Baurecht

Unvollständige Antragsunterlagen für Genehmigung von Windkraftanlagen (Übergangsregelung zur 10-H-Regelung)

Aktenzeichen  RO 7 K 14.1956

Datum:
8.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG BImSchG § 5, § 6, § 7, § 10 Abs. 1 S. 2, § 13
BauGB BauGB § 29, § 30, § 34 Abs. 2, § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Abs. 6, § 249 Abs. 3
BNatSchG BNatSchG § 44 Abs. 1
BauNVO BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 2 Nr. 1
BauVorlV § 10 Abs. 1
9. BImSchV § 4 Abs. 1 S. 1, S. 4, S. 5, Abs. 2 S. 1, § 7 Abs. 1
BayBO BayBO Art. 82, Art. 83 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Vollständigkeit der Antragsunterlagen im Sinne der Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO setzt voraus, dass die erforderlichen Dokumente ihrem Inhalt und ihrer Qualität nach so beschaffen sind, dass sie die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführende Prüfung tatsächlich gestatten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die im “Windkrafterlass Bayern” aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich gegebenenfalls entscheidungserheblicher Umstände sind als ein “antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität” anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag sind auch die zur Prüfung der baurechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen beizufügen. Aufgrund der Konzentrationswirkung gem. § 13 BImSchG sind auch diese Unterlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 der 9. BImschV zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Behörde ist es grundsätzlich nicht verwehrt, auch vor Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen einzelne Fachstellen zu beteiligen. Ein solches Vorgehen erweist sich auch im Hinblick darauf, ob zu beteiligende Behörden oder Stellen für ihren Fachbereich die eingereichten Unterlagen als vollständig ansehen, vielfach als zweckmäßig und dient der Beschleunigung des Verfahrens im Interesse des Antragstellers. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Parteien ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung des gestellten Antrags auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, da die ablehnende Entscheidung des Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden ist und die Klägerin daher durch den Bescheid vom 27.10.2014 nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn zum hier im Rahmen der Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, U.v. 15.7.2016, 22 BV 15.2169 – juris Rn. 17; BVerwG, U.v. 23.7.2015 – 7 C 10/13 – juris Rn. 34) stehen dem Vorhaben Versagungsgründe entgegen.
Nach § 6 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn (1.) sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und (2.) andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegen stehen. Andere anlagenbezogene öffentlich-rechtliche Vorschriften, die im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu prüfen sind, sind u.a. die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB, da die immissionsschutzrechtliche Genehmigung auch die Baugenehmigung einschließt (§ 13 BImSchG). Vorliegend steht dem im baurechtlichen Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB geplanten Vorhaben entgegen, dass es bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig ist.
1. Der Beurteilung ist zugrunde zu legen, dass das Vorhaben nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bauplanungsrechtlich privilegiert ist, auch wenn die beantragten Windkraftanlagen der Nutzung der Windenergie dienen.
Nach der sog. „10-H-Regelung“ in Art. 82 Abs. 1 BayBO findet in Bayern § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung und Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind – und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten. Die aufgrund Gesetz v. 17.11.2014 mit Wirkung vom 21.11.2014 vom Bayerischen Gesetzgeber in die BayBO eingefügte 10-H-Regelung in Art. 82 Abs. 1 und Abs. 2 BayBO geht zurück auf die bundesrechtliche Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen die Regelung nicht (vgl. die nach Art. 29 Abs. 1 VfGHG für das Gericht bindende Entscheidung des BayVerfGH v. 9.5.2016, Az. Vf. 14-VII-14, Vf. 3-VIII-15, Vf. 4-VIII-15 – juris).
a) Die streitgegenständlichen Windkraftanlagen sollen in einem geringeren Abstand als das 10-fache ihrer Höhe zu Wohngebäuden in den genannten baurechtlichen Gebietsarten errichtet werden. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 18.8.2016 darin übereingestimmt, dass die Ortschaft 3. … (bis zum Zusammenschluss verschiedener Gemeinden zur Gemeinde 1. … zum 1.7.1972 noch eigenständige Gemeinde), die sich in einem Abstand von ca. 1 – 1,3 km von den streitgegenständlichen Windkraftanlagen befindet, einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB darstellt, was anhand des Luftbildes (Bayern-Atlas) auch für das Gericht nicht zweifelhaft ist. In der Ortschaft 3. … findet sich Wohnbebauung (vgl. z.B. die in der schalltechnischen Untersuchung des Ing.Büros … vom 20.12.2013 untersuchten Immissionsorte 8.1, 8.2 und 8.3), die dort bauplanungsrechtlich allgemein zulässig ist. Hinsichtlich der Gebietsart geht die Klägerin selbst nach den von ihr vorgelegten Unterlagen (z.B. schalltechnische Untersuchung) von einem Dorfgebiet oder einem Mischgebiet aus (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Bei einer Gesamthöhe der Anlagen von 200 m (vgl. Art. 82 Abs. 2 S. 1 BayBO) wird der nach Art. 82 Abs. 1 BayBO erforderliche Mindestabstand von 10-H zu der Wohnbebauung nicht eingehalten.
b) Zugunsten des Vorhabens der Klägerin greift auch nicht die Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 1 BayBO. Danach findet Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO keine Anwendung, soweit vor Ablauf des 4.2.2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Antrag auf Genehmigung von Anlagen zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie eingegangen ist. Auch die Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 1 und 2 BayBO ist verfassungsgemäß. Sie ist nach der bindenden Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 9.5.2016 mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar; die beschränkte Anwendung der Abstandsregelung auf bei ihrem Inkrafttreten bereits laufende, aber noch nicht abgeschlossene Genehmigungsverfahren begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BayVerfGH v. 9.5.2016 – juris Rn. 140, 150 ff.).
Dem Landratsamt … lag zum maßgeblichen Zeitpunkt 4.2.2014 zwar bereits der immissionsschutzrechtliche Antrag für das Vorhaben vor, dieser war aber nicht vollständig im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO.
Auszugehen ist für die Frage der Vollständigkeit von Antragsunterlagen davon, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG dem Genehmigungsantrag die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen sind. Auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV bestimmt allgemein, dass dem Antrag die Unterlagen beizufügen sind, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Insoweit enthalten die §§ 3 ff. der 9. BImSchV nähere Anforderungen. Nach § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde nach Eingang des Antrags und der Unterlagen unverzüglich, in der Regel innerhalb eines Monats, zu prüfen, ob die Unterlagen den Anforderungen des § 3 der 9. BImSchV und die Unterlagen den Anforderungen der §§ 4 bis 4e 9. BImSchV entsprechen. Die zuständige Behörde kann die Frist in begründeten Ausnahmefällen einmal um zwei Wochen verlängern. Sind der Antrag oder die Unterlagen nicht vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde den Vorhabensträger unverzüglich aufzufordern, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Die Behörde kann zulassen, dass Unterlagen, deren Einzelheiten für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der Anlage als solcher nicht unmittelbar von Bedeutung sind, (…), bis zum Beginn der Errichtung oder der Inbetriebnahme der Anlage nachgereicht werden können.
Nach der Rechtsprechung des BayVGH ist die Vollständigkeit der Antragsunterlagen im Sinn von Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht bereits zwangsläufig dann zu bejahen, wenn der zuständigen Behörde bis zum Ablauf des 4. Februar 2014 zu allen Themen, auf die sich die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführende Prüfung zu erstrecken hat, überhaupt Unterlagen zugegangen sind. Vielmehr müssen die erforderlichen Dokumente, damit die Übergangsregelung eingreift, ihrem Inhalt und ihrer Qualität nach so beschaffen sein, dass sie eine solche Prüfung tatsächlich gestatten (BayVGH, B.v. 29.11.2016 – 22 CS 16.2101 – juris Rn. 23; B.v. 17.1.2017 – 22 ZB 16.95 – juris Rn. 14). Zu beachten ist andererseits aber auch, dass die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags nur „zur Prüfung“ erforderliche Unterlagen, nicht aber notwendig auch genehmigungsfähige Unterlagen voraussetzt. Es ist also nicht erforderlich, dass ein vorzulegendes Gutachten der Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachlichen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der Annahme der Vollständigkeit so lange nicht entgegen, als die fragliche Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht (BayVGH B.v. 16.9.2016 – 22 ZB 16.304 – juris Rn. 10; B.v. 17.1.2017 – 22 ZB 16.95 – juris Rn. 15).
Dies zugrunde legend ergibt sich hier Folgendes:
aa) Der Antrag der Klägerin war im maßgeblichen Zeitpunkt 4.2.2014 unvollständig, weil ihm keine prüffähigen Unterlagen zum Artenschutz beilagen.
Zu den im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen vorzulegenden Unterlagen gehören auch solche, die zur Prüfung erforderlich sind, ob dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) entgegenstehen, die einen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beachtlichen Belang des Naturschutzes darstellen. Dies ergibt sich auch aus § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV. Soweit die Zulässigkeit oder die Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen ist, sind danach die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen; die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen bestimmen sich nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften. In der Regel ist bei Windkraftanlagen daher eine sog. spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) vorzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2016, 22 ZB 16.304 – juris Rn. 10). Im Bereich der Erfassung des Bestands der geschützten Arten bei der Prüfung des Artenschutzes steht den jeweils zuständigen Behörden ein naturschutzrechtlicher Beurteilungsspielraum zu, der allerdings die Vorgaben des Windkrafterlasses Bayern berücksichtigen muss (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 29.3.2016 – 22 ZB 14.18754 – juris; B.v. 17.1.2017 – 22 ZB 16.95 – juris Rn. 20).
Zu den Anforderungen an die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung hat der BayVGH (U.v. 29.3.2016 – 22 B 14.1875, 22 B 14.1876 – juris Rn. 40 f.) folgendes ausgeführt:
„Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen lassen sich mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab (BVerwG, B.v. 18.6.2007 – 9 VR 13.06 – Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 2 Rn. 20; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 Rn. 59). Sie werden sich regelmäßig aus zwei Quellen speisen, die sich wechselseitig ergänzen können, nämlich zum einen aus der Bestandserfassung vor Ort, zum anderen aus der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und der Fachliteratur (BVerwG, U.v. 9.7.2008 a.a.O. Rn. 59). Wie viele Begehungen zu welchen Jahres- und Tageszeiten im Rahmen der Bestandsaufnahme vor Ort erforderlich sind und nach welchen Methoden die Erfassung stattzufinden hat, lässt sich nicht für alle Fälle abstrakt bestimmen, sondern hängt von vielen Faktoren, z.B. von der Größe des Untersuchungsraumes sowie davon ab, ob zu diesem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 a.a.O. Rn. 60).
Angesichts der Weite und relativen Unbestimmtheit der rechtlichen Vorgaben, anhand derer sich beurteilt, welche Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 44 BNatSchG im Vorfeld der Genehmigung von Windkraftanlagen durchzuführen sind, hat das damalige Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit in seiner Eigenschaft als oberste Naturschutzbehörde auf Landesebene (Art. 43 Abs. 2 Nr. 1 BayNatSchG) durch den im Einvernehmen mit den weiteren in ihrem Aufgabenbereich berührten Ministerien herausgegebenen „Windkrafterlass Bayern“ Art und Weise der insoweit gebotenen Erhebungen näher konkretisiert. Den in dieser Verwaltungsvorschrift enthaltenen Aussagen kommt zwar nicht der Rang bindender rechtlicher Bestimmungen zu. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind jedoch, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736/738).“
Die zum 4.2.2014 vorliegende saP mit Erstellungsdatum 16.9.2013 genügt diesen Anforderungen nicht und stellt auch aus sonstigen nachvollziehbaren Gründen keine prüffähige Unterlage für die artenschutzrechtliche Thematik dar.
Ausweislich der am 4.2.2014 vorliegenden saP vom 16.9.2013 basiert das Gutachten im Wesentlichen auf einem Bericht vom 22.9.2011 zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Sondergebiet …“ (vgl. saP v. 16.9.2013, Gliederpunkt 1.1, Seite 1). Die zugrunde liegenden Erhebungen zu Brutvögeln fanden in den Jahren 2010, 2011 und dann ergänzend 2013 statt in einem Zeitraum von März 2010 bis ca. Juli 2013 [vgl. Tabellen ab Seite 9: Programmteil A – „Probeflächenkartierung im Kernbereich des Sondergebiets“ – vier Begehungen pro Fläche, jeweils mindestens 2 Stunden zu unterschiedlichen Tageszeiten, insgesamt mehr als 15 Stunden im April und Mai 2011 sowie Juni und Juli 2013; Programmteil B „erweiterte Probeflächenkartierung“ – Erfassungsdauer 2 – 3 Stunden pro Termin, insgesamt ca. 8 Stunden im März 2010 sowie April und Mai 2011; Programmteil C – „selektive Bestandsermittlung im großen Umgriff“ – 3 Termine à 4-5 Stunden, insgesamt rund 13 Stunden im März 2010 sowie April und Mai 2011]. Des Weiteren wird unter Programmteil D – auf „diverse Aufnahmen an verschiedenen Standorten und Terminen“ in den Zeiträumen Juli – September 2010, September 2011 sowie Juni/Juli 2013 Bezug genommen, die nicht näher spezifiziert sind.
Wie ausgeführt, kommt der Unteren Naturschutzbehörde auch im Hinblick auf die Erfassung der geschützten Vogelarten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Andererseits darf von den im Windkrafterlass (in der damaligen Fassung vom 20.12.2011) als Verwaltungsvorschrift enthaltenen Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (s.o.).
Vor diesem Hintergrund ist es aufgrund des potenziellen Vorkommens der von der UNB benannten schlag- bzw. störungsempfindlicher geschützter Vogelarten gemäß Anlage 2 des Windkrafterlasses sachgerecht, dass der Beklagte beanstandet hat, dass die Angaben in der saP vom 16.9.2013 zum Teil auf 3 bis 4 Jahren zurückliegenden Erhebungen beruhten. Insoweit liegt es auf der Hand, dass die Erhebungen und Überprüfungen aktuell sein müssen, nachdem beispielsweise Brutvorkommen geschützter Vogelarten im Bereich der geplanten Anlagen oder im Hinblick auf besondere Flugkorridore zu relevanten Nahrungshabitaten sich ändern bzw. neu hinzukommen können und es im Rahmen des Genehmigungsverfahren maßgeblich darauf ankommt, ob zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung von entsprechenden Verbotstatbeständen auszugehen ist oder nicht. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte gefordert hat, dass eine ausführliche Ermittlung aller Vogelarten nach Anlage 2 des Windkrafterlasses gemäß dessen Anlage 6 durchgeführt wird (vgl. auch Hinweis des Gutachters auf ein Gespräch mit dem Vertreter der UNB am 25.2.2015 im 2. Nachtrag zur saP auf Seite 1). Auch die weiteren Vorgaben des Beklagten, nämlich dass zu ermitteln ist, ob sich im Prüfbereich regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate befinden und wie diese zu den WKA und Horst situiert sind bzw. ob die WKA überflogen werden, entsprechen den Vorgaben des Windkrafterlasses.
Da die saP vom 16.9.2013 diesen Anforderungen grundlegend nicht genügte und nicht nur Detailfragen nachbesserungsbedürftig waren, handelt es sich nicht um eine „prüffähige“ Unterlage im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des BayVGH. Dies ergibt sich – wie bereits näher dargestellt – vor allem daraus, dass maßgebliche Bestandsaufnahmen noch aus den Jahren 2010 und 2011 stammen und die vorgenommenen Erhebungen und die Abhandlung der artenschutzrechtlichen Problematik im Hinblick auf die Untersuchungstiefe und die Vorgehensweise insgesamt nicht den Vorgaben des Windkrafterlasses vom 20.12.2011 entsprachen. Die angeführten Erhebungen sind überwiegend auch im Hinblick auf die Einhaltung der fachlichen Anforderungen nicht nachvollziehbar. Die angeführten Angaben zu Begehungen (Programmteil A), Bestandsaufnahmen (Programmteil B), die weiteren Termine (Programmteil C) und weiteren diversen Feststellungen (Programmteil D) sind hinsichtlich der konkreten Zeiten (relevant z.B. in Bezug Hauptaktivitätszeiten der Arten), der vorherrschenden Bedingungen, des konkreten Orts der Feststellungen (Einsehbarkeit des Geländes etc.) ohne nähere Angaben. Der Windkrafterlass (Anlage 6) sieht insoweit eine Konzentration der Untersuchungen auf den Prüfbereich im Horstumfeld von „Fixpunkten“ aus vor, mit guter Übersicht auf den Anlagenstandort und seine Umgebung. Darüber sind in der vorgelegten saP, Stand 16.9.2013, keine konkreten Erläuterungen oder Angaben enthalten. Die angeführten Erhebungen genügen zudem auch hinsichtlich der Beobachtungszeiten (54 Stunden pro Beobachtungspunkt im Zeitraum Mitte März bis Ende August, wobei zwei oder mehr Beobachtungspunkte empfohlen werden) nicht den Anforderungen des Windkrafterlasses, zumal hier Erhebungen aus drei verschiedenen Jahren zugrunde gelegt wurden.
Aus diesen Defiziten ergibt sich insgesamt, dass die saP vom 16.9.2013 keine ausreichende Grundlage für eine Prüfung der artenschutzrechtlichen Thematik darstellte. Daran ändert nichts, dass im (internen) Schreiben der UNB vom 6.2.2014 in Punkt 2 von einer „Aktualisierung“ die Rede ist, worauf die Klägerin verweist. Aus den dort genannten Anforderungen und den im Schreiben an die Klägerin vom 12.2.2014 (Nr. 16) aufgezeigten Mängeln ergibt sich vielmehr, dass eine grundlegende Überarbeitung der Unterlage für erforderlich gehalten wird und die vorgelegte saP nicht nur in einzelnen Punkten nachzubessern oder zu aktualisieren ist.
Der Einwand, die zu erstellende saP bzw. seine Grundlagen seien zwischen Ersteller und einem Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit wird auf eine e-mail vom 6.6.2013 verwiesen, in der dem Ersteller der saP aufgrund einer Anfrage mitgeteilt wurde, dass die (im Rahmen eines früheren Bauleitplanverfahrens erstellten Gutachtens vom 22.9.2011) ermittelten Grundlagen ansonsten als ausreichend angesehen werden könnten. Der e-mail ist nicht der Inhalt zu entnehmen, dass die der saP zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan zugrunde gelegten Erhebungen ausreichend seien. Vielmehr ist in der vorhergehenden e-mail des Verfassers der saP davon die Rede, „dass der Bericht entsprechend für einen BImSchG-Antrag verfasst werden solle“. „Der nahe Umgriff beider Windkraftanlagen werde demnächst nochmal aktuell überprüft.“ Daraus ergibt sich, dass neue Erhebungen geplant waren. Nachdem dem Vertreter der UNB zum Zeitpunkt der Korrespondenz im Mai 2013, damit ca. ein halbes Jahr vor Einreichung des Antrags weder der nähere Inhalt der vorzulegenden saP bekannt war, noch sich ergibt, dass näher und konkret über die Anforderungen an die saP verhandelt oder gesprochen wurde, kommt der e-mail ersichtlich nicht die Wirkung einer verbindlichen Abstimmung der Anforderungen an die saP zu. Die e-mail konnte damit nur als eine allgemeine vorläufige informelle Auskunft bzw. Information ohne konkrete Bindungswirkung verstanden werden. Selbst der ausdrücklichen schriftlichen Bestätigung der Vollständigkeit der immissionsschutzrechtlichen Antragsunterlagen kommt wohl nicht die Wirkung einer verbindlichen Feststellung zu (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2016 – 22 ZB 16.304 – juris Rn. 7; B.v. 17.1.2017, 22 ZB 16.95 – juris Rn. 20).
bb) Der Antrag der Klägerin war im maßgeblichen Zeitpunkt 4.2.2014 auch unvollständig, weil ihm keine prüffähigen Unterlagen zur Standsicherheit der Anlagen und kein Baugrundgutachten und zudem keine anderen geeigneten Unterlagen, die eine Beurteilung der wasserwirtschaftlichen Belange ermöglichten, beilagen.
§ 10 Abs. 1 der BauVorlV bestimmt zum Inhalt der Bauvorlagen im Baugenehmigungsverfahren, dass für den Nachweis der Standsicherheit tragender Bauteile einschließlich ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit (…) eine Darstellung des gesamten statischen Systems sowie die erforderlichen Konstruktionszeichnungen, Berechnungen und Beschreibungen vorzulegen sind. Nach § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 BauVorlV müssen die statischen Berechnungen die Standsicherheit der baulichen Anlagen und ihrer Teile nachweisen. Die Beschaffenheit des Baugrunds und seine Tragfähigkeit sind anzugeben. Am 4.2.2014 lagen dem Landratsamt keine Unterlagen zur Standsicherheit der Anlagen vor, weder eine Typenprüfung noch eine Einzelstatik mit Angaben zur Gründung und ein Baugrundgutachten.
Der Einwand der Klägerin, die Bauvorlagenverordnung sei hier nicht einschlägig, greift nicht durch. Nachdem die Anlagen, würden sie nicht nach dem BImSchG genehmigungsbedürftig sein, materiell einer Baugenehmigung bedürften, sind dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag auch die zur Prüfung der entsprechenden baurechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen beizufügen, nachdem die Baugenehmigung von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschlossen ist. Denn aufgrund der Konzentrationswirkung gemäß § 13 BImSchG sind auch diese Unterlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich. Art und Umfang der Bauvorlagen richten sich nach den landesrechtlichen Bauvorschriften, hier damit nach der bayerischen Bauvorlagenverordnung (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Sept. 2016; Rn. 6 zu § 4 der 9. BImSchV).
Insoweit ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beklagte der Klägerin verbindlich zugestanden hat, dass diese Unterlagen nach der Erteilung der Genehmigung bis Baubeginn nachgereicht werden können und dies durch eine Auflage in der Genehmigung geregelt wird. Ein derartiges Vorgehen kommt nach § 7 Abs. 1 S. 5 der 9. BImSchV zwar grundsätzlich in Betracht. Aus den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung ergibt sich aber nicht, dass der Vorhabensträger entgegen der gesetzlichen Regelung in § 10 BauVorlV von vornherein, ohne ein entsprechendes eindeutiges und verbindliches Zugeständnis der Behörde, von sich aus auf die Vorlage entsprechender Unterlagen verzichten durfte. Insoweit ist es nicht erforderlich, wie von Klägerseite ausgeführt, dass die Behörde entsprechende Unterlagen verlangt, sondern umgekehrt bedarf es einer eindeutigen ausdrücklichen Zulassung der Nachreichung der Unterlagen nach Genehmigungserteilung durch die Behörde.
Von Seiten des Landratsamtes wurde ein derartiges Zugeständnis ausdrücklich bestritten; es handele sich hierbei offensichtlich um ein Missverständnis. Aus den vorgelegten Behördenakten und auch sonst ergibt sich ebenfalls nicht, dass eine derartige Zusage gemacht worden wäre. Im Schreiben der Klägerin vom 20.12.2013, mit dem der Antrag eingereicht wurde, ist ausgeführt: „Bzgl. Vorlage des Baugrundgutachtens und der Einzelstatik bitten wir um Mitteilung, ob dessen Vorlage vor Baubeginn als ausreichend erachtet wird. Andernfalls würden wir diese Unterlage in Absprache mit Ihnen dann nachreichen, wenn sich eine Genehmigungsfähigkeit des Projekts abzeichnet“. Demzufolge ging die Klägerin bei Einreichung des Antrages selbst nicht davon aus, dass von vornherein eine Nachreichung der Unterlagen nach der Erteilung der Genehmigung und vor Baubeginn ausreichend ist. Es ergibt sich auch nicht, dass dies im weiteren Verfahren vom Beklagten zugestanden worden wäre, insbesondere nicht in einem Telefonat mit dem Vertreter der Klägerin, wie vorgebracht. Von Seiten der damals zuständigen Sachbearbeiterin findet sich handschriftlich auf dem Schreiben der Klägerin vom 20.12.2013 bei der angesprochenen Passage zum Baugrundgutachten (Bl. 9 Rückseite im Order mit Schriftverkehr) die Randnotiz: „Tel. mit … 21.01.14: Prüfung über Bedingung“, „in der Genehmigung, Unterlagen im GenVf. erf.“. Dies spricht dafür, dass nicht zugestanden war, dass das Baugrundgutachten erst nach Erteilung der Genehmigung nachgereicht werden konnte. Dafür spricht schließlich auch die handschriftliche Anmerkung auf dem Schreiben der Klägerin vom 24.1.2014 (Bl. 112 des Ordners mit Schriftverkehr), wonach die Ausführungen der Klägerin in diesem Schreiben, wonach in einem Telefonat erklärt worden sei, dass die Vorlage des Baugrundgutachtens und der Einzelstatik für die Erteilung der Genehmigung nicht unbedingt notwendig sei, mit einem Fragezeichen und der handschriftlichen Bemerkung „falsch verstanden“ versehen wurde. Zweifel gehen hier zu Lasten der Klägerin.
Unabhängig davon hätte eine derartige telefonische Äußerung nur den Charakter einer allgemeinen Auskunft bzw. einer Informationen zum Verfahren. Die Erklärung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen oder die Aufforderung zur Ergänzung der Unterlagen stellen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren besondere Verfahrensschritte dar (vgl. § 10 Abs. 1 S. 3 BImSchG, § 7 Abs. 1 S. 3 der 9. BImSchV), die regelmäßig durch eindeutige schriftliche Mitteilung erfolgen, die hier von der Klägerin verlangt wurde und vom Beklagten nach abschließender Prüfung zugesagt war. Bei verständiger Würdigung musste daher die Klägerin davon ausgehen, dass eine verbindliche Aussage auch über die Zulassung der Nachreichung von Unterlagen nach Erteilung der Genehmigung erst mit der endgültigen Erklärung zur Vollständigkeit der Antragsunterlagen bzw. mit der mit der entsprechenden Auflistung der zu ergänzenden Unterlagen erfolgt.
Dafür, dass eine derartige verbindliche Zusage nicht gemacht wurde, spricht schließlich auch das Schreiben des Beklagten vom 12.2.2014, in dem der Klägerin mitgeteilt wurde, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig seien und die fehlenden und unzureichenden Unterlagen aufgeführt sind. Dort heißt es unter Nr. 13, dass auch die Vorlage einer Einzelstatik und eines Bodengutachtens erforderlich sind. Weiter heißt es, für die Vollständigkeitserklärung seien die statischen Unterlagen nach § 10 BauVorlV erforderlich. Die Prüfung dieser Unterlagen werde dann als aufschiebende Bedingung für den Baubeginn in die Genehmigung aufgenommen. Insoweit ergibt sich nicht, dass und warum der Beklagte von einer anderweitigen vorherigen zugesagten Vorgehensweise abgerückt wäre.
Unabhängig von den Vorgaben des § 10 der BauVorlV waren die vorgelegten Unterlagen am 4.2.2014 auch im Hinblick auf die regelmäßig in derartigen Verfahren zu prüfenden wasserwirtschaftlichen Belange nicht im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 der 9. BImSchV zur Prüfung ausreichend und damit im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht vollständig.
Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass er immer das Wasserwirtschaftsamt beteiligt und zur Beurteilung der hydrogeologischen Situation entweder ein Baugrundgutachten und Angaben zur Gründung oder zumindest andere geeignete Unterlagen zur Beurteilung der wasserwirtschaftlichen Belange benötigt. Nachdem hier weder ein Baugrundgutachten und Angaben zur Gründung noch andere geeignete Unterlagen zur Beurteilung der hydrogeologischen Situation durch das Wasserwirtschaftsamt vorlagen, waren die Unterlagen nicht vollständig, nachdem die von der Klägerin hierzu vorgelegten Unterlagen (u.a. Baugrundgutachten) nach dem Stichtag eingereicht wurden.
cc) Ob der Genehmigungsantrag am 4.2.2014 auch wegen anderer fehlender oder unzureichender Unterlagen, die im Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 12.2.2014 angesprochen sind, unvollständig war, kann dahinstehen.
dd) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte nach Einreichung des Antrags mit Schreiben vom 20.12.2013 noch am 30.12.2013 begonnen hat, Stellungnahmen interner und externer Fachstellen zum Vorhaben anzufordern. Insbesondere kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Unterlagen zu diesem Zeitpunkt vollständig waren. Der Behörde ist es grundsätzlich nicht verwehrt, auch vor Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen einzelne Fachstellen zu beteiligen (anders für die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens im förmlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG). Ein solches Vorgehen erweist sich auch im Hinblick darauf, ob zu beteiligende Behörden oder Stellen für ihren Fachbereich die eingereichten Unterlagen als vollständig ansehen, vielfach als zweckmäßig (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, a.a.O., Rn. 6 zu § 7 der 9. BImSchV) und dient der Beschleunigung des Verfahrens im Interesse des Antragstellers. Nach § 7 Abs. 1 S. 4 der 9. BImSchV sind zudem Teilprüfungen auch vor der Vorlage der vollständigen Unterlagen vorzunehmen, sobald dies nach den bereits vorliegenden Unterlagen möglich ist.
2. Das demnach baurechtlich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte „sonstige“ Vorhaben der Klägerin beeinträchtigt öffentliche Belange und ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig (§ 35 Abs. 2, 3 BauGB).
Durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen würde die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Schutzgut des öffentlichen Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist die Erhaltung der „naturgegebenen Bodennutzung“ (BVerwG, U.v. 15.5.1997 – 4 C 23/95 – NVwZ 1998, 58/60). Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen (BVerwG, U v. 25.1.1985 – 4 C 29.81 – NVwZ 1985, 747). Der Außenbereich soll nach der gesetzlichen Wertung des BauGB möglichst von Bebauung frei gehalten werden. Nichtprivilegierte Vorhaben als wesensfremde Nutzung sind daher im Außenbereich nur zulässig, sofern sie keine Auswirkungen auf die Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert haben. Der Charakter als natürliche Eigenart der Landschaft in diesem Sinne wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich um eine durch die Bodennutzung mitgeprägte Kulturlandschaft handelt (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 23.6.2003 – 14 B 01.2423 – Rn. 18). Ob eine Windkraftanlage die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen kann, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 8.7.1996 – 4 B 120/96 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 323) davon ab, ob der für das Vorhaben vorgesehene Standort seine Prägung durch die naturgegebene Bodennutzung erhält. Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB liegt nur dann nicht vor, wenn das Baugrundstück sich wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (vgl. BayVGH U.v. 15.7.2016, 22 BV 15.2169 – juris Rn. 37). Vorhaben mit anderer als land- und forstwirtschaftlicher Nutzung sind daher im Außenbereich meist unzulässig (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2016, § 35 Rn. 96).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist festzustellen, dass das Vorhaben der Klägerin die hier gegebene natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt. Es befindet sich in einem Bereich, der land- und forstwirtschaftlich genutzt wird. Die Errichtung der baurechtlich nicht privilegierten Windkraftanlagen würde als technische Einrichtung mit einer Höhe von jeweils 200 m und gewerblichen Nutzungszwecken die Freiraum- und Erholungsfunktion der Landschaft und die überkommende Funktion als Fläche für die Bodennutzung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft beeinträchtigen und wäre dort wesensfremd. Im Rahmen der Abwägung muss im Rahmen des § 35 Abs. 2 BauGB das nicht privilegierte Vorhaben gegenüber diesen Beeinträchtigungen zurückstehen.
Ob durch die WKA weitere Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt werden, in Betracht kommt insoweit eine Verunstaltung des Landschaftsbildes durch die Anlagen (vgl. BVerwG, B. v. 15.10.2001 – 4 B 69.01; B.v. 18.3.2003 – 4 B 7.03 – jeweils juris) oder Belange des Naturschutzes durch die Verletzung artenschutzrechtlicher Tötungsverbote (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) im Hinblick auf Fledermausvorkommen, bedarf keiner weiteren Entscheidung.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach nicht der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der unterliegenden Partei aufzuerlegen, nachdem die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen sind, § 154 Abs. 3 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).


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