Baurecht

Versagung der Abbrucherlaubnis für denkmalgeschütztes ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen

Aktenzeichen  M 8 K 17.1411

Datum:
4.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 44450
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14
BayDSchG Art. 1, Art. 6 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die Baudenkmaleigenschaft endet mit der Zerstörung der baulichen Anlage. Durch Veränderung endet sie grundsätzlich nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn durch die Veränderungen die aus vergangener Zeit stammenden Teile einer baulichen Anlage beseitigt werden oder die bauliche Anlage insoweit beeinträchtigt wird, dass sie die Bedeutungsschwelle des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG nicht mehr erreicht. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch von einem Denkmalschutzbelangen gegenüber aufgeschlossenen Eigentümer darf die Erhaltung eines Baudenkmals nicht verlangt werden, wenn das Gebäude in absehbarer Zeit ohnehin verfallen würde und als Ruine nicht erhaltungswürdig wäre, wenn bei einer Sanierung nur so wenig Substanz erhalten bliebe, dass die Identität des Bauwerks verloren ginge oder wenn eine den Anforderungen des Art. 5 BayDSchG entsprechende Nutzung nicht in Betracht kommt. (Rn. 85) (redaktioneller Leitsatz)
3. In finanzieller Hinsicht wird der Eigentümer eines für eine geldwerte Nutzung bestimmten Baudenkmals dann durch die Versagung der Erlaubnis zur Beseitigung unverhältnismäßig belastet, wenn das Objekt nicht mehr wirtschaftlich vernünftig genutzt werden kann. Ausschlaggebend ist, ob sich das Denkmal „selbst trägt“. Ist dies der Fall, sind die einer ertragreicheren Nutzung entgegenstehenden denkmalschutzrechtlichen Anforderungen in der Regel als Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen. (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Wirtschaftlichkeit ist objektbezogen nach objektiven Kriterien zu berechnen. Personenbezogene Umstände – wie Vermögensverhältnisse, Kreditwürdigkeit oder Gesundheitszustand – bleiben bei der Zumutbarkeitsprüfung unberücksichtigt. (Rn. 90) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Eigentümer, der sich auf seine fehlende finanzielle Leistungsmöglichkeit und somit auf eine subjektive Unzumutbarkeit beruft, muss nachweisen, dass er sich erfolglos um die Veräußerung des Denkmals zu einem angemessenen Preis bemüht hat. (Rn. 99) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Bedingung in Ziffer 1 des Bescheides vom 20. März 2017, eine archivgerechte Fotodokumentation der betroffenen Gebäude anzufertigen und der Unteren Denkmalschutzbehörde zu überlassen und die Freigabe der Abbrucharbeiten durch die Untere Denkmalschutzbehörde abzuwarten, wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Über den Rechtsstreit konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2018 auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben und dem Übergang ins schriftliche Verfahren zugestimmt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
I. Die zulässige Klage hat, bis auf die Aufhebung der in Ziffer 1 des Bescheides als aufschiebende Bedingung bezeichneten Nebenbestimmung keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 20. März 2017, mit dem die Abbrucherlaubnis für den ehemaligen Bauernhof mit Ausnahme des Nebengebäudes und des parallel zum Stadel angebauten Schuppens abgelehnt wurde, ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Ihm steht kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Abbrucherlaubnis gem. Art. 6 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 1 und Abs. 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) zu.
II. Die Beklagte hat die beantragte Erlaubnis für den Abbruch zu Recht verweigert. Das streitgegenständliche Anwesen ist ein Baudenkmal (B.II.1), wobei diese Eigenschaft auch nicht durch die notwendigen Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen in Frage gestellt wird (B.II.1). Für den Erhalt sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes (B.II.2). Die notwendigen Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen sind auch wirtschaftlich zumutbar und zwar auch in Hinblick auf die fehlende subjektive finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers, da diesem der Nachweis der Unmöglichkeit der zumutbaren Vermarktung nicht gelungen ist, vielmehr die Beklagte zwischenzeitlich eine für den Kläger zumutbare Verkaufsmöglichkeit belegt hat (B.II.3). Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gebraucht (B.II.4). Die Nebenbestimmungen waren zum Teil mangels Rechtsgrundlage und Unverhältnismäßigkeit aufzuheben (C.).
III. Für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Erlaubnis nach Art. 6 BayDSchG nicht um eine gebundene Erlaubnis handelt, sondern um eine Gestattung, deren Erteilung gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG im Ermessen der Behörde steht. Auch bei einer „Ermessenserlaubnis“ ist Streitgegenstand ein Leistungsbegehren. Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob die ablehnende Behördenentscheidung zum Zeitpunkt des Ergehens rechtmäßig waren, sondern darauf, ob die Anspruchsvoraussetzungen – einschließlich einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Ermessensausübung – zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts erfüllt sind. Aus diesem Grund ist – entgegen früherer (wohl überholter) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 21.1. 1992 – 1 C 49/88 – juris und NVwZ 1992, 1212) – nicht die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung maßgeblich. Dies gilt unabhängig davon, ob die auf diesen Zeitpunkt bezogene Prüfung der Begründetheit der Klage zu einem negativem Ergebnis führt oder dazu, dass der Behörde keine andere Wahl als die Erteilung der Erlaubnis bleibt, oder ob sich die die Ablehnung des Antrags tragenden Ermessenserwägungen nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als fehlerhaft erweisen (BayVGH U. v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 m.w.N. – juris RdNr. 23)
B.
Die Beseitigung des ehemaligen Bauernhofes P… bedarf nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 BayDSchG einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, denn es handelt sich um ein Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BayDSchG.
I. Eine Verpflichtung der Beklagten, die beantragte Abbrucherlaubnis zu erteilen, ergibt sich nicht aus der Vereinbarung vom 14. Oktober 1977. Die hier unter § 2 festgelegte Bebauung des Grundstücks FlNr. 58 und 59 erfasst das streitgegenständliche und das diesem östlich benachbarte Grundstück FlNr. 59 an der E…straße. Unabhängig davon, ob aus diesem Vertrag nach 42 Jahren noch Rechte hergeleitet werden können, hat sich die Beklagte hier zur Erteilung der Abbrucherlaubnis nur unter der Voraussetzung einer bestimmten Bebauung dieser Grundstücke verpflichtet. Der Kläger verfolgt aber mit seinem hier streitgegenständlichen Antrag auf Abbrucherlaubnis – anders als in der Vereinbarung vom 14. Oktober 1977 vorgesehen – eine bedingungslose Beseitigung des Baudenkmals.
II. Bei dem streitgegenständlichen Gebäude, dem ehemaligen Bauernhof P…, handelt es sich um ein Denkmal im Sinne von Art. 1 BayDSchG. Der ehemalige Bauernhof ist seit 24. Oktober 1979 als Einzelbaudenkmal im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 BayDSchG unter der Nr. D-1- …-000-… in die Liste der Baudenkmäler der Landeshauptstadt München eingetragen. Es wird dort kurz beschrieben als „Bauernhof, Wohnstallhaus, 2-geschossiger Satteldachbau, 1. Hälfte 19. Jahrhundert, Stallteil erneuert und erweitert, 2. Hälfte 19. Jahrhundert; rechtwinklig angeschlossener Stadel, Satteldachbau 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts.“
1. Nach Art. 2 Abs. 1 BayDSchG hat diese Eintragung für die Denkmaleigenschaft keine rechtsbegründende Wirkung, sondern erfolgt nur nachrichtlich (Ebert/Martin/ Spennemann, BayDSchG, 7. Auflage, Art. 2 Rn. 2). Die Eigenschaft einer Sache als Baudenkmal hängt nicht von der Eintragung ab. Damit begründet die bestehende Eintragung keine Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Bauernhofs, so dass im Folgenden zu prüfen ist, ob die einzelnen Voraussetzungen des Art. 1 BayDSchG vorliegen. Nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG sind Denkmäler von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG sind Baudenkmäler bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit, einschließlich dafür bestimmter historischer Ausstattungsstücke und mit der in Abs. 1 bezeichneten Bedeutung.
1.1. Bei dem Bauernhof P… handelt es sich um eine von Menschen geschaffene Sache, die auch unstreitig aus vergangener Zeit stammt und heute einer abgeschlossenen Epoche der Vergangenheit angehört. Das zweigeschossige, verputzte Wohnstallhaus mit Satteldach stammt aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch der Bau eines neuen Ökonomiegebäudes mit preußischem Kappengewölbe im Stallbereich, der aus dem Jahre 1893 belegt ist, und die zu gleicher Zeit erfolgte bauliche Verbindung von Wohnteil und Querstadel stammen zweifellos aus vergangener Zeit und gehören heute einer abgeschlossenen Epoche der Vergangenheit an.
1.2. Mit der historischen Einordnung eines Bauwerks in eine frühere Epoche ist aber dessen Denkmaleigenschaft noch nicht begründet.
Nur wenn die weiteren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 BayDSchG im maßgeblichen Zeitpunkt der Überprüfung der Denkmaleigenschaft erfüllt sind, liegt ein Denkmal vor. Ziel des Denkmalschutzes ist es, die Baukultur der Vergangenheit, d.h. die geschichtlichen Zeugnisse im Original zu erhalten. Denkmalpflege und Denkmalschutz zielen darauf ab, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage in der Gegenwart zu veranschaulichen (vgl. BayVGH, U.v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – juris Rn. 18). Tragender Grund für die mit der Unterschutzstellung als Denkmal verbundenen weitreichenden Einschränkungen der Eigentümerbefugnis ist, dass Denkmäler für geschichtliche Umstände und Entwicklungen Zeugnis ablegen. Der Denkmalschutz will körperliche Zeugnisse aus vergangener Zeit als sichtbare Identitätszeichen für historische Umstände bewahren und die Zerstörung historischer Substanz verhindern (vgl. OVG NRW, U.v. 26.8.2008 – 10 A 3250/07 – juris, Rn. 45).
Neben dem Kriterium „aus vergangener Zeit“ muss für die Denkmaleigenschaft ein Bedeutungskriterium nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG hinzukommen. Grundsätzlich genügt es, wenn ein einziges Kriterium vorliegt, um einer Sache die Denkmaleigenschaft zuzuerkennen, auch wenn oft mehrere Gründe gegeben sind (Martin, Komm. zum BayDSchG, 2019, Art. 1 Rn. 103).
1.2.1. Nachvollziehbar hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege dargelegt, dass dem streitgegenständlichen Bauernhof sowohl geschichtliche, als auch historisch städtebauliche Bedeutung zukommt.
In rechtlicher Hinsicht muss ein geschichtlich bedeutendes Denkmal historische Ereignisse oder Entwicklungen heute und für zukünftige Generationen anschaulich machen. Dem modernen Denkmalverständnis liegt der Dokumentationswert früherer Bauweisen und der in ihnen zum Ausdruck kommenden politischen, sozialen und kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse aller gesellschaftlicher Schichten zu Grunde (vgl. Vierbrock in Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Auflage 2010, Teil C Rn. 11). Geschichtliche Bedeutung ist gegeben, wenn ein Gebäude historische Ereignisse oder Entwicklungen heute und für zukünftige Generationen anschaulich macht. Die Bedeutung kann aus allen Zweigen der Geschichte hergeleitet werden, so aus der Wirtschafts-, Architektur-, Technik-, Kunst- und Sozialgeschichte (vgl. Eberl/Martin/Spennemann, BayDSchG, 7. Auflage 2015, Art. 1 Rn. 18). Sowohl das Wohnhaus mit seinem Grundriss und der bauzeitlichen Raumstruktur, die Baugeschichte, dass der Hof ursprünglich aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhundert stammt, während die Größendimension der Hofstelle und der Kubatur der Baulichkeiten auf die Entstehung Mitte des 19. Jahrhunderts hinweisen, die Verbindung des Wohnteils mit dem Querstadel im Jahre 1893, als auch die Fachwerkkonstruktion des Stadels mit Backsteinausfachungen und offener Pfettendachkonstruktion haben einen hohen Zeugniswert für die bäuerliche Vergangenheit und städtebauliche Struktur des ehemaligen Ortskerns P… Dies wird in den Beschreibungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auch nachvollziehbar dargelegt. Der ehemalige Bauernhof P… ist auch in seinem Erscheinungsbild noch als historischer Bauernhof zu erkennen und hat im städtebaulichen Kontext einen erheblichen Zeugniswert als konstituierender und prägender Bestandteil des Ensembles „Ortskern P…“.
Dem ehemaligen Bauernhof P… kommt damit die erforderliche geschichtliche Bedeutung zu.
Architekturgeschichtliche Bedeutung kommt einer Sache zu, wenn ihr eine besondere über „Massenprodukte“ hinausgehende Eignung zum Aufzeigen und Erforschen der Entwicklung der Baukunst zukommt (Martin, Komm. zum BayDSchG 2019, Art. 1 Rn. 111). Auch die Ablesbarkeit der baulichen Entwicklung kann die geschichtliche Bedeutung begründen. Vorliegend ist die architekturgeschichtliche Bedeutung an der Fassadenstruktur und der Dachausbildung, die das Gebäude in die Flucht der historischen Bauernhöfe des früheren Straßendorfes P… einbinden, abzulesen. Auch die Erweiterung am Ende des 19. Jahrhundert zeigt eine entsprechende Entwicklung auf; Besonderheiten weisen auch der Stall mit dem preußischen Kappengewölbe und die Fachwerkkonstruktion mit Backsteinausfachungen und offener Pfettendachkonstruktion des Stadels auf.
Weiterhin hat das streitgegenständliche Anwesen auch volkskundliche Bedeutung. Diese kommt einer Sache zu, wenn sie von den Lebensumständen früherer Zeiten zeugt und vor allem die Lebensformen und Lebensäußerungen des einfachen Volkes bzw. der sog. Mittel- und Unterschichten dokumentiert (Eberl/Martin/Spennemann, Komm. zum BayDSchG, 7. Auflage 2015, Art. 1 Rn. 22). Hierher gehören vor allem auch die Bauernhäuser und die landwirtschaftlichen Nebengebäude. Vorliegend kommt dem streitgegenständlichen Anwesen im Einzelnen und im Kontext mit der Flucht der historischen Bauernhöfe des früheren Straßendorfs P… eine besondere Bedeutung für die damaligen Verhältnisse und den Wandel der Sozialstruktur des Ortskerns P… von der bäuerlich geprägten zur modernen Gesellschaft in P… zu. Gerade durch das nachgewiesene Alter und die bauliche Entwicklung innerhalb des 19. Jahrhunderts macht das streitgegenständliche Anwesen die Geschichte des Orts und die früheren städtebaulichen Zusammenhänge in besonderer Weise ablesbar.
Nach diesen Vorgaben handelt es sich bei dem streitgegenständlichen ehemaligen Bauernhof P… um ein Baudenkmal im Sinne von Art. 1 BayDSchG.
1.3. Den Einschätzungen des Landesamts für Denkmalpflege und den von seiner Seite vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen kommt tatsächliches Gewicht zu (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 27 und U. v. 2.08.2018 – 2 B 18.742 – juris Rn 45), da das Landesamt für Denkmalpflege nach Art. 12 Abs. 1 und 2 BayDSchG die in Bayern zuständige Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes ist (Ebert/Martin/Greipl, DSchG, 6. Auflage 2007, Art. 12 Rn. 11 und 14). Es ist durch Art. 12 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 5 und 1 BayDSchG dazu berufen, durch sachverständige Bedienstete fachliche Stellungnahmen und Gutachten abzugeben. Damit wird die erforderliche Sachkunde vermutet (Ebert/Martin/Greipl, DSchG, 6. Auflage 2007 Art. 12 Rn. 39). Gerade die Denkmalfachbehörden der Länder sind dazu berufen, sachkundige Stellungnahme zur Schutzwürdigkeit von Denkmalen abzugeben. Nur dadurch wird ein wirksamer und maßstabsgerechter Denkmalschutz unabhängig von einem sich wandelnden Bewusstsein der Bevölkerung sichergestellt (Vierbrock, in: Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Auflage 2010, Teil C Rn. 34 und 33).
Das Landesamt für Denkmalpflege hat sich bereits vor Inkrafttreten der Denkmalliste durch verschiedene fachlich qualifizierte Mitarbeiter mit der Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Bauernhofs auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass diesem die Qualität eines Einzelbaudenkmals zukommt.
Das Gebäude wurde am 24. Oktober 1979 in die Denkmalliste eingetragen, nachdem es bereits in die vorläufige Denkmalliste aufgenommen worden war (Auszug der Niederschrift über die Dienstbesprechung mit dem Kreisheimatpfleger und dem Landesamt für Denkmalpflege vom 10.7.1974). Den Standpunkt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Anwesen um ein Einzelbaudenkmal handelt, hat das Landesamt für Denkmalpflege seit dieser Zeit beibehalten, auch wenn im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Nr. 962, rechtsverbindlich seit dem 30. Mai 1974, bzw. dessen geplanter Änderung immer wieder Diskussionen über einen eventuellen Abbruch und einen Neubau aufgrund der Befürchtung des Entstehens von Entschädigungsforderungen (vgl. Schreiben vom 30.7.1994 der Lokalbaukommission an die Bauverwaltung der Beklagten und der Regierung von Oberbayern an die Beklagte vom 18.12.1975) geführt wurden. Der konsequent vertretene Standpunkt des Landesamts für Denkmalpflege ist den Auszügen der Niederschriften über die Dienstbesprechungen mit dem Kreisheimatpfleger und dem Landesamt für Denkmalpflege vom 10.7.1974, 16.10.1974, 25.11.1975, 4.12.1975 und 26.5.1976 sowie dem Aktenvermerk des Landesamts für Denkmalpflege vom 22.10.1997 und dem Auszug aus der 930. HDS vom 24.10.2012 (Seite 9) zu entnehmen. An dieser Bewertung hat sich auch nach dem Brand im Wohnbereich im Januar 2011 mit dem nachvollziehbaren Argument, dass der Brandschaden am Wohnhaus keinerlei Auswirkung auf die bereits festgestellte Denkmaleigenschaft des Anwesens P… hat, da der Schaden keine Veränderung der Grundstruktur und/oder der denkmalkonstituierenden Elemente zur Folge habe (vgl. Aktenvermerk vom 28.4.2011, Seite 2 nach einer entsprechenden Ortsbegehung), nichts geändert. Dieselbe Bewertung erfolgte nach einem Ortstermin am 24. Oktober 2013. Dies alles zeigt, dass sich das Landesamt für Denkmalpflege über die Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg durch sachkundige Mitarbeiter mit der Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Anwesens auseinandergesetzt hat, weshalb dessen Einschätzung gerade auch im Hinblick auf das sich wandelnde Bewusstsein bezüglich der Bedeutung des Denkmalschutzes ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. insoweit auch BayVGH, U.v. 2.8.2018 – 2 B 18.742 – juris Rn 45).
Auch das vom Gericht in Auftrag gegebene Gutachten vom 26. März 2018 und die ergänzende Stellungnahme vom 9. Juli 2018 kommen zu dem nachvollziehbar begründeten Ergebnis, dass auch nach der möglichen Instandsetzung/Sanierung die Denkmaleigenschaft erhalten bleibt (vgl. Gutachten vom 26.3.2018 Seite 14 und Stellungnahme vom 9.7.2018, Seite 15) und bestätigen somit auch die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Anwesens sowohl vor als auch nach einer Sanierung.
Das Gericht kommt daher nach eingehender und vertiefter Prüfung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der umfangreichen klägerischen Argumente und der Bewertung des von der Klagepartei beauftragten Gutachters Dipl.-Ing. … R…, im Ergebnis zu der Überzeugung, dass das streitgegenständliche Anwesen ein Denkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG ist.
1.4. Die denkmalschutzrechtliche Bedeutung des ehemaligen Bauerhofs wird weder durch die aufgrund der Vernachlässigung eingetretenen Bauschäden noch die dadurch bedingte Notwendigkeit der Instandsetzung und Sanierung in Frage gestellt. Die Baudenkmaleigenschaft endet erst mit der Zerstörung der baulichen Anlage. Durch Veränderung endet sie grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH, B.v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 5). Dies wäre nur dann der Fall, wenn durch die Veränderungen die aus vergangener Zeit stammenden Teile einer baulichen Anlage beseitigt werden oder die bauliche Anlage insoweit beeinträchtigt wird, dass sie die Bedeutungsschwelle des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG nicht mehr erreicht (Ebert/Martin/Spennemann, a.a.O., Art. 1 Rn. 39 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Ein vom Zeitpunkt seiner Errichtung unverändertes Baudenkmal würde angesichts der üblichen, durch Entwicklung und Fortschritt bedingten An-, Um- und Ausbauten, welche bei nahezu jedem Gebäude im Laufe seines Bestehens vorgenommen werden, die Anforderungen an die Begründung der Denkmaleigenschaft bei weitem überspannen. Nachträgliche bauliche Änderungen lassen das Erhaltungsinteresse grundsätzlich nicht wegfallen, wenn diese Veränderungen, die ein Gebäude im Laufe der Jahre erfahren hat, nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Ablesbarkeit der Gründe für die denkmalrechtliche Unterschutzstellung beseitigen. Vorliegend hat das streitgegenständliche Anwesen keine entsprechenden Veränderungen erfahren, sondern vielmehr durch unterlassenen Bauunterhalt und den Brand im Jahre 2011 Schäden erlitten. Die Sanierung dieser Schäden und die Instandsetzung des streitgegenständlichen Anwesens haben, wie das Landesamt für Denkmalpflege und auch der vom Gericht beauftragte Gutachter übereinstimmend annehmen, keineswegs den Verlust der historischen Substanz in einer Weise zur Folge, dass der ehemalige Bauernhof die Erkennbarkeit der Aussage nicht mehr bewahren könnte, die zu seiner Anerkennung als Denkmal geführt hat (vgl. OVG NRW, U.v. 26.8.2008 – 10 A 3250/07 – juris Rn. 48).
Das Gericht folgt insoweit den nachvollziehbaren Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege (Aktenvermerk vom 28.4.2011 und 24.10.2013) sowie den Feststellungen im Gutachten vom 26. März 2018 auf Seite 14 bzw. der Stellungnahme vom 9. Juli 2018 Seite 15 und den Darlegungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vom 22.Oktober 2018. Hieraus ergibt sich, dass die Sanierung zur Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Zustandes nicht wie eine Neuerrichtung zu bewerten ist, sondern die wesentlichen Teile, die die Denkmaleigenschaft des streitgegenständlichen Anwesens begründen, erhalten werden können. Bloße Erhaltungsmaßnahmen führen nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft, denn der Eigentümer ist dazu verpflichtet, sein Denkmal zu erhalten (Art. 4 BayDSchG), so dass Arbeiten dieser Art lediglich Ausdruck des selbstverständlichen Umstands sind, dass Baudenkmäler „durch die Zeit gehen“ und laufender Unterhaltung bedürfen. Selbst wenn die einer Erhaltung in diesem Sinne zugänglichen Teile eines Gebäudes im Laufe der Zeit vollständig ausgetauscht werden, führt dies regelmäßig nicht zum Verlust der Denkmaleigenschaft, wenn nicht gerade die historische Substanz dieser Gebäudeteile, die die Identität und damit den Denkmalwert des Gebäudes begründen, verloren geht.
Vorliegend können nach den überzeugenden Aussagen des Gutachters Dipl.-Ing. K… bedeutende Teile des Denkmals, wie das Kappengewölbe, im Wesentlichen erhalten werden und bei der vorgesehenen Sanierung des Stalles auch der entsprechende Raumeindruck. Aus den Ausführungen des Gutachters K… in der mündlichen Verhandlung ergibt sich auch, dass insoweit wesentliche Teile des Stalles und auch des Wohnhauses erhalten werden können (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2019 Seite 5 bis 10); Ähnliches gilt für den Dachstuhl des von Ost nach West verlaufenden Gebäudeteils.
1.5. Im Hinblick auf das von Art. 1 Abs. 1 BayDSchG geforderte öffentliche Erhaltungsinteresse ist nicht auf die Anschauung eines gebildeten Durchschnittsbetrachters abzustellen, sondern auf den Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise; die Denkmaleigenschaft eines Bauwerks wird daher nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Durchschnittsbetrachter es nicht als solches erkennt. Erhaltungswürdig sind dabei nicht nur hervorragende Zeugnisse der Vergangenheit, sondern auch Sachen, die das Geschichtsbild in nur geringem Maße oder zusammen mit anderen Sachen prägen (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2002 – 14 ZB 00.3360 – juris, Rn. 2).
Nach allgemeiner Anschauung liegt heute die Erhaltung von Wohnhäusern des ausgehenden 19. Jahrhunderts und der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Erhaltung von Bauernhäusern und anderen (auch Neben-)Gebäuden der Landwirtschaft aus diesen Zeitabschnitten im Interesse der Bürger (Eberl/Martin/ Spennemann, a.a.O., Art. 1 Rn. 14).
Das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt des streitgegenständlichen Bauernhofs ergibt sich daher inzident bereits aus den obigen Ausführungen, insbesondere der Tatsache, dass es sich bei dem ehemaligen Bauernhof um ein landwirtschaftliches Anwesen handelt, das in seinen Anfängen aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts stammt, und das somit in Alleinstellung und auch im Kontext mit den anderen noch vorhandenen historischen landwirtschaftlichen Gebäuden die bäuerliche Geschichte des Ortskerns P… anschaulich wiederspiegelt.
2. Dem Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens stehen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG entgegen.
„Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes“ ist ein uneingeschränkt nachprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite der Norm. Das Vorliegen gewichtiger Gründe ist im Einzelfall festzustellen. Dabei ist davon auszugehen, dass in aller Regel bei jedem Denkmal das Erhaltungsinteresse besteht und damit Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind. Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor. Eine „gesteigerte Bedeutung“ des Denkmals ist somit gerade nicht erforderlich. Grundsätzlich ist das Baudenkmal bzw. das Ausstattungsstück in der überkommenen Form zu erhalten, denn Ziel des Denkmalschutzes ist es, die Substanz zu schützen und nicht erforderliche Eingriffe zu verhindern. Das Erfordernis der gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes bedeutet nicht, dass bei Baudenkmälern geringerer Bedeutung die Voraussetzungen für eine Beseitigung oder Veränderung im Grundsatz erfüllt wären (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4. m.w.N.; U.v. 2.8.2018 – 2 B 18.742 – juris Rn. 39).
3. Die Erlaubnis muss nicht deswegen erteilt werden, weil es tatsächlich unmöglich oder für den Kläger wirtschaftlich unzumutbar wäre, das Baudenkmal zu erhalten. Das Gewicht der für den Abbruch sprechenden Gründe ist auch nicht so groß, dass der Beklagten keine andere Wahl bliebe, als dem Antrag zu entsprechen.
3.1. Die die Voraussetzungen für die Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis regelnde Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ist so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 GG folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustandes mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 BayDSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden (vgl. im Einzelnen BayVGH U. v. 27.9.2007 – 1 B 00.2472 – VGH n.F. 60, 268 = BayVBl 2008, 141 = BRS 71 Nr. 200 = juris Ls 2 und Rn 53 ff). Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist – das ist in diesem Verfahren besonders hervorzuheben – nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den „für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer abzustellen“ (BVerfG v. 2.3.1999, BVerfGE 100, 226/243 = BayVBl 2000, 588). Auch ein diesem Leitbild verpflichteter Eigentümer hätte zwar – befände er sich an der Stelle des Klägers – Interesse an einer weiteren Bebauung des Grundstücks. Von einem für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer würde aber erwartet, dass er zumindest die wesentlichen und bedeutsamen Gebäudeteile nicht – wie der Kläger – nur als Belastung betrachtet, sondern das Baudenkmal im Rahmen des objektiv Zumutbaren erhält.
3.1.1. Die Erhaltung des Bauernhofs ist nicht deswegen unzumutbar, weil sich die Ziele des Denkmalschutzes schon wegen des Zustands des Gebäudes oder aus anderen „tatsächlichen“ Gründen nicht mehr verwirklichen ließen.
Auch von einem Denkmalschutzbelangen gegenüber aufgeschlossenen Eigentümer darf die Erhaltung eines Baudenkmals nicht verlangt werden, wenn das Gebäude in absehbarer Zeit ohnehin verfallen würde und als Ruine nicht erhaltungswürdig wäre, wenn bei einer Sanierung nur so wenig Substanz erhalten bliebe, dass die Identität des Bauwerks verloren ginge oder wenn eine den Anforderungen des Art. 5 BayDSchG entsprechende Nutzung nicht in Betracht kommt (Martin in: Eberl/Martin/Greipl, a.a.O., Art. 6 Rn. 57). Nach dem vorliegenden Gutachten ist der Zustand des ehemaligen Bauernhofs jedoch nicht so schlecht, dass er in naher Zukunft „dem Verfall preisgegeben“ wäre oder im Falle einer Sanierung mangels verbleibender Substanz lediglich eine Rekonstruktion entstünde.
Weiter ist nicht ersichtlich, dass das Gebäude schon aus „tatsächlichen“ Gründen nicht in einer den Anforderungen des Art. 5 BayDSchG entsprechenden Weise genutzt werden könnte. Vielmehr gehen das ausführliche Gutachten vom 28. März 2018 und die ergänzende Stellungnahme vom 9. Juli 2018 davon aus, dass zumindest ein Teilerhalt auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu realisieren wäre.
3.1.2. Die Erhaltung des Denkmals ist dem Kläger auch wirtschaftlich zumutbar.
In finanzieller Hinsicht wird der Eigentümer eines für eine geldwerte Nutzung bestimmten Baudenkmals dann durch die Versagung der Erlaubnis zur Beseitigung unverhältnismäßig belastet, wenn das Objekt nicht mehr wirtschaftlich vernünftig genutzt werden kann. Ausschlaggebend ist, ob sich das Denkmal „selbst trägt“ (BayVGH v. 27.9.2007, a.a.O.; OVG NRW U. v. 15.8.1997 – 7 A 133/95 – juris Rn. 51 ff.; U. v. 4.6.2009 – 10 A 699/07 – juris, Rn. 40 ff. m.w.N.). Ist dies der Fall, sind die einer ertragreicheren Nutzung entgegenstehenden denkmalschutzrechtlichen Anforderungen in der Regel als Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen.
Ob sich das Denkmal „selbst trägt“, ist aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu entscheiden (BayVGH v. 27.9.2007, a.a.O.; U. v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn 44 ff; OVG NRW U. v. 4.5.2009 – 10 A 699/07 – juris Rn 33 f). Bei dieser Berechnung sind die Sanierungskosten – abzüglich der fiktiven Kosten des in der Vergangenheit unterlassenen Bauunterhalts und die so genannten bau- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten – sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Erträgen, wie Mieteinnahmen, bzw. dem Gebrauchswert des Denkmals sowie den bewilligten und verbindlich in Aussicht gestellten Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln und Steuervergünstigungen gegenüberzustellen (vgl. § 7 Abs. 3 Nds. DSchG). Die Wirtschaftlichkeitsberechnung beruht somit teilweise, insbesondere hinsichtlich der Kosten eines unterlassenen Bauunterhalts, auf einer wertenden Betrachtung. Der ermittelte Betrag entspricht deshalb in der Regel nicht den tatsächlichen finanziellen Aufwendungen des Eigentümers. Nicht geeignet zur Feststellung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist eine Vergleichsberechnung, die die Kosten eines Abbruchs und eines Neubaus mit den Kosten einer Sanierung mit entsprechendem Ausbau vergleicht. Es widerspräche den Zielen des Denkmalschutzes und dem Leitbild des für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Eigentümers, würde man die Zumutbarkeit der Erhaltung des Denkmals davon abhängig machen, ob ein Neubau wirtschaftlicher wäre (BayVGH v. 27.9.2007, a.a.O., juris Rn. 76).
Die Wirtschaftlichkeit ist objektbezogen nach objektiven Kriterien zu berechnen (OVG NRW U. v. 4.5.2009 – 10 A 699/07, juris, Rn. 43). Personenbezogene Umstände – wie Vermögensverhältnisse, Kreditwürdigkeit oder Gesundheitszustand – bleiben bei der Zumutbarkeitsprüfung unberücksichtigt; sie können allerdings zum Teil Eingang in die Ermessenserwägungen finden. Ein auf der Sonderabschreibungsmöglichkeit nach § 7i Abs. 1 EStG beruhender Steuervorteil ist jedoch anzusetzen (z.B. OVG MV U. v. 18.3.2009 – 3 L 503/04 – juris Rn 48 f.); denn diese Steuervergünstigung mindert die finanzielle Belastung durch die Erhaltung des Denkmals (vgl. VGH BW v. 11.11.1999 – 1 S 413/99 – juris Rn. 33 f.).
Nach der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Gutachters K… in der ergänzenden Stellungnahme vom 9. Juli 2018 wird schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, dass sich bei den Varianten 3 und 4 (vgl. Anlage 25 und 26, Bl. 141 bis 144 der Gerichtsakte) unter Erhalt des Wirtschaftsgebäudes und des Stadels bei Berücksichtigung einer Zinsbelastung von 2% oder 3% Überschüsse in Höhe 53.662,– EUR bzw. 15.482,– EUR (Variante 3) und Überschüsse von 44.497,– EUR bzw. 15.516,– EUR (Variante 4) erwirtschaften lassen. Bei den Varianten 5 und 6 (Anlage 27 und 18 der Stellungnahme vom 9.7.2018, Bl. 145 bis 148 der Gerichtsakte) lassen sich beim Abbruch des Stadels und Erhalt des Wirtschaftsgebäudes unter den gleichen Bedingungen Überschüsse von 39.705,– EUR bzw. 13.874,– EUR (Variante 5) und 50.128,– EUR bzw. 13.560,– EUR (Variante 6) erzielen. Die Varianten 7 und 8 (Anlage 29 und 30 der Stellungnahme vom 5.7.2018, Bl. 149 bis 152 der Gerichtsakte) gehen bei einem Erhalt des Wirtschaftsgebäudes, einem Abbruch des Stadels und einem Ersatzbau Stadel sowie einem Neubau von Überschüssen von 95.733,– EUR bzw. 13.723…. EUR (Variante 7 mit einer GFZ des Neubaus von 0,9) und 177.625,–EUR bzw. 48.106,– EUR (Variante 8 bei einer GFZ des Neubaus von 1,5) aus. Zum Vergleich errechnen sich bei den Varianten 9 und 10 (Abbruch des gesamten Bestandes) bei einer GFZ von 0,9 bzw. 1,5 Überschüsse von 95.343,– EUR bzw. 12.254,– EUR und bzw. 174.177,–EUR bzw. 42.462,– EUR.
Die Varianten 1 und 2 weisen zwar bei einem Ansatz von 3% Zinsen Verluste von 2.015,– EUR und 6.710,– EUR auf; allerdings lassen sich bereits bei 2% Zinsen Überschüsse von 17.759,– EUR bzw. 10.878,– EUR erzielen. Bei dem aktuellen Zinsniveau für Bauzinsen von unter einem Prozent, das sich nach der voraussichtlichen Geldpolitik wohl auch in Zukunft nicht erhöhen wird, ist daher davon auszugehen, dass sich letztlich bei allen Varianten positive Saldi erreichen lassen.
Es kann offen bleiben, welcher der vom Gutachter angedachten und durchgerechneten Varianten letztendlich auch im Hinblick auf die denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkte der Vorzug zu geben ist. Jedenfalls sind auch bei Erhalt des Wirtschaftsgebäudes und des Stadels Überschüsse zu erzielen, ebenso wie bei einem Teilabbruch des Anwesens, so dass jedenfalls Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte einen Abbruch des gesamten Gebäudes, so wie beantragt, nicht erfordern.
Auch wenn die hier in den verschiedenen Varianten der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu Grunde gelegte Nutzung nicht der ursprünglichen Zweckbestimmung des Bauernhofs entspricht, würde dieser jedoch, wie das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme sowie die Äußerungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2018 überzeugend belegen, einen denkmalgerechten Substanzerhalt und den Fortbestand des Erscheinungsbildes eines historischen Bauernhofs ermöglichen.
Soweit der Gutachter auch die beiden Varianten des Totalabbruchs in seine Wirtschaftlichkeitsberechnung mit aufnimmt, belegen diese nur – abgesehen davon, dass eine solche Vergleichsberechnung, würde sie denn erheblich zugunsten des Eigentümers ausfallen, nicht geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Kosten einer Sanierung zu begründen (vgl. BayVGH vom 27.9.2007, a.a.O., Rn. 76) -, dass eine solche erhebliche Diskrepanz im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Sanierung vorliegend gerade nicht besteht.
3.2 Gegen die Wirtschaftlichkeitsberechnung im Gutachten vom 28. März 2018 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 9. Juli 2018 kann auch nicht eingewandt werden, dass sie nicht – mehr – geeignet seien, die Zumutbarkeit des Erhalts des Denkmals für den Kläger zu belegen, da zwischenzeitlich rund 1 1/4 Jahre vergangen sind. Die Verhältnisse mögen sich zwar in der Zwischenzeit im Hinblick auf Zinsen und Mieten verändert haben, jedoch tendenziell zugunsten des Klägers. Auf der einen Seite dürfte sich die Zinsbelastung aufgrund fallender Zinsen weiter verringert haben, auf der anderen Seite erleben die Mieten im Bereich München weiterhin eine spürbare Steigerung.
3.3. Auch wenn sich mit der Sanierung des Grundstücks ein Überschuss erzielen lässt, steht fest und ist zwischen den Beteiligten unbestritten, dass der Kläger eine solche Sanierung aufgrund seiner mangelnden finanziellen Möglichkeiten nicht leisten kann. Dies belegen die vorgelegten Steuerbescheide aus den Jahren 2012, 2013, 2014 und 2017 sowie die Auskunft der Hausbank des Klägers vom 30. August 2018 (Bl. 191 der Gerichtsakte). Der Kläger verfügt weder über das notwendige Kapital für eine Sanierung des streitgegenständlichen Anwesens, noch kann er sich die finanziellen Mittel hierfür auf dem Kapitalmarkt beschaffen. Entgegen der ursprünglich von der Beklagten vertretenen, aber inzwischen aufgegebenen Ansicht (vgl. das Protokoll vom 22.10.2018) kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, andere Vermögenswerte für die Sanierung einzusetzen. Der Kläger verfügt lediglich über ein Grundstück, auf dem das von ihm und seiner Ehefrau bewohnte Austragshaus (M…str. 111, FlNr. 445/4) steht. Die Überlassung der Grundstücke M…str. 113 (FlNr. 445 und 445/3), ist im Rahmen einer Hofübergabe im Jahre 2015 erfolgt. Da der Sohn des Klägers das Grundstück als landwirtschaftliches Anwesen bewirtschaftet, hat das Gericht auch keinen Zweifel daran, dass eine solche vorweggenommene Erbfolge nicht zum Zwecke der Verminderung der Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das streitgegenständliche Anwesen erfolgt ist. Abgesehen davon wäre das Verlangen, soweit die Beschaffung finanzieller Mittel auf dem Kapitalmarkt nicht möglich ist, andere Vermögenswerte zur Erhaltung des Denkmals einzusetzen, mit dem verfassungsrechtlich garantierten Eigentum des Art. 14 GG nicht ansatzweise vereinbar (vgl. OVG NRW U. v. 2.3.2018 – 10 A 1404/16 juris Rn.81). Im Übrigen verfügt der Kläger auch nicht – mehr – über derartige Vermögenswerte; die Unzumutbarkeit des Verkaufs eines von ihm selbst bewohnten Hauses zur Erhaltung des Denkmals liegt demgegenüber auf der Hand und kann mit Sicherheit nicht im Hinblick auf die Sozialbindung des Eigentums am streitgegenständlichen Grundstück verlangt werden.
Somit steht fest, dass der Kläger nicht das finanzielle Leistungsvermögen besitzt, um das streitgegenständliche Anwesen zu sanieren und nachhaltig vor weiterem Verfall zu bewahren.
Da die Erhaltungsmöglichkeit eines Denkmals im Rahmen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit grundsätzlich objektbezogen zu bewerten ist (vgl. OVG NRW, U.v. 2.3.2018 – 10 A 1404/16 – und BayVGH vom 18.10.2010 – 1 B 06.63 – beide juris), muss ein Eigentümer, der sich auf seine fehlende finanzielle Leistungsmöglichkeit und somit auf eine subjektive Unzumutbarkeit beruft, zusätzlich nachweisen, dass er sich erfolglos um die Veräußerung des Denkmals zu einem angemessenen Preis bemüht hat (vgl. BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – BRS 62 Nr. 214; OVG RPf, U.v. 2.12.2009 – 1 A 1047/09 – juris Rn. 36). Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie vorliegend, der Kläger ganz offensichtlich kein über wirtschaftliche Belange hinausgehendes Interesse an einer durch Anforderungen des Denkmalschutzes unbelasteten Nutzung des Grundstücks hat. Der Kläger bewohnt das Anwesen seit Jahrzehnten nicht mehr und hat es über einen langen Zeitraum dem Leerstand und der Vernachlässigung preisgegeben. Vermag der Eigentümer des Denkmals keine ernsthaften Bemühungen zur Veräußerung des Investitionsobjekts zu einem angemessenen Preis nachzuweisen, kann er sich nicht darauf berufen, dass ihm dessen Erhaltung oder Nutzung nicht zumutbar sei. Die Unverkäuflichkeit des Denkmals zu einem angemessenen Preis ist entweder durch eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme oder in sonstiger geeigneter Form zu belegen. Dies ist erforderlich, um der Denkmalbehörde die Feststellung zu ermöglichen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob seine Veräußerung allein an den nicht angemessenen Preisvorstellungen des Eigentümers gescheitert ist, der letztlich auf die lukrativere Verwendung des Grundstücks ohne das Denkmal spekuliert (vgl. OVG RPf, U.v. 2.12.2009, a.a.O.). Bei der Bewertung der Angemessenheit der Preisvorstellungen sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. In der Regel wird in die Bewertung einzustellen sein, auf welchem Wege – insbesondere zu welchem Preis – der Eigentümer das Eigentum seinerseits erlangt hat, ob ihm – wenn er es gekauft hat – die Denkmaleigenschaft und die eventuell bestehende Sanierungsbedürftigkeit des Objekts bekannt waren, ob seit dessen Eintragung in die Denkmalliste bzw. dem Eigentumsübergang eine Verschlechterung des Zustandes des Denkmals durch eine pflichtwidrige Vernachlässigung der denkmalpflegerisch notwendigen Erhaltungsmaßnahmen eingetreten ist und zu welchem Preis es der Eigentümer auf dem Immobilienmarkt (auch im Verhältnis zum Bodenwert) angeboten hat.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klagepartei nicht nachgewiesen, dass ihr die Veräußerung des streitgegenständlichen Anwesens wirtschaftlich nicht zumutbar ist.
Zwar hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 29. März 2019 einen Aktivitätsbericht vom gleichen Tage über getätigte Anzeigen in der Zeit vom 8. März 2018 bis 6. März 2019 vorgelegt. Hieraus ergibt sich aber weder zu welchem Preis das Objekt angeboten wurde, noch die Intensität und die Ernsthaftigkeit der Verkaufsbemühungen des Klägers im Kontakt mit den hier benannten Interessenten.
Unabhängig davon steht für das Gericht im entscheidungserheblichen Zeitpunkt fest, dass eine Verkaufsmöglichkeit für das streitgegenständliche Anwesen zu einem angemessenen Preis besteht, die der Kläger aber nicht wahrnehmen will.
Das Grundstück wurde zunächst ohne Erfolg seit Dezember 2017 zu einem Preis von 9.996.000,– EUR und seit Mai 2018 zu einem Preis von 4.760.000,– EUR auf dem Immobilienmarkt angeboten.
Aufgrund der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen steht fest, dass das Grundstück zu einem Preis von 4,5 Mio. EUR verkauft werden kann (vgl. Aktenvermerk vom 11.9.2019, Bl. 8 der mit Schreiben vom 12.9.2019 vorgelegten Aktenheftung der Landeshauptstadt München, bestätigt durch den Auszug aus dem Notizbuch vom 26.9.2019, Bestätigung der …bank vom 24.5.2019). Die Klagepartei hat dies mit Schriftsatz vom … Oktober 2019 auch insoweit bestätigt, als sich der Kläger auf den Standpunkt gestellt hat, dass ihm dieser Kaufpreis zu niedrig sei, so dass davon auszugehen ist, dass dieses Kaufangebot nach wie vor besteht. Dieser Kaufpreis ist im Hinblick auf die von der Rechtsprechung zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls angemessen.
Der Bodenrichtwert, der sich auf durchschnittliche, auf 1 m² Grundstücksfläche bezogene Lagewerte für einzelne Gebiete, Straßen- oder Straßenabschnitte, in denen annähernd gleiche Nutzungen und Wertverhältnisse vorliegen, bezieht, kann vorliegend nicht als maßgeblich erachtet werden, weil derartige, annähernd gleiche Nutzungen und Wertverhältnisse nicht vorliegen. Es wird weder bei einem Bodenrichtwert von 4.200,– EUR/m² (bei Zugrundelegung einer Geschossflächenzahl von 1,5) noch von 2.680,– EUR/m² (bei Zugrundelegung einer Geschossflächenzahl von 1,0) berücksichtigt, dass die Nutzbarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks spätestens seit dem 24. Oktober 1979 durch die Eintragung des Bauernhofs P… in die Denkmalliste eingeschränkt und somit nicht mit den umliegenden Grundstücken vergleichbar war und ist, da insoweit gerade keine gleichen Nutzungsmöglichkeiten und damit Wertverhältnisse vorlagen bzw. vorliegen. Zwar wurde 1977 mit der Rechtsvorgängerin des Klägers, der Erbengemeinschaft, eine Vereinbarung geschlossen, um Härten aufzufangen, die sich aus der Aufnahme des Anwesens in die vorläufige Denkmalliste im Hinblick auf die Festsetzungen des Bebauungsplan Nr. 962, rechtsverbindlich seit dem 30. Mai 1974, ergaben. Diese Vereinbarung mit einer entsprechenden Entschädigungsregelung zugunsten der Erbengemeinschaft wurde jedoch nicht umgesetzt mit der Folge, dass eine Nutzungsbeschränkung des Grundstücks aufgrund der Denkmaleigenschaft des ehemaligen Bauernhofs bestand und besteht. Hierbei kann offen bleiben, ob diese Vereinbarung nach 42 Jahren überhaupt noch umsetzbar wäre oder ob Verwirkung eingetreten ist. Deshalb ist das streitgegenständliche Grundstück in Bezug auf die Nutzungsmöglichkeiten und Wertverhältnisse mit den umliegenden Grundstücken nicht vergleichbar und konnte und kann daher nicht in gleichem Maße an den überproportionalen Wertsteigerungen der Grundstücke der unmittelbaren Umgebung in den letzten Jahrzehnten partizipieren.
Insoweit kann offen bleiben, ob sich der aus den Kaufpreissammlungen ermittelte Bodenrichtwert grundsätzlich an einer GFZ von 1,0 oder 1,5 orientiert und ob die nicht nachgewiesene Behauptung des Klägers, der Bodenrichtwert sei bei einer GFZ von 1,5 nunmehr auf 5.000,– EUR angehoben worden, zutrifft. Der rechtsgültige Bebauungsplan sieht hier eine GFZ von 1,0 vor; die GFZ 1,5 ist offensichtlich an der umliegenden Bebauung ausgerichtet und könnte für das Grundstück nur dann maßgeblich sein, wenn der Bebauungsplan keine Gültigkeit – mehr – besäße, wofür keine Anhaltspunkte bestehen. Aufgrund der oben getroffenen Feststellungen bzw. der Vorgeschichte des Grundstücks kann der Verkehrswert/Verkaufswert, für den die Bodenrichtwerte grundsätzlich nur eine Orientierungshilfe darstellen, hier nicht auf der Basis einer GFZ von 1,0 und erst recht nicht von 1,5 bestimmt werden. Die Vereinbarung von 1977 sah ohnehin vor, dass die GFZ von 1,0 nicht überschritten werden dürfe, wobei sich die Erbengemeinschaft zur Absicherung dieser Beschränkung zur Urkunde des Notars H… am 30. März 1978 insoweit gegenüber dem Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München zur Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit verpflichtete (Urkunde-Nr. …/1978).
Mangels Vergleichbarkeit mit der Werteentwicklung der umliegenden Grundstücke aufgrund der dargelegten Vorbelastung des Grundstücks und der weiteren Umstände, wie vor allem auch der pflichtwidrigen Vernachlässigung der denkmalpflegerisch notwendigen Erhaltungsmaßnahmen, erscheint eine Verkaufsmöglichkeit, die sich an der Preisspanne der aktuell in München angebotenen Quadratmeterpreise orientiert, zumutbar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die jahrzehntelange Vernachlässigung auf die Verkaufsmöglichkeit nicht nur mit dem vom Gutachter bezifferten unterlassenen Bauunterhalt ansetzen lässt. Dieser beziffert die Summe, die der Denkmaleigentümer im Laufe der Jahre hätte aufwenden müssen, um das Denkmal mit Mindestaufwand instand zu halten. Bei der heute notwendigen grundlegenden Gesamtsanierung nach modernen Maßstäben dürfte der aktuelle Zustand des Gebäudes, den weitgehend der Eigentümer und Kläger zu verantworten hat, in weit höherem Maße auf den zu erzielenden Kaufpreis durchschlagen. Bei dem aktuellen Kaufangebot liegt der Quadratmeterpreis des Grundstücks bei 1.890,76 EUR (4,5 Mio. für 2.380 m²). Dieser Preis ist nach Auffassung des Gerichts im Hinblick auf die aktuellen Erkenntnisse und die Gesamtumstände durchaus zumutbar.
Bei der insoweit notwendigen Abwägung würde es eine Überbewertung der Eigentümerinteressen gegenüber den Zielen des Denkmalschutzes bedeuten, bei der Zumutbarkeit des Verkaufspreises allein auf eine überproportionale Preisentwicklung der Grundstücke der unmittelbaren Umgebung abzustellen. Vielmehr erscheint es gerechtfertigt, die Preisentwicklung eines Umfeldes in den Blick zu nehmen – hier das gesamte Stadtgebiet – das, wenn auch im weiteren Sinne, eine Beziehung zum streitgegenständlichen Denkmal aufweist. Durch die Eingemeindung des früher bäuerlich geprägten Straßendorfs P… gehört das Baudenkmal zumindest mittelbar zur historischen Entwicklung Münchens.
Auch würde anderenfalls die Erhaltungsmöglichkeit von Denkmälern in einem einheitlichen Stadtgebiet wie München von den Zufälligkeiten oft sehr unterschiedlicher Preisentwicklungen in verschiedenen kleinräumigen Umgriffen abhängen, was den Zielen des Denkmalschutzes nicht entsprechen kann.
Nach einer Recherche des Gerichts am 21.Oktober 2019 bei Immoscout, bei der die Quadratmeterpreise von 70 in München angeboten Grundstücken – und zwar in allen Stadtteilen, soweit Angebote vorlagen – ausgewertet wurden, weisen die (angebotenen) Preise im Wesentlichen ein Spektrum zwischen gut 1.200,– € und 3500,– € pro Quadratmeter auf, wobei tendenziell die Preise im Westen Münchens niedriger sind. Außer Acht bleiben, können dabei extreme Abweichungen nach oben (z.B. ein Quadratmeterpreis von 8.250,– € für ein 1200 qm großes Grundstück in Bogenhausen und ein Quadratmeterpreis von 6.692,– € für ein 1300 qm großes Grundstück in Hadern) und nach unten wie ein Quadratmeterpreis von 498,– € für ein 1485 qm großes Grundstück in Feldmoching. Quadratmeterpreise unter 2.000.- € finden sich in Allach – 1.343,– €, die Spanne geht hier bis 2.243,– € (insgesamt 4 Angebote) in Aubing – 1.212,– € und 1.454,– €, (die Spanne geht hier bis 2.500,– € bei insgesamt 4 Angeboten), sogar in Bogenhausen – 1.824,– €, hier wird noch ein Grundstück mit 3.940,– € sowie eines mit 8.250,– € angeboten, Langwied – 1.285,– €, Lochhausen – 1.713,– € (jeweils nur ein Angebot), Obergiesing – 1.476,– € und 1.914,– €, 2 weitere über 2.000,– €, Moosach, – 1.846,– €, (die Spanne geht hier bei 4 Angeboten bis 3.482,– €), Perlach 1.930,– € (3 weitere Angebote mit einer Spanne von 2377,– € bis 2.898,– €), Trudering – 1639,– €, 1.756,– € und 1.954,– € bei einer Spanne bis zu 3.724,– € (insgesamt 13 Angebote), wobei 7 Grundstücke mit Preisen von 2.061,– € bis 2.692,– € und 3 Grundstücke mit über 3.000,– € angeboten werden.
In Feldmoching bestehen drei Angebote mit 498,– €, 2041,– € und 2.560,– €, für Freimann gibt es ein Angebot mit 2651,– €. In Forstenried liegen die Preise zwischen 2.567,– € und 3.777,– € (3 Angebote) in Hadern zwischen 2.931,– € und 3.577,– € (insgesamt 5 Angebote und ein Ausreißer nach oben mit 6.692,– €), in Harlaching existiert ein Angebot mit 3.838,– €, in Laim liegen die Preise zwischen 3.037,– € und 3.434,– € (insgesamt 4 Angebote), in Obermenzing zwischen 2.125,– € und 3.475,– € (insgesamt 6 Angebote), in Obersendling zwischen 2.409,– € und 3.089,– € (3 Angebote), in Untermenzing zwischen 2.496,– € und 3.176,– € (insgesamt 3 Angebote), in Sendling zwischen 2.853,– € und 3.833,– € (5 Angebote).
Somit ergeben sich 13 Angebote mit Preisen von unter 2.000,– € pro Quadratmeter Grundstücksfläche, die mit dem beim klägerischen Grundstück zu erzielenden Kaufpreis vergleichbar sind. Damit liegt der zu erzielende Kaufpreis zwar im unteren Bereich, aber keinesfalls außerhalb der Spannweite der aktuellen Verkaufspreise.
Auch gegenüber dem Verkehrswert von 1980 (vgl. die Verkehrswertfestsetzung in der Terminsbestimmung des Amtsgerichts München vom …9.1980 für das benachbarte Grundstück FlNr. 59) ergibt sich immer noch eine Steigerung von über 1700%. Seinerzeit war für die FlNr. 59 mit 760 m² ein Verkehrswert von 160.000,– DM (entspricht einem Quadratmeterpreis von 210,– DM) festgesetzt worden. Der FlNr. 58 wäre demnach 1980 ein Verkehrswert von 495.000,– DM zuzuordnen, mithin umgerechnet 252.857,14 EUR. Dies bedeutet bei dem aktuell zu erzielenden Kaufpreis von 4,5 Mio. EUR eine Wertsteigerung für das Grundstück von über 1700%. Im Hinblick auf diese Preissteigerung, den oben aufgezeigten Rahmen der aktuellen Verkaufspreise und die Besonderheiten des vorliegenden Falls und den im Übrigen zu berücksichtigenden Umständen – unter anderem auch, dass der Kläger ein Grundstück mit Denkmal geerbt bzw. in der Erbauseinandersetzung erworben und trotz dessen Vernachlässigung an einer enormen Preissteigerung partizipiert hat – kann von einer Unzumutbarkeit des Verkaufs zu den aktuell angebotenen Bedingungen nicht ausgegangen werden. Der Denkmaleigentümer muss angesichts des hohen Ranges des Denkmalsschutzes und mit Blick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine rentablere bzw. maximale Nutzung des Grundstücks verwehrt ist (vgl. BVerfG B. v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – BVerfGE 100,226). Andererseits ist der Kläger beim Verkauf des Grundstücks zu diesem Preis keinesfalls gezwungen, sein Grundstück geradezu „zu verschleudern“, wodurch im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 2.3.1999, a.a.O.) die Privatnützigkeit des Grundstücks praktisch beseitigt werden würde.
4. Die Beklagte hat das ihr nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG zustehende Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Sie hat die maßgeblichen Erwägungen angestellt und auch in angemessener Weise abgewogen, wobei nicht zu beanstanden ist, dass dies aufgrund der Komplexität des Sachverhalts untergliedert und nicht einheitlich in einer Gesamtsubsumption erfolgte. Die Beklagte hat aufgrund der von ihr im Einzelnen und nachvollziehbar beanstandeten Wirtschaftlichkeitsberechnung der Klagepartei mit der Stellungnahme des Bewertungsamts vom 8. März 2017 eine Gegenrechnung aufgestellt, deren Ergebnis letztlich durch das vom Gericht in Auftrag gegebene Gutachten bestätigt wurde. Sie hat sich auch mit der Problematik eines eventuellen Verkaufs bei nicht bestehender subjektiver Leistungsfähigkeit des Klägers auseinandergesetzt und zu Recht darauf abgestellt, dass weder zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Abbrucherlaubnis noch der Erteilung des streitgegenständlichen Bescheids belastbare Nachweise über fehlende Vermarktungsmöglichkeiten vorgelegt wurden.
C.
I. Die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids als „aufschiebende Bedingung“ bezeichnete Nebenbestimmung, dass „eine archivgerechte Fotodokumentation der betroffenen Gebäude angefertigt und der Unteren Denkmalschutzbehörde überlassen“ werden solle, ist rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Beklagte hat weder eine Rechtsgrundlage hierfür benannt noch ist eine solche ersichtlich. Im Übrigen ist eine solche Nebenbestimmung als aufschiebende Bedingung unverhältnismäßig, da sie bis zu ihrer Erfüllung die Erlaubnis suspendiert. Es ist aber weder dargetan noch ersichtlich, weshalb für eine solche, vom Kläger angefertigte, Fotodokumentation eine Notwendigkeit besteht, bzw. diese einen solchen Stellenwert haben sollte, dass sie die Erlaubnis für den Abbruch in Frage stellen könnte. Da der Satz 3 der Ziffer 1 des Bescheids „die Freigabe der Abbrucharbeiten durch die Untere Denkmalschutzbehörde ist abzuwarten“ ganz offensichtlich im Zusammenhang mit dieser Fotodokumentation steht, gilt hierfür dasselbe. Eine Rechtsgrundlage ist nicht ersichtlich, im Übrigen ist diese Nebenbestimmung unverhältnismäßig (vgl. Kopp/Ramsauer, Komm. zum VwVfG, 19. Auflage 2018, § 36 Rn. 73).
II. Die aufschiebende Bedingung bezüglich der Einholung einer Grabungserlaubnis findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 1 BayDSchG und ist insoweit nicht zu beanstanden. Sie ist im Hinblick auf die Gewichtigkeit von Bodendenkmälern auch nicht unverhältnismäßig. Das gleiche gilt für die Nebenbestimmung, dass insoweit die Freigabe der Abbrucharbeiten durch die Untere Denkmalschutzbehörde abzuwarten ist.
D.
Der Klage war daher im tenorierten Umfang stattzugeben, im Übrigen war sie abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die beklagte nur zu einem vernachlässigbaren Teil unterlegen ist, waren die Kosten des Verfahrens insgesamt dem Kläger aufzuerlegen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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