Baurecht

Straßenausbaubeitrag für Erneuerung der Straßenbeleuchtung

Aktenzeichen  AN 3 K 16.01605

Datum:
8.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 3
BayStrWG BayStrWG Art. 2 Nr. 1e, Art. 55

 

Leitsatz

1 Eine die Straßenausbaubeitragserhebung rechtfertigende vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit wird einem Grundstück grundsätzlich durch die nächste erreichbare selbständige Verkehrseinrichtung vermittelt, wobei es sich dabei auch um einen öffentlichen oder privaten Weg handeln kann (Anschluss an VGH München BeckRS 2012, 45532). (redaktioneller Leitsatz)
2 Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden – öffentlichen oder privaten – Weg, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Weg als ausbaubeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig zu qualifizieren ist. (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei der Beurteilung der Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit der Eigentümerwege handelt es sich um eine rein beitragsrechtliche Qualifizierung; unerheblich ist dabei, ob ein Eigentümerweg, welcher nach beitragsrechtlichen Grundsätzen als unselbständig einzuordnen ist, Bestandteil der Straße, von welcher er abzweigt, im Sinne des Art. 2 Nr. 1e BayStrWG ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 20. Juli 2016 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Streitgegenstand vorliegender Klage ist der Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 20. Juli 2016, mit welchem der Bescheid der Klägerin vom 25. September 2015 aufgehoben wurde.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin das Grundstück der Beigeladenen FlNr. … der Gemarkung … zu Recht zu einem Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung der Beleuchtung in der … zwischen … und Stichstraße zur … herangezogen.
Zwar grenzt das Beigeladenengrundstück nicht unmittelbar an die … an, es gehört jedoch in Ansehung der beiden das Beigeladenengrundstück mit der ausgebauten Anlage verbindenden Eigentümerwege (FlNrn. … und …) zum Kreis der Grundstücke, welchen durch die … ein straßenausbaubeitragsrechtlich relevanter Sondervorteil vermittelt wird und ist somit beitragspflichtig.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind für die Annahme eines Sondervorteils im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG zwei Merkmale entscheidend, nämlich die spezifische Nähe des Grundstücks zur ausgebauten Anlage, wie sie bei Anliegergrundstücken und ihnen gleichzustellenden Hinterliegergrundstücken gegeben ist, sowie eine Grundstücksnutzung, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, als Anlieger von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann (vgl. z.B. BayVGH v. 15.4.2010 – 6 B 08.1849 – juris).
Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kommt es im Straßenausbaubeitragsrecht nicht darauf an, ob die ausgebaute Straße dem Grundstück die straßenmäßige Erschließung vermittelt, die für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung nötig ist. Vielmehr genügt für die Annahme des straßenausbaubeitragsrechtlich relevanten Sondervorteils schon die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit als solche. Diese kommt grundsätzlich jeder zulässigen und sinnvollen Nutzung des Grundstücks zugute (z.B. BayVGH v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182 – juris).
Diese die Beitragserhebung rechtfertigende vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit wird einem Grundstück grundsätzlich durch die nächste erreichbare selbständige Verkehrseinrichtung vermittelt, wobei es sich dabei auch um einen öffentlichen oder privaten Weg handeln kann (vgl. BayVGH v. 14.4.2011 a.a.O.).
Zu letzterem führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 30. Juni 2016 – 6 B 16.515 – juris, Folgendes aus:
„Grenzt ein Grundstück an einen von einer ausgebauten Straße abzweigenden – öffentlichen oder privaten – Weg, beantwortet sich die Frage, ob das betreffende Grundstück an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes für den Ausbau der Straße teilnimmt, danach, ob der Weg als ausbaubeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig zu qualifizieren ist. Ist der Weg selbständig, koppelt er die nur an ihm gelegenen Grundstücke ab und schließt eine Beitragspflicht für die Straße, von der der Weg abzweigt, aus (BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182 – juris Rn. 20; B.v.4.12.2014 – 6 ZB 13.431 – juris Rn. 8; NdsOVG, U.v. 24.3.2015 – 9 LB 57.14 – NVwZ-RR 2015, 673). Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen selbständigen Ortsstraßen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG einerseits und unselbständigen Zufahrten zu solchen Ortsstraßen als deren Bestandteil („Anhängsel“) andererseits ist der Gesamteindruck der zu beurteilenden Einrichtung. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und Beschaffenheit sowie vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zu (vgl. BayVGH, U.v. 14.4.2011 – 6 BV 08.3182 – juris Rn. 21).“
Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen an die Annahme eines beitragsrelevanten Sondervorteils ergibt sich vorliegend, dass die beiden Eigentümerwege dem Beigeladenengrundstück eine vorteilsrelevante Anbindung an die ausgebaute … vermitteln.
Im Hinblick auf die Länge der beiden Wege mit ca. 21 m, ihren geraden, zufahrtsähnlichen Verlauf und den Umstand, dass es sich um Wege ohne Verbindungsfunktion handelt, sind diese beitragsrechtlich als unselbständig zu qualifzieren.
Anders als der in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juni 2016, a.a.O., vorhandene Eigentümerweg, welcher im Hinblick auf seine Länge und seinen nicht geradlinigen Verlauf als selbständige Einrichtung beurteilt wurde und deshalb das dortige Beigeladenengrundstück „abkoppelte“ von der ausgebauten Ortsstraße, sind die im hier zu entscheidenden Falle inmitten stehenden Eigentümerwege wegen ihrer „Anhängselfunktion“ nicht geeignet, die an ihr gelegenen Grundstücke und damit auch das Beigeladenengrundstück, ausbaubeitragsrechtlich „abzukoppeln“.
2. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die ausgebaute … und die streitgegenständlichen unbefahrbaren Eigentümerwege unterschiedlichen Straßenkategorien angehören.
Der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Dezember 2004 – 6 CS 04.1417 – juris, ist zu entnehmen, dass der Grund für das „Abkoppeln“ bei unterschiedlichen Straßenkategorien/Verkehrsfunktionen und die daraus resultierende Aufspaltung in mehrere selbständige Einrichtungen in den in der Satzung geregelten unterschiedlichen Gemeindeanteilen zu sehen ist.
Dieser Grund ist aber dann nicht gegeben, wenn es nicht zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen für Ortsstraße und Eigentümerweg kommen kann, weil, wie vorliegend, der Eigentümerweg mangels Straßenbaulast der Gemeinde (Art. 55 BayStrWG) nicht durch die Gemeinde ausgebaut werden kann und es demnach auch zu keiner Beitragserhebung durch die Gemeinde führen wird.
Auf vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass die im Privateigentum und damit nicht in der Baulast der Klägerin stehenden unselbständigen Eigentümerwege das Beigeladenengrundstück vorteilsrelevant an die angebaute … anbinden.
3. Die seitens des Beklagten vertretene Auffassung, dass die streitgegenständlichen Eigentümerwege keine Bestandteile der … im Sinne des Art. 2 Ziffer 1e BayStrWG seien, sie demnach weder selbständige Verkehrsanlagen noch unselbständige Bestandteile einer anderen Verkehrsanlage sein könnten, verkennt, dass es bei der hier vorzunehmenden Beurteilung der Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit der Eigentümerwege sich um eine rein beitragsrechtliche Qualifizierung handelt, nicht aber geht es dabei um die Frage, ob ein Eigentümerweg, welcher nach beitragsrechtlichen Grundsätzen als unselbständig einzuordnen ist, Bestandteil der Straße, von welcher er abzweigt, im Sinne des Art. 2 Ziffer 1e BayStrWG ist.
Diesbezüglich wird im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Juni 2011 – 6 BV 10.2467 – juris, folgendes ausgeführt:
„Zutreffend hat die Beklagte demgegenüber die vom Klägerbevollmächtigten angesprochenen Grundstücke, die mit der ausgebauten Straße nur über den Privatweg auf den Grundstücken FlNrn. … bis … verbunden sind, bei der Aufwandsverteilung berücksichtigt. Abgesehen davon, dass eine Herausnahme dieser Grundstücke aus der Aufwandsverteilung zu einem – erheblich – höheren Anteil der Klägerin am umlagefähigen Aufwand führen würde, ist sie rechtlich nicht angezeigt. Denn bei dem Privatweg handelt es sich, wie der gerichtliche Augenschein ergeben hat, lediglich um ein bloßes unselbständiges „Anhängsel“ der Straße Auf der Schanze, das als Zufahrt zu einigen Grundstücken in „zweiter Reihe“ dient. Der Weg ist damit nicht geeignet, die an ihm gelegenen Grundstücke ausbaubeitragsrechtlich „abzukoppeln“.
Nach alledem steht fest, dass der Klage vollumfänglich stattzugeben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben