Baurecht

Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Vorbescheides zur Errichtung eines Einzelhandelsbetriebes mit 799 m2 Verkaufsfläche, Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplanes – mangelnde Erforderlichkeit des festgesetzten Handelsausschlusses führt zur Vollunwirksamkeit des Bebauungsplanes sowie nicht gelungene Fehlerheilung durch erneute Bekanntmachung aufgrund geänderter Sachlage, Entstehen eines Einkaufszentrums nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO, Beurteilung des Vorhabens als sonstiges Vorhaben nach § 35 BauGB, Verstoß gegen den öffentlichen Belang des Planungserfordernisses, Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung, bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplanes: Unzulässigkeit des Vorhabens wegen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO; kein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB

Aktenzeichen  AN 17 K 20.01448

Datum:
17.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53796
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 71
BauGB § 30
BauGB § 31 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3, 3 Satz 1, 2
BauNVO § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
LEP Bayern Ziff. 5.3.1, 5.3.2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Vorbescheides ist unbegründet.
Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist auf Antrag des Bauherrn vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Gemäß Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB können im Rahmen des Bauvorbescheides Fragen, die in einer Baugenehmigung zu entscheiden sind, in antizipierter Weise einer Klärung zugeführt werden.
Die Ablehnung des begehrten Vorbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger, der den Erlass eines Vorbescheides im Hinblick auf die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der begehrten Nutzung seiner Art nach unter Inaussichtstellung der Erteilung einer Befreiung von Ziffer 1.1 des maßgeblichen Bebauungsplanes „…“ der Beigeladenen begehrt (Art. 71 Satz 1 BayBO), hat keinen Anspruch hierauf. Auch der Hilfsantrag auf Verbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bleibt ohne Erfolg, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Das streitgegenständliche Vorhaben ist als sonstiges Vorhaben im Außenbereich nicht genehmigungsfähig, da öffentliche Belange beeinträchtigt werden, § 35 Abs. 2, 3 BauGB. Der Bebauungsplan … „…“ der Beigeladenen ist unwirksam (nachfolgend unter 1).
Selbst bei angenommener Wirksamkeit des maßgeblichen Bebauungsplanes hat der Beklagte die Erteilung des Vorbescheides ohne Rechtsverstoß abgelehnt, da das beantragte Vorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplanes, Festsetzung Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzungen, verstößt und ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht gegeben ist. Unabhängig hiervon entsteht mit dem Vorhaben ein Einkaufszentrum, so dass es in dem festgesetzten Gewerbegebiet unzulässig ist, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO (nachfolgend unter 2.).
Bei angenommener Teilunwirksamkeit lediglich der Festsetzung Ziff. 1.1 des Bebauungsplanes und unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplanes im Übrigen ist das Vorhaben, da mit diesem ein Einkaufszentrum entsteht, in dem festgesetzten Gewerbegebiet unzulässig, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO (nachfolgend unter 3.).
1. Das streitgegenständliche Vorhaben ist als sonstiges Vorhaben im Außenbereich nicht genehmigungsfähig, da öffentliche Belange beeinträchtigt werden, § 35 Abs. 2, 3 BauGB. Der Bebauungsplan … „…“ der Beigeladenen ist unwirksam.
a) Der Bebauungsplan … „…“ ist unwirksam.
(1) Unabhängig von etwaigen Ausfertigungsmängeln (siehe (2)) ist der Bebauungsplan unwirksam, da der Ausschluss jeglicher Handelsnutzung in dem festgesetzten Gewerbegebiet unwirksam ist und zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes führt. Der Ausschluss jeglicher Handelsnutzung ist unwirksam, denn die Festsetzung ist nicht erforderlich, § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bzw. § 1 Abs. 3 BauGB in der Fassung vom 1.7.1987 bis 31.12.1997. Erforderlichkeit verlangt das Gesetz nicht nur für den Plan insgesamt, sondern für jede einzelne planerische Festsetzung (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2006 – 4 BN 38/05 – juris Rn. 9; Stock in EZBK, BauGB, 143. EL August 2021, § 214 Rn. 227).
Die planerische Festsetzung in Ziffer 1.1 des Bebauungsplanes schließt im festgesetzten Gewerbegebiet „jegliche Handelsnutzung lt. § 1 Abs. 5 BauNVO“ aus. Nach § 1 Abs. 5 BauNVO können einzelne der unter einer Nummer in einer Baugebietsvorschrift der Baunutzungsverordnung zusammengefassten Nutzungen ausgeschlossen werden, womit z.B. auch ein vollständiger Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in einem Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 5 BauNVO möglich ist. Es bedarf insoweit keines Rückgriffs auf § 1 Abs. 9 BauNVO und damit auch keiner besonderen städtebaulichen Gründe als Rechtfertigung (vgl. BVerwG, B.v. 3.5.1993 – 4 NB 13.93 – juris). Die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 5 BauNVO entbindet die Gemeinde jedoch nicht von dem sich aus § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB ergebenden Rechtfertigungsbedarf für den Ausschluss. Voraussetzung für den Ausschluss ist danach, dass die Gemeinde eine städtebauliche Begründung anführen kann, die sich aus der jeweiligen Planungssituation ergibt und die Abweichung von den in der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Gebietstypen durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise rechtfertigt (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 4 C 21/07 – juris; VGH BW, U.v. 18.12.2004 – 5 S 584.13 – juris). Dem hat die Beigeladene in keinster Weise Genüge getan. Es ist weder aus den textlichen und/oder zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplanes noch aus seiner Begründung oder aus den sonstigen Unterlagen ersichtlich, warum dieser Ausschluss erfolgte. Auch auf Nachfrage konnte die Beigeladene hierzu keine Angaben machen, wie sich dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2014 in den Verfahren AN 9 K 13.01025, AN 9 K 13.00747 entnehmen lässt. Den vorgelegten Planunterlagen lässt sich einzig entnehmen, dass die Fa. …, …, die damalige Bauleitplanung forcierte, um auf der FlNr. … Lagerräume/Hochregallager und Büros zu errichten. Dies zugrundegelegt ist kein Grund ersichtlich, warum in dem Gewerbegebiet ausgerechnet die ausgeschlossene Handelsnutzung nicht gewollt war, denn umgekehrt wurde eine Vielzahl der anderen, im Gewerbegebiet zulässigen Nutzungen, wie etwa Tankstellen oder Anlagen für sportliche Zwecke, die mit der Nutzung für Lager und Büros ebenso nichts zu tun haben, nicht ausgeschlossen. Eine ausdrückliche Nennung oder Beschreibung eines städtebaulichen Zieles erfolgte ohnehin nicht. Überdies müsste der Ausschluss durch hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinwohlbelange in nachvollziehbarer Weise gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15/99 – juris Rn 5), wofür ebenso nichts ersichtlich ist.
Die Unwirksamkeit der Festsetzung in Ziff. 1.1 des Bebauungsplanes führt nicht nur zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplanes, sondern zu dessen Gesamtunwirksamkeit.
Die Unwirksamkeit einer Festsetzung eines Bebauungsplanes führt dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, sondern zur bloßen Teilunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhaltes beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2014 – 4 CN 3/14 – juris Rn. 26; VGH BW, U.v. 18.12.2004 – 5 S 584.13 – juris Rn. 66). An ersterem fehlt es bei Nichtigkeit der Festsetzung des Baugebietes (Art der Nutzung). Erweist sich diese als unwirksam, so erfasst die Nichtigkeit dieser Festsetzung regelmäßig auch alle übrigen Festsetzungen, ohne dass es noch auf den mutmaßlichen Willen der Gemeinde ankommt (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.1989 – 4 NB 2.89 – juris; U.v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – juris). Beschränkt sich die geltend gemachte Rechtsverletzung dagegen auf einen räumlichen Teil des Plangebiets oder auf bestimmte Festsetzungen im Bebauungsplan, ist überdies zu prüfen, ob nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan auch ohne den unwirksamen Teil erlassen worden wäre (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 4 C 21/07 – juris Rn. 30).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der unwirksamen Festsetzung nicht um die Festsetzung des Baugebietes (Art der Nutzung) an sich, sondern um eine, wenn auch erhebliche, Modifikation der dort zulässigen Gewerbebetriebe, so dass eine Nichtigkeit des Bebauungsplanes ohne Betrachtung des mutmaßlichen Willens der Gemeinde wohl nicht in Betracht kommt. Dennoch ergibt sich die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes. Zwar bilden die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplanes noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung. Es bleibt gerade kein Planungstorso übrig. Dennoch hätte die Beigeladene nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck kommenden Willen im Zweifel nicht einen Plan mit diesem Inhalt beschlossen. Wenn die Klägerseite ausführt, dass die seit vielen Jahren im Plangebiet zugelassene Handelsnutzung (Zulassung des P.Outlets 2012) zeige, dass der Bebauungsplan auch ohne Ziff. 1.1 erlassen werden wäre, so verkennt sie, dass es auf den im Planungsverfahren zum Ausdruck kommenden Willen der Gemeinde, und nicht auf einen späteren Willen, ankommt, was die Klägerseite in einem späteren Schriftsatz vom 28. April 2021 im Übrigen zugesteht, in dem sie anführt, dass es auf den mutmaßlichen Willen des Normgebers im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ankomme. Warum im Übrigen, vom maßgeblichen Zeitpunkt abgesehen, der Wunsch der Beigeladenen zur Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben gerade dadurch zum Ausdruck kommen soll, dass ein Bebauungsplan, der eine Handelsnutzung doch komplett ausschließt, nun in einem Versuch der Heilung nochmals bekannt gemacht wurde, wie die Klägerseite ausführt, erschließt sich der Kammer nicht. Es ist nach alledem gerade nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass die Gemeinde den Bebauungsplan auch ohne Ziff. 1.1 erlassen hätte, denn der beschlossene Komplettauschluss jeglicher Handelsnutzung modifiziert die Bandbreite der in einem Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe, wo unter Maßgabe des § 8 Abs. 1 BauNVO gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO u.a. Gewerbebetriebe aller Art zulässig sind, erheblich und wurde bewusst als explizite Regelung in die Festsetzungen des Bebauungsplanes aufgenommen.
(2) Die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes ergibt sich auch aus folgendem weiteren Grund:
Die Inkraftsetzung des Bebauungsplanes durch Neubekanntmachung im Amtsblatt der Beigeladenen vom 29. Oktober 2019 begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Wie bereits die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach in der mündlichen Verhandlung zu den Verfahren AN 9 K 13.01025 und AN 9 K 13.00747 ausgeführt hat, wurde der Bebauungsplan nicht wirksam ausgefertigt. Satzungen sind auszufertigen und im Amtsblatt der Gemeinde amtlich bekanntzumachen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 GO. Die Ausfertigung hat zwingend zeitlich vor der Bekanntmachung zu erfolgen, denn durch die eigenhändige Unterschrift des ersten Bürgermeisters oder seines Stellvertreters wird die Originalurkunde, die der Verkündung der Norm zugrunde zu legen ist, erst hergestellt und beglaubigt, dass die Satzung, so wie sie vorliegt, vom Gemeinderat beschlossen worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2009 – 15 ZB 08.170 – juris Rn. 12). Vorliegend erfolgte die Bekanntmachung jedoch vor der Ausfertigung. Der mit Beschluss des Stadtrates der Beigeladenen vom 16. September 1992 beschlossene Bebauungsplan, eine Satzung, wurde vom damaligen 1. Bürgermeister der Beigeladenen erst am 20. Januar 1997 durch seine Unterschrift ausgefertigt. Mit Schreiben vom 5. November 1996 zeigte die Beigeladene dem Landratsamt … gemäß § 11 Abs. 1 BauGB i.d.F. vom 8. Dezember 1986 die Durchführung des Bebauungsplanverfahrens an. Diese Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde gemäß § 12 BauGB i.d.F. vom 8. Dezember 1986 bereits am 16. Januar 1997, und damit vor der Ausfertigung am 20. Januar 1997, ortsüblich bekanntgemacht. Die Heilung dieses Mangels durch erneute Bekanntmachung im Amtsblatt der Beigeladenen vom 29. Oktober 2019 misslang, so dass der Bebauungsplan unwirksam ist.
Zur Heilung eines solchen Ausfertigungsmangels genügt es grundsätzlich, wenn die Gemeinde die dem Fehler nachfolgenden Abschnitte wiederholt. Wenn die Satzung also erst nach ihrer Bekanntmachung von der zuständigen Person unterschrieben wurde, ist es zur Behebung des Fehlers regelmäßig ausreichend, wenn der Bebauungsplan im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens erneut bekannt gemacht wird. Ausgefertigt ist er ja schon. Er kann also allein durch die erneute Bekanntmachung geheilt und in Kraft gesetzt werden (Spieler zu BVerwG, U.v. 18.8.2015 – 4 CN 10/14 – jurisPR-UmwR 10/2015 Anm. 3), wobei es der Gemeinde obliegt zu entscheiden, ob die Inkraftsetzung rückwirkend erfolgt, § 214 Abs. 4 BauGB. Auch eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse steht einer Fehlerbehebung grundsätzlich nicht entgegen, weil für die Abwägung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der ursprünglichen Beschlussfassung maßgeblich ist. Deshalb ist es bei einer solchen Heilung auch nicht zwingend erforderlich, dass das zuständige Gemeindeorgan in eine erneute Abwägung eintritt. Ein Bebauungsplan darf aber auch mit Blick auf § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB jedenfalls dann nicht (mehr) von der Gemeinde in Kraft gesetzt werden, wenn sich das Abwägungsergebnis und damit der Planinhalt im Hinblick auf zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen und Veränderungen der Sach- und Rechtslage als fehlerhaft beziehungsweise rechtswidrig darstellt (vgl. OVGSaarl, U.v. 11.11.2010 – 2 A 29/10 – juris Rn. 55). Wenn sich demnach die Verhältnisse so grundlegend geändert haben, dass der Bebauungsplan inzwischen einen funktionslosen Inhalt hat oder das ursprüngliche unbedenkliche Abwägungsergebnis unhaltbar geworden ist, kommt eine Fehlerbehebung nicht mehr in Betracht, weil diese sinnlos bliebe, da ein Plan mit einem funktionslosen oder unhaltbaren Abwägungsergebnis ohnehin nicht rechtmäßig erlassen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 10.8.2000 – 4 CN 2/99 – juris Rn. 17, B.v. 12.3.2008 – 4 BN 5/08 – juris Rn. 5; OVG RhPf., U.v. 29.11.2012 – 1 A 10543/12- juris Rn. 27 ff.; Stock in EZBK, BauGB, 143. EL August 2021, § 214 Rn. 253). Ein Bebauungsplan, dessen Inhalt gemessen an § 1 Abs. 3 BauGB und den Anforderungen des Abwägungsgebots unvertretbar ist, erfüllt, auch wenn dieser Zustand erst nach dem in § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten Zeitpunkt eingetreten ist, nicht die materiellen Voraussetzungen, derer es zu seiner Wirksamkeit bedarf (vgl. OVG RhPf., U.v. 29.11.2012 – 1 A 10543/12- juris Rn. 28). Dieser im Rechtsstaatsgebot wurzelnde Grundsatz gilt allgemein für das Bauleitplanverfahren, wobei ein langer Zeitraum zwischen der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, hier im September 1992, und der Inkraftsetzung des Plans, hier durch die Neubekanntmachung im Oktober 2019 über 27 Jahre später, allein eine solche Annahme zwar noch nicht rechtfertigt, indes indiziellen Charakter erlangen kann (vgl. OVG Saarl, U.v. 11.11.2010 – 2 A 29/10 – juris Rn. 55 ff. m.w.N.). Zwar hat der Bau- und Verkehrsausschuss der Beigeladenen in der Sitzung vom 20. Oktober 2020 der Heilung des Bebauungsplanes durch erneute Bekanntmachung zugestimmt. Aufgrund der geänderten Sachlage erscheint das damalige Abwägungsergebnis aus 1992 allerdings nicht mehr haltbar. Vorliegend hätte es daher zur Inkraftsetzung einer neuerlichen Abwägungsentscheidung des zuständigen Gremiums bedurft, welche aber nicht stattgefunden hat. Selbst wenn man in der Zustimmung des Bau- und Verkehrsausschusses vom 20. Oktober 2020, anders als das Gericht, eine erneute Abwägungsentscheidung sehen wollte, gilt nichts anderes, denn auch eine Bestätigung des Plans durch eine abwägende Entscheidung des Gemeinderats nützt nichts, weil ein Plan mit einem funktionslosen oder, wie hier, auf einem unhaltbaren Abwägungsergebnis beruhenden Inhalt, wie bereits ausgeführt, nicht zu wirksamem Recht werden kann. Obwohl die Beigeladene 1992 mit dem Bebauungsplan … „…“ ein Gewerbegebiet unter Ausschluss jeglicher Handelsnutzung ausgewiesen hat, wurde bereits das P. Outlet im Einvernehmen mit der Beigeladenen genehmigt. Auch hinsichtlich des jetzt streitgegenständlichen Vorhabens soll dieses nach dem Willen der Beigeladenen abweichend vom Handelsausschluss genehmigt werden. Hierfür hat die Beigeladene am 9. Juli 2019 einen städtebaulichen Vertrag mit dem Kläger geschlossen und mit Formblatt vom 17. Juli 2019 ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben und der Erteilung der nötigen Befreiung erteilt. Wie der Sitzungsniederschrift vom 20. Oktober 2020 zu entnehmen ist, hätte die Beigeladene, um das streitgegenständliche Vorhaben zu verwirklichen, auch einen neuen Bebauungsplan aufgestellt. Hiervon ist sie aber aufgrund des Schriftsatzes der Klägerbevollmächtigten an die Beigeladene vom 5. Oktober 2020 abgekommen, da der Beigeladenen in diesem mitgeteilt wurde, dass die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens nur über die Wiederholung der Bekanntmachung erfolgen könne, da bei Neuaufstellung des Bebauungsplanes erhebliche bauplanungs- und raumordnungsrechtliche Belange entgegenstünden, was die Stellungnahme Herrn … von der Regierung von … und insbesondere die städtebauliche Stellungnahme von Frau … vom 28. September 2015 zeigen würden. All dies verdeutlicht, dass die Beigeladene an dem 1992 beschlossenen Handelsausschluss bereits seit einigen Jahren und auch jetzt nicht mehr festhalten will. Auf dem Gebiet des Bebauungsplanes wird schon jetzt Handelsnutzung zugelassen und soll mit dem beantragten Vorhaben weitere Handelsnutzung erfolgen. Die hierfür nötigen Schritte hat die Beigeladene auch vor der Neubekanntmachung bzw. vor der Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses vom 20. Oktober 2020 mit Abschluss des städtebaulichen Vertrages und dem erteilten gemeindlichen Einvernehmen zum streitgegenständlichen Vorhaben unternommen. Die eigentlich 1992 nicht gewollte Handelsnutzung wäre damit im Plangebiet in größerem Maß vorhanden. Das Abwägungsergebnis von 1992 ist angesichts dieser Entwicklung nicht mehr haltbar. Der Bebauungsplan … „…“ mit seinem Handelsausschluss entspricht gerade nicht mehr der planerischen Konzeption der Gemeinde, die auf dem Gebiet des Bebauungsplanes gerade den Einzelhandel zulassen will. Die nochmalige Bekanntmachung diente allein dem Zweck, einem Vorhaben durch Inkraftsetzen eines bislang unwirksamen, vor 27 Jahren beschlossenen Bebauungsplans, der solche Vorhaben aber gerade nicht zulassen will, dann unter Erteilung einer Befreiung den Weg zu ebnen.
b) Aufgrund der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes ist für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nicht § 30 BauGB heranzuziehen. Das Vorhabengrundstück ist zudem nicht dem unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB zuzuordnen, sondern dem von § 35 BauGB erfassten Außenbereich zugehörig.
Der Innenbereich definiert sich nach § 34 Abs. 1 BauGB als im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Der Bebauungszusammenhang reicht dabei soweit, wie eine tatsächlich vorhandene Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BayVGH, U.v. 31.10.2013 – 1 B 13.794 – juris Rn. 13), wobei das geplante Vorhaben, dessen Zulässigkeit zu bestimmen ist, außer Betracht bleibt (schon BVerwG, U.v. 6.12.1967 – IV C 94.66 – juris Rn. 27). Ein Ortsteil ist in Abgrenzung von einer Splittersiedlung jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organisch gewachsenen Siedlungsstruktur ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – juris Rn. 11). Unter Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die tatsächliche Bebauung zu verstehen, wobei die Gründe für deren Genehmigung unerheblich sind. Es muss sich aber um Bauwerke handeln, die optisch wahrnehmbar sind, ein gewisses Gewicht besitzen und die grundsätzlich dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Die Entscheidung, ob ein Bebauungszusammenhang gegeben ist, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Basis einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten berücksichtigenden Bewertung zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2007 – 4 B 7/07 – juris Rn. 5). Jedoch ist ein Grundstück regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn es an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 1 ZB 12.468 – juris Rn. 3).
Offen bleiben kann, ob die östlich des Vorhabengrundstücks gelegenen, auf den FlNrn. …, …, …, … befindlichen Gebäude (C.Outlet, …, Tankstelle etc.) und/oder das westlich gelegene P.Outlet einen Ortsteil bilden. Selbst bei Annahme eines Ortsteils nimmt das Vorhabengrundstück jedenfalls nicht am Bebauungszusammenhang teil. Auch wenn es sich bei dem Vorhaben in der Nachbarschaft um größere Vorhaben handelt, handelt es sich bei dem Vorhabengrundstück insbesondere um keine bloße Baulücke. Das Vorhabengrundstück ist, anders als die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung ausführt, nur von zwei Seiten von Bebauung umgeben. Insbesondere ist die nördlich verlaufende Autobahn (A*) keine Bebauung in dem Sinne. Unter den Begriff der Bebauung fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind nur Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar sind und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2000 – 4 B 15/00, juris Rn. 3), was bei einer Autobahn offensichtlich nicht der Fall ist. Es mag zutreffen, dass die Autobahn, wie die Klägerseite meint, eine Zäsurwirkung hat. Dies führt aber nicht zur Annahme eines Bebauungszusammenhangs, sondern würde das Vorhaben allenfalls von einer etwaigen oberhalb der Autobahn liegenden Bebauung abgrenzen. Schon die schiere Größe des unbebauten Vorhabengrundstückes, das eine Fläche von 33.378 m2 aufweist, spricht ganz eklatant gegen die Annahme eines Bebauungszusammenhanges, denn der Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit kann so nicht entstehen (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2015 – 1 B 14.2772 – juris Rn. 21, der eine unbebaute Fläche von 3.300 m² für zu groß für eine Baulücke gehalten hat).
Bei dem Vorhaben des Klägers handelt es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB, weshalb sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB richtet. Nach dieser Vorschrift kann ein derartiges Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn seine Ausführung und Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Das Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange und ist damit unzulässig, § 35 Abs. 2, 3 BauGB.
(1) Das Vorhaben beeinträchtigt den öffentlichen Belang des Planungserfordernisses. Die öffentlichen Belange, die der Gesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufzählt, haben nur beispielhaften Charakter. Zu den nicht benannten öffentlichen Belangen gehört auch das Erfordernis einer förmlichen Planung (hierzu ausführlich: BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5/01 – juris Rn. 17 ff.).
Ein solches Erfordernis liegt vor, wenn das Vorhaben einen Koordinierungsbedarf auslöst, dem nicht das Konditionalprogramm des § 35 BauGB, sondern nur eine Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung angemessen Rechnung zu tragen vermag. Besteht im Verhältnis benachbarter Gemeinden ein qualifizierter Abstimmungsbedarf i.S. des § 2 Abs. 2 BauGB, so ist dies ein starkes Anzeichen dafür, dass die in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten Zulassungsschranken nicht ausreichen, um ohne Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung eine Entscheidung über die Zulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens treffen zu können. Von einem qualifizierten Abstimmungsbedarf ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann auszugehen, wenn das Vorhaben die in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Merkmale aufweist (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5/01 – juris Rn. 17 ff.). Einkaufszentren nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO sind außer in Kerngebieten nur in eigens festgesetzten Sondergebieten zulässig und deshalb wegen der mit ihnen verbundenen nachteiligen Wirkungen nicht einmal in Misch-, Gewerbe- oder Industriegebieten zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5/01 – juris Rn. 25). Eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB ist hier unumgänglich, weshalb eine Zulassung ohne Planung zwangsläufig auf eine Beeinträchtigung der öffentlichen Belange hinausläuft, zu der sich der Normgeber der BauNVO ausdrücklich und gezielt des Mittels planerischer Steuerung bedient (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5/01 – juris Rn. 26 f., B.v. 22.12.2009 – 4 B 25/09 – Rn. 6). § 11 Abs. 3 BauNVO ist Ausdruck der Erkenntnis, dass Einkaufszentren regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen. Die Vermutungsregel, die der Normgeber in § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO aufstellt, bezieht sich zwar nur auf großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Normgeber Einkaufszentren eine Vorzugsbehandlung angedeihen lässt. Das Gegenteil ist der Fall. Damit die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Rechtsfolgen eintreten, bedarf es deshalb nicht eigens der Feststellung, welche nachteiligen Wirkungen konkret zu erwarten sind. Der Normgeber geht davon aus, dass sich die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen bei Einkaufszentren generell nicht ausschließen lassen. Einer Einzelfallprüfung bedarf es dann gerade nicht. Welche Belange bei Bejahung eines Vorhabens nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauNVO ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umweltauswirkungen insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt. § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ist durch eine betont übergemeindliche Sichtweise geprägt. Die Vorschrift macht, soweit es darum geht, die Auswirkungen des Vorhabens zu beurteilen, nicht an den Gemeindegrenzen Halt. Vielmehr stellt sie auf den „Einwirkungsbereich” ab, der weit über die Standortgemeinde hinausreichen kann (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5/01 – juris Rn. 27 ff.).
Bei Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens entsteht ein Einkaufszentrum i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO. Die Auswirkungen des Vorhabens beschränken sich nicht auf das Gebiet der Beigeladenen wie sich insbesondere aus § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt. Der Norm ist zu entnehmen, dass eine Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB bei Vorliegen eines Einkaufszentrums unumgänglich ist, womit nach oben Gesagtem ein Planungsbedürfnis besteht. Dafür, dass es im hier zu entscheidenden Fall aufgrund besonderer Umstände nicht so wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor. Eine Beeinträchtigung des öffentlichen Belangs des Planungserfordernisses liegt damit vor.
Der Begriff „Einkaufszentrum“ ist in der Baunutzungsordnung nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Einkaufszentrum im Rechtssinn nur dann anzunehmen, wenn eine räumliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe – zumeist in Kombination mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben – vorliegt, die entweder einheitlich geplant ist oder sich doch in anderer Weise als nachträglich „gewachsen“ darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 16.10.2013 – 4 B 29.13 – juris Rn. 6, B.v. 18.12.2012 – 4 B 3/12 – juris Rn. 3, B.v. 15.2.1995 – 4 B 84.94 – juris Rn. 4, U.v. 27.4.1990 – 4 C 16/87 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 1 ZB 20.698 – juris Rn. 10). Ausgangspunkt für die Einordnung als Einkaufszentrum ist die Wertung des Verordnungsgebers, der in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO nicht zusätzlich auf das Vorhandensein nachteiliger städtebaulicher Auswirkungen wie bei den in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauNVO genannten großflächigen (Einzel-) Handelsbetrieben abstellt. Die Annahme eines Einkaufszentrums ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn bei ihm davon auszugehen ist, dass es vom Anlagentyp her ebenfalls mit den in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten nachteiligen städtebaulichen Auswirkungen verbunden ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2011 – 9 CS 11.1547 – juris Rn. 18). Daher ist das Einkaufszentrum abzugrenzen von einer bloßen Ansammlung von Läden, die sich in Ausübung jeweils zulässiger baulicher Nutzungen in einem Gebiet entwickelt haben und welche von § 11 Abs. 3 BauNVO gerade nicht erfasst sein sollen.
Das P. Outlet besteht seit 2012, das C. Outlet (vormals C.) seit 2011. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den beiden Outlets und dem streitgegenständlichen Vorhaben um einen einheitlich geplanten, finanzierten und verwalteten Gebäudekomplex handelt, wie der Beklagte unter Hinweis auf die Eigentumsverhältnisse und eine „Salami-Taktik“ ausführt. Es handelt sich jedenfalls um ein „gewachsenes“ Einkaufszentrum. Die Ladeneinheiten stehen in räumlicher Konzentration zueinander und sind aus Sicht der Kunden als aufeinander bezogen anzusehen. Zudem würde die Geschossfläche bei einer Umsetzung des Vorhabens deutlich über 1.200 m2 liegen.
Die erforderliche räumliche Konzentration zwischen dem beantragten und den bereits genehmigten P. Outlet und C. Outlet ist zu bejahen. Das Vorhaben kommt zwischen dem P. Outlet (ca. 120 m westlich) und dem C. Outlet (ca. 200 – 220 m östlich) zum Liegen. P. Outlet und C. Outlet sind ca. 370 m voneinander entfernt. Das geplante Vorhaben liegt als Verbindungsstück dazwischen. Es steht damit nicht nur in räumlichen Zusammenhang mit den beiden Outlets, sondern baut auch deren Verbindung untereinander weiter aus. Aufgrund dieser verbindenden Wirkung des Vorhabens ist die räumliche Entfernung, entgegen den Angaben der Klägerseite, nicht zu groß. Dies gilt umso mehr bei einer Ansiedlung an einer Autobahn außerhalb einer geschlossenen Ortschaft bei Anreise mit dem Auto im ländlichen Raum. Das Vorhaben und die beiden Outlets liegen gesammelt südlich der A*, direkt an der Ausfahrt Nr. … „…“ der A* und nördlich der St … außerhalb geschlossener Ortschaften. Die Innenstadt von … liegt ca. 2,7 km entfernt. Es liegt eine „Insellage im Außenbereich“ vor. Dass das Vorhaben und die vorhandenen Outlets auf verschiedenen Flurnummern liegen und sich auf der Fläche von zwei Bebauungsplänen erstrecken, hindert die Annahme einer „Insellage im Außenbereich“ nicht. Dies gilt ebenso für die Tatsache, dass sich auf dem Gebiet des Bebauungsplanes „…“, auf dem sich das C. Outlet befindet, weiteres Gewerbe (v.a. Geschäfte, Restaurants, eine Tankstelle und ein Autohof) angesiedelt hat, denn diese treten in ihrer Wirkung hinter dem Vorhaben und den beiden Outlets zurück. Durch die exponierte Lage außerorts im ländlichen Raum an einer Autobahnausfahrt bei forcierter Anreise mit dem Auto hindern auch Entfernungen, die bei einer Lage derselben Ladeneinheiten im Stadtgebiet einer Großstadt eine räumliche Konzentration eventuell nicht begründen könnten (wobei das hier offen bleiben kann), die Bejahung der räumlichen Konzentration ebenso wenig wie das Vorhandensein jeweils eigener Parkplätze. Entscheidend ist die jeweilige Situation vor Ort.
Des Weiteren stellen sich die Betriebe aus Kundensicht als aufeinander bezogen dar. Das „Zusammenwachsen“ mehrerer Betriebe zu einem Einkaufszentrum i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO setzt außer der erforderlichen räumlichen Konzentration voraus, dass die einzelnen Betriebe aus Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, etwa durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten. Diese Zusammenfassung kann sich in organisatorischen oder betrieblichen Gemeinsamkeiten, wie etwa in gemeinsamer Werbung unter einer verbindenden Sammelbezeichnung, zeigen. Nur durch solche äußerlich erkennbaren Merkmale ergibt sich die für die Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO notwendige planvolle Zusammenfassung mehrerer Betriebe zu einem „Zentrum“ und zugleich die erforderliche Abgrenzung zu einer beliebigen Häufung von jeweils für sich planungsrechtlich zulässigen Läden auf mehr oder weniger engem Raum (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 1 ZB 20.698 – juris Rn. 10; BVerwG, B.v. 16.10.2013 – 4 B 29.13 – juris Rn. 6; B.v. 18.12.2012 – 4 B 3.12 – juris, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5.01 – BVerwG, B.v. 15.2.1995 – 4 B 84.94 – juris Rn. 4; U.v. 27.4.1990 – 4 C 16.87 – juris). Nicht ausreichend ist, dass einzelne hinzukommende Betriebe von der „Magnetwirkung“ eines oder mehrerer vorhandener Betriebe profitieren (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.1990, a.a.O.). Zwischen dem Vorhaben und den bereits bestehenden Outlets ist eine solche Beziehung aus Kundensicht gegeben. Dafür spricht schon die Lage der Gebäude. Wie bereits ausgeführt liegt eine „Insellage im Außenbereich“ vor, die dazu führt, dass die beiden bestehenden Outlets und das streitgegenständliche Vorhaben als zusammengehörend wahrgenommen werden. Das streitgegenständliche Vorhaben baut die zwischen den beiden bestehenden Outlets, die unter dem Begriff A. vermarktet werden, heute schon bestehende Verbindung weiter aus. Dieser Eindruck wird durch die gemeinsame Erschließung aller drei Vorhaben über die St. … verstärkt. Sowohl P. Outlet als auch das geplante Vorhaben werden zudem durch eine von der St. … abgehenden gemeinsamen Erschließungsstraße erschlossen. Hierbei soll die für das P. Outlet errichtete von der St … abgehende Erschließungsstraße verlängert werden. Die Verbindung zwischen den bestehenden Outlets und dem geplanten Vorhaben wird noch dadurch verstärkt, dass an der geplanten Verlängerung der Erschließungsstraße drei Busparkplätze errichtet werden sollen. Solche Busparkplätze, die z.B. für Busse für „Kaffeefahrten“ o.ä. geeignet sind und weitere Kundschaft anziehen können, sind bislang nur in der Nähe des C. Outlets vorhanden, während sie beim P. Outlet bislang fehlten. Im Übrigen ist das Umparken für den Besuch der jeweiligen Vorhaben nicht erforderlich, vielmehr sind die Ladeneinheiten auch fußläufig zu erreichen. Vor allem die Lage dieser neuen Busparkplätze an der zu verlängernden Erschließungsstraße in unmittelbarer Nähe des P. Outlets und des streitgegenständlichen Vorhabens zeigt, dass die mit dem Bus anreisenden Kunden die jeweiligen Ladeneinheiten gerade fußläufig erreichen sollen. Dies gilt auch in Bezug auf das C. Outlet. Es ist nicht anzunehmen, dass die mit dem Bus anreisenden Kunden, die auf dem neuen Busparkplatz in Reichweite des P. Outlets/des streitgegenständlichen Vorhabens ankommen, zum C. Outlet mit dem Bus chauffiert werden (und umgekehrt).
Hinzu tritt, dass die beiden jetzt schon bestehenden Outlets unter dem Label „A.“ im Internet gemeinsam vermarktet werden und dort als die zwei Einheiten des „A.“ beschrieben werden. Auch die Beschilderung an den Zufahrtsstraßen erfolgt über das Label „A.“. Weiter wird der „A.“ im Internet auf mehreren Websites, z.B. von Touristikanbietern (www. …com), dahingehend beworben, dass sich das C. Outlet und das P. Outlet zu einem größeren Outletkomplex an der A* ergänzen. Richtig ist, dass das streitgegenständliche Vorhaben derzeit nicht unter dem Label „A.“ beworben wird. Dies liegt aber in der Natur der Sache, da das streitgegenständliche Vorhaben noch nicht existiert, so dass eine Werbung keinen Sinn machen würde. Das Vorhabengrundstück steht im Eigentum des Klägers, der die entstehenden Ladeneinheiten vermieten will. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten stehen die Grundstücke der bereits bestehenden Läden im Eigentum der Fa. … GmbH & Co. KG und … GmbH & Co. KG, wobei die … GmbH & Co. KG durch den persönlich haftenden Gesellschafter, die … Verwaltungs GmbH, die wiederum durch den Kläger alleinig vertreten wird, vertreten wird, während die … GmbH & Co. KG durch den persönlich haftenden Gesellschafter, die … Verwaltungs GmbH, die wiederum durch den Kläger alleinig vertreten wird, vertreten wird. Auch die vom Kläger für Werbezwecke genutzte Firma A. GmbH wird durch den Kläger selbst vertreten. Alle Firmen sind im … …, … …, gemeldet. In der mündlichen Verhandlung führten die Klägerbevollmächtigten zu den Eigentumsverhältnissen an den Grundstücken der bereits bestehenden Läden aus, dass nicht gesagt werden kann, ob diese dem Kläger gehören. Jedenfalls sei der Kläger Beteiligter an diesen Outlets. Der Kläger, der damit Einfluss sowohl auf die beiden bestehenden Outlets, auf das streitgegenständliche Vorhaben und auf „A.“ nehmen kann, wird als vernünftiger Gewerbetreibender dafür sorgen, dass auch das streitgegenständliche Vorhaben zusammen mit den beiden bestehenden Outlets unter dem Label „A.“ beworben wird, zumal das Sortiment zu den Sortimenten der bestehenden Outlets passt. Der Einwand der Klägerseite, dass die gemeinsame Werbung der bestehenden Outlets im Internet keine bodenrechtliche Relevanz habe, geht fehl, denn nach der Rechtsprechung kann sich gerade auch aus einer gemeinsamen Werbung durchaus ein verbundenes Erscheinen der Betriebe aus Kundensicht ergeben. Ohnehin existiert nicht nur die Werbung im Internet. Vielmehr erfolgt die Beschilderung vor Ort auch unter dem Label „A.“.
Ebenso ist aus Kundensicht von einem gemeinsamen Konzept auszugehen, denn wie bei den bereits bestehenden Outlets, die hauptsächlich Bekleidung und Schuhe anbieten, ist auch für das streitgegenständliche Vorhaben ein solches Sortiment und ein diesbezüglich ergänzendes Sortiment wie etwa Damen- und Herrensportbekleidung und -schuhe, Damen- und Herrentaschen, Handtaschen, Reisegepäck, Parfümerie, Kosmetika und Badezubehör geplant. Der Kläger verfügt daher aus Kundensicht neben einer gemeinsamen Werbung auch über ein einheitliches Konzept, so dass sich die einzelnen Betriebe aus Kundensicht als aufeinander bezogen darstellen.
Wenn die Klägerseite ausführt, dass die Vorhaben eigene Zufahrten hätten, so verkennt sie, dass jedenfalls das P. Outlet und das streitgegenständliche Vorhaben über eine gemeinsame Zufahrt verfügen. Ohnehin führen getrennte Zufahrten, eigene Parkplätze, eigene Anlieferzonen, eigene Eingänge und eigene Personal- und Lagerräume nicht notwendig dazu, dass die Vorhaben aus Kundensicht als selbständig und getrennt wahrgenommen werden. Im hier zu entscheidenden Fall treten diese Faktoren in der Gesamtbetrachtung zurück und hindern die Einordnung als gewachsenes Einkaufszentrum nicht.
Da Einkaufszentren nach dem oben Gesagten die für großflächige Einzelhandelsbetriebe nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 BauNVO maßgeblichen städtebaulichen Auswirkungen haben, müssen diese von ihrer Größe her die für die großflächigen Einzelhandelsbetriebe maßgeblichen 1.200 m2 Geschossfläche (§ 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO) deutlich übersteigen. Die Differenzierung ist darin begründet, dass bei Einkaufszentren i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO die sich aus § 11 Abs. 3 BauNVO ergebende Rechtsfolge anders als in den Fällen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO unabhängig davon eintritt, ob beim jeweiligen Einkaufszentrum festgestellt werden kann, dass die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO genannten städtebaulichen Auswirkungen eintreten werden. Die Verordnung geht somit davon aus, dass ein Einkaufszentrum stets die maßgeblichen städtebaulichen Auswirkungen zeitigt, wohingegen diese für großflächige Einzelhandelsbetriebe nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO positiv festgestellt werden müssen oder in der Regel anzunehmen sind, wenn deren Geschossfläche 1.200 m2 überschreitet (vgl. Söfker in EZBK, 143. EL August 2021, BauNVO, § 11 Rn. 50, Rn. 50). Die Nettogeschossfläche des streitgegenständlichen Vorhabens beträgt 1.200 m2, die maßgebliche Bruttogeschossfläche 1.380 m2. Hinzu kommen die Geschossflächen von P. Outlet und C. Outlet, die jedenfalls größer als die Verkaufsflächen sein müssen. Das P. Outlet hat eine Verkaufsfläche von 1.199 m2 und das C. Outlet eine Verkaufsfläche von 1.051 m2. Addiert man die Geschossfläche des streitgegenständlichen Vorhabens und die Verkaufsflächen von C. Outlet und P. Outlet als jedenfalls anzusetzende Mindestgrößen der Geschossflächen (die tatsächlich höher liegen), so ergibt sich eine Fläche von 3.450 m2 bzw. 3.630 m2. Beides liegt in einem Bereich von deutlich mehr als 1.200 m2, so dass die für ein Einkaufszentrum erforderliche Größe erreicht wird. In der Rechtsprechung wurde bereits eine Geschossfläche von 2.250 m2 als ausreichend erachtet (vgl. VG München, U.v. 22.10.2019 – M 1 K 18.1276 – juris Rn. 40, nachfolgend BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 1 ZB 20.698 – juris). Nach dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entsprechen im Übrigen 1.200 m2 Geschossfläche in etwa 800 m2 bis 1.000 m2 Verkaufsfläche (vgl. OVG RhPf, U.v. 3.11.2011 – 1 A 10270/11 – juris Rn. 54).
Betrachtet man die Verkaufsflächen, so ergeben sich insgesamt 3.049 m2, wobei auf das Vorhaben 799 m2, auf das P. Outlet 1.199 m2 und das C. Outlet 1.051 m2 entfallen. Auch diesbezüglich wird die erforderliche Größe erreicht. So wurde in der Rechtsprechung schon eine Verkaufsfläche von rund 2.614 m2 als ausreichend erachtet (vgl. VG Saarlouis, U.v. 24.2.2010 – 5 K 850/09 – juris), während eine Verkaufsfläche von 1.433 m2 als nicht groß genug angesehen wurde (vgl. VGH BW, U.v. 22.9.2005 – 3 S 1061/04 – juris). Es kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es hier um Einzelhandelsflächen im ländlichen Bereich auf einem außerhalb der Ortslage sich befindenden Gebiet handelt, wo auch bei geringerer Verkaufsflächengröße die für ein Einkaufszentrum typische Sogwirkung eher erreicht wird als bei großstädtischer Lage (vgl. auch: OVG RhPf, U.v. 3.11.2011 – 1 A 10270/11 – juris m.w.N.).
Das Gericht geht zudem davon aus, dass es sich bereits bei dem P. Outlet und dem streitgegenständlichen Vorhaben um ein gewachsenes Einkaufszentrum i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO handelt. Auch bei einer Geschossfläche von insgesamt jedenfalls 2.399 m2 bzw. 2.579 m2 (Geschossfläche des Vorhabens zuzüglich die 1.199 m2 Verkaufsfläche des P. Outlets als Mindestgröße der Geschossfläche) ist die für ein Einkaufszentrum erforderliche Größe erreicht. Dasselbe gilt, wenn man die Verkaufsfläche von insgesamt 1.998 m2 betrachtet, denn auch hier ist die Lage im ländlichen Raum mit entsprechend größerer Sogwirkung miteinzubeziehen. In Bezug auf die räumliche Konzentration gelten die obigen Ausführungen umso mehr, da sich die beiden Einkaufskomplexe in einem Abstand von nur rund 120 m voneinander entfernt befinden, die für das P. Outlet gebaute Zufahrt für das Vorhaben verlängert und um Busparkplätze ergänzt wird. Auch stellen sich das streitgegenständliche Vorhaben und das P. Outlet aus Kundensicht als aufeinander bezogen dar, wofür schon die Lage, die Insellage im Außenbereich an einer gemeinsamen Autobahnausfahrt mit gemeinsamer Zufahrt zu den Parkplätzen und gemeinsamen Busparkplätzen spricht. Ebenso ist davon auszugehen, dass die beiden Einkaufskomplexe zu Fuß angesteuert werden. Auch werden aufeinander abgestimmte Sortimente angeboten, so dass der Eindruck eines einheitlichen Konzepts entsteht.
(2) Das Vorhaben als raumbedeutsames Vorhaben widerspricht zudem den Zielen der Raumordnung, § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Es liegt ein Widerspruch zu dem in der Anlage zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung (nachfolgend LEP Bayern) in Ziffer 5.3.1 und 5.3.2 genannten Zielen vor. Die Festlegungen (Ziele (Z) und Grundsätze (G)) im Landesentwicklungsprogramm Bayern sind in der Anlage zum LEP Bayern enthalten. Es kann offen bleiben, ob es auch Ziffer 5.3.3 der Anlage zum LEP Bayern widerspricht, wobei insbesondere die Stellungnahme der Regierung von … vom 16. September 2019 als auch die von der Beigeladenen vorgelegte „Städtebauliche Stellungnahme zur Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen Untersuchungsgebiet „…“ vom 28. September 2015, Dipl.-Ing. …, diesen Schluss nahelegen.
Bei Verwirklichung des Vorhabens entsteht ein Einkaufszentrum nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO, was ein raumbedeutsames Vorhaben darstellt. Dies ergibt sich daraus, dass bei einem Einkaufszentrum i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO davon ausgegangen wird, dass sich die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen generell nicht ausschließen lassen. Einer Einzelfallprüfung bedarf es dann gerade nicht. Auf die obigen diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen. Zudem ergibt sich die Raumbedeutsamkeit aus der Begründung zu den Zielen unter 5.3 der Anlage zum LEP Bayern. Danach haben Einzelhandelsgroßprojekte (Betriebe i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sowie Agglomerationen von mindestens drei Einzelhandelsbetrieben in räumlich-funktionalem Zusammenhang, die erheblich überörtlich raumbedeutsam sind, siehe die Begründung zu Ziel 5.3.1 LEPBayern) aufgrund ihrer Größe und ihres umfassenden Warenangebotes regelmäßig erhebliche Auswirkungen auf die bestehenden Versorgungsstrukturen in der Standortgemeinde und in benachbarten Zentralen Orten, bilden außerdem Anknüpfungspunkte für weitere Ansiedlungen von Einzelhandelsbetrieben und ergänzenden Nutzungen und können so zur Bildung neuer Versorgungsstandorte führen, die bestehende Versorgungsstrukturen beeinträchtigen können. Hieraus ergibt sich ein Steuerungsbedarf durch die Raumordnung, um die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und die verbrauchernahe Versorgung zu gewährleisten. Bei dem Vorhaben handelt es sich zudem eine Agglomeration von mindestens drei Einzelhandelsbetrieben im oben beschriebenen Sinn, was ebenso ein raumbedeutsames Vorhaben ist.
Die Ziele im LEP Bayern sind auch Ziele der Raumordnung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Ziele der Raumordnung werden von den Träger der Raumordnung festgelegt, § 3 Abs. 1 Nr. 2 Raumordnungsgesetz (ROG). Raumordnungspläne sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 ROG zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17 ROG. Hierunter fallen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 ROG sowohl der Raumordnungsplan für das Landesgebiet (landesweiter Raumordnungsplan) – hier: LEP Bayern – vgl. Art. 14 ff. Bayerisches Landesplanungsgesetz (BayLpLG) – als auch die Raumordnungspläne für Teilräume der Länder (Regionalpläne).
Die Ziele in Ziffern 5.3.1, 5.3.2 der Anlage zum LEP Bayern (nachfolgend Ziele 5.3.1, 5.3.2 LEP Bayern) sind zudem verbindliche Ziele der Raumordnung und nicht etwa bloße Grundsätze (zur Abgrenzung der Ziele von Grundsätzen: BVerwG, U.v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 – juris Rn. 7). Abgesehen davon, dass das LEP Bayern die Ziffern 5.3.1 und 5.3.2 mit Z für Ziel und nicht mit G für Grundsatz festschreibt (vgl. auch § 1 Satz 1 LEP Bayern), hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits zu Ziel 5.3.1 LEP Bayern 2013 entschieden, dass Ziffer 5.3.1 ein verbindliches Ziel der Raumordnung, Art. 2 Nr. 2 BayLplG, ist. Nach den insoweit auf die jetzige Rechtslage übertragbaren Ausführungen hat der Plangeber eindeutig formuliert, dass Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte nur in Zentralen Orten ausgewiesen werden dürfen. Die atypischen Sachverhalte, bei deren Vorliegen eine Abweichung zulässig sein soll, sind in der Zielbestimmung hinreichend konkret umschrieben (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 64, ausführlich zum Konzentrationsgebot: OVG LSA, U.v. 22.1.2020 – 2 L 39/18 – juris Rn. 40 ff. mit Verweis auf BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14.01 – juris Rn. 38; U.v.10.11.2011 – 4 CN 9.10 – juris). Nichts anderes gilt für das Ziel 5.3.2 LEP Bayern, wonach die Flächenausweisung für Einzelhandelsgroßprojekte an städtebaulich integrierten Standorten zu erfolgen hat.
Das in Ziel 5.3.1 LEP Bayern enthaltene Konzentrationsgebot ist zudem ein zulässiges Ziel der Raumordnung. Die Verbindung großflächiger Einzelhandelsbetriebe mit einer bestimmten Zentralitätsstufe soll die Versorgung in allen Teilen des Landes entsprechend dem Bedarf in zumutbarer Entfernung auch für die nicht-mobile Bevölkerung sicherstellen und zugleich einer Unterversorgung zentraler Wohnbereiche entgegenwirken, die eintritt, wenn die Konzentration des großflächigen Einzelhandels an Standorten, die gar nicht zum Netz der zentralen Orte gehören oder innerhalb des hierarchisch gegliederten Systems auf einer niedrigen Zentralitätsstufe liegen, zu einem „flächendeckenden“ Kaufkraftabzug aus den Versorgungszentren der höherstufigen zentralen Orte führt (vgl. auch: OVG LSA, U.v. 22.1.2020 – 2 L 39/18 – juris Rn. 40 ff. mit Verweis auf BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14.01 – juris Rn. 38; U.v.10.11.2011 – 4 CN 9.10 – juris).
Auch das Ziel 5.3.2 LEP Bayern, der die städtebauliche Integration von Einzelhandelsgroßprojekten vorschreibt, ist ein zulässiges Ziel der Raumordnung (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 62 mit Verweis auf NdsOVG, U.v. 10.7.2014 – 1 KN 121/11 – juris Rn. 27 ff.). Die städtebauliche Integration von Einzelhandelsgroßprojekten, das Integrationsgebot, dient einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. Sie trägt darüber hinaus zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes und zu einer Minimierung der Freiflächeninanspruchnahme bei und ist damit Ausdruck einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung. Zugleich werden auch die Innenstädte, Ortskerne und Stadtteilzentren in ihrer Funktionsvielfalt gestärkt und motorisierter Individualverkehr vermieden (Begründung zu Ziel 5.3.2 LEP Bayern).
Bei Verwirklichung des Vorhabens wird gegen Ziel 5.3.1 LEP Bayern verstoßen, wonach Flächen für Betriebe i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sowie für Agglomerationen (Einzelhandelsgroßprojekte) nur in Zentralen Orten ausgewiesen werden dürfen. … ist, wie Anhang 1 zum LEP Bayern zu entnehmen ist, kein Zentraler Ort. Auch die abweichend hiervon zulässigen Ausweisungen nach Satz 2 des Ziels 5.3.1 LEP Bayern für Betriebe bis 1.200 m2 Verkaufsfläche, die ganz überwiegend dem Verkauf von Waren des Nahversorgungsbedarfs dienen oder für Einzelhandelsgroßprojekte, die überwiegend dem Verkauf von Waren des sonstigen Bedarfs dienen, greifen nicht. Bei Verwirklichung des Vorhabens würden am Standort keine Läden mit einem solchen Sortiment entstehen. Vielmehr entstünden bei Verwirklichung des Vorhabens ein Einkaufszentrum mit Läden, die nahezu ausschließlich ein Sortiment des Innenstadtbedarfs (Anlage 2 LEP Bayern) anbieten (vgl. den Internetauftritt zu „A.“ – „Unsere Stores“ und die Sortimentsliste zum beantragten Vorhaben)
Auch ein Verstoß gegen Ziel 5.3.2 LEP Bayern ist bei Verwirklichung des Vorhabens gegeben. Das Einkaufszentrum liegt nicht an einem städtebaulich integriertem Standort, Ziel 5.3.2 LEP Bayern (siehe auch: Stellungnahme der Regierung von … vom 16. September 2019, „Städtebauliche Stellungnahme zur Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen Untersuchungsgebiet „…“ vom 28. September 2015, Dipl.-Ing. … und die Ausführungen des Gerichts unter (1)), sondern in einer städtebaulichen Randlage. Städtebaulich integrierte Lagen sind Standorte innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs mit wesentlichen Wohnanteilen oder direkt angrenzend, die über einen anteiligen fußläufigen Einzugsbereich und eine ortsübliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verfügen. Direkt an einen Siedlungszusammenhang angrenzende Standorte sind nur dann städtebaulich integriert, wenn sie an einen Gemeindeteil anschließen, der nach Bevölkerungsanteil und Siedlungsstruktur einen Hauptort darstellt und in dem die Einrichtungen zur Deckung des wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Grundbedarfs für die Gemeindebevölkerung im Wesentlichen vorgehalten werden (Begründung zu Ziel 5.3.2 LEP Bayern). Das Einkaufszentrum kommt nicht in einem baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen zum Liegen. Doch auch das direkte Angrenzen an einen solchen scheitert, trotz einer gewissen Nähe zu dem Ortsteil … jedenfalls daran, dass das Einkaufszentrum jedenfalls nicht an einen Gemeindeteil anschließt, der nach Bevölkerungsanteil und Siedlungsstruktur einen Hauptort darstellt und in dem die Einrichtungen zur Deckung des wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Grundbedarfs für die Gemeindebevölkerung im Wesentlichen vorgehalten werden.
Auch liegt kein Fall der abweichend hiervon zulässigen Ausweisung in städtebaulichen Randlagen nach Ziel 5.3.2 Satz 2 LEP Bayern vor. Weder würde das Einkaufszentrum überwiegend dem Verkauf von Waren des sonstigen Bedarfs dienen noch hat die beigeladene Gemeinde nachgewiesen, dass geeignete städtebaulich integrierte Standorte auf Grund der topographischen Gegebenheiten nicht vorliegen.
(3) Die Unzulässigkeit des Vorhabens im Außenbereich ergibt sich auch aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, denn das Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenschaft der Landschaft. Der darin zum Ausdruck kommende funktionale Landschaftsschutz, der angesichts des gesondert geschützten Landschaftsbilds keinen ästhetischen Landschaftsschutz beinhaltet, verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung durch die Land- und Forstwirtschaft und als Erholungsraum zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die dem Außenbereich wesensfremd sind. Der Belang wird schon dann beeinträchtigt, wenn durch das Vorhaben die Fläche der naturgegebenen Bodennutzung entzogen wird. Außenbereichsvorhaben mit anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Bestimmung sind deshalb im Regelfall unzulässig. Eine Beeinträchtigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Baugrundstück sich wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die naturgegebene Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 8.7.1986 – 4 B 120.86 – juris). Zwar eignet sich das Vorhabengrundstück aufgrund seiner Lage an der Autobahn zwischen gewerblichen Betrieben nicht mehr für Erholungszwecke. Allerdings ist das unbebaute Grundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit für die naturgegebene Bodennutzung weiter geeignet, kann landwirtschaftlich genutzt werden und wird dies auch, wie das Gericht unter geoportal.bayern.de und google.de/maps feststellen konnte. Die Schutzwürdigkeit in dieser Funktion ist auch nicht bereits durch andere Eingriffe eingebüßt und wurde nicht durch andere Nutzungen verdrängt.
2. Geht man von der Wirksamkeit des Bebauungsplanes … … aus, so ist das Vorhaben zum einen unzulässig, da es gegen die Festsetzung in Ziffer 1.1 des Bebauungsplanes, wonach jegliche Handelsnutzung unzulässig ist, verstößt. Zum anderen ergibt sich die Unzulässigkeit aus § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB.
a) Bei dem Vorhaben handelt es sich um eine nach dem Bebauungsplan unzulässige Handelsnutzung. Das Vorhaben bedürfte einer Befreiung von der Festsetzung in Ziffer 1.1 des Bebauungsplanes, § 31 Abs. 2 BauGB. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB sind indes nicht gegeben. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, wenigstens einer der in § 31 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 BauGB alternativ genannten Befreiungsgründe vorliegt und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Eine solche Befreiung kommt nicht in Betracht, da das Vorhaben gegen die Grundzüge der Planung verstößt. Mit den Grundzügen der Planung umschreibt das Gesetz in § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zu Grunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2005 – 9 B 3/05 – juris). Dabei ist entscheidend, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35/04 – juris). Befreit werden kann daher von Festsetzungen, die das jeweilige Planungskonzept nicht tragen. Solche Festsetzungen liegen dann vor, wenn sie das Plangebiet oder maßgebliche Teile dieses Gebiets nicht wie ein roter Faden durchziehen, sondern gewissermaßen „zufällig“ erfolgt sind (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.1998 – 25 B 05.3055 – juris). Dagegen kann von Festsetzungen, die die Grundzüge der Planung tragen, nur dann befreit werden, wenn die jeweilige Befreiung für das Plangefüge von untergeordneter Bedeutung ist.
Anders als die Klägerseite vorträgt, handelt es sich bei dem Handelsausschluss um einen Grundzug der Planung. Zwar ist richtig, dass sich weder aus dem Plan selbst, noch seiner Begründung noch den sonstigen Unterlagen entnehmen lässt, warum der Handelsausschluss erfolgte. Es genügt aber, dass sich die Grundzüge der Planung aus der den Festsetzungen des Bebauungsplanes zugrundeliegenden und in ihnen zum Ausdruck kommenden planerischen Konzeption ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7.17 – juris; BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 9 ZB 20.12- juris Rn. 13). Zum Planungskonzept der Beigeladenen gehörte der Ausschluss jeglicher Handelsnutzung, was sich aus der Norm selbst ganz klar entnehmen lässt. Dieser wurde gerade nicht quasi zufällig in den Bebauungsplan aufgenommen, vielmehr modifiziert der Komplettauschluss jeglicher Handelsnutzung die Bandbreite der in einem Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe, wo unter Maßgabe des § 8 Abs. 1 BauNVO gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO u.a. Gewerbebetriebe aller Art zulässig sind, erheblich, ist damit ein Grundzug der Planung.
Eine Befreiung berührt die Grundzüge der Planung, wenn das Vorhaben in seine Umgebung Spannungen hineinträgt oder erhöht, die nur durch eine Planung zu bewältigen sind, denn was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch eine Änderung des Bebauungsplanes durch die Gemeinde ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden (vgl. BayVGH, 15 ZB 16.940 – juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 2.2.2012 – 4 C 14/10 – juris Rn. 22). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.468 – juris Rn. 9, B.v. 31.7.2008 – 9 ZB 05.1476 – juris). Auch wenn mit dem P. Outlet bereits – abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplanes – eine Handelsnutzung in dem Gebiet zugelassen wurde, würde ein weiterer Handelsbetrieb zusätzliche planungsrechtliche Spannungen auslösen. Im Hinblick auf die Vorbildwirkung, die eine Befreiung bezüglich der ausgeschlossenen Handelsnutzung mit sich brächte, gäbe es kaum einen Grund, entsprechende weitere Bauanträge auf den restlichen freien Flächen des Baugebiets abzulehnen. Die FlNr. … soll nach dem Willen des Klägers auch noch weiter aufgeteilt werden, wie sich der vorgeschlagenen Parzellierung des Vorhabengrundstücks (siehe die eingereichten Bauunterlagen – Lageplan (Tektur), S. 83 der Akte) entnehmen lässt. Eine Befreiung von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, kann gerade nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen lassen, weil sie auf diese Weise die Grundzüge der Planung berühren (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris). Die konkrete Planungssituation weist auch keine Besonderheiten auf, aufgrund derer die genehmigte Nutzung die Grundzüge der Planung nicht berühren würde. Die Gründe, die der Kläger aufführt, ließen sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle im Plangebiet anführen. Das entspricht nicht der Funktion der Befreiung als einem Instrument der Feinsteuerung im Rahmen einer allgemeinen und deshalb nicht notwendigerweise ausnahmslos sachlich gebotenen Regelung. Vielmehr wird die von der Gemeinde getroffene Festsetzung missachtet (vgl. BayVGH, U.v. 10.6.2010 – 15 BV 09.1491 – juris Rn. 21). Auch die städtebauliche Vertretbarkeit ist nicht gegeben. Wenn die Klägerseite ausführt, dass städtebaulich vertretbar sei, was im Sinne der Anforderungen des § 1 Abs. 6, 7 BauGB mit der städtebaulichen Entwicklung und Ordung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB vereinbar sei, was also abwägungsfehlerfrei planbar sei, so übersieht sie, dass die Grundzüge der Planung dennoch nicht berührt werden dürfen, was aber vorliegend, wie ausgeführt, der Fall ist. Weitere Grenzen ergeben sich diesbezüglich zudem aus der Pflicht zur Berücksichtigung der von der Abweichung berührten öffentlichen und privaten Belange. Werden solche Belange durch die Befreiung berührt, die nicht im Rahmen der Genehmigung ausgeglichen werden können, so fehlt es an der städtebaulichen Vertretbarkeit (vgl. Söfker in EZBK, BauGB, 143. EL August 2021, § 31 Rn. 47). Da mit der Zulassung des Vorhabens ein Einkaufszentrum nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO mit den unter 1. b) (1) beschriebenen Auswirkungen entstehen würde, fehlt es ganz offensichtlich an der städtebaulichen Vertretbarkeit. Daran ändert auch der städtebauliche Vertrag der Beigeladenen mit dem Kläger nichts, denn hier wurden nur die Belange der Beigeladenen gewürdigt. Eine Selbstbindung der Verwaltung dahingehend, weil diese bereits das P. Outlet zugelassen habe, besteht bereits deshalb nicht, weil mit der Zulassung des P. Outlets als einem einzigen Vorhaben nicht bereits eine einheitliche Verwaltungspraxis entstanden ist (vgl. HessVGH, U.v. 18.1.1996 – 3 UE 2544 – juris).
b) Da mit dem Vorhaben ein Einkaufszentrum gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO (auf die diesbezüglichen Ausführungen unter 1. wird verwiesen) entsteht, ist dieses zudem bereits gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO in dem mit dem Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet nicht zulässig. Einkaufszentren i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig.
3. Bei unterstellter Teilunwirksamkeit lediglich der Ziffer 1.1 des Bebauungsplanes mit Wirksamkeit des Bebauungsplanes im Übrigen ist das Vorhaben, da mit dessen Verwirklichung ein Einkaufszentrum gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO entsteht, gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO in dem mit dem Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet, wie bereits ausgeführt, nicht zulässig.
4. Auch der Hilfsantrag, wonach der Beklagte verpflichtet werden soll, über den Antrag auf Erteilung des Vorbescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, bleibt ohne Erfolg. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich, wie es hier der Fall ist (siehe unter 1.), handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Zudem ist die Sache spruchreif, so dass ein Verbescheidungsurteil, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, nicht in Betracht kommt. Selbst bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplanes (siehe unter 2.) liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die gewünschte Befreiung, § 31 Abs. 2 BauGB, nicht vor, so dass es auf ein Ermessen des Beklagten schon nicht mehr ankommt. Bei unterstellter Teilunwirksamkeit des Bebauungsplanes lediglich die Ziffer 1.1. betreffend (siehe unter 3.), kommt es auf ein Ermessen des Beklagten ebenso wenig an, weil die Zulassung des Vorhabens bereits an § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO scheitert.
5. Die Klage hat damit keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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