Baurecht

Verkaufsflächenbegrenzung im festgesetzten Sondergebiet

Aktenzeichen  15 B 20.2075

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4194
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauNVO § 11 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
BauGB § 31 Abs. 2

 

Leitsatz

Hat eine Gemeinde – insoweit ohne Rechtsgrundlage und damit unwirksam – in einem Sondergebiet die Anzahl von kern- bzw. sondergebietstypischen Einzelhandelsvorhaben beschränkt, hat sie diese Festsetzung aber mit einer Verkaufsflächenbegrenzung gekoppelt und besteht das als Sondergebiet ausgewiesene Areal nur aus einem vorhabengeeigneten Grundstück, bleibt die Festsetzung als grundstücksbezogene Verkaufsflächenbegrenzung aufrechterhalten, sofern nach den Grundsätzen der Teilunwirksamkeit bauplanungsrechtlicher Festsetzungen die verbleibende Regelung zur Gewährleistung einer sinnvollen städtebaulichen Ordnung geeignet ist und zudem davon auszugehen ist, dass die Gemeinde die so verbleibende „Rest-Festsetzung“ auch ohne die unwirksame zahlenmäßige Beschränkung erlassen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8.18 – BVerwGE 166, 378 ff.). (Rn. 57)

Verfahrensgang

RN 6 K 18.556 2019-10-29 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids gem. Art. 71 Satz 1 und 4, Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 60 Satz 1 Nr. 1, Art. 2 Abs. 4 Nr. 4 BayBO i.V. mit § 34 BauGB. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist nicht wegen Unwirksamkeit sämtlicher auf das Baugrundstück bezogener Bebauungspläne auf § 34 BauGB als Maßstab für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Erweiterungsvorhabens der Klägerin abzustellen. Mit ihren Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ vermag die Klägerin dem vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommenen Anspruchsausschluss in Anwendung von § 30, § 31 Abs. 1 BauGB als einschlägigem bauplanungsrechtlichem Zulässigkeitsmaßstab (s.u. 2.) nicht mit Erfolg entgegenzutreten.
a) Der Senat lässt es offen, ob der Klägerin die Berufung auf eine eventuelle Unwirksamkeit der Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ nach den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt ist, weil sie sich hiermit womöglich in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt.
Allerdings gibt der vorliegende Sachverhalt Anlass, dies zu hinterfragen, weil einerseits die Beigeladene die Änderungsbebauungspläne „Deckblatt 4“ und „Deckblatt 6“ nach Maßgabe der jeweiligen Umsetzungsvorstellungen der Klägerin sowie in Abstimmung mit ihr erlassen hat und weil andererseits die Klägerin jeweils nach Erlass der Änderungsbebauungspläne unter Ausnutzung der dort getroffenen Festsetzungen Baugenehmigungen erhalten und umgesetzt hat, die ihr aus ihrer damaligen Sicht auf Basis der bis dato geltenden Festsetzungen des Bebauungsplans nicht hätten erteilt werden können (vgl. BVerwG, B.v. 19.12.2018 – 4 B 6.18 – ZfBR 2019, 275 = juris Rn. 6, 11; B.v. 11.2.2019 – 4 B 28.18 – juris Rn. 13; VGH BW, U.v. 8.3.2018 – 8 S 1464/15 – ZfBR 2018, 385 = juris Rn. 89 ff.; auf Ebene der Zulässigkeit eines Rechtsmittels vgl. auch BVerwG, U.v. 23.12.1998 – 26 N 98.1675 – NVwZ-RR 2000, 79 = juris Rn. 29 ff.: BayVGH, B.v. 12.2.2021 – 1 ZB 20.1186 – noch unveröffentlicht m.w.N.; VGH BW, U.v. 10.10.2017 – 3 S 153/17 – ZfBR 2018, 174 = juris Rn. 43 ff.; VG Düsseldorf, U.v. 15.11.2018 – 9 K 8569/16 – Rn. 41). Der Senat geht grundsätzlich davon aus, dass einem Bauherrn nach Verwirklichung der ihm erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten sein kann, seine weitergehenden Interessen später mit Einwänden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchzusetzen, etwa wenn er erst später einen Mangel des Bebauungsplans entdeckt (ebenso VGH BW, U.v. 8.3.2018 a.a.O. juris Rn. 93; U.v. 26.5.2020 – 8 S 1081/19 – BauR 2020, 1428 = juris Rn. 42; OVG RhPf, U.v. 26.8.2020 – 8 A 11749/19 – juris Rn. 52). Entscheidend kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an, insbesondere darauf, mit welchen Einwänden der Bauherr gegen den Plan vorgeht und in welchem Verhältnis diese Einwände zu seinem vorangegangenen Tun stehen (BVerwG, B.v. 11.2.2019 a.a.O. juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 12.2.2021 a.a.O.; VGH BW, U.v. 8.3.2018 a.a.O. juris Rn. 93) bzw. ob der Bauherr durch sein Verhalten einen besonderen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, die Festsetzungen eines Bebauungsplans gegen sich gelten zu lassen (BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 4 C 22.94 – BVerwGE 101, 58 = juris Rn. 17).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Planungsakten der Beigeladenen, dass sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene bei der Einleitung der Verfahren zur Aufstellung der Änderungsbebauungspläne „Deckblatt 4“ und Deckblatt 6“ übereinstimmend davon ausgingen, dass die für das Baugrundstück jeweils vorher geltenden Festsetzungen der von der Klägerin zunächst gewünschten Lebensmittelmarkterrichtung und sodann der von ihr verfolgten Verkaufsflächenerweiterung entgegenstanden. Ziel beider Verfahren der Bauleitplanung, die zum Erlass der Änderungsbebauungspläne geführt hatten, war es mithin, durch eine Änderung der planungsrechtlichen Lage der Klägerin die Umsetzung ihrer jeweiligen Planungsvorstellungen zum damaligen Zeitpunkt zu ermöglichen. Auf den Inhalt der Änderungsbebauungspläne hatte die Klägerin während des Aufstellungsverfahrens in der Sache Einfluss genommen, weil sie jeweils von Anfang an auf eine Planungsumsetzung zugeschnitten auf ihr Ansiedlungs- bzw. Erweiterungsvorhaben gedrängt und hierfür sogar selbst die Planungsfirma beauftragt und bezahlt hatte. Ob diese Umstände für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben ausreichen oder ob es hierfür einer noch engeren – etwa gem. § 11 oder § 12 BauGB vertraglichen – Abstimmung und einer aktiveren Rolle der Klägerin als Bauherrin bedarf (im Fall eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans vgl. z.B. die Fallgestaltungen bei BayVGH, B.v. 12.2.2021 a.a.O.; VGH BW, U.v. 10.10.2017 a.a.O.; U.v. 8.3.2018 a.a.O.), kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil die Nr. 1.2 des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ jedenfalls hinsichtlich der Verkaufsflächenbeschränkung für das mit dem festgesetzten Sondergebiet identische Baugrundstück wirksam ist, s.u. c).
b) Die Wirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans „G … West“ und der ersten beiden Änderungsbebauungspläne „Deckblatt 1“ und „Deckblatt 2“ erscheint insbesondere bezüglich der Fragen,
– ob die Regelungen zu den flächenbezogenen Schallleistungspegeln hinsichtlich des anzuwendenden Berechnungsverfahrens den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes entsprechen (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2009 – 1 N 07.2977 – NVwZ-RR 2010, 50 = juris Rn. 39 ff. m.w.N.),
– ob die festgesetzten flächenbezogenen Schallleistungspegel hinsichtlich einer gebotenen „Gliederung“ von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 BauNVO als Regelungsermächtigung gedeckt sind (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 15 ff.; B.v. 7.3.2019 – 4 BN 45.18 – NVwZ 2019, 655 = juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 – juris Rn. 26 ff.; B.v. 29.6.2020 – 1 NE 20.493 u.a. – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 30.1.2018 – 2 D 102.14.NE – juris Rn. 160 ff.; U.v. 11.10.2018 – 7 D 99/17.NE – BauR 2019, 53 = juris Rn. 42 ff.; U.v. 29.10.2018 – 10 A 1403/16 – juris Rn. 52 ff.; U.v. 2.3.2020 – 10 A 1136/18 – juris Rn. 47 ff.; U.v. 17.8.2020 – 2 D 25/18.NE – juris Rn. 43 ff.; VGH BW, U.v. 6.6.2019 – 3 S 2350/15 – ZfBR 2019, 699 = juris Rn. 90 ff.; OVG MV, U.v. 11.9.2019 – 3 K 149/15 – juris Rn. 34 ff.; Kuchler, jurisPR-UmwR 3/2018 Anm. 1; Heilshorn/Kohnen, UPR 2019, 81 ff.; vgl. auch das beim BVerwG anhängige Revisionsverfahren 4 CN 5.19),
– ob die Anforderungen an die Bekanntmachung hinsichtlich der DIN 8005 Teil 1 (Stand Mai 1987) als Berechnungsgrundlage der festgesetzten Schallleistungspegel eingehalten worden sind (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24.16 – NVwZ 2017, 166 = juris Rn. 7; U.v. 25.6.2020 – 4 CN 5.18 – NVwZ 2020, 1686 = juris Rn. 37 f.; BayVGH, U.v. 19.10.2020 – 9 N 15.2158 – juris Rn. 31; U.v. 20.11.2020 – 15 N 20.220 – juris Rn. 11) sowie
– ob sich die Festsetzungen der Pflicht zur Vorlage schalltechnischer Nachweise auf eine gesetzliche Regelungsbefugnis stützen können (vgl. BayVGH, U.v. 8.7.2004 – 1 N 01.590 – juris Rn. 41 f.; U.v. 28.7.2016 – 1 N 13.2678 – BRS 84 Nr. 47 = juris Rn. 40; B.v. 21.7.2020 – 15 NE 20.1222 – juris Rn. 19),
nicht unproblematisch. Der Senat lässt offen, ob der ursprüngliche Bebauungsplan „G … West“ und die beiden ersten Änderungsbebauungspläne (ebenso wie die hierzu lediglich ergänzenden bzw. korrigierenden Festsetzungen in den Änderungsbebauungsplänen „Deckblatt 3“ und „Deckblatt 5“) aufgrund der angesprochenen Fragen ganz oder teilweise unwirksam sind. Denn sollte dies der Fall sein, hätte dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der für das Baugrundstück erfolgten Sondergebietsausweisung mit der Zweckbestimmung „Lebensmitteldiscounter“. Für den – neben Grünflächen und den Anschluss an die bereits vorhandene O**straße (vgl. Seite 3 der Begründung von „Deckblatt 4“) – auf die 0,9 ha große Fläche des Sondergebiets sowie die 0,13 ha große Fläche des „GE 3“ begrenzten räumlichen Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 4“, der mit dem Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ mit angepassten Detailregelungen (Verkaufsfläche für das Sondergebiet, Ausnahmeregelungen für das Gewerbegebiet zu nicht zentrumsrelevanten Sortimenten) identisch ist, sind mit den Deckblättern 4 und 6 sämtliche Festsetzungen des Ursprungsplans durch neue Festsetzungen ersetzt worden, sodass letztlich in einem Teilareal von etwas über 1 ha in der Sache ein eigenständiger, selbständiger Bebauungsplan entstanden ist, bei dem ein „Fortwirken“ alter Fehler des Ursprungsplans und der älteren Änderungsbebauungspläne nicht mehr sachgerecht erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.1992 – 4 NB 22/92 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 70 = juris Rn. 18; B.v. 26.7.2011 – 4 B 23.11 – BauR 2012, 53 = juris Rn. 5). Die teilweise aus den vorhergehenden Bebauungsplänen übernommenen Festsetzungen zur Grünordnung sind im Änderungsbebauungsplan „Deckblatt 4“ auf Basis eines eigens angefertigten Umweltberichts neu begründet und folglich neu abgewogen worden. Insbesondere wurden für den gesamten Geltungsbereich des „Deckblatt 4“ (einschließlich des verbleibenden Gewerbegebiets „GE 3“ mit 0,13 ha) und damit auch des „Deckblatt 6“ keine flächenbezogenen Schallleistungspegel festgesetzt, sodass auch insofern der Bebauungsplan nicht auf dem Immissionsschutzkonzept der vorangegangenen Bebauungspläne aufbaute. Eine Anknüpfung an einzuhaltende flächenbezogene Schallleistungspegel findet sich unter der jeweiligen Nr. 10.7 in der Planzeichnung der verselbständigten Änderungsbebauungspläne „Deckblatt 4“ und „Deckblatt 6“ nur noch unter der Überschrift „Textliche Hinweise“, also als (nicht rechtssatzmäßig festgelegte) Empfehlung für das Genehmigungsverfahren. Dasselbe gilt für die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm sowie vorzulegende schalltechnische Nachweise.
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ jedenfalls hinsichtlich der für das Baugrundstück geregelten Verkaufsflächenbegrenzung auf 1.020 m² wirksam. Insoweit kann sich die Festsetzung (ebenso wie die Vorgängerregelung mit einer Verkaufsflächenbegrenzung auf 900 m² im Änderungsbebauungsplan „Deckblatt 4“) auf § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BauNVO als Regelungsermächtigung stützen.
Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 BayBO sowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB und auf gesetzlicher Basis (vgl. § 9a BauGB) erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jeweils abschließend geregelt. Ein darüberhinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber – abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB – nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V. mit den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der planenden Gemeinde daher verwehrt und mithin von vornherein unwirksam; §§ 214, 215 BauGB finden diesbezüglich keine Anwendung (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 29 m.w.N.; U.v. 19.10.2020 – 9 N 15.2158 – juris Rn. 35).
aa) Für die Festsetzung von Verkaufsflächenbegrenzungen gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, folgende Grundsätze:
Einer Gemeinde ist es gestattet, in einem Bebauungsplan, mit dem sie gemäß § 11 Abs. 2 BauNVO ein Sondergebiet für einen großflächigen Handelsbetrieb festsetzt, v o r h a b e n b e z o g e n nach Quadratmetergrenzen bestimmte Regelungen über die höchstzulässige Verkaufsfläche zu treffen. Somit wäre die Festsetzung einer maximalen Verkaufsflächengröße im Verhältnis zur Größe des jeweiligen Baugrundstücks durch eine Verhältniszahl (z.B. 0,3/0,5 etc.) oder eine Regelung mit dem Inhalt, dass alle Einzelhandelsvorhaben, die grundsätzlich der festgesetzten Zweckbestimmung des Sondergebiets entsprechen, im Sondergebiet nur eine bestimmte Verkaufsflächengröße haben dürfen, grundsätzlich auf Basis von § 11 BauNVO möglich. Bereits der Verordnungsgeber hat mit der Bestimmung über Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsbetriebe (§ 11 Abs. 2 und 3 BauNVO) ein Baugebiet besonderer Art mit einem bestimmten Typ der baulichen Nutzung festgelegt. Diese Nutzungsart bestimmt sich nach der Größe der Verkaufsfläche. Hieran knüpft der Ortsgesetzgeber an, wenn er in einem Bebauungsplan für ein Sondergebiet Verkaufsflächengrenzen für Einzelhandelsgroßbetriebe festsetzt (vgl. BVerwG, B.v. 7.5.2020 – 4 BN 44.19 – ZfBR 2020, 675 = juris Rn. 6 ff.). Mit solchen Regelungen über höchstzulässige Verkaufsflächen fächert er in Fortführung des vom Verordnungsgeber geschaffenen Konzepts einer nach der Betriebsgröße abgegrenzten besonderen Nutzungsart „großflächiger Einzelhandel“ diese Art der Nutzung weiter auf (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.1990 – 4 C 36.87 – NVwZ 1990, 1071 = juris Rn. 29 f.; U.v. 3.4.2008 – 4 CN 3.07 – BVerwGE 131, 86 = juris Rn. 14 ff.; U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8.18 – BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 10, 33).
Anderes gilt aber für eine vorhabenunabhängige g e b i e t s b e z o g e n e Verkaufsflächenbeschränkung, also eine Regelung, wonach alle Einzelhandelsvorhaben, die grundsätzlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung der festgesetzten Zweckbestimmung des Sondergebiets entsprechen, zusammen (also in der Summe) nur eine bestimmte maximale Verkaufsflächengröße haben dürfen. Eine solche Festsetzung ist weder als Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung zulässig, weil sie nicht mit Hilfe eines der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter (Grundfläche, Geschossfläche) vorgenommen worden ist, noch ist sie eine nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in sonstigen Sondergebieten zulässige Festsetzung der Art der baulichen Nutzung. Dort, wo die Verordnung die Festlegung von Nutzungsanteilen (Quoten) oder die Quantifizierung einer Nutzungsart zulässt, wie in § 4a Abs. 4 Nr. 2 und § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO und in Gestalt der Beschränkung freiberuflicher Berufsausübung auf „Räume“ in den Baugebieten der §§ 2 bis 4 BauNVO (vgl. § 13 BauNVO), wird dies ausdrücklich geregelt. Eine Kontingentierung der Verkaufsflächen, die auf das Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sog. „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Dieses Ergebnis widerspricht dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrundeliegenden Regelungsansatz, wonach im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht kommen können soll. Einer Fehlentwicklung zu Lasten der einen oder anderen Nutzung kann durch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entgegengewirkt werden (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 3.4.2008 a.a.O. juris Rn.14, 17 f.; U.v. 24.3.2010 – 4 CN 3.09 – NVwZ 2010, 782 = juris Rn. 22 ff.; B.v. 9.2.2011 – 4 BN 43.10 – ZfBR 2011, 374 = juris Rn. 6 f.; U.v. 17.10.2019 a.a.O. juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 26.3.2013 – 15 ZB 12.2674 – juris Rn. 4; OVG RHPf, U.v. 1.7.2020 – 8 C 11841/19 – ZfBR 2020, 871 = juris Rn. 35; Giesecke/Krupp, NVwZ 2020, 403; Fricke, DVBl. 2020, 1209).
Ausnahmsweise ist eine gebietsbezogene Verkaufsflächenbegrenzung unbedenklich, wenn in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist bzw. tatsächlich umsetzbar ist; denn dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung identisch (BVerwG, U.v. 3.4.2008 a.a.O. juris Rn. 18; B.v. 9.2.2011 a.a.O. juris Rn. 7; U.v. 11.11.2009 – 4 BN 63.09 – ZfBR 2010, 138 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 26.3.2013 a.a.O. – juris Rn. 8). Der Gemeinde ist es dabei aber – entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts – verwehrt, die Identität von gebietsbezogener und vorhabenbezogener Verkaufsflächenbegrenzung dadurch „herzustellen“, dass sie die Zulässigkeit von Einzelhandel auf einem ausgewiesenen Sondergebiet zahlenmäßig auf e i n Einzelhandelsvorhaben – also etwa auf ein Einkaufszentrum oder auf einen großflächigen Handelsbetrieb (z.B. Lebensmitteldiscounter) – begrenzt. Weder in § 9 BauGB noch in der BauNVO existiert eine Ermächtigungsgrundlage, in einem Bebauungsplan die Zahl der zulässigen Einkaufszentren oder Einzelhandelsvorhaben zu beschränken: § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO greift mit der Vorgabe, dass die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen sind, das Regelungsmuster der §§ 2 bis 10 BauNVO auf. Die Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben lässt sich nicht als Festsetzung der Zweckbestimmung verstehen. Die Anzahl der in einem Gebiet zulässigen Vorhaben spielt für den Gebietszweck keine Rolle. Die Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben ist auch nicht als Bestimmung der Art der Nutzung eines sonstigen Sondergebiets möglich. Die Gemeinde muss bei der Bestimmung der zulassungsfähigen Anlagen die vorhabenbezogene Typisierung beachten, die den §§ 2 bis 10 BauNVO zugrunde liegt. Die nummerische Beschränkung zulässiger Anlagen trägt zur Kennzeichnung der Art der zulässigen Nutzung indes nichts bei. Sie qualifiziert nicht den Anlagentyp – also etwa den Typ eines Einkaufszentrums oder eines (großflächigen) Einzelhandelsbetriebs -, sondern quantifiziert Nutzungsoptionen. Solche Kontingentierungen von Nutzungsmöglichkeiten lässt die Baunutzungsverordnung nur in wenigen, ausdrücklich geregelten und hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen zu. Schließlich kann die Beschränkung der Zahl der zulässigen Vorhaben auch nicht als Bestimmung des Maßes der zulässigen Nutzung festgesetzt werden; denn dies ist nur mit Hilfe einer der von § 16 Abs. 2 BauNVO zugelassenen Parameter, etwa der Grundfläche oder der Geschossfläche, zulässig (grundlegend BVerwG, U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8.18 – BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 12 ff.; im Anschluss: OVG RhPf, U.v. 1.7.2020 – 8 C 11841/19 – ZfBR 2020, 871 = juris Rn. 31; OVG NW, U.v. 26.10.2020 – 10 D 66/18.NE – BauR 2021, 181 = juris Rn. 75 ff.; U.v. 28.10.2020 – 10 D 43/17.NE – BauR 2021, 182 = juris Rn. 68 ff.; Fricke, DVBl. 2020, 1209 f.)
Wenn aber § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO die Möglichkeit eröffnet, die höchstzulässige Verkaufsfläche für das jeweilige Grundstück im Bebauungsplan als Art der Nutzung in der Form festzusetzen, dass die maximale Verkaufsflächengröße im Verhältnis zur Grundstücksgröße durch eine Verhältniszahl (z.B. 0,3/0,5 etc.) festgelegt wird, soweit dadurch die Ansiedlung bestimmter Einzelhandelstypen und damit die Art der baulichen Nutzung im Sondergebiet geregelt werden soll (s.o.), macht es für die Art der Nutzung keinen Unterschied, ob die Gemeinde für einzelne Baugrundstücke im Plangebiet eine Verhältniszahl oder eine absolute Zahl festsetzt, die sich ihrerseits durch den Bezug auf die Grundstücksgröße auch als Verhältniszahl ausdrücken ließe. § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO lässt es deshalb auch zu, die höchstzulässige Verkaufsfläche g r u n d s t ü c k s b e z o g e n im Bebauungsplan in der Form festzusetzen, dass die maximale Verkaufsfläche für jeweils einzelne Grundstücke festgelegt wird, sofern dadurch die Ansiedlung bestimmter Einzelhandelsbetriebstypen und damit die Art der Nutzung im Sondergebiet geregelt werden soll (BVerwG, U.v. 17.10.2019 a.a.O. juris Rn. 33). Denn besteht das Plangebiet nur aus einem vorhabengeeigneten Baugrundstück im grundbuchrechtlichen Sinn (vgl. OVG RhPf, U.v. 1.7.2020 a.a.O. juris Rn. 40 f.), kann der Eigentümer das Grundstück in den Grenzen der Verkaufsflächenbeschränkungen nutzen und muss nicht befürchten, durch andere Eigentümer Abstriche an seinen Nutzungsmöglichkeiten hinnehmen zu müssen. Zu einem mit § 11 BauNVO unvereinbaren „Windhundrennen“ kommt es dann nicht. Der theoretischen Möglichkeit einer späteren Grundstücksteilung durch den Eigentümer – sollte diese überhaupt am Maßstab des § 19 Abs. 2 BauGB zulässig sein (vgl. die Überlegungen bei OVG RhPf, U.v. 1.7.2020 a.a.O. juris Rn. 42) – kommt dann planungsrechtlich keine Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 17.10.2019 a.a.O. juris Rn. 34; vgl. auch BVerwG, B.v. 11.11.2009 – 4 BN 63.09 – ZfBR 2010, 138 = juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 12.8.2020 – 3 S 1113/20 – ZfBR 2021, 70 = juris Rn. 17 ff.; Külpmann, jurisPR-BVerwG 4/2020 Anm. 6; a.A. OVG NW, U.v. 26.10.2020 – 10 D 66/18.NE – BauR 2021, 181 = juris Rn. 104 ff.; U.v. 28.10.2020 – 10 D 43/17.NE – BauR 2021, 182 = juris Rn. 97 ff.).
Hat eine Gemeinde – insoweit ohne Rechtsgrundlage und damit unwirksam – in einem Sondergebiet die Anzahl von kern- bzw. sondergebietstypischen Einzelhandelsvorhaben (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO) beschränkt, hat sie diese Festsetzung aber mit einer Verkaufsflächenbegrenzung gekoppelt und besteht das als Sondergebiet ausgewiesene Areal nur aus einem vorhabengeeigneten Grundstück, bleibt die Festsetzung als grundstücksbezogene Verkaufsflächenbegrenzung aufrechterhalten, sofern nach den Grundsätzen der Teilunwirksamkeit bauplanungsrechtlicher Festsetzungen (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 15 N 15.1713 – NVwZ-RR 2017, 953 = juris Rn. 40 m.w.N.) die verbleibende Regelung zur Gewährleistung einer sinnvollen städtebaulichen Ordnung geeignet ist und zudem davon auszugehen ist, dass die Gemeinde die so verbleibende „Rest-Festsetzung“ auch ohne die unwirksame zahlenmäßige Beschränkung erlassen hätte (BVerwG, U.v. 17.10.2019 a.a.O. juris Rn. 33 ff.; OVG RHPf, U.v. 1.7.2020 a.a.O. juris Rn. 33 ff.; VGH BW, B.v. 12.8.2020 a.a.O. juris Rn. 17 ff.; vgl. auch Fricke, DVBl. 2020, 1209/1210). Diese in der Rechtsprechung zunächst für Einkaufszentren (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO) entwickelten Grundsätze sind auf vergleichbare Festsetzungen, wonach in einem bestimmten Sondergebiet lediglich ein einziger (großflächiger) Einzelhandelsbetrieb mit einer näher geregelten Verkaufsflächenbegrenzung zulässig ist, zu übertragen (vgl. VGH BW, B.v. 12.8.2020 a.a.O.; Arndt/Heyn, UPR 2020, 281/287). Eine planerhaltende Auslegung im vorgenannten Sinn setzt auch dann voraus, dass es dem Willen der planenden Gemeinde entspricht, dass auf dem (mit dem Geltungsbereich der Sondergebietsfestsetzung identischen) Baugrundstück auch mehrere Einzelhandelsbetriebe bis zum Erreichen der festgesetzten maximalen Gesamtverkaufsfläche (in der Summe) errichtet werden dürfen, wenn sie gewusst hätte, das die nummerische Beschränkung der Zahl zulässiger Vorhaben unwirksam ist.
bb) Nach diesen Grundsätzen kann sich die Festsetzung Nr. 1.2 des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ (ebenso wie die Vorgängerregelung gem. „Deckblatt 4“) jedenfalls hinsichtlich der Verkaufsflächenbegrenzung für das Baugrundstück, das sich mit der Fläche des ausgewiesenen Sondergebiets deckt, auf § 11 BauNVO als Rechtsgrundlage stützen.
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass durch Nr. 1.2 der textlichen Festsetzung des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ ebenso wie durch die Vorgängerregelung im „Deckblatt 4“ nur ein einziger Lebensmitteldiscountmarkt als zulässig festgesetzt wurde. Das ergibt sich neben der Singularformulierung „Lebensmitteldiscountmarkt“ eindeutig aus der Entstehungsgeschichte und den Begründungen zu diesen Änderungsbebauungsplänen, wonach es ausschließlich darum ging, der Klägerin nach ihren konkreten Entwicklungskonzepten ein Baurecht zunächst für die Ansiedlung e i n e s Lebensmittelmarkts mit 900 m² Verkaufsfläche und sodann ausschließlich für dessen Erweiterung auf 1.020 m² zu ermöglichen. Diese nummerische Begrenzung auf einen einzigen Lebensmitteldiscountmarkt ist von § 11 BauNVO nicht gedeckt und daher unwirksam.
Die Festsetzung ist aber mit ihrem „restlichen“ Regelungsgehalt nach dem mutmaßlichen Willen der Beigeladenen und nach den Grundsätzen der Teilunwirksamkeit von Bebauungsplänen und bauplanungsrechtlichen Festsetzungen als auf Basis der Regelungsermächtigung des § 11 BauNVO beruhende – und insofern zulässige – grundstücksbezogene Verkaufsflächenbegrenzung aufrechtzuerhalten. Ohne die rechtswidrige zahlenmäßige Beschränkung auf einen einzigen Lebensmitteldiscounter ist die Festsetzung über die Verkaufsflächenbegrenzung so zu interpretieren, dass in dem allein aus dem Baugrundstück bestehenden Sondergebiet Lebensmitteldiscountmärkte mit einer Verkaufsflächenobergrenze von insgesamt 1.020 m² („Deckblatt 6“) zulässig sind [bzw. vormals von insgesamt 900 m² („Deckblatt 4“) zulässig waren]. Diese (verbleibende) Festsetzung der Verkaufsflächenbegrenzung in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzung des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ beschränkt sich – ebenso wie bereits die Vorgängerregelung zu „Deckblatt 4“ – auf das Baugrundstück FlNr. … der Gemarkung V … und ist mit diesem verbleibenden Inhalt auch ohne die unwirksame nummerische Beschränkung (auf einen Lebensmitteldiscounter) als grundstücksbezogene Verkaufsflächenbegrenzung zur Gewährleistung einer sinnvollen städtebaulichen Ordnung innerhalb des ausgewiesenen Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Lebensmitteldiscounter“ geeignet. Denn die sowohl mit dem Änderungsbebauungsplan „Deckblatt 4“ (vgl. Seite 5 der diesbezüglichen Planbegründung) als auch mit dem „Deckblatt 6“ “ (vgl. Seite 6 der Planbegründung dieses Änderungsbebauungsplans) mit der Limitierung jeweils verfolgte Begrenzung der Abschöpfungsquote bzw. des Kaufkraftabflusses unter Berücksichtigung der Ziele des (vormaligen) städtischen Einzelhandelsentwicklungskonzepts sowie landesplanerischer Vorgaben wird auch durch eine grundstücksbezogene Verkaufsflächenbegrenzung ohne die zahlenmäßige Begrenzung auf einen Lebensmitteldiscountmarkt erreicht. Zudem wäre nach dem mutmaßlichen Planungswillen davon auszugehen, dass die Beigeladene diese bauplanerische Festsetzung auch ohne die nummerische Beschränkung auf jeweils einen Lebensmitteldiscounter erlassen hätte, wenn sie dessen Unwirksamkeit gekannt hätte. Denn für die Beigeladene ging es wesentlich darum, für das Baugrundstück einerseits das Vorhaben nach den damaligen Wünschen der Klägerin realisierbar zu machen, andererseits aber – gerade mit Blick auf das vormals geltende Einzelhandelskonzept sowie landesplanerischer Vorgaben – die Verkaufsfläche hierauf zukunftsgerichtet zu begrenzen. Insoweit spricht dann aber alles dafür, dass die Beigeladene lediglich auf die Festlegung der nummerischen Beschränkung auf einen Lebensmitteldiscountmarkt verzichtet hätte, wenn sie deren Rechtsfehlerhaftigkeit erkannt hätte, da es ihr vornehmlich darauf ankam, eine Regelung der Verkaufsflächen auf die jeweiligen Sondergebiete bezogen auf den dort jeweils bestehenden Einzelhandelsbestand zu treffen. Für ein Festhalten an der Planungskonzeption unter Verzicht auf die nummerische Beschränkung auf einen Lebensmitteldiscountmarkt spricht insbesondere auch, dass durch diese geltungserhaltende Auslegung eine Gleichsetzung von Gebietsbezogenheit und Grundstücksbezogenheit erreicht wird, sodass dem ursprünglichen Anliegen der Beigeladenen in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann. Hinzukommt, dass bei dieser verbleibenden Restregelung (grundstücksbezogene Gesamt-Verkaufsflächenbegrenzung auf 1.020 m² für Lebensmitteldiscountmarktvorhaben auf dem mit dem Sondergebiet identischen Baugrundstück) die Möglichkeit der Errichtung von mehr als einem Lebensmitteldiscountmarkt allenfalls theoretisch, aber kaum praktisch realistisch erscheint. Denn zum einen dürfte es dem Interesse eines jeden künftigen Vorhabenträgers – wie auch hier der Klägerin – entsprechen, die Verkaufsfläche bei einer Limitierung auf 1.020 m² („Deckblatt 6“) insbesondere bei einem autokundenorientierten Standort für einen einzigen Lebensmitteldiscountmarkt auszuschöpfen. Zudem wird für einen großflächigen – und deshalb sonder- oder kerngebietstypischen – Einzelhandelsbetrieb, der in einem Gewerbegebiet nicht bauplanungsrechtlich zulässig wäre, schon grundsätzlich eine Mindestverkaufsfläche von 800 m² benötigt, sodass bezogen auf Nr. 1.2 der textlichen Festsetzung im Änderungsbebauungsplan „Deckblatt 6“ für einen weiteren Einzelhandelsbetrieb auf demselben Grundstück bei Inanspruchnahme dieser (grundsätzlichen) Mindestverkaufsfläche gerade einmal ein Restkontingent von 220 m² Verkaufsfläche verbliebe. Lebensmitteldiscounter mit dieser geringen (ohne Weiteres in einem herkömmlichen Gewerbegebiet zulässigen) Größenordnung erscheinen aber – zumal an autokundenorientierten Standorten und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem größeren Lebensmitteldiscounter auf demselben Baugrundstück – kaum überlebensfähig.
2. Unter Berücksichtigung der – wirksamen – Vorgaben der Nr. 1.2 der textlichen Festsetzung des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ hat der Beklagte den Antrag auf Bauvorbescheid in Anwendung von Art. 71 Satz 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 60 Satz 1 Nr. 1, Art. 2 Abs. 4 Nr. 4 BayBO i.V. mit § 30, § 31 Abs. 2 BauGB zu Recht abgelehnt.
a) Das streitgegenständliche Vorhaben ist am Maßstab der Festsetzungen des einschlägigen Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“ nicht bauplanungsrechtlich zulässig, § 30 BauGB. Das Vorhaben mit einer auf 1.269 m² erweiterten Verkaufsfläche widerspricht Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des vorgenannten (Änderungs-) Bebauungsplans, weil die dort auf 1.020 m² limitierte Verkaufsfläche um 249 m² überschritten wird. Da kein Ausnahmetatbestand des Bebauungsplans eingreift, kommt auch eine Anspruchsposition aus § 31 Abs. 1 BauGB nicht in Betracht.
b) Die Klägerin hat auch über § 31 Abs. 2 BauGB weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids noch auf erneute, ermessensgerechte Entscheidung über den Befreiungsantrag. Eine Befreiung von der Festsetzung zur Verkaufsflächenbegrenzung ist gem. § 31 Abs. 2 BauGB tatbestandlich ausgeschlossen, weil hierdurch Grundzüge der Planung berührt würden.
Ob eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht kommt, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Die Befreiung kann nicht als Vehikel dafür herhalten, die von der Gemeinde getroffene planerische Regelung beiseite zu schieben. Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-) Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Beim Bebauungsplan manifestieren sich die Grundzüge in den seine Hauptziele umsetzenden Festsetzungen. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört – was sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde beurteilt – und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-) Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – NVwZ 1999, 1110 = juris Rn. 6; B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – BRS 67 Nr. 83 = juris Rn. 3; U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37; U.v. 2.2.2012 – 4 C 14.10 – BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 18.8.2017 – 15 ZB 16.940 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben berührt das streitgegenständliche Erweiterungsvorhaben der Klägerin Grundzüge der Planung des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 6“. Die Erweiterung der Verkaufsfläche war einerseits Ziel der Bebauungsplanänderung zu „Deckblatt 6“, hierdurch sollte aber andererseits gleichzeitig eine strikte Limitierung gesetzt werden. Das ergibt sich zum einen aus dem Zweck des Änderungsverfahrens. Denn einerseits sollte die bis dahin geltende strengere Regelung des Änderungsbebauungsplans „Deckblatt 4“ mit einer Begrenzung auf 900 m² Verkaufsfläche an den Erweiterungswunsch der Klägerin angepasst, andererseits aber auch zukunftsgerichtet hierauf begrenzt werden (vgl. Planbegründung Seite 3). Hätte die Beigeladene die Verkaufsflächenbegrenzung auf 1.020 m² nicht als Grundzug der Planung gewollt, hätte die quadratmetergenaue Regelung im Zuschnitt auf das damals konkrete Erweiterungsvorhaben der Klägerin keinen Sinn gemacht; die Beigeladene hätte stattdessen – wenn mit eventuellen künftigen Erweiterungswünschen ohne erneute Änderung des Bebauungsplans grundsätzlich Einverständnis bestanden hätte – schon damals eine großzügigere Regelung treffen können. Letzteres unterblieb aber bewusst, zumal die – begrenzte – Erweiterungsentscheidung unter Abwägung des mit der Erweiterung verbundenen Kaufkraftabzugs unter Berücksichtigung des damals geltenden „Einzelhandels-Entwicklungskonzepts“ der Beigeladenen sowie landesplanerischer Anforderungen erfolgte (vgl. Planbegründung Seiten 5 f.).
3. Auf die im Berufungsverfahren aufgeworfene Frage, ob es der Prüffähigkeit des Vorbescheidantrag der Klägerin entgegensteht, dass die Frage, ob zu Lasten der in der Nähe befindlichen Wohnbebauung das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist, von der Prüfung ausgeklammert sein sollte (vgl. einerseits BayVGH, U.v. 9.9.1999 – 1 B 96.3475 – juris; B.v. 16.8.2016 – 15 B 14.1625 – juris Rn. 14 m.w.N.; andererseits BayVGH, B.v. 16.8.2016 a.a.O. juris Rn. 15; B.v. 7.1.2019 – 15 ZB 18.947 – juris Rn. 8; B.v. 17.2.2020 – 9 ZB 17.1283 – juris Rn. 9; B.v. 18.2.2020 – 9 ZB 17.1284 – juris Rn. 9), kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an.
4. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Beigeladene trägt billigerweise ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.


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