Baurecht

Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Beseitigung einer ungenehmigten Terrassenüberdachung

Aktenzeichen  M 11 K 15.1822

Datum:
16.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 50586
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 1

 

Leitsatz

Die für die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände erforderlichen Kosten sind in aller Regel keine im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Beseitigungsanordnung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte. Wer ein Gebäude oder Gebäudeteile (wie hier eine Terrassenüberdachung) ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet hat, muss die damit verbundenen Risiken tragen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Es besteht kein Anspruch auf Genehmigung des Bauantrages vom 1. September 2014. Der Bescheid des Beklagten vom 23. April 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
Selbst wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Grundfläche zu unbestimmt und damit die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung unwirksam sein sollten, würde dies nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplanes führen. Vielmehr gelten dann die Regelungen über die bebaubaren Grundstücksflächen, hier u. a. die festgesetzten Baugrenzen, weiter.
Wie sich aus der Begründung des Bebauungsplanes … – Am … – 1. Änderung für das Grundstück Fl.Nr. …, Gem. …, ergibt, sollte mit der Änderung des Bebauungsplanes lediglich erreicht werden, dass „einzig der Bauraum 8“ „hinsichtlich der Wandhöhe, der Lage des Bauraums und der Wandhöhe“ geändert wird. „Der Bauraum wird um ca. 3 m nach Süden verschoben, um zusätzlich Platz für den Bauraum einer Garage zu bekommen. Dadurch wird die südlich angrenzende Grünfläche etwas reduziert, um zwischen privater Grünfläche und Gebäude noch einen etwa 3 m breiten Streifen Bauland zu haben. Die Grundfläche bleibt für alle Gebäude unverändert, einzig die Wandhöhe und die Dachneigung werden für den Bauraum 3 (gemeint wohl 8) geändert.“.
Daher ist davon auszugehen, dass die Gemeinde den Bebauungsplan auch mit dem eingeschränkten Inhalt (Festsetzung von Baugrenzen) beschlossen hätte, da auch die restlichen Festsetzungen noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den vorangegangenen Bebauungsplan vom 4. März 2010, der auch schon die überbaubaren Grundstücksflächen mittels Baugrenzen festsetzte. Es soll nach der Begründung des Bebauungsplanes lediglich der bisher im Bebauungsplan von 2010 festgesetzte Bauraum 8 verschoben werden, um einen Bauraum für eine Garage zu schaffen mit der Folge, dass sich dadurch auch die private Grünfläche etwas reduziert.
Die Garage und die Terrassenüberdachung überschreiten die im Bebauungsplan vorgesehenen Baugrenzen bzw. die Terrasse ragt zusätzlich in die private Grünfläche. Ein Anspruch auf Befreiung vom Bebauungsplan besteht nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht, da die Grundzüge der Planung berührt werden.
Die Beseitigungsanordnung ist nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte hat nur die Beseitigung der Terrassenüberdachung, nicht der gesamten Terrasse angeordnet. Die für die Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände erforderlichen Kosten sind in aller Regel kein im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigender Gesichtspunkt. Wer ein Gebäude oder Gebäudeteile ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet hat, muss die damit verbundenen Risiken tragen (BayVGH, Urteil vom 28.06.2010 – 1 B 09.1911 – juris RdNr. 81). Gründe, von dieser Regel abzuweichen, bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 Halbsatz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (für die Beseitigungsanordnung und die abgelehnte Baugenehmigung wird jeweils der Regelstreitwert des § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG- in Ansatz gebracht).


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