Baurecht

Satzung über das Vorkaufsrecht im Bereich einer Kleingartenanlage

Aktenzeichen  1 N 16.1269

Datum:
30.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27355
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1a Abs. 3, § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Die Sicherung der Entwicklung von Ausgleichsflächen im Rahmen der Eingriffsregelung nach § 1a BauGB ist eine städtebauliche Maßnahme im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begann nach Bekanntmachung der Vorkaufsrechtssatzung am 26. Juni 2015 (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) zu laufen und endete gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB erst mit Ablauf des 27. Juni 2016.
Die Antragstellerin ist als Eigentümerin von Grundstücken im Geltungsbereich der Vorkaufsrechtssatzung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Durch die Vorkaufsrechtssatzung wird die Antragsgegnerin ermächtigt, in ein Privatrechtsverhältnis einzugreifen, das durch einen Grundstückskaufvertrag zwischen der Antragstellerin und einem Dritten geschaffen wird. Dadurch wird jedenfalls die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie und damit auch die Rechtssphäre eines Eigentümers im Geltungsbereich der Vorkaufsrechtssatzung tangiert (vgl. BayVGH, U.v. 17.9.2018 – 15 N 17.698 – juris Rn. 14; U.v. 26.1.2009 – 2 N 08.124 – BayVBl 2009, 344).
2. Der Antrag ist im Hauptantrag unbegründet, die Vorkaufsrechtssatzung erweist sich als rechtmäßig. Sie kann sich auf § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB stützen. Die Vorkaufsrechtssatzung hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung, da sie eine städtebauliche Maßnahme sichern soll (2.1), die die Antragsgegnerin in Betracht zieht (2.2), und die Satzung geeignet ist, zur Sicherung des Planungsziels beizutragen (2.3). Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig (2.4).
2.1 Die mit der Vorkaufsrechtssatzung beabsichtigte Sicherung der Entwicklung von Ausgleichsflächen im Rahmen der Eingriffsregelung nach § 1a BauGB ist eine städtebauliche Maßnahme im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB.
Der Begriff der städtebaulichen Maßnahme ist weit zu verstehen. Hierunter sind alle Maßnahmen zu fassen, die der Gemeinde dazu dienen, ihre Planungsvorstellungen zu verwirklichen, sofern sie einen städtebaulichen Bezug haben (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 – 4 B 43.09 – BauR 2010, 871; B.v. 14.4.1994 – 4 B 70.94 – BauR 1994, 495; BayVGH, U.v. 5.7.2011 – 1 N 08.1692 – juris Rn. 21). Die Planungsvorstellungen müssen nicht in einem förmlichen Verfahren entwickelt worden sein. Es kommen alle Arten städtebaulicher Planungen und Konzeptionen unabhängig von ihrer Rechtsqualität in Betracht und somit auch informelle Planungen (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2010 – 1 ZB 08.3231 – BauR 2010, 1734). Den nach diesen Maßgaben jedenfalls zu fordernden städtebaulichen Bezug weist die beabsichtigte Verwendung der in die Vorkaufsrechtssatzung einbezogenen Grundstücke als Ausgleichsfläche auf. Über den Ausgleich von Eingriffen durch die Bauleitplanung ist gemäß § 18 Abs. 1 BNatSchG nach den Vorschriften des BauGB (§ 1a Abs. 3 BauGB) zu entscheiden. Die beabsichtigte Bereitstellung von Ausgleichsflächen kann u. a. in einem eigenständigen Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1a Satz 1 Alt. 2 BauGB, § 1a Abs. 3 Satz 2 BauGB erfolgen. Trotz des naturschutzrechtlichen Ursprungs handelt es sich daher bei der geplanten Entwicklung und Bereitstellung von Ausgleichsflächen um eine Maßnahme mit städtebaulichem Bezug.
2.2 Die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Entwicklung und Bereitstellung von Ausgleichsflächen für die Bauleitplanung ist als städtebauliche Maßnahme hinreichend konkret „in Betracht gezogen“ im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB.
Ein „in Betracht ziehen“ ist zu bejahen, wenn ernsthafte Anhaltspunkte für die Absicht der Gemeinde vorhanden sind, dass sie bestimmte städtebauliche Maßnahmen ergreifen wird (vgl. BayVGH, U.v. 17.9.2018 – 15 N 17.698 – juris Rn. 18; HessVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 A 2586/16 – BauR 2017, 1517). Sie erhält durch § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Möglichkeit, bereits im Frühstadium der Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen Grundstücke zu erwerben. Das Instrument des Vorkaufsrechts ist indes nicht als Mittel einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken vorgesehen, die zur Umsetzung der betriebenen Planung ersichtlich nicht benötigt werden (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2018 – 4 BN 42.18 – juris; B.v. 8.9.2009 – 4 BN 38.09 – BauR 2010, 81). Die Gemeinde muss daher eine ungefähre Vorstellung entwickelt haben, in welchem Umfang sie voraussichtlich Flächen für die gewünschte städtebauliche Maßnahme benötigen wird. Ein „in Betracht ziehen“ ist somit dann zu bejahen, wenn ein Stadium erreicht wird, in dem die Maßnahme nachweislich ernsthaft beabsichtigt ist. Die Absicht zur Durchführung einer städtebaulichen Maßnahme muss im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zumindest soweit verdichtet gewesen sein, dass bei vernünftiger Betrachtung die Einleitung des Grunderwerbs zur Sicherung der für die Entwicklung benötigten Flächen sinnvoll erschien (vgl. BayVGH, U.v. 17.9.2018 – 15 N 17.698 – juris Rn. 19; HessVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 A 2586/16 – BauR 2017, 1517). Wie konkret die in Betracht zu ziehenden städtebaulichen Maßnahmen bezeichnet werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2009 a.a.O; BayVGH, B.v. 24.2.2010 – 1 ZB 08.3231 – BauR 2010, 1734).
Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hinreichend konkrete und ernsthafte Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin vorhanden. Die Art der beabsichtigten Verwendung der Fläche hat die Antragsgegnerin durch die Benennung des städtebaulichen Ziels der Schaffung von Ausgleichsflächen konkret festgelegt. Die formulierte städtebauliche Zielsetzung beschränkt sich ausschließlich auf Maßnahmen im Sinn von § 1a Abs. 3 BauGB.
Die Antragsgegnerin hat die städtebauliche Maßnahme im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungserlasses auch nicht nur unverbindlich erwogen. Aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse im Plangebiet sowie der Umstände, von denen die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Satzungserlasses ausging, ist anzunehmen, dass sie die geplanten Maßnahmen tatsächlich auch in Angriff nehmen und verwirklichen wollte. Entscheidend für die Ernsthaftigkeit der Maßnahme ist, ob aus der Sicht der Antragsgegnerin ein städtebaulicher Handlungsbedarf bestand.
Die Flächen im Geltungsbereich der Vorkaufsrechtssatzung wurden im Zeitpunkt des Satzungserlasses zum Teil kleingärtnerisch genutzt, zum Teil lagen sie brach. Es bestanden zudem diverse bauliche Anlagen, die einer kleingärtnerischen Nutzung oder einer Freizeitnutzung dienten. Die Antragsgegnerin wurde durch das Landratsamt darauf hingewiesen, dass in dem Bereich ungeklärte baurechtliche Verhältnisse bestehen. Aufgrund dieser kleinteiligen, planungsrechtlich nicht geordneten Nutzung konnte die Antragsgegnerin annehmen, dass in dem Bereich ein städtebaulicher Missstand besteht oder sich zumindest anbahnt, der ein bauleitplanerisches Tätigwerden erfordert. Dies gilt umso mehr als die Antragsgegnerin vorträgt, sie sei hierzu durch das Landratsamt aufgefordert worden. Angesichts dieser Situation hat sie sich ausweislich der Begründung des Satzungsbeschlusses vom 16. Juni 2015 gegen eine Legalisierung des Bestandes entschieden und stattdessen als bauleitplanerische Maßnahme die Entwicklung einer Ausgleichsfläche verfolgt. Die aus Sicht der Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Satzungserlasses bestehenden Verhältnisse zeigen, dass mit der Vorkaufsrechtssatzung keine unzulässige allgemeine Bevorratung von Flächen betrieben, sondern die Sicherung von Maßnahmen zur Lösung eines städtebaulichen Konflikts bezweckt werden sollte. Die Antragsgegnerin hat sich dabei nicht darauf beschränkt, diesen städtebaulichen Konflikt zu bezeichnen, sondern hat sich angesichts der in Betracht kommenden Möglichkeiten (Legalisierung des Baubestands und der kleingärtnerischen Nutzung oder Aufwertung der Fläche zu einer Ausgleichsfläche) für die Schaffung von Ausgleichsflächen entschieden und die Richtung zur Lösung des Konflikts vorgegeben (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 8.9.2009 – 4 BN 38.09 – BauR 2010, 81).
Die Absicht der Antragsgegnerin, städtebauliche Maßnahmen zur Lösung eines bestimmten städtebaulichen Konflikts in Betracht zu ziehen, wird auch durch die räumliche Begrenzung des Satzungsgebiets deutlich. Das Gebiet umfasst sämtliche durch ihre kleinteilige Parzellierung für die Kleingarten- bzw. Freizeitnutzung konzipierten Grundstücke. Dadurch wird deutlich, dass die Antragsgegnerin keine konturlose Flächenbevorratung betreiben will, sondern beabsichtigt, städtebaulich auf die besondere Situation zu reagieren.
Es spricht nicht gegen die Ernsthaftigkeit der Absicht zur Umsetzung der städtebaulichen Maßnahme, dass die Antragsgegnerin bisher nicht festgelegt hat, in welcher rechtlichen Form die Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Das Fehlen der genauen Bezeichnung der Umsetzungsmaßnahme in der Begründung einer Vorkaufsrechtssatzung ist kein durchgreifender Mangel, sofern sich die in Betracht gezogenen Maßnahmen aus den Umständen ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2010 – 1 ZB 08.3231 – BauR 2010, 1734). Ob die Antragsgegnerin die geplanten Ausgleichsflächen durch Bebauungsplan festsetzen will oder ein Ausgleich nur über die Sicherung gemäß § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB erfolgen soll, ist für die von der Antragsgegnerin bereits genau bezeichnete, künftige städtebauliche Funktion der Fläche ohne Bedeutung. Es handelt sich bei dieser Frage nur um die Form der rechtlichen Sicherung der städtebaulichen Maßnahme, die in dem frühen Planungsstadium offen bleiben kann, nachdem nachvollziehbare Erwägungen eine spätere Festlegung rechtfertigen. Die Wahl der Form der Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen kann nämlich unter anderem davon abhängen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin Flächen in dem Bereich freihändig erwerben kann.
Die Vielzahl der zu erwerbenden Einzelparzellen, die erforderlich sind, um eine zusammenhängende Ausgleichsfläche zu realisieren, begründet für sich genommen nicht die Annahme, die Antragsgegnerin ziehe die städtebauliche Maßnahme nicht ernsthaft in Betracht. Es ist nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtssatzung, dass die Begründung des Vorkaufsrechts tatsächlich zu dem gewünschten Erfolg in Form des Erwerbs einer als Ausgleichsfläche geeigneten, zusammenhängenden Fläche führt. Es liegt in der Natur der Sache eines Vorkaufsrechts, dass mit diesem der Erwerb der Fläche nicht erzwungen werden kann, sondern davon abhängt, ob der bisherige Eigentümer einen Verkauf der Fläche tätigt. Ihre Funktion als frühzeitiges Instrument der Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2018 – 4 BN 42.18 – juris Rn. 5) könnte die Vorkaufsrechtssatzung nicht erfüllen, wenn schon ihr Erlass voraussetzen würde, dass der Erwerb der Fläche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit möglich ist. Unabhängig davon ergibt sich aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellung über die bereits von ihr erworbenen Grundstücke, dass sie im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits 30 Parzellen in ihrem Eigentum hatte. Ihr wurden ausweislich der Normaufstellungsakte im Vorfeld des Satzungserlasses auch wiederholt Parzellen zum Ankauf angeboten (vgl. E-Mail vom 7.10.2014). Damit bestand bereits ein hinreichender Ansatz für die Realisierung der vorgesehenen städtebaulichen Maßnahmen.
Das „in Betracht ziehen“ städtebaulicher Maßnahmen setzt auch nicht voraus, dass die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Schaffung einer Ausgleichsfläche bereits im Flächennutzungsplan dargestellt ist. Die Planungsvorstellungen der Gemeinde müssen nicht notwendig in einem förmlichen Verfahren entwickelt worden sein (vgl. oben). Es ist auch unschädlich, dass bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Änderung des Flächennutzungsplans für das Satzungsgebiet erfolgt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtssatzung ist der Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses. Das fehlende Fortschreiten der gemeindlichen Planungen oder ein dauerhaft entfallender Wille zur Realisierung der angedachten Planung kann allenfalls ein Grund sein, der zu einer späteren Funktionslosigkeit der Vorkaufsrechtssatzung beitragen kann (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2019, § 25 BauGB Rn. 25).
2.3 Die Vorkaufsrechtssatzung ist objektiv geeignet, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung beizutragen. Die Vorverlegung der Zugriffsmöglichkeit mit dem Sicherungsmittel des Vorkaufsrechts ist nur in den Fällen zu rechtfertigen, in denen sie sich bereits zu dem frühen Zeitpunkt aus städtebaulichen Gründen als notwendig erweist. Mit anderen Worten muss die Vorkaufsrechtssatzung objektiv geeignet sein, zur Sicherung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB beizutragen. Daran fehlt es, wenn die gemeindliche Planung, zu deren Sicherung die Vorkaufsrechtssatzung erlassen wurde, an § 1 Abs. 3 BauGB oder an anderen unüberwindbaren Planungshindernissen scheitern wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 – 4 B 43.09 – BauR 2010, 871; B.v. 15.2.2000 – 4 B 10.00 – BauR 2000, 1027; BayVGH, B.v. 24.2.2010 – 1 ZB 08.3231 – BauR 2010, 1734).
Ein solches Planungshindernis, das die Nutzung des Satzungsgebiets als Ausgleichsfläche für die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung ausschließt, ergibt sich nicht daraus, dass der Bereich zu diesem Zweck nicht geeignet wäre. Die zuständige Untere Naturschutzbehörde hat schriftlich und mündlich nachvollziehbar ausgeführt, dass die Fläche als Ausgleichsfläche geeignet sei und durch verschiedene Maßnahmen aufgewertet werden könne.
Die von der Antragstellerin bedingt beantragte Beweiserhebung zu der von ihr behaupteten Tatsache, dass die erfassten Grundstücke entgegen der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde nicht naturschutzfachlich aufgewertet werden könnten bzw. die Durchführung bestimmter im Einzelnen genannter Aufwertungsmaßnahmen nicht möglich sei, war nicht geboten. Eine Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde ist regelmäßig von einem besonderen Sachverstand getragen und hat im Rahmen der Beweiswürdigung ein besonderes Gewicht, da die fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Eine Abweichung von der naturschutzfachlichen Wertung der zuständigen Fachbehörde und eine weitere Beweiserhebung durch das Gericht wäre erst dann erforderlich, wenn sich der Eindruck aufdrängt, dass die fachliche Äußerung tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2017 – 19 ZB 16.164 – juris Rn. 32; B.v. 22.7.2015 – 15 ZB 14.1285 – juris Rn. 5). Solche besonderen Anhaltspunkte ergeben sich weder aus der Beurteilung der Unteren Naturschutzbehörde selbst noch aus dem Vortrag der Antragstellerin. Soweit die Antragstellerin behauptet, die Ausgleichsfläche sei naturschutzfachlich ungeeignet, ist nicht erkennbar, auf welche tatsächliche Grundlage sich diese Behauptung stützt. Die Antragstellerin setzt sich mit der fachlichen Beurteilung der Naturschutzbehörde nicht auseinander und stellt dem ausschließlich die gegenteilige Behauptung gegenüber, ohne hierfür eine plausible Erklärung zu nennen. Soweit sie darauf verweist, dass die starke Parzellierung einer naturschutzfachlichen Aufwertung entgegenstehe, weicht sie damit nicht von der Beurteilung der Naturschutzbehörde ab. Diese geht ebenso wie die Antragsgegnerin davon aus, dass es für die Nutzung als Ausgleichsfläche und eine naturschutzfachliche Aufwertung einer zusammenhängenden Fläche bedarf. Auch die im Rahmen des Beweisantrags erwähnte Klein- und Privatgartennutzung sowie die bauliche Vorbelastung der Flächen ist nicht geeignet, Zweifel an der fachlichen Wertung der Naturschutzbehörde zu begründen. Vielmehr spricht gerade diese Bestandsnutzung dafür, dass schon durch die Beendigung derselben und eine anschließende Renaturierung eine naturschutzfachliche Aufwertung möglich ist. Hierauf hat der Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen. Angesichts der nachvollziehbaren Einschätzung der Naturschutzbehörde war auch die Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins zur weiteren Aufklärung dieser Frage nicht erforderlich. Nachdem das Gericht nicht über die naturschutzfachlichen Kenntnisse verfügt, um beurteilen zu können, ob eine Fläche ökologisch aufgewertet werden kann, hätte die Einnahme eines Augenscheins die Beurteilung der Fachbehörde weder bestätigen noch in Zweifel ziehen können.
Nachdem die Naturschutzbehörde die objektive Eignung der Fläche für eine ökologische Aufwertung bestätigt hat, kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang die Antragsgegnerin die Eignung der Fläche schon vor Satzungserlass ermittelt hat. Der Erlass der Vorkaufsrechtssatzung unterliegt nicht dem Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB, mit der Folge, dass sich ihre Rechtswidrigkeit nicht schon aus einem Ermittlungsdefizit ergeben kann. Eine substantiierte, in die Einzelheiten gehende Ziel- und Zeitvorstellung über die Entwicklung des Gebiets verlangt § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht (BayVGH, U.v. 17.9.2018 – 15 N 17.698 – juris Rn. 18; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2019, § 25 BauGB Rn. 22).
Die objektive Eignung, einen Beitrag zur städtebaulichen Entwicklung zu leisten, fehlt der Vorkaufsrechtssatzung auch nicht wegen der großen Zahl von Einzelparzellen in ihrem Geltungsbereich und einer damit möglicherweise erforderlich werdenden längeren Zeitspanne bis zum Erwerb einer zusammenhängenden Fläche. Einer Vorkaufsrechtssatzung fehlt der erforderliche Sicherungszweck dann, wenn bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses absehbar ist, dass die Planung, zu deren Sicherung sie erlassen wurde, an einem unüberwindlichen tatsächlichen oder rechtlichen Hindernis scheitern wird. Insofern kann es auch von Bedeutung sein, wenn mit der Realisierung der planerischen Festsetzung auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 – 4 B 43.09 – BauR 2010, 871; HessVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 A 2586/16 – BauR 2017, 1517). Die Vorkaufsrechtssatzung selbst unterliegt jedoch als Mittel der Bodenvorratspolitik grundsätzlich keiner zeitlichen Grenze (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.2010 a.a.O.). Es kommt deshalb darauf an, ob die vorgesehene städtebauliche Maßnahme über einen längeren Zeitraum nicht realisierbar ist, nicht jedoch, ob die Vorkaufsrechtssatzung in absehbarer Zeit zu dem gewünschten Erwerb von Grundstücken führen kann. Zu Unrecht leitet die Antragstellerin aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2010 ab, dass der Erwerb der von der Vorkaufsrechtssatzung umfassten Fläche etwa in einem Zeitraum von 10 Jahren erfolgen müsse. Es reicht vielmehr aus, wenn es nicht ausgeschlossen ist, dass die Antragsgegnerin eine Umsetzung zumindest wesentlicher Teile ihrer Planungsvorstellungen erreichen kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2010 – 1 ZB 08.3231 – BauR 2010, 1734 Rn. 35). Bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit reichen für die Annahme eines unüberwindbaren Hindernisses für die Umsetzung planerischer Festlegungen nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 CN 11.03 – BVerwGE 122, 207). Wie bereits ausgeführt, kommen sowohl der Erlass eines Bebauungsplans mit Festsetzungen gemäß § 9 Abs. 1a BauGB als auch Maßnahmen nach § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB in Betracht. Nachdem die Antragstellerin im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses 30 Parzellen in ihrem Eigentum hatte, bestand bereits ein Ansatz für die Realisierung der vorgesehenen städtebaulichen Maßnahmen.
2.4 Der Antrag bleibt auch im Hilfsantrag ohne Erfolg. Die mit diesem beantragte Feststellung der teilweisen Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtssatzung, bezogen auf die Grundstücke der Antragstellerin, würde voraussetzen, dass die Satzung einen teilbaren Inhalt hat. Anhaltspunkte dafür, dass dies für die verstreut liegenden Parzellen der Antragstellerin der Fall sein könnte, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO selbst. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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