Baurecht

Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung, Rechtsschutzbedürfnis, Ablehnung der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften, brandschutzrechtliche Anforderungen, Barrierefreiheit, Stellplatznachweis

Aktenzeichen  W 5 K 19.784

Datum:
8.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25841
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 68 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2, Art. 59 S. 1, Art. 27, Art. 28, Art. 47, Art. 48

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahren.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Fraglich ist schon, ob die Klage zulässig ist, d.h. konkret ob der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis besitzt. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt im Regelfall vor und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Wenn die Rechtsordnung ein materielles (Abwehr-)Recht gewährt, spricht sie in aller Regel auch demjenigen, den sie als Inhaber dieses Rechts ansieht, das Interesse an einem gerichtlichen Schutz dieses Rechts zu. Das Bedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt aber dann, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos erscheint, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BayVGH, U.v. 11.11.2014 – 15 B 12.2672 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Gerichts nach der Umsetzung des beantragten Vorhabens ausdrücklich erklärt, dass der Zustand, wie er sich in der hier streitgegenständlichen 3. Planänderung wiederfindet, nicht mehr realisiert werden soll. Vielmehr ist mittlerweile eine geänderte Fassung der Unterlagen zur 4. Planänderung erstellt worden, die dem Gericht im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 6. Juli 2021 übermittelt wurde. Diese Planunterlagen weichen in mehreren Punkten von den Planvorlagen zur 3. Planänderung ab (u.a. Aufteilung der Räume, Umwandlung von Bürozur Wohnnutzung im 1. bis 3. Obergeschoss).
Dagegen ist nicht auszuschließen, dass sich der Kläger im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung durch Bescheid vom 3. Juni 2019 und die dort getroffene Feststellung der von ihm bestrittenen materiellen Illegalität weiterhin zu einer Durchsetzung des vorliegenden Klageanspruchs verpflichtet sieht. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen.
II. Selbst wenn man nämlich annimmt, dass für die Klage noch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist sie jedenfalls unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Die Beklagte konnte im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 24. Mai 2019 von der Befugnis, die ihr Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO einräumt, Gebrauch machen (nachfolgend unter 1.). Das Vorhaben des Klägers ist wegen des Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften unzulässig (nachfolgend unter 2.).
1. Die Bestimmung des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO ermöglicht es der Bauaufsichtsbehörde, einen Bauantrag auch abzulehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Aus dem Zusammenhang mit Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO geht hervor, dass mit den sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften solche gemeint sind, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind (Art. 59 Satz 1 BayBO). Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. z.B. Wolf in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 59 Rn. 106) kann die Bauaufsichtsbehörde weitgehend frei entscheiden, ob sie von der Ablehnungsbefugnis, die ihr Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eröffnet, Gebrauch macht oder nicht. Das gilt unabhängig davon, ob der Wortlaut “dürfen” in dieser Vorschrift lediglich eine schlichte Befugnis zum Ausdruck bringt, einen Bauantrag wegen der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit außerhalb des jeweiligen bauaufsichtlichen Prüfprogramms liegenden Vorschriften abzulehnen, oder eine “echte” behördliche Ermessensentscheidung beinhaltet (vgl. hierzu Greim-Diroll, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Spannowsky/Manssen, Stand: 1.4.2021, Art. 68 Rn. 27). Denn selbst wenn entgegen der wohl herrschenden Meinung letzteres angenommen würde, könnte der Kläger den Entschluss der Beklagten, den Bauantrag wegen der von der Beklagten geltend gemachten bauordnungsrechtlichen Bedenken, insbesondere der brandschutzrechtlichen Verstöße, abzulehnen, als solchen nicht rügen.
Ebenso wenig erlaubt es der Wortlaut der Vorschrift, eine irgendwie geartete Evidenz oder Offenkundigkeit des Verstoßes zu verlangen. Es dürfte jedenfalls einer sachgerechten Ermessensausübung entsprechen, einen Bauantrag dann zu versagen, wenn auch ein bauaufsichtliches Einschreiten möglich wäre (Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl. 2017, D. Instrumente des Bauordnungsrechts Rn. 467). Gemessen daran ist das Gebrauchmachen von der Befugnis aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO durch die Beklagte nicht zu beanstanden.
2. Die Ablehnung ist auch in der Sache gerechtfertigt, da die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz, an die Barrierefreiheit sowie an Stellplätze nicht eingehalten werden.
2.1. Es ist aufgrund der vorgelegten Planunterlagen und der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse davon auszugehen, dass die materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz nicht eingehalten werden. Da die zur Genehmigung stehende Planung im Rahmen der 3. Planänderung im streitgegenständlichen Anwesen weitgehend schon verwirklicht worden ist und die Beklagte anlässlich mehrerer bauaufsichtlicher Kontrollen einen Eindruck von der Situation vor Ort erlangt hat, kann im vorliegenden Verfahren auf die Ausführungen zur parallel mit Bescheid vom 3. Juni 2019 verfügten Nutzungsuntersagung (Gegenstand des Verfahrens W 5 K 19.774) verwiesen werden.
Hierzu hat die Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (VG Würzburg, B.v. 9.8.2019 – W 5 S 19.819 – n.v. S. 21 ff.) ausführlich Stellung genommen und Folgendes ausgeführt:
“[…] Die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung hält den materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz nach Aktenlage nicht stand. Es wird diesbezüglich auf den Inhalt der Kontrollberichte der bauaufsichtlichen Kontrollen vom 20. Dezember 2016, 14. September 2017 und 12. Oktober 2017 verwiesen. Demnach wurde zuletzt festgestellt, dass im Rampengeschoss/ Rampengalerie die beleuchtete Fluchtwegkennzeichnung zu ertüchtigen ist. In die innere Brandwand zur Unterteilung des Rampengeschosses wurde im Bereich des notwendigen Flures eine T30 RS Türe verbaut, wobei die Anschlüsse an die Mauer nicht regelkonform hergestellt wurden; die Türe sei umgehend durch eine fachgerecht eingebaute T90 Türe zu ersetzen. In der Rampengalerie wurde der notwendige Flur, der zu den drei Wohnungen im östlichen Bereich führt, durch eine T30 Türe abgetrennt; in die in den genehmigten Plänen mit F90 betitelte Mauer sei eine Türe zu verbauen, die den brandschutztechnischen Anforderungen einer F90 Wand gerecht werde. Die Durchführungen von Rohren und Leitungen hinter der Türe wurden beidseitig mit Gipsplatten verkleidet. In diesem Bereich sei auch unverzüglich eine beleuchtete Fluchtwegbeschilderung anzubringen. Die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur im Rampengeschoss wurde mittels einer T30 Türe realisiert, die umgehend durch eine T30 RS Türe zu ersetzen bzw. der Nachweis hierfür zu erbringen sei. Im Erdgeschoss führt der zweite Flucht- und Rettungsweg der Wohnungen auf Seiten der A. … straße (Süden) über einen 38 cm bis 54 cm breiten Durchgang und schließlich zu einem 0,46 m x 1,43 m großen Ausgang. Im Dachgeschoss wurde die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur mittels einer T30 Türe realisiert, die umgehend durch eine T30 RS Türe zu ersetzen bzw. der Nachweis hierfür zu erbringen sei. Der zweite Flucht- und Rettungsweg aus den Wohnungen auf Seiten der A. … straße (Süden) und im Osten des Gebäudes sei nachzuweisen, weil hier eine Höhe von OK Brüstung bis OK A. … straße von 20,75 m gemessen wurde. Das Dachgeschoss konnte zuletzt nicht begangen werden, weil die Zugangstüre zum Treppenhaus, die sich im Verlauf des ersten Flucht- und Rettungsweges aus dem Dachgeschoss befindet, verschlossen war; diese müsse zu jeder Zeit geöffnet werden können. Schließlich besitzt das Treppenhaus keine Rauchableitung an oberster Stelle. Stattdessen habe der Antragsteller auf eine Fenstertüre verwiesen, die immer offen stehe. Die Einhaltung der brandschutztechnischen Anforderungen an die raumabschließenden Bauteile der Wohneinheiten im Erdgeschoss und im Rampengeschoss/Rampengalerie sei fraglich. Zudem seien Türen vom notwendigen Flur zu den Wohneinheiten nicht vollwandig. Der bestandskräftigen Verpflichtung aus dem Bescheid vom 20. August 2018 ist der Antragsteller bis heute nicht nachgekommen.
Die seitens des Antragstellers im Baugenehmigungsverfahren zur 3. Planänderung vorgelegte Ergänzung zum Brandschutznachweis vom 6. Oktober 2017, die mithin noch vor der letzten Baukontrolle durch die Antragsgegnerin datiert und im Wesentlichen auf dem Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) basiert, führt hingegen lediglich aus, dass sich die Personenbelastung für das Treppenhaus erhöhe. Ansonsten blieben alle anderen Festlegungen aus dem vorhergehenden Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) vollumfänglich erhalten. Im Übrigen sei hinsichtlich der Überschreitung der Fluchtweglänge von maximal 35 m für die Wohnungen W17.00 bis W23.00 im Rampengeschoss (Planunterlagen 3. Planänderung) eine genehmigungspflichtige Abweichung erforderlich. Diese Ausführungen legen damit gerade nicht dar, dass die tatsächlich ausgeübte und durch den streitgegenständlichen Bescheid untersagte Wohnnutzung den bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz genügt. Die Ergänzung des Brandschutzkonzepts vom 6. Oktober 2017 lässt nämlich, indem sie lediglich das Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) fortführt und dessen Inhalt als gegeben an- und übernimmt, die tatsächlich vorhandene bauliche Situation, so wie sie die Antragsgegnerin bei ihren Baukontrollen vorgefunden hat, vollkommen außer Betracht. Das gilt insbesondere in Bezug auf die vor dem Erdgeschoss auf Seiten der A. … straße bestehende Festverglasung und die vorhandene Brüstung ebenso wie die zwischenzeitlich vom Antragsteller vorgenommenen baulichen Veränderungen, wie die geschaffenen Decken- und Wanddurchbrüche, und die fehlenden bzw. nicht lesbaren Kennzeichnungen der verwendeten Bauteile. Sie ist daher zur Behebung oder Ausräumung der durch die Antragsgegnerin bei den Baukontrollen festgestellten und in Bezug auf die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung bestehenden brandschutztechnischen Mängel schlicht ungeeignet.
Gemäß der brandschutztechnischen Stellungnahme vom 16. August 2018, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, bestehen weiterhin brandschutztechnische Bedenken. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer vorliegend an, weil die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung den materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen nach summarischer Prüfung aufgrund der Aktenlage nicht standhält. Im Rampengeschoss/Rampengalerie genügt die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur durch eine T30 Türe nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 6 Nr. 2 BayBO. Die T30 RS Türe in der inneren Brandwand widerspricht der Vorschrift des Art. 28 Abs. 3 BayBO, zumal auch die Anschlüsse an die Mauer nicht regelkonform hergestellt wurden (vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO Art. 12 Rn. 25). Schließlich hält die T30 Türe in der feuerbeständigen Wand, die den notwendigen Flur abtrennt, der zu den drei Wohnungen im östlichen Bereich der Rampengalerie führt, sowie der dort geschaffene und ohne Kennzeichnung wieder versiegelte Wanddurchbruch die Festlegungen des Brandschutznachweises im Rahmen der 3. Planänderung nicht ein. Die Fluchtweglänge für die Wohnungen W17.00 bis W23.00 (Planunterlagen 3. Planänderung) überschreitet die maximale Entfernung von 35 m nach Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Im Erdgeschoss verstößt der vorhandene zweite Flucht- und Rettungsweg in Bezug auf die Wohneinheiten auf Seiten der A. … straße (Süden) gegen die Bestimmungen gemäß Art. 31 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 BayBO. Der Durchgang mit einer Breite von 38 cm bis 54 cm ist ersichtlich zu schmal, ebenso wie der 46 cm breite Ausgang. Zudem kann die vorgebaute Fassade im Brandfall komplett verrauchen. Im Dachgeschoss verletzt die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur durch eine T30 Türe wiederum Art. 33 Abs. 6 Nr. 2 BayBO. Zudem ist die Sicherstellung des ersten Rettungsweges aus dem Dachgeschoss gemäß Art. 31 Abs. 1 BayBO fraglich, weil die Zugangstüre zum Treppenhaus, die sich in dessen Verlauf befindet, bei der letzten Baukontrolle verschlossen war. Das notwendige Treppenhaus besitzt im Übrigen keine Rauchableitung an oberster Stelle, womit die Vorschrift des Art. 33 Abs. 8 Satz 3 und 4 BayBO verletzt ist. Schließlich ist das Bestehen einer feuerhemmenden Abtrennung der einzelnen Wohneinheiten fraglich (Art. 27 BayBO). Diese Verstöße hat der Antragsteller auch weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren nach Aktenlage ausgeräumt oder sachlich bestritten. Vielmehr erklärt die Antragstellerseite im streitgegenständlichen gerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit, dass der Antragsgegnerin bereits seit der Begehung am 20. Dezember 2016 die Zustände im Gebäude bekannt seien. Damit wird eine Veränderung dieser Zustände gerade nicht geltend gemacht. […]”
Der BayVGH hat in seiner Beschwerdeentscheidung die Einschätzung des Verwaltungsgerichts bestätigt, dass aufgrund der aufgezeigten Nichteinhaltung der Anforderungen an den Brandschutz die untersagte Nutzung aller Voraussicht nach nicht genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1675 – juris Rn. 14). An dieser Feststellung wird im vorliegenden Verfahren festgehalten. Dabei wird nicht verkannt, dass im Rahmen des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung zur 3. Planänderung vornehmlich die Planunterlagen des Klägers und nicht die tatsächlichen Feststellungen der Bauaufsichtsbehörde heranzuziehen sind, soweit es um den Anspruch aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO geht. Hier kommt jedoch hinzu – wie die Beklagte im Ablehnungsbescheid vom 24. Mai 2019 zutreffend ausführt -, dass sich die Auflösung der brandschutztechnischen Probleme, die sich auch aufgrund der bereits verwirklichten Bauausführung gezeigt haben, als komplex darstellt und nicht über die Erteilung von Abweichungen denkbar ist. Der Kläger hat es darüber hinaus bisher versäumt, diesbezüglich die Unbedenklichkeit der vorliegenden Planung nachzuweisen. Dabei wird nicht verkannt, dass der Brandschutznachweis nach Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO entweder durch einen Prüfsachverständigen für Brandschutz bescheinigt wird oder bauaufsichtlich geprüft wird und der Bauherr diesbezüglich ein Wahlrecht besitzt. Dieses Wahlrecht wurde vom Kläger jedoch ursprünglich im Bauantrag vom 17. Oktober 2017 nicht ausgeübt. Im Weiteren wurde vom Kläger entgegen seiner Ankündigung im Genehmigungsverfahren (vgl. Bl. 55 der Bauakte Az.: 2408/17) keine Bescheinigung eines Prüfsachverständigen vorgelegt. Deswegen verpflichtete die Beklagte den Kläger in der Folge mit Bescheid vom 20. August 2018 (vgl. Akte Az.: 22689-2010 bauaufsichtliches Einschreiten Band II, Bl. 615 ff.), die Bescheinigung Brandschutz I als Nachweis eines Prüfsachverständigen über die Prüfung des Brandschutznachweises, welcher die planabweichende, bislang nicht genehmigte Bauausführung der 3. Planänderung abbildet, vorzulegen (Ziff. I. des Bescheids). Der Bescheid ist bestandskräftig geworden; der Kläger ist seiner Verpflichtung nicht nachgekommen.
Angesichts dieser Situation konnte die Beklagte unter Berufung auf das Fehlen des Sachbescheidungsinteresses (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO) die Baugenehmigung zur 3. Planänderung versagen, da sich eine Lösung der brandschutzrechtlichen Problematik nicht abzeichnete und die Beklagte ihrerseits als Bauaufsichtsbehörde alles getan hatte, um eine Lösung herbeizuführen.
2.2. Gleiches gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte das Fehlen eines Nachweises der Barrierefreiheit fordert (Art. 48 Abs. 1 BayBO). Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBO müssen die Wohnungen eines Geschosses in einem Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen barrierefrei erreichbar sein (Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBO). In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und mit nach Art. 37 Abs. 4 Satz 1 BayBO erforderlichen Aufzügen muss ein Drittel der Wohnungen barrierefrei erreichbar sein (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayBO).
Der Kläger hat diesbezüglich zwar die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO beantragt. Es ist aber nichts gegen die Einschätzung der Beklagten zu besorgen, dass die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO insbesondere hinsichtlich der Räume im Erdgeschoss unter Hinweis auf den wirtschaftlichen Aspekt und den fehlenden Bestandsschutz ermessensfehlerfrei abgelehnt wird.
Die vorliegende Planung verstößt daher gegen die Anforderungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayBO.
2.3. Unter Bezugnahme auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO konnte die Beklagte den Bauantrag daher ablehnen.
Es kann im Ergebnis des Weiteren dahinstehen, inwieweit die Räume im Einzelnen die Voraussetzungen an Aufenthaltsräume und Wohnungen nach Art. 45 und 46 BayBO erfüllen (vgl. hierzu VG Würzburg, B.v. 9.8.2019 – W 5 S 19.819 – n.v. S. 25).
3. Der Erteilung einer Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben steht weiterhin auch entgegen, dass die vom Kläger vorgelegte Berechnung zur Anzahl der Stellplätze nicht den Anforderungen des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO genügt, vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c), Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO und der Satzung über die Herstellung, Ablösung und Gestaltung von Garagen und Stellplätzen für Kraftfahrzeuge sowie die Herstellung und Bereithaltung von Abstellplätzen für Fahrräder (Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung – SPS vom 25.3.2014, MP und VBl Nr. 73/2014 vom 28.3.2014).
Die erforderlichen Stellplätze werden nicht hinreichend nachgewiesen. Auf welche Weise die Stellplätze letztlich konkret zu berechnen sind, mag an dieser Stelle offenbleiben, da der Kläger ersichtlich im Rahmen der Nutzungsänderung von einer fehlerhaften Berechnungsgrundlage ausgeht. Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. Mai 2018 (Bl. 60 der Bauakte Az.: 2408/17) zutreffend hingewiesen, soweit die Zusammenfassung von mehreren 1-Zimmer-Apartments zu einer Wohnung (vgl. insb. 4. Obergeschoss) und die Anrechnung des Bestands an Stellplätzen betroffen ist.
Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass der Kläger den erforderlichen Stellplatznachweis nicht geführt hat. Da dieser Nachweis Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung ist, kann die Klage auch aus diesem Grund keinen Erfolg haben.
4. Aufgrund der aufgezeigten Aspekte konnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung im Rahmen der 3. Planänderung ablehnen. Der Kläger hat dementsprechend keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weshalb die Klage abzuweisen ist.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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