Baurecht

Störende Häufung von Werbeanlagen – hier: Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt

Aktenzeichen  9 ZB 17.1406

Datum:
9.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24825
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 8 S. 3

 

Leitsatz

Hat das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls eine „Störung“ der Umgebung durch das Hinzukommen der geplanten (weiteren) Werbeanlage untersucht und angenommen und unterliegen die Feststellungen hierzu keinen ernstlichen Zweifeln, ist die Berufung nicht zuzulassen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 16.71 2017-06-01 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer einseitigen, beleuchteten sog. City-Star-Werbeanlage (Breite ca. 3,80 m, Höhe ca. 2,80 m) ohne Wechselwerbung auf einem Monofuß mit einer Höhe von 2,50 m auf dem Grundstück FlNr. 43/37 Gemarkung St. Peter in Nürnberg, die von der Beklagten mit Bescheid vom 22. Dezember 2015 abgelehnt wurde.
Die Klage hiergegen wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 1. Juni 2017 abgewiesen, weil die geplante Werbeanlage zu einer störenden Häufung von Werbeanlagen führen würde. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die Klägerin beruft sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.
1. Entgegen dem Zulassungsvorbringen können jedenfalls die sich an der östlichen Außenwand des Nachbargebäudes zum Gebäude HausNr. 13 auf dem Baugrundstück befindlichen zwei unbeleuchteten Großflächen-Werbetafeln sowie das Werbebanner für den dort vorhandenen Autoverkaufsbetrieb bei der Beurteilung der Frage einer Häufung von Werbeanlagen im Sinn des Art. 8 Satz 3 BayBO nicht außer Betracht bleiben. Diese mögen sich zwar in einer gewissen Entfernung zum Standort der geplanten Werbeanlage befinden, sind aber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Augenscheinstermin, denen im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegengetreten wird, für die von Osten auf der S. straße ankommenden Verkehrsteilnehmer in einem Blick mit der geplanten Werbeanlage wahrnehmbar und liegen damit gleichzeitig im Gesichtsfeld des Betrachters (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO Stand: Januar 2020, Art. 8 Rn. 205 m.w.N.; Voigt in Spannowsky/Manssen, Bauordnungsrecht Bayern, Art. 8 Rn. 30). Gleiches gilt für die am Anwesen S. straße 8 befindlichen zahlreichen verschiedenartigen Werbeanlagen für die dort vorhandenen Nutzungen, insbesondere in Form von Leuchtkästen mit Einzelbuchstaben, mit Symbolen für die dort vertretenen Artikel sowie mit Schaufensterbeklebungen und Werbeplakaten im Schaufenster.
Selbst wenn die an der südlichen Außenwand des Nachbargebäudes angebrachten fünf Werbetafeln in Euro-Format wegen ihrer Entfernung von ca. 70 m bis 90 m zum geplanten Standort der Werbeanlage und ihrer parallelen Anbringung zur S. straße nicht berücksichtigt werden, ergibt sich damit mit den auf dem Baugrundstück am Gebäude HausNr. 13 vorhandenen Werbeanlagen für den dort befindlichen Imbiss ein räumlich dichtes Nebeneinander von mindestens drei gleichartigen oder verschiedenen Werbeanlagen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2020, Art. 8 Rn. 204).
2. Ob die – allein die Unzulässigkeit noch nicht begründende – Häufung von Werbeanlagen störend ist, lässt sich nicht abstrakt-generell bestimmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.01.2012 – 15 ZB 10.445 – juris Rn. 16). Das Verwaltungsgericht hat hier deshalb im Rahmen einer Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls eine „Störung“ der Umgebung durch das Hinzukommen der geplanten Werbeanlage untersucht und angenommen. Es hat sich hierzu auf den im Hinblick auf die Aufstellung auf einem 2,50 m hohen Monofuß und auf die erhöhte Lage des Baugrundstücks gegenüber den umliegenden Straßen zweifach erhöhten Standort und die vorgesehene Beleuchtung der Werbeanlage verwiesen. Es hat zudem darauf abgestellt, dass sich das Baugrundstück zwar in einem Bereich befinde, in dem – soweit ersichtlich – ausschließlich gewerbliche Nutzungen vorhanden seien, die einseitig nach Südosten gerichtete Werbeanlage aber ersichtlich über den Kreuzungsbereich S. straße/D. straße in einen Bereich besonders einwirke, der nicht rein gewerblich geprägt sei, sondern in dem eine nach außen wahrnehmbare gewerbliche Nutzung im Wesentlichen nur im Erdgeschoss vorhanden sei. Dies unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln.
Bei der Beurteilung, ob das Hinzutreten einer weiteren Werbeanlage zu einer störenden Häufung führt, sind alle im maßgeblichen örtlichen Bereich, d.h. im Blickfeld des Betrachters vorhandenen materiell-rechtmäßigen Werbeanlagen zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 18.07.2008 – 9 ZB 06.1035 – juris Rn. 5). Wann die störende Wirkung eintritt, hängt entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht nur vom Baugebietscharakter des Errichtungsorts ab, sondern auch von der vorhandenen Bebauung und der tatsächlichen Nutzung in der konkreten Umgebung (vgl. SächsOVG, U.v. 28.01.2015 – 1 A 448/11 – juris Rn. 38). Besteht die Umgebungsbebauung überwiegend aus Wohngebäuden, wirkt eine Häufung von Werbeanlagen störender als dies bei einer durch gewerbliche Nutzung geprägten Umgebung der Fall ist (vgl. SächsOVG, U.v. 28.01.2015 a.a.O. juris Rn. 35). Im Übrigen ist eine störende Häufung von Werbeanlagen auch in gewerblich geprägten Baugebieten nicht ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 12.01.2012 – 15 ZB 10.445 – juris Rn. 16). Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass eine für eine Häufung ausreichende Anzahl von Werbeanlagen für die von Osten auf der S. straße ankommenden Verkehrsteilnehmer gleichzeitig in deren Blickfeld liegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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