Baurecht

Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung der Beleuchtungseinrichtung

Aktenzeichen  B 4 K 18.1249

Datum:
4.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41834
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5 Abs. 1, Art. 19 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 8. November 2017 (FAD-Nrn. 2398-7 und 2398-8) und vom 9. November 2017 (FAD-Nr. 2398-9) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 13. November 2018 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Straßenausbaubeitragsbescheide der Beklagten vom 8. bzw. 9. November 2017 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts … vom 13. November 2018 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Gemeinden können gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31.12.2017 anwendbaren Fassung (Art. 19 Abs. 7 Satz 1 KAG) sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erfolgt die Heranziehung der Grundstückseigentümer zu Straßenausbaubeiträgen aufgrund einer besonderen Abgabesatzung. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch den Erlass der Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen (Ausbaubeitragssatzung – ABS) vom 15. Dezember 2003 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Demgemäß war die Beklagte aufgrund ihrer ABS dem Grunde nach berechtigt, vom Kläger für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen einen Straßenausbaubeitrag zu verlangen (§ 1, § 5 Abs. 1 ABS), wobei zum beitragsfähigen Aufwand auch der Aufwand für die Verbesserung oder Erneuerung der Teileinrichtung Beleuchtung zählt (§ 5 Abs. 3 Nr. 3.16 ABS). Im vorliegenden Fall wurde die Beleuchtungseinrichtung im Bereich der klägerischen Grundstücke aber weder verbessert (1.1), noch erneuert (1.2), so dass keine beitragsfähige Maßnahme vorliegt.
1.1 Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist eine beitragsfähige Verbesserung dadurch gekennzeichnet, dass sich der Zustand der Orts straße nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand im Herstellungszeitpunkt in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (BayVGH, U.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – juris Rn. 15; U.v. 11.12.2015 – 6 BV 14.586 – juris Rn. 15; B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 13; U.v. 5.2.2007 – 6 BV 05.2153 – BayVBl. 2007, 597). Dies ist im Hinblick auf die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung dann der Fall, wenn durch die Maßnahme eine – ggfs. durch Untersuchungen der Beleuchtungsstärke nachzuweisende – bessere Ausleuchtung der Straße erreicht wird. Dies kann z.B. erfolgen durch die Erhöhung der Zahl gleich leistungsfähiger oder die Ersetzung der bisherigen durch leistungsfähigere Leuchtkörper. Für die Bewertung der Beleuchtung sind dabei drei Kriterien aussagekräftig, nämlich die Beleuchtungsstärke, die Blendungsbegrenzung und die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 32 Rn. 70; Läpple, in: Matloch/Wiens [Hrsg.], Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: 01/2016, Rn. 2070). Dass mit der neuen Beleuchtungseinrichtung gleichzeitig Energiekosten eingespart werden, ist ein positiver Nebeneffekt, aber beitragsrechtlich ohne Bedeutung (BayVGH, B.v. 30.01.2015 – 6 ZB 14.2249 – juris Rn. 7). Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung durch die von der Beklagten in den Jahren 2013/2014 erfolgte Umrüstung auf LED-Technik nicht eingetreten. Die durch den Austausch der Leuchtenköpfe erzielte Energieeinsparung ist beitragsrechtlich ohne Belang. Die Anzahl der Leuchtkörper ist vor und nach der Umrüstungsmaßnahme identisch. An der Beleuchtungsstärke hat sich ebenfalls nichts geändert. Dies ergibt sich vor allem aus der E-Mail vom 2. Dezember 2019 der Firma …, die die Umstellung der Straßenbeleuchtung bei der Beklagten vornahm. Daraus geht eindeutig hervor, dass eine Verbesserung der Beleuchtungsqualität nicht erreicht worden ist. Dass durch die Umrüstung der Beleuchtung der Lichteinfall in Vorgärten und an Häuserfassaden reduziert werden konnte, stellt entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ebenfalls keine Verbesserung dar. Maßgeblich ist ausschließlich eine Verbesserung der Beleuchtungssituation der Orts straße i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F., die durch die Umbaumaßnahme tatsächlich nicht eintrat. Ob und wie Flächen außerhalb der Orts straße beleuchtet werden, ist für die Frage der Verbesserung mithin ohne Belang.
1.2 Im vorliegenden Fall liegt auch keine Erneuerung der Beleuchtungseinrichtung der abgerechneten Ortsstraßen vor. Unter einer beitragsfähigen Erneuerung ist die – über eine bloße Instandsetzung hinausgehende – Ersetzung einer infolge bestimmungsgemäßer Nutzung nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit abgenutzten Orts straße durch eine gleichsam „neue“ Orts straße von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleichwertiger Befestigungsart zu verstehen, also eine Maßnahme, durch die eine erneuerungsbedürftige Straße bzw. Teileinrichtung nach Ablauf der für sie üblichen Nutzungsdauer in einen Zustand versetzt wird, der mit ihrem ursprünglichen Zustand im Wesentlichen vergleichbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung beträgt die übliche Nutzungsdauer von Straßen 20 bis 25 Jahre (vgl. BayVGH, U.v. 18.5.2017 – 6 BV 16.2345 – juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 11.12.2015 – 6 BV 14.586 – juris Rn. 15; B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 11; U.v. 14.7.2010 – 6 B 08.2254 – juris Rn. 28), wobei für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung teilweise auch von einer üblichen Nutzungsdauer von 30 Jahren ausgegangen wird (vgl. OVG Münster, U.v. 28.8.2001 – 15 A 465/99 – juris Rn. 28 f.). Erforderlich ist daher neben dem Ablauf der normalen Nutzungsdauer immer eine tatsächliche Abnutzung, wobei der Ablauf der üblichen Nutzungsdauer ein Indiz für die Erneuerungsbedürftigkeit der jeweiligen Teileinrichtung darstellt, welches durch die Feststellung eines tatsächlich noch intakten Zustandes entkräftet werden kann (Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 28 m.w.N.). Die Notwendigkeit der Erneuerung ist dabei für jede einzelne Teilanlage getrennt zu untersuchen und nachzuweisen (Läpple, a.a.O., Rn. 2028). Im vorliegenden Fall sind seit der Errichtung der Beleuchtungseinrichtung an den die Grundstücke des Klägers erschließenden Ortsstraßen zwar mehr als 30 Jahre vergangen, weshalb vom Ablauf der üblichen Nutzungsdauer auszugehen ist. Eine tatsächliche Verschlissenheit der Beleuchtungseinrichtung liegt im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Beitragsfähigkeit der Erneuerung einer Beleuchtungseinrichtung eines konkreten Nachweises der Verschlissenheit bedarf, wenn erkennbar ist, dass der Ausbau aus nicht beitragsrelevanten Gründen, z.B. zur Verringerung des Stromverbrauchs, erfolgte. Kann der Nachweis der Verschlissenheit nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, geht dies zu Lasten der Gemeinde (Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 28 mit Verweis auf OVG Münster, U.v. 28.8.2001 – 15 A 465/99 – juris Rn. 30). Nach den Ausführungen des Klägers, denen die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten ist, hat dieser im November 2017 vom Bürgermeister der Beklagten die Auskunft erhalten, dass die bestehende Beleuchtungsanlage beim Austausch der Leuchtenköpfe nicht verschlissen gewesen sei. Auch habe es keine Probleme mit der Ersatzteilbeschaffung gegeben. Auch die Tatsache, dass die Straßenbeleuchtung im gesamten Gemeindegebiet und nicht nur in einzelnen Ortsstraßen auf die LED-Technik umgestellt wurde, spricht gegen die Annahme, dass die Beklagte Überlegungen zur Verschlissenheit der Beleuchtungskörper in den einzelnen Ortsstraßen angestellt hat. Gegen die tatsächliche Abnutzung der Beleuchtungseinrichtung spricht schließlich auch, dass die Umrüstung auf LED-Technik wegen der dadurch erzielten Strom- bzw. Kosteneinsparung (Umweltschutz) durch das Bundesumweltministerium gefördert wurde. Nach Überzeugung der Kammer stand mithin die Strom- und Kosteneinsparung der Umrüstung eindeutig im Vordergrund. Überlegungen, ob die Straßenbeleuchtung in einzelnen Ortsstraßen tatsächlich verschlissen war, wurden nicht angestellt. Auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Fotodokumentation belegt nicht, dass die Beleuchtungseinrichtung in der Hellipstraße bzw. in der H1.straße/H1.straße in … tatsächlich verschlissen war. Auf den Seiten vier bis sieben der Fotodokumentation sind zwar einige abgenutzte Lampen zu erkennen. Ob diese jedoch auch in den o.g. Ortsstraßen installiert waren, lässt sich der Dokumentation nicht entnehmen. Im Übrigen hat die Beklagte im gesamten Gemeindegebiet über 180 Lampen ausgetauscht, so dass selbst bei sieben dokumentierten abgenutzten Leuchtenköpfen von Instandhaltungs- und nicht von Erneuerungsmaßnahmen auszugehen wäre.
Mangels einer beitragsfähigen Erneuerungs- oder Verbesserungsmaßnahme sind die streitgegenständlichen Straßenausbaubeitragsbescheide rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.


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