Baurecht

Tiefenbegrenzung im Straßenausbaubeitragsrecht

Aktenzeichen  6 ZB 15.1163

Datum:
6.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 53485
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 3

 

Leitsatz

(redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 13.400 2015-03-27 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27. März 2015 – B 4 K 13.400 – wird abgelehnt.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.524,68 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des beklagten Marktes, die Berufung gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Soweit der Zulassungsantrag – ohne substantiierte Erörterung und Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil – lediglich Bezug nimmt auf erstinstanzliches Vorbringen, genügt er nicht dem Darlegungsgebot (BayVGH, B. v. 25.5.2016 – 6 ZB 16.94 – juris Rn. 1; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 59).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Dieser Zulassungsgrund läge vor‚ wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG‚ B. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000‚ 1163/1164; B. v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007‚ 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B. v. 19.1.2016 – 6 ZB 14.2519 – juris Rn. 3). Das ist nicht der Fall.
Mit Bescheid vom 30. August 2012 zog der beklagte Markt die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 60 für die Erneuerung der Ortsstraße Lagerhausstraße („Abrechnungsabschnitt von nördlicher Einmündung der Waldstraße bis zur Einmündung in die Staatsstraße 2258“) zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 25.127,37 € heran.
Auf deren Klage hin hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 27. März 2015 den Bescheid vom 30. August 2012 insoweit aufgehoben, als ein höherer Vorauszahlungsbeitrag als 19.602,69 € festgesetzt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat den der Klage stattgebenden Teil entscheidungstragend darauf gestützt, dass die in § 7 Abs. 2 Nr. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung (ABS) des Beklagten enthaltene Tiefenbegrenzungsregelung für vollauf im Innenbereich gelegene Grundstücke nicht anwendbar sei, so dass diese – etwa FlNr. 60 und 48 – mit ihrer vollen Fläche in die Verteilung des Aufwands einzubeziehen seien. Maßgebliche Einrichtung sei die Ortsstraße Lagerhausstraße, die im Osten bei den beiden Y-förmigen Einmündungen in die Neudorfer Straße (Staatsstraße 2258) beginne und die sich nach ca. 450 m im Westen unter der Bezeichnung Waldstraße noch ca. 70 m bis zu ihrer Einmündung in die Würzburger Straße (Bundesstraße 22 – B 22) fortsetze. Der Beklagte habe in das Abrechnungsgebiet alle an der Ortsstraße anliegenden Grundstücke einzubeziehen, auch wenn die restliche Teilstrecke im Westen nicht durch die abgerechnete Maßnahme erneuert worden sei. Eine wirksame Abschnittsbildung liege nicht vor. Die von der Klägerin erhobene Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag sei daher entsprechend der vom Beklagten vorgelegten Vergleichsberechnung zu reduzieren gewesen.
Der gegen den stattgebenden Teil des Urteils gerichtete Zulassungsantrag des Beklagten zeigt keine Gesichtspunkte auf, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründen und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfen.
a) Das Verwaltungsgericht vertritt jedenfalls im Ergebnis zu Recht die Auffassung, dass die in § 7 Abs. 2 Nr. 2 ABS geregelte Tiefenbegrenzung auf 50 m unwirksam ist.
Ob, wie das Verwaltungsgericht mit guten Gründen meint, ihre Anwendung auf vollständig im Innenbereich gelegene Grundstücke ausscheiden muss, kann letztlich dahinstehen. Allerdings sieht das Bundesverwaltungsgericht für das bundesrechtliche Erschließungsbeitragsrecht die satzungsmäßige Anordnung einer Tiefenbegrenzung für unbeplante Gebiete als zulässig an. Seiner – umstrittenen – Rechtsprechung nach ist der Anwendungsbereich einer solchen Tiefenbegrenzung nicht darauf beschränkt, den Innen- vom Außenbereich abzugrenzen (Abgrenzungsfunktion); er darf sich auch auf übertiefe Grundstücke erstrecken, die sich mit ihrer gesamten Fläche in „zentraler“ Innenbereichslage befinden (BVerwG, U. v. 12.11.2014 – 9 C 7.13 – juris Rn. 14, 15; B. v. 26.4.2006 – 9 B 1.06 – BayVBl 2006, 607 ff.; U. v. 1.9.2004 – 9 C 15.03 – BVerwGE 121, 365; a.A. Driehaus, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 131 Rn. 19 ff. m. w. N.). Sie begründet danach, sofern sie sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientiert, eine Vermutung dafür, dass im unbeplanten Innenbereich alle Grundstücke bis zur festgesetzten Tiefenbegrenzung erschlossen im Sinn von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind und jenseits der Grenze ein Erschließungsvorteil wegen fehlender Ausnutzbarkeit nicht gegeben ist (Beschränkungsfunktion).
Ob dem für das bayerische Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 128 ff. BauGB) zu folgen ist, hat der Senat bislang nicht ausdrücklich entschieden. Für das hier inmitten stehende Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 KAG) begegnet eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung für Grundstücke in „zentraler Innenbereichslage“ jedenfalls schon deshalb erheblichen Bedenken, weil es eine dem § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB entsprechende Regelung nicht kennt und an einen anderen beitragsrelevanten Sondervorteil anknüpft. Durch den Erschließungsbeitrag wird, wie sich namentlich aus § 131 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 BauGB ergibt, derjenige Vorteil aus der Inanspruchnahmemöglichkeit einer (Anbau-)Straße abgegolten, der mit der Rechtsfolge verbunden ist, dass eine Baugenehmigung nicht mehr unter Hinweis auf die fehlende Verkehrserschließung des Grundstücks abgelehnt werden darf. Dem Straßenausbaubeitragsrecht sind demgegenüber solche rechtlichen Auswirkungen einer Straßenbaumaßnahme auf die Nutzbarkeit eines bevorteilten Grundstücks fremd. Für seinen Rechtsbereich erschöpft sich der beitragsrelevante Sondervorteil in der qualifizierten „Möglichkeit der Inanspruchnahme“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG) der ausgebauten Straße als solcher. Dieser kommt deshalb nicht nur baulich oder gewerblich nutzbaren Grundstücken (oder Grundstücksteilflächen) zugute, sondern jeder sinnvollen und zulässigen Nutzung und damit grundsätzlich auch – anders als im Erschließungsbeitragsrecht – Außenbereichsflächen (grundlegend BayVGH, U. v. 10.7.2002 – 6 N 97.2148 – VGH n. F. 55, 121/123 ff.). Welche Folgen sich aus diesen Unterschieden für die Funktion und Reichweite einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung im Straßenausbaubeitragsrecht ergeben, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
Die Tiefenbegrenzungsregelung ist nämlich bereits aus einem anderen Grund unwirksam, zu dem der Beklagte im Zulassungsverfahren angehört wurde. Eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung muss zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der bevorteilten von den anderen Flächen ausgerichtet werden und auf einer sorgfältigen Ermittlung der örtlichen Verhältnisse durch den Satzungsgeber beruhen. Dieser muss prüfen, ob er eine für alle Grundstücke im Gemeindegebiet gleichermaßen geltende Tiefenbegrenzung festlegen kann (BVerwG, U. v. 12. 11.2014 – 9 C 7.13 – juris Rn. 24; BayVGH, U. v. 23.4.2015 – 6 BV 14.1621 – juris Rn. 31; U. v. 26.2.1998 – 6 B 94.3817 – BayVBl 1998, 537). Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, U. v. 1.9.2004 – 9 C 15.03 – BVerwGE 121, 365/369; vgl. auch OVG MV, U. v. 14.9.2010 – 4 K 12.07 – juris zum leitungsgebundenen Abgabenrecht). Die in § 7 Abs. 2 Nr. 2 ABS angeordnete generelle Beschränkung der Grundstücksfläche im unbeplanten Innenbereich auf die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 50 m kann bereits diesen Anforderungen nicht genügen. Denn der Beklagte hat keine Feststellungen zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Gebiet des Marktes getroffen, welche die Festlegung einer solchen für alle Grundstücke (am Übergang in den Außenbereich und in zentraler Innenbereichslage) gleichermaßen geltenden Tiefenbegrenzung rechtfertigen können. Er ist der Auffassung, solche Feststellungen seien wegen der Besonderheit der örtlichen Bebauung entbehrlich; sein Ortsgebiet sei „geprägt durch eine übliche, mit normalgroßen Parzellen sichtbare Bebauung, die im Kernbereich des Ortes umfangreiche Park-, Kloster- und Kirchenanlagen umringt, die großflächig sind.“ Eine solche „vollkommen atypische Strukturierung“ macht indes die gebotenen Feststellungen keineswegs entbehrlich. Sie stellt im Gegenteil schon im Ansatz in Frage, ob eine einheitliche, für alle Grundstücke im Gemeindegebiet geltende Tiefenbegrenzung zumal mit der genannten Doppelfunktion überhaupt in Betracht kommen kann.
b) Ohne Erfolg bleiben die Ausführungen des Beklagten zum Grundstück FlNr. 48, wonach es sich bei diesem teilweise um einen nicht überbaubaren historischen Orangeriegarten ohne Baulandqualität handele. Zum einen setzt der besondere Vorteil im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, wie oben erwähnt, nach ständiger Rechtsprechung im Unterschied zum Erschließungsbeitragsrecht nicht eine zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung des Anliegergrundstücks, sondern lediglich eine „sinnvolle und zulässige Nutzung“ voraus (zuletzt BayVGH, U. v. 30.6.2016 – 6 B 16.515 – juris Rn. 16). Zum anderen ist das Grundstück in seinem nördlichen Teil mit einem nicht öffentlich zugänglichen Wohngebäude („Orangerie“) mit privatem Gartenanteil bebaut. Der Beklagte legt nicht substantiiert dar, dass der südlich anschließende Bereich in einem Bebauungsplan als öffentliche Parkfläche festgesetzt oder als solche gewidmet worden ist und damit selbst eine öffentliche Einrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG darstellen würde (vgl. BayVGH, U. v. 11.12.2003 – 6 B 99.1270 – juris Rn. 24; U. v. 19.2.2002 – 6 B 99.44 – juris). Einer Darstellung im Flächennutzungsplan, wie ihn der Beklagte auszugsweise im erstinstanzlichen Verfahren (allerdings ohne Legende) vorgelegt hat, kommt – mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen Anwendungsbereichs des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB – keine den Festsetzungen eines Bebauungsplans vergleichbare Funktion zu (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 4 CN 1.12 – juris Rn. 16).
c) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass maßgebliche Einrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz1 und Satz 3 KAG nach der anzustellenden natürlichen Betrachtungsweise die Ortsstraße Lagerhausstraße von ihrer Y-förmigen Abzweigung von der Neudorfer Straße (Staatsstraße 2258) im Osten bis zu ihrer Einmündung in die Würzburger Straße (B 22) im Westen ist, auch wenn sie auf den letzten ca. 70 m Länge die Bezeichnung Waldstraße hat. Der Zulassungsantrag zieht diese vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen, die aufgrund der Einnahme eines Augenscheins sowie der Luftbilder und Lagepläne erfolgten, nicht mit substantiierter Begründung in Zweifel.
Die einheitliche Ortsstraße Lagerhausstraße/Waldstraße zerfällt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dadurch in zwei Teile, dass der Beklagte mit Beschluss vom 10. Mai 1993 einen Abrechnungsabschnitt „von der Einmündung des Straßenzuges Lagerhausstraße (bezeichnet mit Waldstraße) in die Würzburger Straße (B 22) bis zur Einmündung der Waldstraße in den Straßenzug Lagerhausstraße“ gebildet hatte. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist der Abrechnungsabschnitt nämlich nicht wirksam im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 5 Halbs. 1 KAG gebildet worden. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Abschnitt – neben anderen rechtlichen Voraussetzungen – grundsätzlich nur dann gebildet werden, wenn der Ausbau nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde, die im Bauprogramm ihren Niederschlag gefunden haben, fortgeführt werden soll, die tatsächliche Ausführung sich aber zunächst auf eine bestimmte Strecke der geplanten Ausführung beschränkt, wenn mit anderen Worten die Erneuerung der Einrichtung nicht in einem Zuge, sondern in Etappen (Teilstrecken) verwirklicht wird. Dies setzt ein konkretes Bauprogramm auch für die Fortführung des Ausbaus an der Reststrecke sowie einen konkreten zeitlichen Horizont voraus (BayVGH, B. v. 21.7.2016 – 6 ZB 16.97 – juris Rn. 9; B. v. 23.2.2015 – 6 B 14.2435 – juris Rn. 17; B. v. 31.7.2014 – 6 ZB 13.2270 – juris Rn. 8; B. v. 20.6.2012 – 6 B 11.2132 – juris Rn. 5; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33 Rn. 53).
Nach diesem rechtlichen Maßstab fehlte es im Jahr 1993 an einem konkreten Bauprogramm für die Fortführung des Ausbaus an der Reststrecke der Lagerhausstraße bis zur Einmündung in die Neudorfer Straße (Staatsstraße 2258) sowie an einem konkreten zeitlichen Horizont hierfür. Beides ergibt sich auch nicht aus den mit dem Zulassungsantrag vorgelegten Unterlagen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, wurde der weitere Ausbau der Lagerhausstraße mit keinem Wort erwähnt. Die vom Gemeinderat in seiner Sitzung vom 10. Mai 1993 beschlossene Bildung eines Abrechnungsabschnitts des Straßenzuges Lagerhausstraße/Waldstraße ab der Einmündung in die Würzburger Straße bis zum Übergang in die Lagerhausstraße war daher schon aus diesem Grund unwirksam.
Abgesehen davon ist die vom Beklagten 1993 beschlossene Abschnittsbildung aus einem weiteren Grund unwirksam. Grundsätzlich muss nämlich eine Teilstrecke einer Anbaustraße, um als Abschnitt abrechnungsmäßig verselbstständigt werden zu können, eine gewisse eigenständige Bedeutung als Verkehrsanlage haben. Sie muss von ihrem Umfang her – gleichsam stellvertretend – „Straße“ sein können. Sowohl die grundsätzliche Forderung einer gewissen selbstständigen Bedeutung als auch das Verlangen einer Begrenzung nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder rechtlichen Gesichtspunkten sind letzten Endes darauf ausgerichtet, willkürliche Abschnittsbildungen zu verhindern (BayVGH, B. v. 9.7.2013 – 6 ZB 12.1781 – juris Rn. 7; B. v. 6.5.2008 – 6 CS 08.105 – juris Rn. 6; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 14 Rn. 24, 25; ders. in Berliner Kommentar zum BauGB, § 130 Rn. 17). Es bedarf keiner Vertiefung, ob für die Bejahung einer gewissen eigenständigen Bedeutung eines Abschnitts als Verkehrsanlage die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Stichstraßen (vgl. BayVGH, B. v.20.4.2012 – 6 ZB 09.1855 – juris Rn. 8) als Orientierung dienen sollte – was grundsätzlich naheliegend erscheinen mag (so OVG LSA, B. v. 11.12.2007 – 4 L 154.05 – KStZ 2008, 114). Jedenfalls in einem Fall wie hier, in dem die vom Beklagten vorgenommene Abschnittsbildung eine nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lediglich ca. 70 m lange Teilstrecke eines insgesamt etwa 520 m langen Straßenzugs umfasst, fehlt es in absoluter Hinsicht an der erforderlichen eigenständigen Bedeutung des Abrechnungsabschnitts (vgl. auch BayVGH, B. v. 23.2.2015 – 6 B 14.2435 – juris Rn. 18, 19).
Die vom Marktgemeinderat am 19. März 2012 beschlossene Abschnittsbildung von der „nördlichen Einmündung der Waldstraße in den Straßenzug Lagerhausstraße bis zur Einmündung des Straßenzuges in die Staatsstraße 2258“ ist ebenfalls unwirksam, weil es auch an einem konkreten Bauprogramm und einem konkreten zeitlichen Horizont für die Fortführung des Ausbaus der Mitte der 90er Jahre bereits erneuerten Reststrecke bis zur Einmündung in die Würzburger Straße fehlt; zudem ist der restliche Abschnitt mit ca. 70 m Länge, wie oben ausgeführt, zu kurz.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass es sich bei der nunmehr abgerechneten Ausbaumaßnahme um einen beitragsfähigen Teilstreckenausbau handelt, bei dem das Abrechnungsgebiet auch die Anliegergrundstücke im westlichen Bereich der Lagerhausstraße umfasst (BayVGH, U. v. 28.1.2010 – 6 BV 08.3043 – BayVBl 2010, 470/471).
2. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen lassen sich durch die Ausführungen unter 1. ohne weiteres beantworten. Die Frage, „welche qualitativen Anforderungen an die Dokumentation der Meinungsbildung einer Gemeinde zu stellen sind, dass dieser die Berechtigung zur Abschnittsbildung zuerkannt wird im Hinblick auf eine Dokumentation eines entsprechenden Bauprogrammes“ stellt sich nicht entscheidungserheblich, weil der jeweils weitere Ausbau der Lagerhausstraße bei den beiden Abschnittsbildungsbeschlüssen in den Jahren 1993 und 2012 mit keinem Wort erwähnt wurde.
3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzungsregelung auch im Innenbereich bei Straßenausbaumaßnahmen zulässig ist, stellt sich im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Wie oben ausgeführt, fehlt es an Feststellungen des Beklagten zu den typischen örtlichen Bebauungsverhältnissen im Gebiet des Marktes, die die Anwendung einer für alle Grundstücke gleichermaßen geltenden Tiefenbegrenzung rechtfertigen könnten.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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