Lichtbilder, nicht mit der für eine Überzeugung gem. § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Gewissheit entnehmen, dass die (strengen) Voraussetzungen eines solchen Notrechts gegeben waren. Es fehlen insbesondere Darlegungen dazu, weshalb – auch unter Berücksichtigung der verbleibenden Zeit – das Anlegen des Grabens das mildeste der geeigneten Mittel (“erforderlich“) war. Insbesondere wird nicht aufgezeigt, dass und welche anderen Möglichkeiten zumindest erwogen worden und weshalb sie verworfen wurden. Zum verbleibenden zeitlichen Zwischenraum finden sich ebenso keine Darlegungen. Ebenso fehlt Vortrag dazu, welche Rechtsgüter und Werte bedroht waren und welches Ausmaß die zu befürchtenden Schäden hatten. Stehen sich beim entstehenden und beim abgewehrten Schaden jeweils Sachgüter oder sonstige Vermögenswerte gegenüber, erfolgt die Abwägung der Schäden und die Ermittlung der Höhe des Schadens in Geldwerten (BeckOGK/Lakkis, 1.9.2021, BGB § 904 Rn. 34); hierzu kann der Senat dem Akteninhalt nichts Aussagkräftiges entnehmen. Dies gilt umso mehr, als auch die Beklagten zu 1) und zu 2) einräumen, dass sich ein Wasserzufluss dadurch nicht verhindern ließ.
Auch wenn der Senat durchaus nachvollziehen kann, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) angesichts der damals fehlenden Mauer fürchteten, es könne zu einem noch stärkeren Eindringen von Schlamm und Schlick in ihr Wohngebäude kommen, und daher die Vertiefung des klägerischen Grundstücks als eine naheliegende Maßnahme ansahen, genügt dies nicht, um die Ausnahmetatbestände des § 904 BGB oder des § 228 BGB zu begründen und daher das Verhalten zu rechtfertigen. Ob die Notrechte überdies eingeschränkt werden, weil die Beklagten zu 1) und zu 2) damals aufgrund der Baumaßnahme an der Mauer selbst Veränderungen vorgenommen hatten, ist damit nicht mehr entscheidend.
dd) Darüber hinaus könnte eine Erstbegehungsgefahr dadurch begründet worden sein, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) für sich ein Recht in Anspruch genommen haben, das klägerische Grundstück zur Anlegung eines Schutzreservoirs zu nutzen. Ein solches Recht besteht, wie dargelegt, grundsätzlich nicht. Das entsprechende Berühmen könnte unabhängig von der Rechtswidrigkeit des vorangegangenen Verhaltens eine Erstbegehungsgefahr ausgelöst haben. Es spricht auch viel dafür, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) damit nicht lediglich ihr vergangenes Verhalten prozessual verteidigen (was eine Erstbegehungsgefahr noch nicht begründet), sondern eine entsprechende Befugnis in Anspruch nehmen wollten. Dies kann aber mangels Relevanz offenbleiben.
c) Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten für anwaltliche Schreiben vom 12. Juli 2019 ist ebenfalls begründet. Dem Kläger stand der darin geltend gemachte Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands sowie auf Unterlassung weiterer Eingriffe zu. Das Verhalten der Beklagten begründete nicht nur negatorische Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, sondern stellte zugleich einen deliktischen Eingriff in das Eigentum des Klägers dar (§ 823 Abs. 1 BGB). Die angefallenen Kosten, die der Wiederherstellung und dem Schutz des Eigentums dienten, stellen sich als ein aus der Verletzung resultierender Schaden dar. Aufgrund der Vorgeschichte durfte der Kläger dabei annehmen, dass sein Begehren ohne anwaltliche Hilfe keinen Erfolg haben würde.
Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 12. Juli 2019 zwar nur Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 € im Gesamtumfang von 492,54 € geltend gemacht. Dies könnte zwar wiederum dazu geführt haben, dass der Klägervertreter seinem Mandanten gegenüber von seinen gebührenrechtlichen Bestimmungsrechten Gebrauch gemacht hat, daher keine höheren Gebühren mehr fordern könnte und deshalb auch dem Kläger kein weitergehender Schaden entstanden ist. Entsprechende Berufungsangriffe haben die Beklagten zu 1) und 2) jedoch nicht erhoben, so dass sich der Senat gehindert sieht, auf mögliche Fehler weiter einzugehen und der Berufung teilweise zu entsprechen.
3. Über die weitergehende Berufung des Klägers war nicht mehr zu entscheiden, da er nach Hinweis des Senats, dass die Voraussetzungen einer Erledigung des Rechtsmittels nicht vorliegen dürften, den entsprechenden Berufungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich nicht mehr gestellt hat. Der Vorgang ist daher als (Teil-)Rücknahme zu bewerten.
4. Im Hinblick auf die zu treffenden Nebenentscheidungen gilt Folgendes:
a) Für die im Endurteil entschiedene negative Leistungsklage hält auch der Senat einen Streitwert von 20.000,00 € für angemessen, wie es der Kläger in der Klageschrift vorgeschlagen hat und auch die Beklagten hinnehmen. Der Streitwert einer Unterlassungsklage der Beklagten zu 1) und zu 2) wäre mit diesem Betrag anzusetzen, weil er dem erstrebten wertmäßigen Vorteil für ihr Grundstück entspricht; dementsprechend bemisst sich – ohne Abschlag – der Wert für die negative Feststellungsklage. Die geltend gemachten Kosten i.H.v. 1.171,67 € sind hierzu streitwertneutrale Nebenforderung. Für den Unterlassungsanspruch, der Gegenstand des Ergänzungsurteils war, setzt der Senat 5.000,00 € an, wobei er sich am Wertinteresse des Klägers, der Eingriffe auf sein Grundstück abwehren will, orientiert. Diese Bezifferung folgt ebenfalls dem Vorschlag des Klägers, unter Berücksichtigung des Umstands, dass nur noch der Unterlassungsantrag, nicht aber der zunächst auch verfolgte Wiederherstellungsantrag Verfahrengsgegenstand ist. Die dort ebenfalls zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 887,03 € sind nur in hälftigen Umfang streitwertneutrale Nebenforderung, weil der anwaltliche Auftrag auch (wenn nicht sogar schwerpunktmäßig) die Rückgängigmachung der Erdarbeiten zum Gegenstand hatte; mangels besserer Anhaltspunkte nimmt der Senat an, dass die Kosten auf die Beseitigung und auf die Unterlassung je zur Hälfte entfielen. Nachdem der Beseitigungsanspruch bereits in erster Instanz für erledigt erklärt wurde und nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, wurden die vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 443,52 € zur Hauptsache. Es errechnet sich damit für das Berufungsverfahren ein Streitwert von 25.443,52 €.
Die zunächst vom Kläger weiter gestellten Berufungsanträge, mit denen er die im Endurteil nicht verbeschiedenen Sachanträge verfolgte, waren hierbei nicht zu berücksichtigen. Dadurch, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) Berufung gegen das Ergänzungsurteil, das sich mit diesen befasste, eingelegt haben, wurden diese Begehren Gegenstand des Berufungsverfahrens. Es liegt daher wirtschaftliche Identität vor. Infolge der konkludenten Rücknahme dieser Anträge sind keine relevanten Mehrkosten angefallen.
b) Der Kläger hat hiervon im Umfang von 5.443,52 € obsiegt, die Beklagten zu 1) und zu 2) im Umfang von 20.000,00 €. Wegen § 92 i.V.m. § 100 Abs. 1 u. 4 ZPO waren daher die Kosten quotenmäßig zu verteilen, wobei zu berücksichtigen war, dass eine gesamtschuldnerische Verurteilung nur wegen der vorgerichtlichen Kosten erfolgt ist und da auch nur in diesem Umfang eine gesamtschuldnerische Kostenhaftung besteht.
Wegen der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es, nachdem die Entscheidungen nicht abgeändert wurden, beim dortigen Ausspruch, was der Senat lediglich der Klarheit wegen ausspricht.
c) Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.
d) Die Zulassung der Revision war nicht geboten. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf den Umständen des Einzelfalls, auf den der Senat die anerkannten Rechtsgrundsätze anwendet. Eine grundsätzliche Bedeutung machen auch die Partei nicht geltend.


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