Baurecht

Vorgehen der Bauaufsichtsbehörde zur Durchsetzung einer örtlichen Bauvorschrift (hier: Verbot von reflektierenden Metallverkleidungen)

Aktenzeichen  AN 17 K 19.02415

Datum:
30.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40013
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. § 54 Abs. 2 S. 1, Art. 54 Abs. 2 S. 2, Art. 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
BauGB § 9 Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2
BayVwZVG Art. 36 Abs. 2
GG Art. 20 Abs. 3
BayLStVG Art. 9

 

Leitsatz

1. Bei einer Anordnung, sämtliche Balkon- und Terrassenumwehrungen des Gebäudes so zu ändern, dass diese kein Sonnenlicht mehr reflektieren und die Festsetzung eines gültigen Bebauungsplanes einhalten, handelt es sich vergleichbar einer Umstreichanordnung eines Außenanstrichs, um eine Anordnung zur Änderung einer baulichen Anlage, die nicht in einer Beseitigung besteht und damit um einen Fall von Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Regelung in einem Bebauungsplan, wonach reflektierende Metallverkleidungen ausgeschlossen sind, genügt dem Bestimmtheitsgebot das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgt. Aus der negativen Formulierung „sind ausgeschlossen“ folgt nicht die Unzulässigkeit der Regelung, denn auch damit sind die vom Planungsgeber gewünschten gestalterischen Anforderungen hinreichend definiert i. S. v. Art. 81 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Anordnung, die Balkon- und Terrassenumwehrungen des Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück so zu ändern, dass diese kein Sonnenlicht reflektieren, ist klar, was verlangt ist. Dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nicht vorgegeben wurden, führt nicht zur Unbestimmtheit der Anordnung; vielmehr dient dieses Offenhalten gerade der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Bauherrin darf selbst dann noch von der Bauaufsichtsbehörde in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche Wohnungen zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung bereits verkauft und von den neuen Eigentümern bezogen waren. Verantwortlich für die Behebung eines baurechtswidrigen Zustands und damit Adressat bauaufsichtlicher Anordnungen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO können die am Bau Beteiligten in ihrem – auch in zeitlicher Hinsicht begrenzten – Verantwortungsbereich sein; diese Verantwortlichkeit wird jedoch überlagert durch die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze (vgl. Art. 9 LStVG), die ein Vorgehen gegen den Verursacher (Handlungsstörer) oder gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (Zustandsstörer) zulassen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Zwangsgeldandrohung (hier: gegen den Handlungsstörer; s.o.) ist aber  rechtswidrig, wenn gegenüber den jeweiligen Eigentümern der auf dem Vorhabengrundstück errichteten Wohnanlage keine Duldungsanordnung ergangen ist. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.Der Bescheid des Landratsamtes Ansbach vom 6. November 2019 wird in Ziffer II. aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.  
2.Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich Ziffer II des Bescheids des Beklagten vom 6. November 2019 begründet, im Übrigen unbegründet.
1. Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Bauaufsichtsbehörde hat den Grundverwaltungsakt in Ziffer I. des Bescheids vom 6. November 2019 richtigerweise auf die Ermächtigungsgrundlage des Art. 54 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Halbsatz 1 BayBO gestützt.
Nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 Halbs. 1 BayBO haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Diese Befugnis ist für Sachverhalte bestimmt, für die die Bayerische Bauordnung oder andere Fachgesetze keine speziellen Regelungen als Rechtsgrundlage für ein Einschreiten vorsehen. Die speziellen Befugnisnormen stellen für ihren Anwendungsbereich jeweils in dem Sinn abschließende Regelungen dar, dass die Maßnahme nur angeordnet werden darf, wenn die Voraussetzungen der einschlägigen Norm erfüllt sind (König in Schwarzer/Kö-nig, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 34). Für das Eingreifen speziellerer Befugnisnormen liegen keine Anhaltspunkte vor, insbesondere passt Art. 76 BayBO nicht, denn eine Baubeseitigung wurde im streitgegenständlichen Bescheid nicht angeordnet. Vielmehr handelt es bei der streitgegenständlichen Anordnung, sämtliche Balkon- und Terrassenumwehrungen des Gebäudes so zu ändern, dass diese kein Sonnenlicht mehr reflektieren und die Festsetzung Nr. 2.2 des gültigen Bebauungsplanes Nr. … „…“ des Marktes … einhalten, vergleichbar einer Umstreichanordnung eines Außenanstrichs, um eine Anordnung zur Änderung einer baulichen Anlage, die nicht in einer Beseitigung besteht (vgl. Manssen in BeckOK, BayBO, 15. Ed. Stand: 1.6.2020, Art. 54 Rn. 22), und damit um einen Fall von Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurde selbst der Austausch von eingebauten Kunststofffenster in Holzfenster auf die mit Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO vergleichbare Landesnorm gestützt, da sich ein Fensteraustausch nicht in der Auferlegung eines Beseitigungsgebotes erschöpft (vgl. hierzu: SächsOVG, U.v. 7.9.2005 – 1 B 300/03 – juris Rn. 38).
a) Der Bescheid erging formell rechtmäßig. Insbesondere erfolgte die erforderliche Anhörung, Art. 28 BayVwVfG, der Klägerin durch das Schreiben des Beklagten vom 9. Juli 2019, in welchem diese unter Verweis auf die Festsetzung in Ziffer 2.2 des maßgeblichen Bebauungsplanes der Gemeinde … aufgefordert wurde, die Metallverkleidung der Balkon- und Terrassenumwehrungen zu entfernen und durch nichtreflektierendes Material zu ersetzen. Auch wenn vom Wortlaut her eine „Entfernung“ genannt ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass es darum geht, die Balkon- und Terrassenumwehrungen in einen nichtreflektierenden Zustand zu versetzen, so dass die Anhörung ihren Sinn und Zweck erfüllte. Die Anhörung zu einem „Mehr“ an Maßnahme umfasst zudem auch ein „Weniger“ (bauliche Änderung), so dass eine ordnungsgemäße Anhörung vorliegt.
b) Der Grundverwaltungsakt ist auch materiell rechtmäßig.
(1) Es liegt formelle und materielle Baurechtswidrigkeit vor.
Die Anbringung der reflektierenden Balkon- und Terrassenumwehrungen ist formell rechtswidrig, denn es liegt hierfür keine Baugenehmigung vor, insbesondere ist in der Baugenehmigung vom 15. November 2016 keine Genehmigung der streitgegenständlichen Balkon- und Terrassenumwehrungen zu sehen und dies schon allein deshalb, weil sich weder aus der Baugenehmigung noch aus den Bauvorlagen das Material der Terrassen- und Balkonverkleidungen ergibt. Dieses wurde damit nicht genehmigt.
Die erfolgte Anbringung der streitgegenständlichen Balkon- und Terrassenumwehrungen ist auch materiell rechtswidrig und kann nicht nachträglich durch eine Genehmigung legalisiert werden (vgl. zur Frage der materiellen Baurechtswidrigkeit: SächsOVG, U.v. 7.9.2005 – 1 B 300/03 – juris Rn. 36). Die Kläger haben die Balkon- und Terrassenumwehrungen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorgenommen, Art. 54 Abs. 2 Satz 1, 2 BayBO. Das Material der Balkon- und Terrassenumwehrungen ist entgegen der Festsetzung der Ziffer 2.2 des Bebauungsplanes Nr. … „…“, 3. Änderung, des Marktes …, wonach reflektierende Metallverkleidungen ausgeschlossen sind, aus reflektierendem Material. Die Terrassen- und Balkonumwehrungen verstoßen damit gegen die Festsetzung in Ziffer 2.2. des maßgeblichen Bebauungsplanes Nr. … „…“, Nr. 13, der Gemeinde … Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach dem Bebauungsplan Nr. … „…“, 3. Änderung, der Gemeinde … Dieser ist anzuwenden. Die beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhobene Normenkontrolle (9 N 14.2473) führte nicht zur Aufhebung des Bebauungsplanes, vielmehr ist das Verfahren derzeit ruhend gestellt. Unwirksamkeitsgründe wurden weder vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich.
Die Festsetzung in Ziffer 2.2. des maßgeblichen Bebauungsplanes begegnet keinen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 81 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB, wonach die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis örtliche Bauvorschriften, auch im Bebauungsplan, über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern, insbesondere die Begrünung von Dächern, erlassen können. Die Gemeinden sind deshalb nicht auf die Abwehr verunstaltender Anlagen beschränkt, sondern haben darüber hinaus die Möglichkeit, positive Gestaltungspflege zu betreiben (vgl. BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.170 – juris Rn. 20; Grünewald in BeckOK, BayBO, 15. Ed. 01.11.2019, Art. 81 Rn. 101 ff.). Sie haben einen beträchtlichen gestalterischen Spielraum und dürfen im Rahmen der positiven Pflege der Baukultur auch einen strengen ästhetischen Maßstab anlegen (BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.170 – juris Rn. 20). Insbesondere in Neubaugebieten wie dem vorliegenden hat die Gemeinde größeren Entscheidungsspielraum, ein Gestaltungsziel festzulegen (vgl. BayVGH, U.v. 12.5.2005 – 26 B 03.2454 – juris). Typische Beispiele für Gestaltungsvorschriften sind etwa Regelungen zu Art und Farbe der Dacheindeckung oder zu Beschaffenheit und Farbe von Außenwänden (vgl. Grünewald in BeckOK, BayBO, 15. Ed. 01.11.2019, Art. 81 Rn. 101 ff.). Die Vorschrift in Ziffer 2.2 des Bebauungsplanes, wonach reflektierende Metallverkleidungen ausgeschlossen sind, ist damit durchaus vergleichbar und fußt nach ihrer Anordnung unter „2.2 Gestaltung der Gebäude“ und auch nach der Begründung des Bebauungsplanes, wonach die planungsrechtlichen und gestalterischen Festsetzungen garantieren sollen, dass hier eine geordnete bauliche Entwicklung des Marktes … stattfindet, auf gestalterischen Erwägungen, wofür auch der Umstand spricht, dass in derselben Ziffer „grelle Farbgebungen“ ausgeschlossen wurden. Aus der negativen Formulierung „sind ausgeschlossen“ folgt im Übrigen nicht die Unzulässigkeit der Regelungen in Ziffer 2.2, denn auch damit sind die vom Planungsgeber gewünschten gestalterischen Anforderungen hinreichend definiert.
Die Regelung in Ziffer 2.2 des Bebauungsplanes, wonach reflektierende Metallverkleidungen ausgeschlossen sind, genügt zudem dem Bestimmtheitsgebot. Aus dem Rechtstaatprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, folgt die Forderung nach der Bestimmtheit und Klarheit örtlicher Bauvorschriften. Aus dem Inhalt einer Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift lässt noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit entfallen. Ein Bebauungsplan bzw. eine örtliche Bauvorschrift ist trotz eines mehr oder weniger konkret-individuellen Regelungsgehalts Norm und nicht Verwaltungsakt, so dass dessen/deren textliche Festsetzungen auch unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten können (vgl. BayVGH, U.v. 9.5.2018 – 1 B 14.2215 – juris Rn. 33 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 20.10.1989 – 4 B 115.89 – juris Rn. 5). Ausreichend ist, dass sich der Inhalt des unbestimmten Rechtsbegriffes unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse, des erkennbaren Willens des Normgebers und der Verkehrsauffassung erschließen lässt, also einer wertenden Betrachtung bedarf (vgl. BayVGH, U.v. 12.5.2005 – 26 B 03.2454 – juris). Der diesbezügliche Einwand der Klägerseite, dass eine Googlesuche ergeben habe, dass als architektonische Metallverkleidungen Gebäudeaußenverkleidungen aus beschichtetem Metall genannt und auch die bei Google angezeigten Fotos sämtlich Fassadenverkleidungen zeigen würden, somit Balkonbrüstungen nicht darunterfallen würden, da es hier nicht um Fassadenverkleidungen gehe, verfängt nicht. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich um eine hinreichend klare Regelung. Die Ziffer „2.2 Gestaltung der Gebäude“ ist unter dem Oberpunkt „2. Gestaltung der baulichen Anlagen und Freiflächen“ angesiedelt. Unter Gliederungspunkt 2.1 finden sich Regelungen zur Gestaltung der Dächer, unter 2.3 Vorschriften zur Gestaltung der unbebauten Flächen/Freiflächen. Somit ist klar, dass es um eine Regelung hinsichtlich der Gestaltung der Gebäude, ausgenommen der Dächer, handelt. Es geht um die optische Wirkung, wie sich aus der Einordnung unter „Gestaltung“ entnehmen lässt. Eine Begrenzung nur auf Fassadenverkleidungen lässt sich weder dem Wortlaut, noch aus der Systematik der Norm, noch aus der Begründung zum Bebauungsplan entnehmen. Eine andere Auslegung hätte zur Folge, dass die baulichen Anlagen – entgegen dem Willen des Plangebers – so wie im hier zu entscheidenden Fall – mit reflektierenden Metallverkleidungen im Terrassen- und Balkonbereich ausgestattet werden könnten und das Normziel, die Verhinderung von durch reflektierende Metallverkleidungen entstehende optische Wirkung, gerade nicht erreicht würde. Hinsichtlich des Normzwecks macht es nämlich gerade keinen Unterschied, ob es sich um reflektierende Fassadenverkleidungen oder Balkon- und Terrassenverkleidungen handelt, zumal auch letztere, wie im hier zu entscheidenden Fall, flächenmäßig durchaus ins Gewicht fallen können. Schließlich ist aufgrund der „Einordnung“ unter „Gestaltung“ auch klar, dass es unschädlich ist, wenn die Metallverkleidung strenggenommen keine Verkleidung in dem Sinne ist, dass „etwas Darunterliegendes ummantelt“ wird, sondern auch, neben ihrer optischen Funktion, eine weitere Funktion wie etwa die Funktion als Absturzsicherung wahrnimmt. Das Wort „Metall“ ist in diesem Sinne auch nicht in einem streng naturwissenschaftlichen Sinn zu verstehen, sondern richtet sich nach dem optischen Eindruck und umfasst auch Metalllegierungen wie Stahl.
Die von der Klägerin angebrachten Balkon- und Terrassenumwehrungen widersprechen Ziffer 2.2 der textlichen Festlegungen des Bebauungsplanes. Der bereits durch die in der Gerichts- und Behördenakte befindlichen Fotos gewonnene Eindruck wurde beim Ortsaugenschein am 30. Juli 2020, einem sonnigen Sommertag, bestätigt. Die angebrachten Balkon- und Terrassenumwehrungen sind nach oben Gesagtem aus reflektierendem Metall. Sie spiegelten die Sonnenstrahlen wider. Die von ihnen ausgehende optische Wirkung ist auch keine Frage der Sensibilität, wie die Klägerseite meint, sondern objektiv feststellbar.
Bestandsschutz scheidet aus, da die Umwehrungen zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig errichtet worden sind. Ebenso können durch Auflagen oder eine nachträgliche Genehmigung keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden. Eine Genehmigung nach § 30 BauGB scheidet schon deshalb aus, weil, wie ausgeführt, die angebrachten Balkon- und Terrassenumwehrungen der Regelung in Ziffer 2.2 des Bebauungsplans widersprechen. Auch eine Befreiung, § 31 Abs. 2 BauGB, kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber stellt mit § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das trotz der Bindung an die Festsetzungen des Bebauungsplanes im Baugenehmigungsverfahren im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft. Er knüpft die Befreiung indes an genau umschriebene Voraussetzungen. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt er sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5-99 – juris).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor, denn durch diese würden Grundzüge der Planung berührt, § 31 Abs. 2 Hs. 1 BauGB. Wie bereits ausgeführt, können die Gemeinden Gestaltungsziele weitreichend und auch im Bebauungsplan festlegen, Art. 81 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 4 BauGB. Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2005 – 9 B 3/05 – juris). Dabei ist entscheidend, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35/04 – juris). Befreit werden kann daher von Festsetzungen, die das jeweilige Planungskonzept nicht tragen. Solche Festsetzungen liegen dann vor, wenn sie das Plangebiet oder maßgebliche Teile dieses Gebiets nicht wie ein roter Faden durchziehen, sondern gewissermaßen „zufällig“ erfolgt sind (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.1998 – 25 B 05.3055 – juris). Dagegen kann von Festsetzungen, die die Grundzüge der Planung tragen, nur dann befreit werden, wenn die jeweilige Befreiung für das Plangefüge von untergeordneter Bedeutung ist.
Das Verbot von reflektierenden Metallverkleidungen ist ein Grundzug der Planung. Diese Festsetzung ist eines von zwei zentralen Gestaltungselementen unter Ziffer 2.2 des Bebauungsplanes in Bezug auf Gebäude. Grundsätzlich hat die Gemeinde auf Vorschriften zur Gestaltung von baulichen Anlagen und Freiflächen im Bebauungsplan großen Wert gelegt, wie die umfangreichen Regelungen in 2.1, 2.2 und 2.3 des Bebauungsplanes zeigen. Aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich zudem, dass die planungsrechtlichen und gestalterischen Festsetzungen eine geordnete bauliche Entwicklung des Marktes … garantieren sollen. Von einer „zufälligen“ Aufnahme der Regelung in den Bebauungsplan kann damit gerade nicht ausgegangen werden.
Die Grundzüge der Planung sind bei Erteilung der Befreiung von der Regelung in Ziffer 2.2 des Bebauungsplanes auch berührt, denn es sind nicht nur die Auswirkungen der einzelnen Befreiung in den Blick zu nehmen, sondern auch die Auswirkungen zu betrachten, die Befreiungen in gleichgelagerten Fällen zur Folge haben (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2008 – 9 ZB 05.1476 – juris). Im Hinblick auf die Vorbildwirkung, die eine Befreiung hinsichtlich der reflektierenden Metallverkleidungen mit sich brächte, gäbe es kaum einen Grund, entsprechende Bauanträge anderer Bauherren abzulehnen bzw. gegen ähnliche Metallverkleidungen vorzugehen. Eine Befreiung von Festsetzungen, die für die Planung tragend sind, kann gerade nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen lassen, weil sie auf diese Weise die Grundzüge der Planung berührten (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 – 4 B 5.99 – juris). So liegt es hier. Besonderheiten des Einzelfalles sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr liegen hier allenfalls Gründe für die Erteilung der Befreiung vor, wie sie für eine große Zahl der im Bebauungsplan liegenden Grundstücke, wenn nicht für alle Grundstücke gelten, so dass eine Befreiung nicht erteilt werden kann.
Zudem ist festzustellen, dass auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorliegen. Gründe des Wohls der Allgemeinheit sind nicht gegeben, § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB. Ebenso wurde weder substantiiert vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich, dass die Durchführung des Bebauungsplanes zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde, § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB. Auch fehlt es an der städtebaulichen Vertretbarkeit, § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. So gibt es im gesamten Plangebiet keinen vergleichsbaren Bezugsfall, der es zumindest nahelegt, dass die Befreiung städtebaulich vertretbar wäre. Die angeführten Kamine, Dachrinnen und Bleche sind insoweit in keinster Weise mit den streitgegenständlichen Balkon- und Terrassenverkleidungen vergleichbar. Ob die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, kann dahinstehen, dürfte aber fraglich sein.
(2) Die Anordnung ist auch im Übrigen rechtmäßig.
Sie ist hinreichend bestimmt. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit, wie es Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG normiert, bedeutet, dass die Regelung nach Inhalt, Sinn und Zweck so vollständig, klar und unzweideutig sein muss, dass der Adressat sein Verhalten nach ihr ausrichten und die Behörde auf ihrer Grundlage vollstrecken und weitere Entscheidungen treffen kann. Der Wille der Behörde muss für den Adressaten erkennbar und einer unterschiedlichen subjektiven Beurteilung entzogen sein. Zu unbestimmt sind Begriffe wie ordnungsgemäß, gebrauchsgemäß, angemessen, ausreichend etc. (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 54 Rn. 71 f. mit Verweis auf BayVGH, U.v. 8.2.1982, NJW 1982, 2570).
Mit der Anordnung, die Balkon- und Terrassenumwehrungen des Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück so zu ändern, dass diese kein Sonnenlicht reflektieren, ist klar, was verlangt ist. Lediglich das Mittel zur Erreichung des Ziels wurde nicht vorgegeben (siehe hierzu auch: VG Regensburg, B.v. 9.8.2000 – RO 14 S 00.1465 – juris Rn. 15). Dies führt indes nicht zur Unbestimmtheit der Anordnung, vielmehr dient dieses Offenhalten gerade der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Der Zusatz in der Anordnung „und die Festsetzung Nr. 2.2 des gültigen Bebauungsplanes Nr. … „…“ des Marktes …“ war in diesem Sinne wohl nicht notwendig, schadet aber auch nicht.
Die Anordnung, sämtliche Balkon- und Terrassenumwehrungen des Gebäudes auf dem Grundstück, FlNr. …, Gemarkung …, so zu ändern, dass diese kein Sonnenlicht mehr reflektieren und die Festsetzung Nr. 2.2 des gültigen Bebauungsplanes Nr. … „…“ des Marktes … einhalten, erfolgte zudem ermessensgerecht und ist auch verhältnismäßig. Die Anordnung ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften durchzusetzen, Art. 54 Abs. 2 Satz 1, 2 BayBO, insbesondere wurde gerade nicht die Entfernung der Umwehrungen verlangt, sondern das insofern mildere Mittel angeordnet. Auch der Vortrag, dass das verwendete Material witterungsanfällig sei, nach einem Winter „ohnehin alles matt sei“, sich der Verwaltungsakt bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung damit erledigen würde und es unverhältnismäßig wäre, Arbeit und Kosten für eine Matterstellung aufzuwenden, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Mögliche Kosten der Änderung der Umwehrungen spielen grundsätzlich keine Rolle, da der Bauherr das Risiko einer Abweichung von den Bauvorschriften selbst zu tragen hat (vgl. hierzu: VG München, U.v. 27.4.2016 – M 9 K 15.5779 – juris Rn. 27). Doch auch das vorgetragene „Mattwerden“ führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Anordnung. Abgesehen davon, dass der Winter 2019/2020 nichts an den gegebenen Reflektierungen geändert hat, wie der Ortstermin am … Juli 2020 gezeigt hat, kommt es hierauf nicht an. Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, denn die streitgegenständliche Anordnung erschöpft sich wie auch die Beseitigungsanordnung nach Art. 76 BayBO in der Erfüllung eines einmaligen Gebotes (vgl. zur Beseitigungsanordnung: BVerwG, B.v. 11.8.1992 – 4 B 161/92 – juris), stellt daher keinen Dauerverwaltungsakt dar, so dass grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist. Zwar gebietet Art. 14 GG, dass die Bauaufsichtsbehörden ihre Anordnung unter Kontrolle halten müssen, da es sinnwidrig wäre, die Beseitigung einer Anlage zu verlangen, deren Wiedererrichtung sogleich wieder genehmigt werden müsste (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 451), doch dies wäre hier nicht der Fall, denn die Wiederrichtung von reflektierenden Balkon- und Terrassenverkleidungen, und darum geht es, müsste gerade nicht genehmigt werden. Zudem wurde weder substantiiert vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich, ob und wann ein „Mattwerden“ tatsächlich eintritt. Ohnehin dürfte dies allenfalls im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen sein.
Die Kläger können sich auch nicht auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, Art. 3 GG, berufen. Soweit die Kläger bei der Augenscheineinnahme darauf hinweisen, dass im Baugebiet „…“ einige Elemente wie Dachrinnen, Bleche oder Kamine das Sonnenlicht auch reflektieren, so gibt es jedenfalls keine weiteren reflektierenden Wand- oder Terrassen-/Balkonver-kleidungen, so dass bereits keine Ungleichbehandlung gegeben ist. Ohnehin gibt es keine Gleichheit im Unrecht. Willkürliches Verhalten der Bauaufsichtsbehörde ist weder ersichtlich noch wurde diesbezüglich substantiiert vorgetragen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 54 Rn. 67 ff.).
Mit der Klägerin hat der Beklagte auch die richtige Störerin ausgewählt. Auch wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausführt, dass das Haus 2019 fertig gestellt und die Wohnungen auch 2019 verkauft worden seien, ist sie weiterhin für die Behebung des baurechtswidrigen Zustandes verantwortlich. Da der streitgegenständliche Bescheid vom 6. November 2019 datiert und sich auf den in der Behördenakte auf den Seiten 33 bis 36, 38 bis 40 befindlichen Lichtbildern, die vor Bescheidserlass entstanden sind, erkennen lässt, dass zumindest ein Teil der Wohnungen zum Zeitpunkt der Aufnahmen schon bezogen war (Mobiliar auf der Terrasse/dem Balkon), kann davon ausgegangen werden, dass bei Bescheidserlass die Wohnungen oder ein Großteil der Wohnungen bereits verkauft war(en).
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, denn die Klägerin als Bauherrin durfte selbst dann noch in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche Wohnungen zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung bereits verkauft und von den neuen Eigentümern bezogen waren. Verantwortlich für die Behebung eines baurechtswidrigen Zustands und damit Adressat bauaufsichtlicher Anordnungen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO können die am Bau Beteiligten in ihrem – auch in zeitlicher Hinsicht begrenzten – Verantwortungsbereich sein; diese Verantwortlichkeit wird jedoch überlagert durch die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze (vgl. Art. 9 LStVG), die ein Vorgehen gegen den Verursacher (Handlungsstörer) oder gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (Zustandsstörer) zulassen. Nach diesen Grundsätzen durfte das Landratsamt die Klägerin jedenfalls noch als Handlungsstörerin in Anspruch nehmen. Diese Verantwortlichkeit wurde davon, dass die Zustandsverantwortlichkeit mit der Übergabe der Wohnungen bzw. dem Eigentumsübergang auf die Wohnungskäufer übergegangen war, nicht berührt. Es war auch sachgerecht, gegen die Klägerin und nicht gegen die Wohnungserwerber vorzugehen. Bei einer von der Baugenehmigung abweichenden Bauausführung liegt es nahe, die erforderlichen Maßnahmen gegen denjenigen zu richten, der als Bauherr dafür einzustehen hatte, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die Anordnungen der Bauaufsichtsbehörde eingehalten werden, vgl. Art. 55 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2002 – 1 CS 02.1261 – juris Rn. 25 f.).
2. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, denn gegenüber den jeweiligen Eigentümern der auf dem Vorhabengrundstück errichteten Wohnanlage ist keine Duldungsanordnung ergangen. Einer Duldungsanordnung bedarf es, wenn der Pflichtige – hier also die Klägerin – zur Erfüllung der auferlegten Pflicht in Rechte Dritter eingreifen muss und der Dritte nicht bereit ist, dies zu dulden (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 32).
Unabhängig davon, ob es sich bei den Terrassen und Balkonen um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt (wobei wohl von Sondereigentum auszugehen ist), erstreckt sich das Eigentum der Wohnungseigentümer auch auf die Balkon- und Terrassenumwehrungen, § 93 BGB. Damit bedarf es für die zwangsweise Durchsetzung der Änderung der Umwehrungen des Erlasses einer Duldungsanordnung gegenüber den jeweiligen Eigentümern, um einen Eingriff in deren von der Änderung betroffenen Rechte zu ermöglichen. Die Duldungsanordnungen sind auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Wohnungseigentümer ihr Einverständnis gegeben haben oder aus sonstigen Umständen geschlossen werden kann, dass diese mit der Durchführung der angeordneten Maßnahmen einverstanden sind. Hierzu ist nichts vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit den Wohnungseigentümern noch von keiner Seite gesprochen wurde, so dass noch nicht einmal von einem stillschweigenden Einverständnis ausgegangen werden kann.
Das Fehlen einer Duldungsanordnung macht den Grundverwaltungsakt nicht rechtswidrig, führt jedoch zur Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheides (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 28.4.1972 – IV C 42/69 – juris; Decker in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 437 ff.).
Auch in Fällen von mit dem Grundverwaltungsakt verbundenen Androhungen, Art. 36 Abs. 2 VwZVG, müssen sämtliche Vollstreckungsvoraussetzungen und damit auch ggf. erforderliche Duldungsanordnungen, schon ab Beginn der Erfüllungsfrist vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 14) und damit hier im Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des streitgegenständlichen Grundverwaltungsaktes. Die erforderlichen Duldungsanordnungen gegenüber den Wohnungseigentümern müssen damit im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Erfüllung des Grundverwaltungsaktes (Ziffer I des streitgegenständlichen Bescheides) wirksam und vollziehbar sein. Die Duldungsanordnung ist Voraussetzung der Vollstreckung. Ihr Fehlen berührt die Durchsetzbarkeit des Grundverwaltungsaktes (vgl. Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 1.7.2020, Art. 76 Rn. 102; OVG Saarl., U.v. 26.4.1991 – 2 R 30/89 – juris Rn. 19; so auch VG Augsburg, U.v. 26.9.2013 – Au 5 K 13.225 – juris Rn. 28), denn in diesem Fall ist der Verpflichtete rechtlich nicht in der Lage, der Anordnung nachzukommen (vgl. BayVGH, U.v. 10.2.1998 – 1 B 95.2338 – juris Rn. 13; Decke in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 437 ff.). Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist jedenfalls keine Duldungsanordnung ergangen. Zwar könnte die Bauaufsichtsbehörde theoretisch noch die entsprechenden Duldungsanordnungen an sämtliche Eigentümer der Wohnungen erlassen. Ob diese allerdings im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich im Zeitpunkt des Beginns der Erfüllungsfrist, also mit Bestandskraft des streitgegenständlichen Grundverwaltungsaktes, wirksam und vollziehbar sind, ist zweifelhaft und kann von der Kammer nicht als gegeben unterstellt werden. Zum einen, weil für die Anordnung des Sofortvollzugs bei Duldungsanordnungen zur Änderung einer baulichen Anlage wohl das besondere öffentliche Interesse fehlt (vgl. hierzu: Decker in Simon/Busse, BayBO, 137. EL Juli 2020, Art. 76 Rn. 435 f.), aber vor allem deshalb, weil es Sache der Behörde ist, mögliche rechtliche Hindernisse an der Befolgung der erlassenen Anordnung auszuräumen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2005 – 25 CS 05.337 – juris Rn. 6), so dass die bestehende Unsicherheit zu Lasten des Beklagten geht.
Der Beklagte kann sich im Übrigen nicht auf mangelnde Kenntnis vom Verkauf der Wohnungen berufen und hat dies im Übrigen selbst in der mündlichen Verhandlung nicht getan. Es gehört zu den Aufgaben der bescheidserlassenden Behörde, sich über die aktuelle Eigentumssituation zu erkundigen (vgl. BayVGH, U.v. 10.2.1998 – 1 B 95.2338 – juris Rn. 14). Ohnehin lag ein Verkauf der Wohnungen nahe, da es sich bei der Klägerin um einen Bauträger handelt und die der Behörde bereits vor Bescheidserlass vorliegenden Lichtbilder zeigen, dass die bzw. ein Großteil der Wohnungen bezogen war. Im Übrigen hätte es auch bei bloßer Vermietung zur zwangsweisen Durchsetzung der Änderung der Balkon- und Terrassenumwehrungen einer Duldungsanordnung an die Mieter bedurft.
3. Schließlich begegnen auch die Ziffern III und IV des Bescheides keinen durchgreifenden Bedenken, insbesondere ist trotz der Aufhebung der Ziffer II des Bescheides die vollumfängliche Kostentragung angemessen, da der Schwerpunkt des Bescheides auf der Ziffer I liegt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung keine Addition erfolgt ist.
4. Die Kostenentscheidung folgt §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO und richtet sich nach dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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