Baurecht

Straßenrechtliche Planfeststellung einer Ortsumgehung

Aktenzeichen  AN 10 K 17.00292

Datum:
10.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 16868
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14 Abs. 1
BayVwVfG Art. 75 Abs. 1a
BayStrWG Art. 36, Art. 40
BImSchG § 41, § 50
BNatSchG § 15 I, § 30, § 44
WHG § 48

 

Leitsatz

1. Der Bau von Ortsumgehungsstraßen zur Entlastung von Ortsdurchfahrten begründet im Regelfall eine Planrechtfertigung. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein justiziabler Abwägungsfehler liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Trassenvariante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller erheblichen Belange der Behörde hätte aufdrängen müssen. (Rn. 77) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wirtschaftliche Belange, insbesondere die Geltendmachung der Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes, müssen im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden, es sei denn, die Planfeststellungsbehörde macht deutlich, dass es die für das Vorhaben bzw. die konkrete Trassenentscheidung streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll. (Rn. 87 – 88) (redaktioneller Leitsatz)
4. Liegt weder eine Existenzgefährdung noch eine Existenzvernichtung vor, darf der von der Planung betroffene Eigentümer hinsichtlich von Nachteilen durch die Planung auf das nachfolgende Enteignungs- bzw. damit verbundene Entschädigungsverfahren verwiesen werden, ohne dass sich mit der Frage einer Ersatzlandgestellung auseinandergesetzt werden muss. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1.
Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen Mängeln, die zu seiner Aufhebung oder als Minus hierzu zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. Art. 75 Abs. 1a VwVfG.)
Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (Art. 40 BayStrWG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher hat der Kläger, dessen durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum teilweise in Anspruch genommen werden soll, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (BVerwG, U.v. 12.8.2009, 9 A 64.07). Der Anspruch auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Plans unterliegt allerdings Einschränkungen. Danach kann eine Anfechtungsklage keinen Erfolg haben, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. (BVerwG a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben leidet der Planfeststellungsbeschluss nicht an Mängeln, die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen:
Er besitzt die erforderliche Planrechtfertigung, verstößt nicht gegen zwingendes Recht und erweist sich zu Lasten des Klägers auch nicht als abwägungsfehlerhaft.
2.
Die Planrechtfertigung liegt vor.
Das Vorhaben ist gemessen an den Zielen des zugrunde liegenden Fachplanungsgesetzes vernünftigerweise geboten (BVerwG, U.v. 22.3.1985, 4 C 15.83).
Dies ist nach Auffassung der Kammer der Fall. Die Kammer folgt insoweit der ausführlichen und zutreffenden Begründung im angefochtenen Planfeststellungsbescheid gem. § 117 Abs. 5 VwGO, die den Bedarf für die Planung, insbesondere unter Zugrundelegung von Prognosen betreffend die Verkehrsentwicklung auf dem bisherigen Streckenabschnitt, detailliert begründet und sich detailliert mit den Einwendungen der Klägerseite auseinandersetzt; die Klagebegründung warf insoweit keine neuen Gesichtspunkte auf. Es liegt ohnehin auf der Hand, dass der Bau von Ortsumgehungsstraßen zur Entlastung von Ortsdurchfahrten im Regelfall eine Planrechtfertigung begründet (BVerwG, U.v. 30.5.2012, 9 A 35.10). So liegt der Fall auch bei der streitgegenständlichen Ortsumgehung, zumal nach den verfahrensgegenständlichen Verkehrszählungen der Durchgangsverkehrsanteil bei der bisherigen Strecke bei 98% liegt. Ein Entlastungseffekt durch die geplante Ortsumgehung liegt daher auf der Hand.
3.
Zwingende Rechtsvorschriften, auf die sich der Kläger berufen kann, sind nicht verletzt.
3.1
Das planfestgestellte Vorhaben hält die Vorgaben des Verkehrslärmschutzes nach den §§ 41, 50 BImSchG ein. Die Kammer folgt insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO der überzeugenden und detaillierten Begründung im angefochtenen Planfeststellungsbescheid, die auf schalltechnischen Untersuchungen beruhen und die sich bereits mit den im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen auseinandersetzen. Die Klagebegründung bringt zudem ergänzend nur noch vor, dass es zu einem Mehr an landwirtschaftlichem Verkehr am klägerischen Anwesen komme, da der landwirtschaftliche Verkehr nunmehr gebündelt über eine Brücke über die Ortsumgehung geleitet werde und von dort am Anwesen des Klägers vorbei komme. Dies führe zu einer erheblichen Erhöhung der Immissionswerte, die nicht berücksichtigt worden seien.
Angesichts der von dem Kläger angegebenen geringen Zahl von drei landwirtschaftlichen Betrieben in diesem Bereich des Ortes … geht die Kammer nicht davon aus, dass es durch die veränderte Wegeführung der landwirtschaftlichen Wege zu relevanten Erhöhungen der berechneten Immissionswerte kommt, da das Verkehrsaufkommen deutlich unter dem Verkehrsaufkommen durch den Verkehr auf der Ortsumgehung liegen dürfte, die jeweiligen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden und schließlich, da derartiger Lärm nach den Gegebenheiten in … üblich ist und als sozial adäquat hinzunehmen ist.
3.2
Das Vorhaben hält die Gebote des Naturschutzes, insbesondere das Verbot der Vornahme vermeidbarer Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft (§ 15 Abs. 1 BNatSchG) sowie Vorgaben des Biotopschutzes (§ 30 BNatSchG) sowie des Artenschutzes (§ 44 BNatSchG) ein, sofern insoweit überhaupt eine Rechtsverletzung des Klägers im Raum steht. Die Kammer nimmt insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die überzeugende und detaillierte, auf fachlichen Stellungsnahmen beruhende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbescheids Bezug, zumal die Klagebegründung insoweit keine neuen Gesichtspunkte aufwirft.
3.3
Das Vorhaben hält das Gebot der Reinhaltung des Grundwassers gem. § 48 WHG ein. In Rede steht hier eine Verunreinigung der Hausbrunnen in …, auch des Hausbrunnens des Klägers durch die Realisierung des Vorhabens als möglicherweise die Rechte des Klägers verletzende Einwirkung. Nur insoweit äußerte das verfahrensbeteiligte Wasserwirtschaftsamt als amtlicher Sachverständiger, dass eine qualitative Beeinträchtigung des auch für landwirtschaftliche Zwecke genutzten Wassers, vor allem während der Bauzeit, nicht ausgeschlossen sei.
Nach Auffassung der Kammer trägt die festgestellte Planung diesem Belang genügend Rechnung, qualitative Nachteile für die Wasserversorgung des Klägers sind nicht zu besorgen.
Insoweit wird auf die überzeugende und detaillierte Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen, die sich mit den Einwendungen auseinandersetzt.
Insbesondere stellt das beauflagte Beweissicherungsverfahren mit Grundwassermessstellen nach Auffassung der Kammer sicher, dass Verunreinigungen rechtzeitig erkannt werden, zumal ein wöchentlicher Beprobungsrhytmus vorgesehen ist und die Messstellen von den Brunnen abgesetzt errichtet werden. Der ergänzende Vortrag in der Klagebegründung, die Sicherungsmaßnahmen seien nicht ausreichend, da sie erst bei eingetretener Gefährdung eingreifen, überzeugt daher nicht.
Durch die weiteren vorgesehenen Maßnahmen ist nach Auffassung der Kammer für den Havariefall die Wasserversorgung sichergestellt, so dass nicht zu besorgen ist, dass eine eventuelle Verunreinigung des Wassers aus den Hausbrunnen die Versorgung des Klägers betrifft. Dies zum einen durch die zugesagte, im streitgegenständlichen Bescheid angeführte Ersatzwasserversorgung durch die Beigeladene, gegen die die Fachbehörden (Gesundheitsamt und Wasserwirtschaftsamt) keine Einwände erhoben haben, zum anderen durch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung getroffene und protokollierte Zusage der Beigeladenen, das klägerische Grundstück noch vor Baubeginn per Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwasserversorgung anzuschließen.
Des weiteren ist durch den in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommenen Entscheidungsvorbehalt nach Auffassung der Kammer sichergestellt, dass etwaig erforderliche weitergehende Schadensabwehrmaßnahmen, die derzeit nicht absehbar sind, durchgeführt werden können.
3.4
Die Kammer nimmt auch im Übrigen hinsichtlich der Prüfung von für die Betroffenheit des Klägers erheblichen zwingenden Rechtssätzen auf die überzeugende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug, zumal im Rahmen der Klagebegründung insoweit keine ergänzenden Gesichtspunkte vorgetragen wurden.
4.
Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Mängeln hinsichtlich der gebotenen Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange, die offensichtlich und für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (Art. 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG) und die für eine Rechtsverletzung des Klägers erheblich sind.
4.1
Die Abwägung räumlicher Trassenvarianten lässt einen Abwägungsfehler nicht erkennen.
Ein justiziabler Abwägungsfehler liegt insoweit nicht schon dann vor, wenn eine andere Trassenvariante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller erheblichen Belange der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, U.v. 19.5.1998, 4 A 9.97). Bei der Abwägung können weniger geeignete Varianten nach einer Grobanalyse ausgeschieden werden (BVerwG, U.v. 25.1.1996, 4 C 5.95), ernsthaft in Betracht kommende Trassenalternativen müssen genauer untersucht und gewichtet werden (BVerwG, B.v. 20.12.1988, 7 NB 2.88).
Nach diesen Maßstäben sind bei der Entscheidung für die gewählte Trassenführung keine Abwägungsfehler erkennbar, da von den vier in Betracht kommenden Alternativen die beiden aussichtsreichsten Alternativen genauer untersucht und die Entscheidung für die nördliche Alternative aufgrund geeigneter Kriterien nachvollziehbar getroffen und begründet wurde.
Die Kammer nimmt insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die überzeugende und detaillierte Begründung des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses Bezug, der sich mit den klägerischen Einwendungen auseinandersetzt, zumal die Klagebegründung insoweit keine neuen Gesichtspunkte aufwirft.
4.2 Hinsichtlich der Verkehrsführung, im Hinblick auf Aspekte der Verkehrssicherheit und im Hinblick auf die bauliche Gestaltung der Ortsumgehung und der umgestalteten Wirtschaftswege bzw. Überfahrungen bzw. auf die insoweitige Verkehrsführung, sind keine Abwägungsfehler erkennbar.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die ausführliche und zutreffende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses, die sich mit den klägerischen Einwendungen auseinandersetzt, zumal die Klagebegründung insoweit keine neuen Gesichtspunkte aufwirft. Insbesondere sind Abwägungsfehler hinsichtlich einer möglichen Konzentration des landwirtschaftlichen Verkehrs, da die landwirtschaftlichen Wege zusammengeführt werden, da nach Realisierung der Ortsumgehung nur eine zentrale Überfahrt zur Verfügung steht bzw. im Hinblick auf einen daraus möglicherweise resultierenden landwirtschaftlichen Mehrverkehr am Anwesen des Klägers vorbei, nicht ersichtlich. Nachdem nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung lediglich drei weitere Hofstellen in einem Bereich belegen sind, für den dann eine Nutzung der zentralen Überfahrt in Frage kommt, ist unzumutbarer Mehrverkehr nicht zu erwarten. Nachdem die Straße an der klägerischen Hofstelle, die dann weiter zu den Wirtschaftswegen und zu der geplanten Überfahrt führt, nach den Angaben des Klägers bereits als Ortsstraße gewidmet ist, und daher bereits bisher für den Verkehr freigegeben ist, ist auch keine erhebliche Verschlechterung der Gefahrensituation zu befürchten. Auch die Erschließung der jenseits der Ortsumgehung liegenden landwirtschaftlichen Flächen bleibt nach Umgestaltung des landwirtschaftlichen Wegenetzes erhalten, da die Erreichbarkeit gewährleistet bleibt. Eine darüber hinausgehende Rechtsposition besteht nicht, Art. 17 Abs. 1 BayStrWG.
4.3 Hinsichtlich der Belange der Wasserwirtschaft, insbesondere auch im Hinblick auf die Nutzungsinteressen des Klägers (§ 6 Abs. 1 WHG), sind keine Abwägungsfehler erkennbar.
Die Kammer nimmt insoweit gem. § 117 Abs. 5 WHG auf die detaillierte und zutreffende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbescheids Bezug, die sich im Einzelnen und eingehend mit den klägerischen Einwendungen auseinandersetzt, zumal die Klagebegründung insoweit keine neuen Gesichtspunkte aufwirft. Lediglich ergänzend ist auf folgende Gesichtspunkte einzugehen:
Soweit quantitative Auswirkungen auf einzelne Hausbrunnen, sprich ein Trockenfallen von Hausbrunnen in … insbesondere durch den Bau des Vorhabens gemäß der fachlichen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes nicht ausgeschlossen werden können, lässt die Planung insofern keine Abwägungsmängel erkennen, da nach Auffassung der Kammer gewährleistet ist, dass Probleme durch das im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss beauflagte Monitoring rechtzeitig erkannt werden und da die Wasserversorgung durch die zugesagte Notwasserversorgung und durch den im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugesagten Anschluss an die Fernwasserversorgung sichergestellt ist. Der vorgesehene Entscheidungsvorbehalt ermöglicht weitergehende erforderliche, jetzt jedoch noch nicht absehbare Maßnahmen. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum Gesichtspunkt der befürchteten qualitativen Verschlechterung des die Hausbrunnen speisenden Wassers verwiesen, die hier analog gelten.
Auch hinsichtlich der Befürchtung, es könne während der Bauzeit und danach zu einem Absenken des Grundwassers und zu einer Austrocknung landwirtschaftlicher Grundstücke kommen, sind keine Abwägungsfehler ersichtlich. Denn eine Absenkung des Grundwassers ist in der Planung nicht vorgesehen, da für den Bau nicht erforderlich, da eine gezielte Entwässerung nicht erforderlich ist. Eine beabsichtigte Grundwasserabsenkung ist daher nicht verfahrensgegenständlich. Auch im Hinblick auf eine mögliche unbeabsichtigte Grundwasserabsenkung bzw. ein unbeabsichtigtes Trockenfallen der landwirtschaftlichen Grundstücke des Klägers sind keine Abwägungsmängel erkennbar, nachdem nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes, der die Klageseite nicht substantiiert entgegen getreten ist, ein derartiges Trockenfallen des von Klägerseite bezeichneten Grundstücks Fl.Nr. … sehr unwahrscheinlich ist und daher weitere Aufklärungs- bzw. Monitoringverfahren nicht erforderlich sind. Die Vertreterin des Wasserwirtschaftsamts hat diese Einschätzung zudem nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung dargelegt, insbesondere im Hinblick auf den Aspekt, dass trotz der Einschätzung, dass eine Beeinträchtigung des Grundwassers, die sich auf die Hausbrunnen auswirkt, insbesondere baubedingt nicht ausgeschlossen werden kann, nicht von einer unbeabsichtigten Grundwasserabsenkung hinsichtlich der landwirtschaftlichen Grundstücke durch den Einbau des Straßenkörpers ausgegangen werden kann, da die Straße erhöht errichtet werde und das Grundwasser unter dem Straßenkörper durchfließe und auf der anderen Seite wieder austrete. Die Planung trägt dieser Befürchtung daher in ausreichendem Maße Rechnung.
Hinsichtlich der klägerischen Befürchtung, die Entwässerung der Ortsumgehung teilweise über den …bach führe zu Überschwemmungen, die insbesondere das klägerische Fahrsilo in der Nähe des geplanten Regenrückhaltebeckens betreffen, was zu Haftungsrisiken im Hinblick auf Verunreinigungen durch ausgeschwemmte Silage führe, wird ebenfalls auf die überzeugende und detaillierte Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen, die sich mit den diesbezüglichen Einwendungen detailliert auseinandersetzt, zumal die Klagebegründung insoweit keine neuen Aspekte aufwirft. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Planung dieser Befürchtung nicht in gebotenem Maße Rechnung trägt, nachdem die Entwässerungssituation durch eine größere Verrohrung des …bachs verbessert wird und nachdem das geplante Regenrückhaltebecken auf ein fünfjähriges Regenereignis ausgerichtet ist, was dem Stand der Technik entspricht. Der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand des Klägers, die geplante Vergrößerung der Gräben und deren geplante Richtung, hin auf die klägerischen Grundstücke, führten zu einer Bündelung des Wassers bei Starkregen und damit einer Erhöhung der Überschwemmungsgefahr greift im Hinblick auf die Verbesserung der Entwässerungssituation durch eine größere Verrohrung des …bachs und durch das geplante, für ein fünfjähriges Regenereignis ausgelegte Regenrückhaltebecken nicht durch.
4.4
Die wirtschaftlichen Belange des Klägers, insbesondere die geltend gemachte Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes, sind in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.
Derartige geltend gemachten Belange müssen im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden, es sei denn, die Planfeststellungsbehörde macht deutlich, dass es die für das Vorhaben bzw. die konkrete Trassenentscheidung streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen landwirtschaftlichen Betriebs verwirklicht werden soll (BVerwG, U.v. 14.4.2010, 9 A 13/08), wovon die Planfeststellungsbehörde hier jedoch nicht ausgegangen ist.
Vielmehr ist die Planfeststellungsbehörde hier davon ausgegangen, dass weder eine Existenzgefährdung noch gar eine Existenzvernichtung aus der Planung resultiert. Liegt weder eine Existenzgefährdung noch eine Existenzvernichtung vor, darf der von der Planung betroffene Eigentümer hinsichtlich von Nachteilen durch die Planung auf das nachfolgende Enteignungs- bzw. damit verbundene Entschädigungsverfahren verwiesen werden, ohne dass sich mit der Frage einer Ersatzlandgestellung auseinandergesetzt werden muss (BVwerG, a.a.O.).
Diese Einschätzung der Planfeststellungsbehörde sowie der insoweitige Abwägungsvorgang stellt sich nach gerichtlicher Prüfung als korrekt und zutreffend dar. Unerheblich ist insoweit, ob es zur Beurteilung einer sachverständigen Begutachtung bedurfte. Eine solche ist im Regelfall bei einem Verlust von Eigentumsflächen oder von langfristig gesicherten Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu fünf Prozent der Betriebsfläche im Regelfall entbehrlich, da nach allgemeiner, sachverständiger Auffassung in einem solchen Fall keine Existenzgefährdung eintritt (BVerwG, a.a.O.).
Denn die Planfeststellungsbehörde hat unter Berücksichtigung des klägerischen Einwandes, der geplante Flächenentzug sei, auch wenn ein fünfprozentiger Flächenentzug nicht vorliegen sollte, wegen der Werthaltigkeit der Flächen für die Frage der Existenzgefährdung bedeutsam, eine sachverständige Begutachtung vornehmen lassen, die die Frage der Existenzgefährdung verneint. Die Planfeststellungsbehörde durfte diese sachverständige Begutachtung ausschlaggebend zugrundelegen. Denn die Kammer geht nach Prüfung des Gutachtens des Sachverständigen …, welches dieser in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat, davon aus, dass dieses sachlich zutrifft. Weiter geht die Kammer davon aus, dass die gutachterliche Einschätzung den rechtlichen Vorgaben entspricht, also nach objektiven und betriebswirtschaftlichen Maßstäben erstellt wurde und sich nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Frage der längerfristigen Existenzfähigkeit, nicht auf momentane betriebsspezifische Besonderheiten – etwa bauzeitbedingte, gesondert entschädigungsfähige Nachteile – oder auf zukünftige Betriebsentwicklungen, die noch nicht konkretisiert sind, fokussiert (BVerwG, a.a.O.).
Die Kammer nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im verfahrensgegenständlichen Gutachten sowie die entsprechende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbescheids Bezug.
Insbesondere stellt sich die Methode der Gewinnermittlung, die auf eine rein betriebswirtschaftliche Sichtweise abstellt und die Jahresabschlüsse zugrunde legt, als korrekt dar, da im Rahmen der Prüfung der Existenzgefährdung rein die Auswirkungen der Planung auf den Betrieb als solchen bzw. dessen Existenzgrundlage geprüft werden. Daher spielt die Frage der Herkunft der für den Betrieb verwendeten Mittel, etwa die Verschuldungs- und Investitionsquote, bei dieser Betrachtung keine Rolle; die Begutachtung beurteilt die Frage der Existenzfähigkeit ausschließlich nach der Höhe des Eigenkapitals, die sich aus dem Betriebsergebnis unter Berücksichtigung der Nachteile für den Betrieb durch die Realisierung der Planung noch ergibt. Aus demselben Grund kommt es daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf eine steuerliche Betrachtungsweise (bei der ggf. weitergehende Abzugsmöglichkeiten bestehen) bzw. den (hier niedriger ausfallenden) steuerlichen Gewinn an. Die Kammer bezweifelt die sachliche Richtigkeit der Gewinnermittlung, auch die Hinzurechnung von zeitraumfremden Aufwendungen nicht, zumal die Klägerseite dem nicht entgegengetreten ist.
Die Kammer bezweifelt die Richtigkeit der Berechnung hinsichtlich der im Gutachten untersuchten, für den Betrieb durch die Planung drohenden Nachteile (Deckungsbeitragsverlust hinsichtlich der Entzugsflächen zzgl. unwirtschaftlicher Restflächen, Bewirtschaftungsmehrkosten hinsichtlich der durchschnittenen Flächen, mglw. nicht entschädigungsfähige Kosten für Mehrwege, auch zu anderen Grundstücken, Reduzierung des Großviehbesatzes aufgrund des Verlustes von bedüngbaren Flächen) nicht, zumal den jeweiligen Berechnungen von Klägerseite sachlich nicht entgegen getreten wurde. Das Gutachten errechnet nach Abzug dieser Nachteile (etwa 9000 €) einen verbleibenden Betrag von … € für die Eigenkapitalbildung, der sich unter Berücksichtigung des nachvollziehbar zugrunde gelegten Mindestbetrages von 5000 bis 8000 € als ausreichend darstellt.
Auch im Hinblick auf die mit der Klagebegründung angeführten weiteren Nachteile, die nach Auffassung der Klägerseite in die Begutachtung hätten eingeführt werden sollen, ist nicht von einem Vorliegen einer Existenzgefährdung auszugehen.
Mehrwege wegen der Verlegung der Wirtschaftswege waren nicht berücksichtigungsfähig, weil das Interesse an der Nichtverlegung von Straßen und Wegen nicht rechtlich geschützt ist und angesichts der bezifferten Nachteile im Hinblick auf die Mehrwege wegen Durchschneidung von Flächen nicht ersichtlich ist, dass dieser Aspekt wirtschaftlich nennenswert ins Gewicht fällt. Daher sind auch die angeführten Nachteile bei der Bewirtschaftung der Waldflächen des Klägers wegen Erschwernissen des Holztransports nicht erheblich.
Weiter ist aufgrund des diesbezüglichen, unsubstantiierten Vortrags der Klägerseite nichts dafür ersichtlich, dass es durch die Ortsumgehung zu einer Verschmutzung des auf den neben der Trasse liegenden Flächen des Klägers angebauten Futters kommt bzw. dass dies zu für die Frage der Existenzgefährdung erheblichen Nachteilen führt.
Weiter ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger durch den Entzug bzw. die Durchschneidung von Flächen erhebliche Nachteile für die Weidehaltung drohen, nachdem derzeit nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung keine Weidehaltung betrieben wird und konkrete Pläne für die Weidehaltung nicht vorliegen. Zudem bleibt auch nach Realisierung des Vorhabens ein erheblicher Teil der betroffenen klägerischen Grundstücke diesseits der Ortsumgehung belegen, ist also ohne Querung der Ortsumgehung von dem klägerischen Hof benutzbar und wohl auch für Weidehaltung geeignet bzw. umnutzbar.
Sollten die wirtschaftlichen Interessen des Klägers an der Ausnutzung der Nutzungsdauer seines Hausbrunnens durch das Vorhaben beeinträchtigt werden, etwa wenn er aufgrund Trockenfalls der Brunnen auch faktisch auf eine andere Wasserversorgung, etwa auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugesagte Fernwasserversorgung zurückgreifen muss, so gereicht dies der Abwägung nicht zum Vorwurf. Dass derartige Nachteile, die entschädigungspflichtig sein dürften, derart erheblich sind, dass die Frage der Existenzgefährdung offensichtlich tangiert wird, ist nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger vorträgt, neben den entzogenen Flächen sei auch zu berücksichtigen, dass gemäß der Düngeverordnung neben Wassergräben ein Abstand eingehalten werden muss, so beeinflusst dies das Ergebnis der Einschätzung zur Frage der Existenzgefährdung nicht. Denn nach den unwidersprochenen Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung – der insoweit wohl den Aspekt des Deckungsbeitragsverlustes berechnet hat – mindert dies die Eigenkapitalquote lediglich um höchstens 1200 €, wenn dieser Einwand zutreffen sollte. Selbst wenn man insoweit eine weitere Reduzierung des Großviehbesatzes für nötig hält, ist unter Berücksichtigung des vom Kläger angegebenen, zusätzlichen Flächenverlustes von 0,8 ha und unter Berücksichtigung der bisherigen Berechnung des Gutachters zu den Einbußen durch eine etwaige weitere Reduzierung des Großviehbesatzes der Mindestwert von 8000 € Eigenkapitalbildung bei weitem überschritten, zumal die damit zusammenhängende Behauptung des Klägers, der fünfprozentige Schwellenwert sei damit überschritten, sollte sie zutreffen, für sich genommen über die Frage der Existenzgefährdung nichts aussagt. Im Übrigen trifft das Gutachten häufig für den Kläger günstige Annahmen, bezieht etwa die Pachtflächen nicht in die Betrachtung mit ein; dies würde jedoch das Ausmaß des Flächenentzuges durch das Vorhaben minimieren.
Selbst wenn zusätzlich, nach den klägerischen Angaben berücksichtigt werden sollte, dass besonders ertragreiche Flächen entzogen werden, beeinflusst dies das Ergebnis der Abwägung nicht offensichtlich, nachdem der Gutachter einen etwaigen Nachteil dadurch auf etwa 1000 € bezifferte.
Insgesamt liegen daher im Hinblick auf die Frage der Gefährdung der Existenz des Klägers durch das Vorhaben keine Abwägungsfehler i.S.d. § 75 Abs. 1a VwVfG vor. Ob das im Verwaltungsverfahren abgegebene Ersatzlandangebot der Beigeladenen an den Kläger in Ordnung war, ist daher unerheblich, da der angefochtene Planfeststellungsbeschluss, wie oben dargelegt, nicht auf diese Frage eingehen musste.
4.5
Die Kammer erkennt auch im Übrigen keine erheblichen Abwägungsfehler, die den Kläger betreffen und nimmt insoweit auf die überzeugende Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug, zumal im Rahmen der Klagebegründung auch im Übrigen keine neuen Gesichtspunkte aufgeworfen wurden.
5.
Damit war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und sich daher keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 162 Abs. 3 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben