Baurecht

Schildkrötentierheim im Außenbereich

Aktenzeichen  9 ZB 13.2539

Datum:
24.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46983
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, 4, Abs. 2, § 201

 

Leitsatz

Ein Schildkrötentierheim stellt keinen landwirtschaftlichen Betrieb dar, weil es an einer – auch bei der Tierhaltung erforderlichen  – unmittelbaren Bodenertragsnutzung im Sinne einer tatsächlichen landwirtschaftlichen Nutzung fehlt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 12.1091 2013-10-22 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 25.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger beabsichtigen die Errichtung eines Schildkrötentierheims (Schildkrötenauffangstation mit Freigehegen und Betriebsinhaberwohngebäude mit Garagen).
Mit Unterlagen vom 7. März 2012 beantragten die Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung eines Schildkrötentierheims zur Abklärung der Durchführung eines solchen Vorhabens auf dem Grundstück FlNr. 623 Gemarkung H. Das Grundstück liegt am südlichen Ortsrand des Ortsteils H. der Großen Kreisstadt K. und ist im Flächennutzungsplan als „Fläche für die Landwirtschaft“ dargestellt. Es grenzt im Nordosten an die W.-steige; auf dem nördlich angrenzenden Grundstück FlNr. 160 Gemarkung H. befindet sich ein Wohngebäude.
Die Beklagte lehnte den beantragten Vorbescheid mit Bescheid vom 23. November 2012 ab. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 22. Oktober 2013 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das beantragte Bauvorhaben im Außenbereich liege und bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Die Errichtung eines Schildkrötentierheims sei nicht privilegiert, da weder ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliege noch ein Vorhaben, das wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtige das geplante Schildkrötentierheim im Außenbereich öffentliche Belange.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. An der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
a) Das Verwaltungsgericht hat das Baugrundstück zu Recht dem Außenbereich zugeordnet. Insoweit fehlt es bereits an einer Darlegung von ernstlichen Zweifeln in einer den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechenden Weise. „Darlegen“ erfordert mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (BayVGH, B. v. 22.5.2012 – 9 ZB 08.2160 – juris Rn. 23; BayVGH, B. v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 7). Soweit der Gebietseinstufung im Zulassungsvorbringen im Wesentlichen mit einer Wiederholung des erstinstanziellen Vortrags entgegengetreten wird, genügt dies hierfür nicht (BayVGH, B. v. 11.6.2015 – 9 ZB 13.128 – juris Rn. 12). Gleiches gilt für die unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung (BayVGH, B. v. 20.1.2016 – 22 ZB 15.2277 – juris Rn. 7). Entgegen dem Zulassungsvorbringen hat das Verwaltungsgericht auch die topographischen und örtlichen Besonderheiten ausreichend berücksichtigt (vgl. UA S. 9 f.).
b) Das beantragte Bauvorhaben – Errichtung eines Schildkrötentierheims – wurde vom Verwaltungsgericht auch zutreffend als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB eingestuft. Es handelt sich hier weder um einen landwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (aa) noch um ein Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, das wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll (bb).
aa) Die Kläger sind der Ansicht, das Vorhaben sei als Landwirtschaft i. S. d. § 201 BauGB anzusehen, weil Tierhaltung zum Zwecke der Zucht betrieben werde und die Schildkröten aus einer großflächig angelegten Kräuterwiese auf überwiegend eigener Futtergrundlage ernährt werden könnten. In Analogie zur Pensionspferdehaltung liege daher eine unmittelbare Bodenertragsnutzung vor. Dies kann dem Antrag aber nicht zum Erfolg verhelfen.
Die landwirtschaftliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB setzt voraus, dass dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenübersteht, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist (BVerwG, U. v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – juris Rn. 7). Das geplante Schildkrötentierheim stellt jedoch – wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat – keinen landwirtschaftlichen Betrieb dar, weil es an einer – auch bei der Tierhaltung erforderlichen (vgl. Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Dez. 2015, § 201 Rn. 3) – unmittelbaren Bodenertragsnutzung i. S.e. tatsächlichen landwirtschaftlichen Nutzung fehlt (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 – juris Rn. 16). Ein landwirtschaftlicher Betrieb erfordert eine spezielle betriebliche Organisation, die neben Betriebsmitteln und dem menschlichen Arbeitseinsatz den Bezug zur landwirtschaftlichen Betätigung hat; Betriebsmittel, menschliche Arbeit und Bodennutzung müssen zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sein und plangemäß vom Betriebsleiter eingesetzt werden (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Nov. 2015, § 201 Rn. 10). Hierfür ergeben sich aber weder aus dem Zulassungsvorbringen noch aus dem Bauantrag oder der Betriebsbeschreibung „tragfähige“ Anhaltspunkte. Allein der Hinweis auf das Vorhandensein einer großflächig angelegten Kräuterwiese ist nicht ausreichend, um einen landwirtschaftlichen Betrieb annehmen zu können. Die Kläger verkennen, dass Hauptnutzungszweck ihres Vorhabens der Betrieb eines Schildkrötentierheims ist. Im Verhältnis zu einem behaupteten landwirtschaftlichen Betrieb stellt das Schildkrötentierheim auch keinen mitgezogenen Betriebsteil dar, weil kein enger Zusammenhang zu einer landwirtschaftlichen Betätigung einschließlich ihrer vielfältigen Formen besteht und das Erscheinungsbild eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht gewahrt ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 201 Rn. 10). Eine Prägung des geplanten Vorhabens durch die reine Bodenertragsnutzung (vgl. BVerwG, B. v. 4.10.2006 – 4 B 64.06 – juris Rn. 6) ist weder ersichtlich noch dargelegt. Insoweit geht auch der Vergleich mit einer Pensionspferdehaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage fehl. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass durch die Bewirtschaftung einer Kräuterwiese als Futtergrundlage für die Schildkröten Landwirtschaft betrieben würde, ist nicht dargelegt, dass es hierfür eines Betriebsleiter-Wohngebäudes im Außenbereich bedürfte. In diesem Fall müsste das Schildkrötentierheim dem landwirtschaftlichen Betrieb untergeordnet sein und könnte nicht die Dienlichkeit eines Wohngebäudes begründen, da es keine bodenrechtliche Nebensache darstellt (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 – juris Rn. 52 m. w. N.). Unabhängig davon obliegt es dem Bauherrn darzulegen, dass nicht nur die Betriebsführung als solche, sondern auch ihre landwirtschaftliche Ausprägung zur Überzeugung von Behörden und Gericht verlässlich gewährleistet ist (BayVGH, B. v. 18.2.2013 – 1 ZB 11.1389 – juris Rn. 15). Dies ist hier nicht der Fall.
bb) Das Verwaltungsgericht hat ferner eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zutreffend verneint. Für die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist nicht nur erforderlich, dass einer der dort genannten Gründe – besondere Anforderungen an die Umgebung, nachteilige Wirkung auf die Umgebung oder besondere Zweckbestimmung – vorliegt, sondern zudem, dass das Vorhaben nicht auch in einem Baugebiet untergebracht werden könnte (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 35 Rn. 33 m. w. N.). Das Tatbestandsmerkmal des „Sollens“ setzt dabei eine Wertung voraus, ob das Vorhaben in einer Weise billigenswert ist, die es rechtfertigt, es bevorzugt im Außenbereich zuzulassen (BVerwG, B. v. 2.3.2005 – 7 B 16.05 – juris Rn. 7; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, a. a. O., § 35 Rn. 55). Maßgebend hierfür sind die konkreten örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde, also die „Beschaffenheit des Innenbereichs hier und so“ (vgl. BVerwG, B. v. 26.3.2014 – 4 B 3.14 – juris Rn. 12 m. w. N.). Wenn ein Bauvorhaben auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden kann, ist es nicht auf die Inanspruchnahme des Außenbereichs angewiesen (BVerwG, B. v. 12.4.2011 – 4 B 6.11 – juris Rn. 4). Der nach diesen Maßstäben erfolgten zutreffenden Ablehnung der Privilegierung tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen.
Entgegen dem Zulassungsvorbringen kommt es bei Beurteilung der konkreten örtlichen Gegebenheiten nicht auf die tatsächliche Verfügbarkeit eines Grundstücks im Sinne einer Pflicht der Gemeinde zur Beschaffung eines Baugrundstücks an, sondern vielmehr allein auf die konkrete bauplanungsrechtliche Situation im Gemeindegebiet der Beklagten (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 35 Rn. 55b). Die Aufgabe der Gemeinde erschöpft sich dementsprechend in der Ausweisung und Zurverfügungstellung entsprechender Baugebiete, nicht jedoch in der Pflicht den Klägern auch ein geeignetes Grundstück zu verschaffen. Das bloße Bestreiten einer gebietsverträglichen Unterbringung in einem anderen Baugebiet genügt dem Darlegungserfordernis nicht. Ein substantiierter Vortrag, dass im Stadtgebiet der Beklagten kein Dorf- oder Mischgebiet vorhanden ist, in dem das geplante Schildkrötentierheim errichtet werden könnte, liegt nicht vor, zumal auch das bisher betriebene Tierheim im Innenbereich des Ortsteils H. der Beklagten untergebracht ist.
Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht darauf abgestellt, dass keine der umgebungsbezogenen Merkmale des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB vorliegen. Soweit die Kläger vortragen, die Geräuschimmissionen wegen der Geräusche der Tiere selbst und wegen der Errichtung von Teichen für die geplante Aufnahme von Sumpf- und Wasserschildkröten mit der Folge einer Ansiedelung fremder Amphibien (z. B. Frösche) lägen über den zulässigen Geräuschimmissionen eines reinen Wohngebiets, trifft dies keine Aussage zu anderen Baugebietstypen und ist zudem durch nichts belegt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die mit dem Betrieb eines Schildkrötentierheims verbunden Belästigungen bei sachgerechter Betriebsführung in einem solchen Missverhältnis stehen, dass es deshalb – privilegiert – im Außenbereich untergebracht werden müsste. Abgesehen davon, dass die Ansiedelung fremder Amphibien nicht Teil des beantragten Bauvorhabens ist und der Bauherr sicherzustellen hat, dass das Vorhaben nur im genehmigten Umfang betrieben wird, würden entsprechende Emissionen allenfalls den Betriebsteil der Wasser- und Sumpfschildkröten betreffen. Eine Privilegierung des Gesamtbauvorhabens könnte sich daraus aber nur ergeben, wenn es als Folge technischer Erfordernisse dem typischen Erscheinungsbild eines Betriebs dieser Art entspräche und der privilegierte Betriebszweig den gesamten Betrieb prägte (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.1976 – 4 C 42.72 – juris Rn. 19). Hierfür lässt sich dem Zulassungsvorbringen nichts entnehmen.
Gleiches gilt für den Vortrag, Schildkröten wiesen ein erhöhtes Stressempfinden auf und bedürften daher einer Unterbringung im Außenbereich. Abgesehen davon, dass sich die Kläger damit in Widerspruch zu ihrem bisher im Innenbereich betriebenen Tierheim setzen, fehlt es auch insoweit an einer substantiierten und nachvollziehbaren Darlegung.
Schließlich ist auch keine besondere Zweckbestimmung dargelegt. Die Besichtigungsmöglichkeit der Schildkröten und „Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit“ allein rechtfertigt es nicht, das Schildkrötentierheim als ein Vorhaben einzustufen, das von seinem Zweck her der Funktion des Außenbereichs als Erholungslandschaft für die Allgemeinheit entspricht.
c) Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass das geplante Vorhaben der Errichtung eines Schildkrötentierheims als sonstiges Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen schon deswegen nicht ausreichend auseinander, weil die Kläger nicht zwischen der unterschiedlichen Bedeutung der öffentlichen Belange bei einem privilegierten und bei einem sonstigen Vorhabens unterscheiden (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, a. a. O., § 35 Rn. 68 ff.; Roeser in Berliner Kommentar, a. a. O., § 35 Rn. 9, 54). Die Annahme der Kläger, ein Widerspruch zum Flächennutzungsplan setze eine konkrete standortbezogene Aussage des Planes voraus, geht in dieser Verallgemeinerung bei einem sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB fehl (vgl. BVerwG, B. v. 31.10.1997 – 4 B 185.97 – juris Rn. 7). Unabhängig davon geht das Zulassungsvorbringen im Hinblick auf die Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 7 BauGB zu Unrecht davon aus, dass das Bauvorhaben nicht im Außenbereich liegt, so dass die Ausführungen insoweit an den Urteilsgründen vorbei gehen.
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich, soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind, nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreien Ergebnissen klären. Von einem Berufungsverfahren ist daher kein weiterer Ertrag zu erwarten (vgl. BayVGH, B. v. 22.1.2016 – 9 ZB 15.2027 – juris Rn. 16). Die Tierart ist dabei für die hier fehlende Darlegung eines landwirtschaftlichen Betriebs entsprechend der obigen Ausführungen und Grundsätze unerheblich.
3. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Für die Frage, ob im Fall der Haltung und Zucht von Schildkröten ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegen kann, ist die Rechtslage oder Einstufung von Schildkröten als Weidetiere und deren – im Übrigen vom dortigen Finanzministerium erfolgte – steuerrechtliche Zuordnung zur Landwirtschaft in Österreich unerheblich. Welche Anforderungen an einen landwirtschaftlichen Betrieb zu stellen sind, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt und kann hier entsprechend den obigen Ausführungen und Grundsätzen unabhängig von der zugrundeliegenden Tierart beurteilt werden. Allein aus dem unsubstantiierten Hinweis auf mögliche vergleichbare Bauvorhaben und eine mögliche Diskussion auf „EU-Ebene“ ergibt sich keine über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Rechtssache.
4. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Soweit dem Zulassungsvorbringen die Rüge von Verstößen gegen die richterliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO sowie gegen den Untersuchungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO entnommen werden kann, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung.
a) Die richterliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (BVerwG, B. v. 18.6.2012 – 5 B 5.12 – juris Rn. 12). Hieraus lässt sich jedoch keine Pflicht zu einer Rechtsberatung der Kläger, insbesondere bei anwaltlicher Vertretung, in allen möglichen Richtungen ableiten (BVerwG, B. v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 35). Ebenso besteht keine Pflicht des Gerichts mitzuteilen, dass der Vortrag für nicht schlüssig gehalten wird, die Rechtsauffassung der Kläger nicht geteilt wird, ein Beweisantrag gestellt werden kann oder offenzulegen, wie die Entscheidung zu begründen beabsichtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 15.2.2016 – 6 PKH 1.16 – juris Rn. 16; BVerwG, B. v. 18.6.2012 – 5 B 5.12 – juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 22.1.2015 – 10 ZB 14.1631 – juris Rn. 5; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 47). Im vorliegenden Fall ist daher insoweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 108 Abs. 2 VwGO) weder dargelegt noch ersichtlich. Die rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte, die zur Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemacht wurden, sind aus den Akten ersichtlich und die Sach- und Rechtslage wurde ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2013 mit den Beteiligten erörtert.
b) Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit den in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Untersuchungsgrundsatz verletzt, greift ebenfalls nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter – wie hier die Kläger – es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (BVerwG, B. v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6). Nur schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen hierfür ebenso wenig, wie die Anregung der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013, „einen Beweisbeschluss seitens des Gerichts zu fassen, in dem den Klägern aufgegeben wird, die Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen“ (vgl. BVerwG, B. v. 18.12.2006 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6; BVerwG, B. v. 28.12.2011 – 9 B 53.11 – juris Rn. 6). Unabhängig davon sind Beweise nur insoweit zu erheben, als es für die Rechtsansicht des Gerichts hierauf ankommt (BVerwG, B. v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 2). Die Gewinnerzielungsabsicht war vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht bereits den Begriff der Landwirtschaft und das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs verneint hat.
Dem Verwaltungsgericht musste sich auch keine weitere Sachaufklärung zu den von den Klägern behaupteten Lärmemissionen durch die Schildkröten aufdrängen. Ausgehend von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass ein Schildkrötentierheim auch in einem Misch- oder Dorfgebiet untergebracht werden könnte, ergeben sich aus dem pauschalen Vorbringen der Kläger keine Anhaltspunkte für das Hervorrufen unzumutbarer Lärmimmissionen für die Nachbarschaft durch das Halten von Schildkröten. Es besteht jedoch gerade bei Berufung auf das Vorliegen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB eine Pflicht des Bauherrn, den Grund der Privilegierung durch ein schlüssiges Konzept zu belegen (vgl. BVerwG, B. v. 12.4.2011 – 4 B 6.11 – juris Rn. 8). Die Kläger können sich schließlich auch nicht darauf berufen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht vollständig mit ihrem Vortrag auseinandergesetzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine Pflicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden, besteht jedoch nicht (BVerwG, B. v. 30.4.2015 – 7 B 2.15 – juris Rn. 2).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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