Baurecht

Straßenausbaubeitrag und Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme

Aktenzeichen  W 3 K 15.729

Datum:
8.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 46705
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 2 Abs. 1, Art. 5

 

Leitsatz

1. Im Rahmen des Ausbaubeitragsrechts ist grundsätzlich der formelle Grundstücksbegriff im Sinne des Grundbuchrechts anzuwenden ist. Für gewisse atypische Fälle ergeben sich hiervon Ausnahmen, wenn sich die Inanspruchnahmemöglichkeit einer ausgebauten Straße lediglich auf die Teilfläche eines Buchgrundstückes auswirkt. Allerdings ist dies nicht der Fall, wenn ein Buchgrundstück vollständig im Gebiet eines Bebauungsplans liegt. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme ist grundsätzlich die einzelne Ortsstraße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Wie weit eine solche Ortsstraße reicht (und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt), bestimmt sich nicht nach den Straßennamen, sondern grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie Straßenausstattung vermitteln.  (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Von dem Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise können spezifische ausbaubeitragsrechtliche Umstände allerdings eine Ausnahme verlangen. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn mehrere Verkehrsanlagen unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. Bei einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine einzelne Anlage erscheinen (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 
III.    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte über die Klage nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die zulässige Klage, mit der sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. Juli 2015 wendet, ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen im Sinne des Art. 46 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 958).
Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind (allgemein zu der Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen vgl. BayVGH, U.v. 9.11.2016 – 6 B 15.2732 – BayVBl. 2017, 200).
Voraussetzung für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist eine gültige Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG. Eine solche Regelung hat die Beklagte mit ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Erweiterung oder Verbesserung von Straßen, Wegen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 24. April 2009, zuletzt geändert durch Satzung vom 24. September 2010 (Ausbaubeitragssatzung – ABS) geschaffen. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind nicht ersichtlich; die vom Kläger vorgetragenen Bedenken in materiell-rechtlicher Hinsicht greifen nicht durch.
Der Kläger trägt insoweit vor, die Satzung sei unwirksam, weil sie für die Anwendung einer Tiefenbegrenzung von 50 m zwischen Grundstücken in- und außerhalb eines Bebauungsplans differenziere (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 ABS). Dies gelte umso mehr, als dass nicht berücksichtigt werde, ob in dem Bebauungsplan beispielsweise Wald festgesetzt werde oder er in einem Naturschutzgebiet liege und das Grundstück damit definitiv von jeglicher Bebauung ausgeschlossen sei.
Unabhängig von der Frage, ob die vom Kläger vorgetragenen Rügen überhaupt die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung im Ganzen zur Folge hätten, liegt insgesamt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) vor. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Ausbaubeitragssatzung bei Grundstücken, die im Gebiet eines Bebauungsplans liegen, stets das Buchgrundstück heranzieht.
In diesem Zusammenhang ist zunächst von Bedeutung, dass im Rahmen des Ausbaubeitragsrechts grundsätzlich der formelle Grundstücksbegriff im Sinne des Grundbuchrechts anzuwenden ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2013 – 6 CS 12.2360 – juris Rn. 9). Für gewisse atypische Fälle ergeben sich hiervon Ausnahmen, wenn sich die Inanspruchnahmemöglichkeit einer ausgebauten Straße lediglich auf die Teilfläche eines Buchgrundstückes auswirkt (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 35 Rn. 34). Allerdings ist dies nicht der Fall – und die Ausbaubeitragssatzung deshalb vorliegend nicht unwirksam -, wenn ein Buchgrundstück vollständig im Gebiet eines Bebauungsplans liegt. Das erkennende Gericht ist der Auffassung, dass die vollständige Lage eines Grundstückes im Bereich eines Bebauungsplans hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Grundstück in seiner gesamten Größe einen besonderen Vorteil aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme erhält. Insoweit ist es auch zulässig, dass die Ausbaubeitragssatzung pauschal hiervon ausgeht. Die Grenzen eines Bebauungsplans legen fest, in welchem Bereich das Gebiet einer Gemeinde grundsätzlich als bebaubar und somit schließlich als nutzbar zu betrachten ist. Bindet ein Bebauungsplan demnach ein Buchgrundstück vollständig in sein Gebiet ein, ist auch davon auszugehen, dass es in seiner gesamten Größe einen besonderen Vorteil aus der Straße, an der es anliegt, erhält. Insofern zieht auch die Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags (abgedruckt bei Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand: September 2016, Teil VI Ziff. 2.16) in § 7 Abs. 3 Nr. 1 im Gebiet eines Bebauungsplans den vollen Flächeninhalt des Buchgrundstücks heran. Im Übrigen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bezüglich der vorliegenden Ausbaubeitragssatzung bereits entschieden, dass mit § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 ABS keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung verbunden ist. Eine in der Beitragssatzung vorgesehene Tiefenbegrenzungsregelung, die typischerweise der Abgrenzung der (noch) dem Innenbereich zugehörigen Teilfläche eines übertiefen Grundstücks von der (schon) im Außenbereich liegenden dient, ist auf Grundstücke in beplanten Gebieten nicht anwendbar (BayVGH, B.v. 31.7.2014 – 6 ZB 13.2270 – juris Rn. 14 m.w.N.). Die Satzung ist wirksam.
Auf der Grundlage dieser rechtlichen Gegebenheiten erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig. Insbesondere hat die Beklagte die Anlage zutreffend bestimmt, das streitgegenständliche Grundstück zu Recht in seiner vollen Größe und das Grundstück Fl.Nr. …2 zu Recht gar nicht in die Veranlagung einbezogen.
Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme ist grundsätzlich die einzelne Ortsstraße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Wie weit eine solche Ortsstraße reicht (und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt), bestimmt sich nicht nach den Straßennamen, sondern grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie Straßenausstattung vermitteln. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme. Von dem Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise können spezifische ausbaubeitragsrechtliche Umstände allerdings eine Ausnahme verlangen. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn mehrere Verkehrsanlagen unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. Bei einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine einzelne Anlage erscheinen (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2009 – 6 ZB 07.228 – juris Rn. 4; B.v. 8.4.2010 – ZB 09.2308 – juris Rn. 5; B.v. 23.5.2012 – 6 CS 11.2636 – juris Rn. 9).
Die Beklagte ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass die Anlage vorliegend bei der Abzweigung von der Hauptstraße beginnt und beim Übergang der Straße Am Fuchsloch in die Straße Am Hofacker endet. Dies ergibt sich aus der natürlichen Betrachtungsweise.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat in seinem Urteil vom 17. September 2013 im Verfahren W 2 K 11.631 diesbezüglich ausgeführt:
„Unter diesen Voraussetzungen ist die Straße Am Fuchsloch in ihrer gesamten Länge von der Einmündung in die Hauptstraße bis zum Übergang in die Straße Am Hofacker (inkl. der dort befindlichen Straßenaufweitung) als einheitliche Anlage anzusehen. Aus dem Kartenmaterial und der von der Beklagten vorgelegten Fotodokumentation ist ersichtlich, dass die Straße Am Fuchsloch ohne größere Breitenunterschiede und optische Einschnitte weitgehend geradlinig verläuft, so dass sie nach der natürlichen Betrachtungsweise eine einheitliche Anlage darstellt. Dabei ist der unmittelbare Einmündungsbereich in die Hauptstraße entgegen der Widmung aufgrund seiner Verkehrsfunktion nicht der Blumenstraße, sondere der Straße Am Fuchsloch zuzuschlagen. Die Beklagte hat die Straße Am Fuchsloch als Erschließungsstraße mit starkem innerörtlichen Verkehr eingestuft (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1.2 ABS). Darunter versteht man gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 ABS Straßen, die neben der Erschließung der Anliegergrundstücke dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen und nicht Hauptverkehrs-, Geschäfts- oder Durchgangsstraßen sind. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Qualifizierung der Straße Am Fuchsloch ist davon auszugehen, dass der Verkehr von der Hauptstraße zu einem beachtlichen Anteil weiter in die Straße Am Fuchsloch fließt und nicht in die Blumenstraße, die aufgrund ihrer parallelen Anordnung zur Hauptstraße als Anliegerstraße zu qualifizieren ist. Konsequenterweise bildet der Einmündungsbereich zur Hauptstraße daher mit der Straße Am Fuchsloch eine einheitliche Anlage, wobei die Abgrenzung zur Blumenstraße entsprechend dem natürlichen Verkehrsfluss als Bogen vom Einmündungsbereich der Hauptstraße zur Straße Am Fuchsloch zu ziehen ist.“
Das erkennende Gericht schließt sich diesen Ausführungen an und macht sie sich zu Eigen.
Zudem ist die nach Süden abzweigende Stichstraße (Grundstück Fl.Nr. …0) – entgegen dem Vortrag des Klägers – nicht Teil der Anlage. Entsprechend den obigen Ausführungen weist die Stichstraße eine andere Verkehrsfunktion als die streitgegenständliche Anlage auf. Die Beklagte hat die Straße Am Fuchsloch gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1.2 ABS zu Recht als Erschließungsstraße mit starkem innerörtlichen Verkehr qualifiziert. Eine solche Straße liegt nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 ABS dann vor, wenn sie neben der Erschließung der Anliegergrundstücke dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dient und nicht Hauptverkehrs-, Geschäfts- oder Durchgangsstraße ist. Wie oben bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass der Verkehr von der Hauptstraße zu einem beachtlichen Anteil weiter in die Straße Am Fuchsloch fließt und nicht in die Blumenstraße, die aufgrund ihrer parallelen Anordnung zur Hauptstraße als Anliegerstraße zu qualifizieren ist. Der Einordnung als Erschließungsstraße mit starkem innerörtlichen Verkehr ist der Kläger nicht entgegengetreten; auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken geäußert (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2014 – 6 ZB 13.2270 – juris Rn. 6 f.).
Gleichzeitig ist die Stichstraße unproblematisch eine Erschließungsstraße mit der Funktion einer Wohnstraße gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1.1 ABS. Eine solche Straße liegt nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 ABS dann vor, wenn die Straße überwiegend der Erschließung von Wohngrundstücken dient. Es liegt auf der Hand, dass eine Stichstraße nicht dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen kann. Aus diesen Gründen spielt es auch keine Rolle, dass die Stichstraße kürzer als 100 m ist und nicht der Erschließung vieler Grundstücke dient. Alleine aufgrund der unterschiedlichen Verkehrsfunktionen liegt eine ausbaubeitragsrechtlich eigenständige Anlage vor.
Eine andere Beurteilung der vorliegenden Anlage ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Abschnittsbildung. Die vom Gemeinderat der Beklagten am 13. Juli 2010 beschlossen Abschnittsbildung war unwirksam. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Abschnitt – neben anderen rechtlichen Voraussetzungen – grundsätzlich nur dann gebildet werden, wenn der Ausbau nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, die im Bauprogramm ihren Niederschlag gefunden haben, fortgeführt werden soll, die tatsächliche Ausführung sich aber zunächst auf eine bestimmte Strecke der geplanten Ausführung beschränkt, wenn mit anderen Worten die Erneuerung der Einrichtung nicht in einem Zuge, sondern in Etappen (Teilstrecken) verwirklicht wird. Dies setzt ein konkretes Bauprogramm auch für die Fortführung des Ausbaus der Reststrecke sowie einen konkreten zeitlichen Horizont voraus (st. Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 6.10.2016 – 6 ZB 15.1163 – juris Rn. 13; B.v. 21.7.2016 – 6 ZB 16.97 – juris Rn. 9; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33 Rn. 53 ff.).
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat in seinem Urteil vom 17. September 2013 im Verfahren W 2 K 11.631 diesbezüglich ausgeführt:
„Der Gemeinderat der Beklagten hat in der Sitzung vom 13. Juli 2010 beschlossen, für den Ausbau der Straße Am Fuchsloch einen Abschnitt zu bilden, der von der westlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. 4390 und der östlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. 4366 in westlicher bzw. dann nördlicher Richtung bis zur nördlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. 4392 und 4286 verlaufen sollte, und dementsprechend wurden die Ausbaukosten nur auf die Anlieger dieses ausgebauten Teilstücks der Straße Am Fuchsloch umgelegt. Laut Aussage des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 6. März 2013 sollte durch den Beschluss des Gemeinderates der Beklagten zum Ausdruck gebracht werden, dass der östliche Teil der Straße Am Fuchsloch zu einem späteren Zeitpunkt ausgebaut bzw. erneuert werde. Einen Zeitplan gebe es dafür derzeit noch nicht. Es bestehe dort kein akuter Handlungsbedarf. Da es an konkreten Vorstellungen der Beklagten, insbesondere an einem zeitlichen Horizont, für den weiteren Ausbau des östlichen Teils der Straße Am Fuchsloch fehlt, also in absehbarer Zukunft keine erneuten Ausbauarbeiten an der Straße geplant sind, liegt keine wirksame Abschnittsbildung vor, mit der Folge, dass ein Teilstreckenausbau vorliegt und die Ausbaukosten auf sämtliche Anlieger der Erschließungsstraße zu verteilen sind.“
Auch diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an und macht sie sich zu Eigen. Ergänzend bleibt noch auszuführen:
Eine andere Beurteilung der vorliegenden Anlage ergibt sich – entgegen dem klägerischen Vortrag – auch nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen der Erhebung von Erschließungsbeiträgen Erschließungseinheiten gebildet hat. Insoweit behauptet der Kläger lediglich pauschal, die Beklagte sei an ihre frühere Abschnittsbildung gebunden. Er legt nicht dar, aufgrund welcher rechtlichen Gegebenheiten eine solche Bindungswirkung eingetreten sein soll. Zwar ist es zutreffend, dass sich der Anlagenbegriff des Erschließungsbeitragsrechts im Grunde mit dem des Ausbaubeitragsrechts deckt (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 31 Rn. 8). Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass die jeweilige Behörde bzw. ein Gericht stets an früher angenommene Erschließungseinheiten gebunden sind. Etwaige frühere Bescheide zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das erkennende Gericht ist anhand der rechtlichen Gegebenheiten und aufgrund der oben dargelegten Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die streitgegenständliche Anlage nicht identisch ist mit den vom Kläger vorgetragenen, früher von der Beklagten angenommenen Erschließungseinheiten. Die Beklagte hat die Anlage daher zutreffend bestimmt.
Die Beklagte hat alle Grundstücksflächen, die bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen waren, berücksichtigt.
Das Grundstück Fl.Nr. …7 liegt im Gebiet des Bebauungsplans „Am Fuchsloch“ und war daher gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 ABS mit seiner vollen Fläche heranzuziehen. Das Gericht teilt in diesem Zusammenhang die Zweifel des Klägers an der Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht. Der Kläger trägt diesbezüglich im Wesentlichen vor, die Begrenzung des Bebauungsplans hätte auf die tatsächlich nutzbaren Flächen erfolgen müssen. Zudem liege er teilweise im Bereich des Landschaftsschutzgebietes „Spessart“ und einer Wasserschutzgebietszone.
Eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans ergibt sich zunächst nicht aus der Tatsache, dass das Grundstück Fl.Nr. …7 auch mit seinem Waldanteil innerhalb der Grenzen des Bebauungsplanes liegt. § 9 Abs. 7 BauGB trifft keine Aussage darüber, wie weit die Grenzen eines Bebauungsplans gezogen werden müssen. Diese Norm regelt lediglich, dass die Grenzen klar ersichtlich sein müssen (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 232). Die Grenzen des Bebauungsplans „Am Fuchsloch“ sind durch die zeichnerischen Festsetzungen eindeutig bestimmt. Es gibt vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung der Grenzen des klägerischen Grundstücks gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB normierte Erforderlichkeitsgebot verstößt. Es kann keine Negativplanung darin gesehen werden, dass Teile eines grundsätzlich bebaubaren Grundstückes tatsächlich nicht bebaubar sind. Das klägerische Grundstück ist vielmehr als einheitliche Nutzungseinheit zu sehen, das zwar für seine Größe eine eher geringe Bebauung zulässt, dadurch aber die Festsetzung der Grenzen nicht rechtswidrig erscheinen lässt.
Auch die Verordnung des Bezirks Unterfranken über das Landschaftsschutzgebiet „Spessart“ i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Dezember 2001 (ursprünglich in Kraft getreten als Verordnung über den Naturpark Spessart am 28. Juli 1982 (GVBl S. 614)) hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans „Am Fuchsloch“. Grundsätzlich ist die Unwirksamkeit eines Bebauungsplans denkbar, wenn dessen Festsetzungen mit den Regelungen einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht vereinbar sind und sich der Widerspruch zwischen der Landschaftsschutzgebietsverordnung und dem Bebauungsplan nicht durch eine naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung beseitigen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2004 – 4 BN 28/03 – NVwZ 2004, 1242). Allerdings liegt den diesbezüglichen Gerichtsentscheidungen stets der Sachverhalt zugrunde, dass ein Bebauungsplan in den Bereich einer bestehenden Landschaftsschutzgebietsverordnung geplant wird (vgl. auch BayVGH, B.v. 28.3.2002 – 1 NE 01.2074 – NVwZ-RR 2002, 712). Im vorliegenden Fall trägt der Kläger selbst vor, dass die Landschaftsschutzgebietsverordnung zeitlich erst nach dem Bebauungsplan „Am Fuchsloch“ in Kraft getreten ist. Daher konnte bei Erlass des Bebauungsplans noch gar nicht berücksichtigt werden, ob ein Widerspruch zur Landschaftsschutzgebietsverordnung besteht oder nicht. Zwar ist es in diesem Fall denkbar, dass die Landschaftsschutzgebietsverordnung aufgrund eines Widerspruchs zum Bebauungsplan (teil-) unwirksam ist (vgl. BayVGH, U.v. 24.6.2016 – 14 N 14.1649 – juris); dies spielt für das vorliegende Verfahren jedoch keine Rolle. Insgesamt scheitert die Unwirksamkeit des Bebauungsplans bereits daran, dass er vor der Landschaftsschutzgebietsverordnung in Kraft getreten ist.
Im Übrigen liegt – ohne dass es darauf ankommt – das Gebiet der Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht einem Bereich des Bebauungsplans, der bebaubare Flächen festsetzt. Daher wäre ohnehin zweifelhaft, ob überhaupt ein Widerspruch zwischen Bebauungsplan und Landschaftsschutzgebietsverordnung vorliegt. Gleiches gilt vor dem Hintergrund, dass die Landschaftsschutzgebietsverordnung nach § 7 Ausnahmen der Beschränkungen u.a. für die vom Kläger vorgetragene forstwirtschaftliche Bodennutzung vorsieht.
Auch der Vortrag des Klägers bezüglich des Wasserschutzgebietes führt nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, inwiefern das Wasserschutzgebiet an dieser Stelle von Relevanz ist. Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund dieser Tatsache das streitgegenständliche Grundstück keinen Vorteil an der ausgebauten Anlage mit seiner vollen Fläche hat.
Im Übrigen trägt der Kläger auch nicht vor, dass sich die baulichen Anlagen seines Grundstücks im Gebiet der Wasserschutzgebietsverordnung befinden oder dass ihm die derzeitige Nutzung seiner Waldfläche (Forstwirtschaft) dadurch unmöglich gemacht wird. Es wird auch nicht dargelegt, dass die Verordnung über das Wasserschutzgebiet Einfluss auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans hat; der Kläger trägt insgesamt nur die Existenz dieser Verordnung vor, konkrete Auswirkungen werden nicht dargestellt. Für das Gericht ist auch nicht ersichtlich, dass der Bebauungsplan den Wasserschutz nicht ausreichend berücksichtigt, zumal sich die Baugrenzen außerhalb des Wasserschutzgebietes befinden (vgl. zur Problematik Tünnesen-Harmes in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht 45. Edition Stand: 1.12.2017, § 51 WHG Rn. 3 ff.).
Insgesamt mag es sein, dass die Festsetzung der Grenzen des Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers bzw. dessen Heranziehung zu Ausbaubeiträgen unglücklich ist; rechtlich wirksam ist sie dennoch.
Auch sonst ist nicht davon auszugehen, dass das Grundstück Fl.Nr. …7 – unabhängig von der Wirksamkeit des Bebauungsplans – nicht mit seiner vollen Fläche heranzuziehen ist. Die vom Kläger vorgetragene Ausnahme für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke in der Satzung nach § 8 Abs. 5 ABS gilt nur für Grundstücke im Außenbereich. Das Gericht hat oben bereits ausgeführt, dass Art. 3 GG hierdurch nicht verletzt wird. Das streitgegenständliche Grundstück ist auch kein außergewöhnlich großes, namentlich land- oder forstwirtschaftlich genutztes Grundstück im Außenbereich (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 35 Rn. 35). Es kommt auch nicht darauf an, dass sich innerhalb des Grundstücks etwa durch eine Schlucht Probleme der Erreichbarkeit ergeben. Im Rahmen des Ausbaubeitragsrechts ist von Bedeutung, dass das Grundstück an sich von der jeweiligen Anlage aus betretbar ist. Dies ist jedoch vorliegend unstreitig der Fall. Zudem kommt es für die Erhebung von Ausbaubeiträgen auch nicht auf die bauliche Nutzung an, vielmehr genügt jede sinnvolle Nutzung für das Entstehen der Beitragspflicht. Dass das Grundstück überhaupt keiner sinnvollen Nutzung unterliegt, trägt der Kläger selbst nicht vor.
Da die Stichstraße entsprechend den obigen Ausführungen nicht Teil der vorliegenden Anlage ist, war auch das Grundstück Fl.Nr. …2 nicht in die Berechnung mit einzubeziehen. Es liegt nicht an der maßgeblichen Ortsstraße an und erlangt daher von dieser auch keinen besonderen Vorteil im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG.
Andere Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom 22. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. Juli 2015 sind nicht ersichtlich, die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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