Baurecht

Unzulässigkeit eines Reitplatzes im Außenbereich

Aktenzeichen  M 11 K 16.4838

Datum:
5.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19455
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 11, Art. 50, Art. 76 S. 1
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 3 Nr. 5
VwZVG Art. 31 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2
LstVG Art. 9

 

Leitsatz

1 Die natürliche Eigenart der Landschaft wird durch einen Reitplatz beeinträchtigt, wenn die Fläche bisher entsprechend der für den Außenbereich vorgegebenen Funktion geprägt war und nichts darauf hindeutet, dass sie die Eignung dafür demnächst einbüßen wird. Eine Parklandschaft ist ungeachtet des Umstands, dass sie eingefriedet und nicht zugänglich ist, schutzwürdig.  (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei bauaufsichtlichen Maßnahmen gegen Schwarzbauten ist eine Heranziehung einzelner Gesellschafter einer GbR als Handlungsstörer möglich, die im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnisse für die GbR eine baurechtswidrige Anlage errichtet haben. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage gegen die Beseitigungsanordnung vom 22. September 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. Dezember 2016 ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, so kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der umzäunte Reitplatz ist formell und materiell baurechtswidrig.
Es handelt sich um eine bauliche Anlage, deren Errichtung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO einer Genehmigung bedarf. Die Eigenschaft als bauliche Anlage ergibt sich bereits daraus, dass der Reitplatz zusammen mit der Umzäunung, die eine bauliche Anlage i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO darstellt, ein einheitliches Vorhaben bildet. Abgesehen davon handelt es sich auch bei dem Reitplatz selbst um eine aus Bauprodukten i.S.v. Art. 2 Abs. 11 BayBO hergestellte bauliche Anlage. Auf die Bezeichnung der Anlage als Auslauffläche anstatt als Reitplatz – was im Übrigen entsprechend den Feststellungen beim Augenschein auch nicht zutrifft – kommt es in diesem Zusammenhang ebenso wenig an wie auf die Frage, ob und in welchem Umfang eine Auslauffläche für die Haltung von Pferden aus tierschutzrechtlichen Bestimmungen erforderlich wäre. Auch eine Verfahrensfreiheit der Anlage – insbesondere nach Maßgabe von Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO – kommt nicht in Betracht, eine landwirtschaftliche Privilegierung liegt nicht vor und wurde im Klageverfahren auch nicht mehr geltend gemacht.
Der Reitplatz ist auch materiell rechtswidrig und bauplanungsrechtlich unzulässig. Er befindet sich im Außenbereich, ist nicht privilegiert und beeinträchtigt gemäß § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange. Der Anwendungsbereich für Vorhaben im Außenbereich ergibt sich in Abgrenzung zu – hier unstreitig nicht einschlägigen – Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans i.S.v. § 30 Abs. 1 BauGB und zu Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraus. „Ortsteil“ i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.
Die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB setzt zudem das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhanges voraus. Dabei gehört zur Bebauung nicht jede noch so unbedeutende bauliche Anlage, sondern nur eine solche Bebauung, die maßstabsbildend ist, die also einerseits optisch wahrnehmbar ist und andererseits ein gewisses Gewicht hat, so dass sie geeignet ist, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem Charakter zu prägen und die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.1992 – 4 C 15.90 – juris Rn. 12; B.v. 2.3.2000 – 4 B 15.00 – juris Rn. 3). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (BVerwG, B.v. 2.3.2000 a.a.O.).
Ein „Bebauungszusammenhang“ ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5/14 – juris Rn. 11 m.w.N.). Der Begriff der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit ist im Allgemeinen durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägt, was aus der städtebaulichen Bedeutung von § 34 BauGB resultiert (vgl. Söfker in EZBK, 128. EL Februar 2018, § 34 Rn. 35 mit Nachweisen zur Rspr). Auch die für die Beurteilung der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit maßgebliche Verkehrsauffassung ergibt sich aus den städtebaulich relevanten tatsächlichen Gegebenheiten und ist abhängig von diesen.
Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, U.v. 30.6.2015 a.a.O. – juris Rn. 16). Liegt ein Grundstück am Ortsrand‚ endet der Bebauungszusammenhang unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenze regelmäßig am letzten Baukörper; örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, ihm noch bis zu einer natürlichen Grenze (z.B. Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind und trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – juris Rn. 7). In begrenztem Umfang können zudem die für die Wohnnutzung erforderlichen Nebenanlagen – etwa Zufahrtsflächen oder die für einen Hausgarten genutzten Flächen – in angemessenem Umfang in den Bebauungszusammenhang einbezogen werden (sog. bebauungsakzessorische Nutzung). Ein Bebauungszusammenhang kann dagegen in Ortsrandlagen regelmäßig nicht über den prägenden Bestand hinaus auf sonstige nicht prägende Bauten einschließlich Einfriedungen erstreckt werden, auch wenn diese besonders bewirtschaftet oder gepflegt werden, z.B. als Parklandschaft. Aspekte ohne städtebauliche Bedeutung oder ohne wahrnehmbaren Bezug zum städtebaulich relevanten Bestand – etwa solche des Denkmalschutzes, Darstellungen eines Flächennutzungsplans oder Baubestand, der in der Vergangenheit beseitigt wurde, ohne dass mit einer Wiedererrichtung zu rechnen war – sind insoweit nicht maßgeblich. Schließlich haben auch die formalen Grundstücksgrenzen für die Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich keine entscheidende Bedeutung (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – 4 C 47/68 – juris Rn. 19; U.v. 12.6.1970 – 4 C 77.68 – juris Rn. 13; B.v. 22.7.1993 – 4 B 78/93 – juris Rn. 3), so dass es durchaus sein kann, dass nur eine Teilfläche eines Grundstücks innerhalb eines Bebauungszusammenhangs liegt.
Ein Grundstück fällt auch nicht bereits deshalb unter § 34 Abs. 1 BauGB, weil es von einer zusammenhängenden Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Fehlt es hieran, so liegt das Grundstück zwar geographisch, nicht jedoch auch im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB „innerhalb“ eines Bebauungszusammenhangs. Mögliche Bestandteile eines Bebauungszusammenhangs sind erstens bebaute Grundstücke, soweit die darauf befindliche Bebauung geeignet ist, den Bebauungszusammenhang selbst herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken. Zweitens können auch unbebaute Grundstücke dem Bebauungszusammenhang angehören, wenn es sich um eine Baulücke im engeren Sinne des Wortes handelt, d.h. um ein zwar unbebautes, aber bebauungsfähiges Grundstück, das trotz der fehlenden Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der umgebenden Bebauung nicht stört; dem Fall eines unbebauten Grundstücks gleichzustellen sind Grundstücke mit baulichen Anlagen, die selbst nicht geeignet sind, den Bebauungszusammenhang herzustellen oder an seiner Entstehung mitzuwirken. Bestandteil des Bebauungszusammenhangs können drittens auch freie Flächen sein, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen sind (BVerwG, U.v. 30.6.2015 a.a.O. – juris Rn. 13).
An diesen Maßstäben, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit langem anerkannt sind, hat auch das von der Klägerseite in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2016 (4 C 7.15) nichts geändert. Das Urteil betrifft in Abgrenzung von dem o.a. Urteil vom 30. Juni 2015 die hiervon zu unterscheidende Frage, ob Baulichkeiten, die nicht imstande sind, einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu bilden, in der Lage sind, die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Ls. 1 sowie Rn. 13 ff.).
Entsprechend diesen Maßstäben befindet sich der Reitplatz nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil.
Eine eigenständige Ortsteileigenschaft der Bebauung auf den Grundstücken FlNrn. …, … und … mit der sog. Herrschaftsvilla, dem Park und verschiedenen Nebengebäuden innerhalb der Einfriedungsmauer scheidet offensichtlich aus. Insofern fehlt es bei der über die Grundstücke verteilten Bebauung mit zwei oder maximal drei für einen dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebäuden (Herrschaftsvilla, nördliche Remise mit einer Wohneinheit, Werkstatt und Garagen, Verwalter- und Ökonomiegebäude – im Augenscheinsprotokoll als südliche Remise bezeichnet – mit Büro- und Personalräumen sowie einem Atelier) an einem Bebauungskomplex, der ein für die Bildung eines Ortsteils ausreichendes Gewicht besitzt.
Der Reitplatz befindet sich auch nicht innerhalb eines von der heranrückenden Wohnbebauung des Ortsteils … vermittelten Bebauungszusammenhangs. Es kann dahinstehen, ob die Wohnbebauung im südlichen Bereich des Grundstücks FlNr. … Teil des Bebauungszusammenhangs der von Osten und Südosten heranrückenden Wohnbebauung ist. Ein solcher Bebauungszusammenhang würde sich jedenfalls nicht auf den Reitplatz erstrecken. Insoweit läge insofern eine Ortsrandbebauung vor, wobei der Bebauungszusammenhang spätestens nördlich der Zufahrt zu der Wohnbebauung enden würde. Die in der Nordwestecke des Grundstücks FlNr. … befindliche Bebauung ist hiervon so deutlich entfernt, dass eine Bewertung der dazwischen befindlichen Freifläche als Baulücke ausscheidet.
Der inmitten des Grundstücks FlNr. … befindliche von der Wohnbebauung im Süden deutlich abgesetzte Reitplatz kann bereits nach Lage und Größe nicht als angemessene bebauungsakzessorische Nutzung zur bestehenden Wohnbebauung angesehen werden.
Schließlich vermittelt auch die weitere Bebauung östlich der Straße „… … …“ und nördlich und nordöstlich (FlNrn. … und …) in der Zusammenschau mit der Bebauung im nordwestlichen Teil des Grundstücks FlNr. … der Fläche im Bereich des Reitplatzes keine den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit prägende Wirkung. Eine Einstufung des gesamten Grundstücks FlNr. … als Teil eines von drei Seiten vermittelten Bebauungszusammenhangs scheidet auch unter Berücksichtigung des parkartigen Charakters und der auf dem Grundstück sowie auf den östlich angrenzenden Grundstücken FlNrn. … und … befindlichen Bebauung bereits aufgrund der Größe des Grundstücks aus.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass das Grundstück an mindestens drei Seiten von prägender Bebauung umgeben wäre, läge ein sog. Außenbereich im Innenbereich vor. Auch wenn es keine strikte Obergrenze gibt, ab der unbebaute Grundstücke oder Grundstücke ohne prägende Bebauung nicht mehr als Teil des Bebauungszusammenhangs angesehen werden können, hängt der Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit naturgemäß maßgeblich von der Größe eines Grundstücks ab. Das Grundstück FlNr. … hat eine Größe von 19.757 m² und erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung ca. 250 m und in Ost-West-Richtung ca. 90 m. Auch unter Berücksichtigung der auf dem Grundstück befindlichen Bebauung besteht für den Bereich nördlich der Herrschaftsvilla entsprechend dem Eindruck, den die Kammer aufgrund des Augenscheins gewonnen hat, nicht der Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit. Die Entfernung zwischen der Herrschaftsvilla und den in Bezug auf die Bebauung im Nordwesten am nächsten gelegenen Stallungen beträgt ca. 120 m. Der zentrale Bereich des Grundstücks, in dem sich auch der Reitplatz befindet, ist unbebaut.
Im Übrigen hat die Bebauung östlich der Straße „… … …“ und nördlich und nordöstlich für das Grundstück FlNr. … und insbesondere für den Bereich des Reitplatzes aufgrund der Entfernung und Orientierung keine prägende Wirkung. Die Wohnbebauung entlang der Straße „… … …“ wirkt gegenüber dem Grundstück abgesetzt und wird als Ortstrand wahrgenommen. Der Eindruck einer von prägender Bebauung umgebenen innerstädtischen Lage besteht nicht.
An das Grundstücks FlNr. 70 grenzen östlich zunächst die einheitlich als Park und im Osten dicht mit Gehölz bewachsenen genutzten Grundstücke FlNrn. 56/3 und 56/4 mit einer Ost-West-Erstreckung von ca. 30 m an, auf denen sich ebenfalls keine prägende Bebauung befindet. Östlich davon befinden sich die Einfriedungsmauer sowie die Straße „… … …“. Erst auf der anderen Seite besteht auf Höhe des Grundstücks FlNr. … Wohnbebauung. Westlich der Straße „… … …“ findet sich erst nördlich des Grundstücks FlNr. … Wohnbebauung, die zudem deutlich abgesetzt und zur Straße „… … …“ hin orientiert ist.
Das Vorhaben ist nicht privilegiert und beeinträchtigt als sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange. Der Reitplatz widerspricht gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB der Darstellung des Flächennutzungsplans, der für das Grundstück FlNr. … eine Grünfläche darstellt und mit dem Hinweis „Herrschaftsvilla um 1925 großer Park mit Einfriedungsmauer“ die besondere Bedeutung der Darstellung hervorhebt. Der Reitplatz beeinträchtigt zudem Belange des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB), wobei mit der Dimensionierung des Platzes nicht nur eine erhebliche Beeinträchtigung der denkmalgeschützten Gebäude – u.a. der Herrschaftsvilla und des Pförtnerhauses – einhergeht, sondern auch der ebenso denkmalgeschützte Park mit Einfriedung selbst beeinträchtigt wird (vgl. die Darstellung der denkmalgeschützten Objekte im angefochtenen Bescheid). Diese Belange bestehen unabhängig von Fragen der Einsehbarkeit und Zugänglichkeit des Grundstücks. Außerdem werden im Hinblick auf die Lage im Landschaftsschutzgebiet „Westlicher Teil des Landkreises …“ Belange des Naturschutzes i.S.v. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt. Anhaltspunkte dafür, dass die nach § 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung erforderliche Erlaubnis erteilt werden könnte, bestehen nicht. Die Kammer sieht insoweit trotz der Einfriedungsmauer keine Anhaltspunkte dafür, dass die Landschaft dort ihre Schutzwürdigkeit eingebüßt hat und tendiert im Übrigen auch zu der Auffassung, dass das Vorhaben als wesensfremde Außenbereichsnutzung trotz der Einfriedungsmauer die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt. Die natürliche Eigenart der Landschaft wird geprägt von der naturgegebenen Art der Bodennutzung, einschließlich von Eigentümlichkeiten der Bodenformation und ihrer Bewachsung. Dieser Belang verfolgt den Zweck, dass der Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2017, § 35 Rn. 96). Die natürliche Eigenart der Landschaft wird demnach durch ein Bauvorhaben beeinträchtigt, wenn die Fläche bisher entsprechend der für den Außenbereich vorgegebenen Funktion geprägt war und nichts darauf hindeutet, dass sie die Eignung dafür demnächst einbüßen wird. Die Parklandschaft ist ungeachtet des Umstands, dass sie eingefriedet und nicht zugänglich ist, schutzwürdig und bisher naturnah geprägt. Unabhängig von der Frage, ob es – abweichend vom Grundsatz, dass es nicht darauf, ankommt, ob ein Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt (vgl. BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – juris Rn. 29; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, a.a.O.) – auf die Wahrnehmbarkeit zumindest dann ankommt, wenn eine Zugänglichkeit nicht gewährleistet ist, dürfte der Reitplatz jedenfalls außerhalb der Vegetationsperiode vom See, aber auch von anderen Standorten außerhalb der Einfriedung aus deutlich wahrnehmbar sein. Schließlich spricht auch einiges dafür, dass der Reitplatz eine unerwünschte städtebauliche Ausweitung des Ortsbereichs von … befürchten lässt. Dabei handelt es sich letztlich um eine Intensivierung der Wohnnutzung im südlichen Teil des Grundstücks in den Außenbereich hinein. Eine solche Ausweitung ist ein Vorgang einer städtebaulich unerwünschten‚ unorganischen Siedlungsweise‚ die zu vermeiden ein öffentlicher Belang i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB ist (BayVGH, U.v. 13.4.2015 – 1 B 14.2319 – juris Rn. 28; BVerwG‚ U.v. 25.1.1985 – 4 C 29.81 – juris Rn. 9).
Die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens wird auch nicht durch höherrangiges Recht – insbesondere Verfassungsrecht – in Frage gestellt. Bei den Regelungen in § 35 BauGB handelt es sich um die abschließende und entschädigungslos hinzunehmende Ausformung des Eigentums im Wege einer Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber. Nur wenn keine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliegt, besteht im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ein Anspruch auf die Zulassung eines sonstigen Vorhabens (vgl. bereits BVerwG, U.v. 29.4.1964 – I C 30.62 – juris Rn. 9 ff.). Auf Fragen der verfassungsrechtlichen Bewertung denkmalschutzrechtlicher Beschränkungen kommt es für das vorliegende Verfahren nicht an.
Die Heranziehung der Klägerin zu 1 als Handlungsstörerin für die Beseitigungsanordnung ist nicht zu beanstanden.
Gegen wen eine Beseitigungsanordnung erlassen werden kann, ergibt sich in erster Linie aus den Bestimmungen der Art. 49 ff. BayBO über die am Bau Beteiligten, insbesondere aus den Bestimmungen über die Verantwortlichkeit des Bauherrn (Art. 50), im Übrigen aus einer entsprechenden Anwendung von Art. 9 LStVG als der allgemeinen Bestimmung über die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2001 – 1 ZB 01.664 – juris Rn. 5 m.w.N.). In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die auch die Kammer zugrunde legt, ist geklärt, dass bei der Auswahl zwischen mehreren Störern in der Regel der Handlungsstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen ist, wenn nicht die Wirksamkeit der Maßnahme eine andere Reihenfolge gebietet (BayVGH, B.v. 28.5.2001 a.a.O.). Als Handlungsstörer kann dementsprechend derjenige in Anspruch genommen werden, der als Bauherr für die Errichtung oder Änderung der formell und materiell rechtswidrigen Anlage unmittelbar verantwortlich ist. Eine Inanspruchnahme als Handlungsstörer kommt im Hinblick auf die ergänzende Heranziehung der Regelungen des allgemeinen Sicherheitsrechts zur Störerauswahl aber auch in Betracht, wenn sich eine Person gegenüber der Bauaufsichtsbehörde als Bauherr bzw. als der maßgeblich Verfügungsberechtigte oder wirtschaftlich Verantwortliche geriert und ein Hinweis auf die Verantwortlichkeit anderer Personen für den baurechtswidrigen Zustand unterbleibt (vgl. OVG Münster, U.v. 6.9.1993 – 11 A 694/90 – juris Rn. 48; U.v. 19.12.1995 – 11 A 2734/93 – juris Rn. 32; OVG Weimar, B.v. 27.2.1997 – 1 EO 233/96 – juris Rn. 48; Decker in Simon/Busse/Decker, BayBO, 129. EL März 2018, Art. 76 Rn. 164 m.w.N.).
Dementsprechend kommt es auf Möglichkeit einer Heranziehung der … GbR als Zustandsstörer wegen ihres Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück ebenso wenig an wie auf die im Zusammenhang mit einer möglichen Inanspruchnahme der GbR als Bauherrin stehenden Folgefragen zur Zuordnung der Bauherrenpflichten nur zur GbR oder auch zu den Gesellschaftern und zur Inanspruchnahme der Gesellschafter wegen einer Haftung für Bauherrenpflichten der GbR. Die Klägerin zu 1 hat ihre Verantwortlichkeit als Bauherrin für die Errichtung des Reitplatzes zu keinem Zeitpunkt während des Verwaltungsverfahrens bestritten. Die Bauherreneigenschaft ist dabei von den Eigentumsverhältnissen an dem Grundstück unabhängig und die Annahme, die GbR sei Bauherrin des für den Eigengebrauch der Klägerin zu 1 errichteten Reitplatzes, auch nicht naheliegend. Die Heranziehung der Klägerin zu 1 als Handlungsstörerin ist schon deswegen nicht zu beanstanden.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Kammer auch davon ausgeht, dass bei bauaufsichtlichen Maßnahmen gegen Schwarzbauten allgemein eine Heranziehung einzelner Gesellschafter einer GbR möglich ist, die im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnisse für die GbR eine baurechtswidrige Anlage errichtet haben. Insoweit kommt es im Hinblick auf die gebotene Effektivität bauaufsichtlicher Maßnahmen als sicherheitsrechtliche Anordnungen und die ergänzende Heranziehung der allgemeinen Bestimmungen über die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit nicht ausschließlich auf die Frage der Bauherreneigenschaft und die Frage an, ob Gesellschafter allein aufgrund ihrer unbeschränkten Haftung als Verhaltensstörer wegen Bauherrenpflichten der GbR herangezogen werden können. Ausreichend ist jedenfalls, dass ein Gesellschafter den baurechtswidrigen Zustand selbst veranlasst hat, für die Anlage die volle Verantwortung trägt, was aufgrund der unbeschränkten Haftung für Verbindlichkeiten der GbR – insbesondere sicherheitsrechtliche Bauherrenpflichten – der Fall ist, und in der Lage ist, zeitnah ordnungsgemäße Zustände wiederherzustellen. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Klägerin zu 1 vor, auch wenn es zuträfe, dass sie den Reitplatz für die GbR errichtet haben sollte.
Der Bescheid leidet im Hinblick auf die Ermessensausübung weder unter formalen Begründungsmängeln i.S.v. Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG noch unter materiellen Ermessensfehlern nach Maßgabe von § 114 VwGO. Die Beseitigungsanordnung ist insbesondere verhältnismäßig. Die Erforderlichkeit der Beseitigungsanordnung zur Herstellung rechtmäßiger Zustände und die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte waren der Klägerin zu 1 im Hinblick auf die Anhörungen, die auch die gescheiterten Bemühungen um eine bauleitplanerische Lösung durch die Gemeinde … … … berücksichtigten, bekannt und ergaben sich auch ausreichend aus den Gründen des angefochtenen Bescheids. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beseitigung der rechtswidrig errichteten Anlage zur Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände und zur Vermeidung von Bezugsfällen pflichtgemäßem Ermessen entspricht. Eine Darstellung der beeinträchtigten öffentlichen Belange und eine Begründung über die bauplanungsrechtliche Beurteilung hinaus waren im Hinblick auf die Ermessensausübung nicht veranlasst.
Auch die Klagen der Kläger zu 2 und 3 gegen die Duldungsanordnungen bleiben in der Sache ohne Erfolg. Die in analoger Anwendung des Art. 76 Satz 1 BayBO ergangenen Duldungsanordnungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger zu 2 und 3 nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Duldungsanordnungen haben eine Doppelnatur. Sie schließen als Gestaltungsakt zivilrechtliche Ansprüche des Duldungspflichtigen aus, die einem Vollzug der Grundverfügung durch den Handlungspflichten entgegenstehen und untersagen als vollstreckungsfähige Anordnung zugleich dem Duldungspflichtigen, den Vollzug zu behindern (BayVGH, B.v. 24.10.2005 – 9 CS 05.1840 – juris Rn. 16).
Die Voraussetzungen für eine Duldungsanordnung gegenüber den Klägern zu 2 und 3 liegen vor. Insbesondere sind die Kläger zu 2 und 3 die richtigen Adressaten. Die Funktion einer Duldungsanordnung ist bei einem im Eigentum einer GbR stehenden Grundstück gleichermaßen durch eine Anordnung gegenüber der GbR im Hinblick auf ihre Eigentumsrechte wie durch eine Anordnung gegenüber sämtlichen Gesellschaftern bzw. bei einer Heranziehung eines Gesellschafters zur Beseitigung durch eine Anordnung gegenüber den übrigen Gesellschaftern im Hinblick auf die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte gewahrt.
Schließlich führt auch die Bezeichnung der Kläger zu 2 und zu 3 als Miteigentümer im Bescheid vom 22. September 2016 nicht zur Rechtswidrigkeit der Duldungsanordnung. Insofern spricht mehr dafür, dass es sich bei der Formulierung in Ziff. 3 des verfügenden Teils nur um eine unschädliche sprachliche Ungenauigkeit des Beklagten, der nach Aktenlage Kenntnis von den Eigentumsverhältnissen an dem streitgegenständlichen Grundstück hatte (vgl. Verwaltungsakte Bl. 65), handelt, so dass ein Ergänzungsbescheid nicht erforderlich gewesen wäre. Art und Inhalt der Duldungsverpflichtung sind durch die der Begründung zuzurechnenden Frage, ob die Kläger zu 2 und 3 in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer oder als hinsichtlich des Eigentums gesamthänderisch verbundene Gesellschafter der GbR in Anspruch genommen werden, unberührt. Die Gründe für die Heranziehung wurden bereits in den Gründen des Bescheids vom 22. September 2016 ausreichend klar dargestellt. Die Ausführungen, die Duldungsanordnung sei an die jeweiligen Berechtigten bzw. Miteigentümer des Grundstücks zu richten, sind offener formuliert als Ziff. 3 des verfügenden Teils und differenzieren nicht nach der Inanspruchnahme als Miteigentümer oder als Gesellschafter, was wegen der inhaltlichen Identität der jeweiligen Unterlassungspflichten auch nicht erforderlich war. Im Übrigen hat der Beklagte die Heranziehung der Kläger zu 2 und zu 3 als Mitgesellschafter jedenfalls durch den Ergänzungsbescheid vom 1. Dezember 2016 ausreichend begründet, was nach Maßgabe von § 114 Satz 2 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren möglich ist.
Auch gegen die Zwangsgeldandrohung gegen die Klägerin zu 1, deren Inhalt sich aus dem verfügenden Teil in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids und nach Maßgabe der Gründe mit der Nennung der maßgeblichen Vorschriften der Art. 29, 31 und 36 (vgl. zur Fälligkeit bei nicht fristgerechter Erfüllung Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG) ausreichend klar ergibt, bestehen keine Bedenken. Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, den Reitplatz zu dulden, weil er nicht „abbruchwürdig“ sei. Er hat bereits im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung das wirtschaftliche Interesse der Klägerin zu 1 am Erhalt des Reitplatzes gegen das öffentliche Interesse an der Beseitigung abgewogen. Gegen das Ergebnis der Abwägung bestehen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit keine Einwände. Abgesehen davon, dass Ausführungen dazu, was mit der fehlenden „Abbruchwürdigkeit“ gemeint ist, fehlen, kommt es auf die wirtschaftlichen Folgen einer Beseitigungsanordnung im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit nicht an (vgl. Decker in Simon/Busse/Decker, BayBO, Art. 76 Rn. 245 mit umfassenden Nachweisen zur Rspr.). Die Höhe des Zwangsgeldes ist mit 3.000 EUR nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist entsprechend den Gründen des angefochtenen Bescheids vom wirtschaftlichen Interesse der Klägerin zu 1 ausgegangen und damit nicht über die Mindesthöhe nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG hinausgegangen. Die auf der Grundlage der Bauweise und der Anforderungen bei der Beseitigung des Reitplatzes erfolgte Schätzung des wirtschaftlichen Interesses ist nicht zu beanstanden. Eine weitergehende Begründung der Höhe des Zwangsgelds war damit nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


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