Baurecht

Unzulässigkeit der Feststellung der Zuordnung abgelöster Stellplätze zu bestimmten Grundstücken

Aktenzeichen  AN 17 K 18.01510

Datum:
11.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33441
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO Art. 43
BayBO Art. 47 Abs. 1 S. 1, Art. 71

 

Leitsatz

1. Vorhabenunabhängige Feststellung der Zuordnung bereits in der Vergangenheit abgelöster Stellplätze zu bestimmten Grundstücken ist mangels feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig (bloße Vorfrage). (Rn. 29)
2. Diesbezügliches Feststellungsinteresse problematisch, da die Möglichkeit besteht per Vorbescheid nach Art. 71 BayBO klären zu lassen, wie viele Stellplätze durch Anrechnung bereits abgelöster Stellplätze eingebracht werden können. (Rn. 30)

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.  Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. 
3.    Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2020 zu Protokoll erklärt hatten, im Falle des Widerrufs des dort geschlossenen Vergleichs mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Mit am 12. August 2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz widerrief die Klägerin den Vergleich.
1. Die durch die Klägerin erhobene Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO ist bereits unzulässig und daher abzuweisen.
Die Statthaftigkeit einer Feststellungsklage setzt nach § 43 Abs. 1 VwGO voraus, dass die Feststellung des (Nicht-)Bestehens eines Rechtsverhältnisses (Alt. 1) oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (Alt. 2) begehrt wird. Die hier nur in Frage kommende erste Alternative des § 43 Abs. 1 VwGO ist indes nicht erfüllt, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis mangelt.
Das Tatbestandsmerkmal Rechtsverhältnis wird mit den sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache, zu einer Sache allerdings nur in dem Sinn, dass Rechtsbeziehungen zu „dritten“ Personen durch eben diese Sache vermittelt werden, umschrieben. Die rechtliche Beziehung muss ein subjektiv-öffentliches Recht zum Gegenstand haben (zur Definition W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 43 Rn. 11 m.w.N.).
Der Feststellungsantrag der Klägerin, dass „den klägerischen Grundstücken mit den FlNr. … und … in der Vergangenheit abgelöste Stellplätze zugeordnet sind“, beschreibt kein solches Rechtsverhältnis. Die Frage, ob bereits in der Vergangenheit gemäß Art. 47 Abs. 3 Nr. 3 BayBO abgelöste Stellplätze einem bestimmten Grundstück zugeordnet bleiben oder durch privatrechtliche Vereinbarung zugeordnet werden können und damit letztlich, ob und inwieweit die Stellplatzpflicht aus Art. 47 Abs. 1 BayBO für künftige Vorhaben und (Nutzungs-)Änderungen bereits durch vorher abgelöste Stellplätze erfüllbar ist, bildet lediglich eine Vorfrage, die im Rahmen der Prüfung, ob einem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO entgegenstehen, zu beantworten ist. Derlei Vorfragen sind grundsätzlich nicht feststellungsfähig (etwa BVerwG, B.v. 26.7.2007 – 6 B 25/07 – juris Rn. 4; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 43 Rn. 13). Auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs begründet die von der Frage der Erteilung der Baugenehmigung losgelöste, isolierte Feststellung der nachzuweisenden Stellplätze zwischen dem Bauherrn und der Genehmigungsbehörde keinerlei Rechte und Pflichten und betrifft deshalb auch kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO (BayVGH, B.v. 29.6.2009 – 15 ZB 08.1051 – juris Rn. 14). Diese Erwägung ist auf die vorliegende Konstellation übertragbar, da es der Klägerin darum geht, abstrahiert von einem konkreten Vorhaben im Sinne des Art. 47 Abs. 1 BayBO und gleichsam vorbeugend ihren „Kontostand“ an bereits abgelösten, fiktiven Stellplätzen für eine etwaige, derzeit noch völlig unklare zukünftige Verwendung klären zu lassen.
Aus diesen Gründen ist auch das gemäß § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung höchst fraglich. Ihr stünde nämlich mit dem Instrument des Vorbescheids gemäß Art. 71 BayBO die Möglichkeit zur Verfügung, ein zu verwirklichendes (Bau-)Vorhaben auch nur hinsichtlich des Umfangs der Stellplatzpflicht aus Art. 47 BayBO zur Prüfung durch die Beklagte als Baugenehmigungsbehörde zu stellen und bei einem ihr ungünstig erscheinenden Ergebnis hinsichtlich der Anrechnung bereits abgelöster Stellplätze eine Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) zu erheben. Damit ist gleichzeitig der aus § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO fließende Grundsatz der Nachrangigkeit der Feststellungsklage berührt, da der Klägerin die Möglichkeit der Verpflichtungsklage offensteht, sobald die Beklagte im Rahmen eines Vorbescheids- oder Baugenehmigungsverfahrens eine von der Rechtsansicht der Klägerin abweichende Zuordnung von bereits früher abgelösten, fiktiven Stellplätzen vornimmt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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