Baurecht

Wasserrechtliche Planfeststellung für ein Hochwasserrückhaltebecken

Aktenzeichen  8 A 18.40003

Datum:
29.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43059
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 67 Abs. 2, § 69 Abs. 1, § 70 Abs. 1
BayWG Art. 44 Abs. 2, Art. 67 Abs. 1, Art. 69
BayVwVfG Art. 74, Art. 75
BayLPlG Art. 2 Nr. 2, Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 24 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Einbeziehung eines Klimazuschlags von 15 % stellt ein fachlich begründetes, planungsrechtlich nicht zu beanstandendes Ziel dar. (Rn. 49 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Raumordnungsverfahren ist weder formelle noch materielle Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung, weil eine landesplanerische Beurteilung weder gegenüber dem Vorhabenträger noch gegenüber anderen Personen unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet, sondern nur einer verwaltungsinternen Klärung der raumordnerischen Verträglichkeit dient. (Rn. 122) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Gemeinde ist im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger, wie zB Interessen des Naturschutzes, geltend zu machen. (Rn. 135) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Abschnittsbildung kann Dritte in ihren Rechten verletzen, wenn sie deren durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht oder dazu führt, dass die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werden kann, oder wenn ein dadurch gebildeter Abschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt. (Rn. 138) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Vorhabenträger darf von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, ihm aber Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen. (Rn. 165) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage, über die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach der durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur weiteren Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes vom 30. Juni 2017 (Hochwasserschutzgesetz II – BGBl. I S. 2193) mit Wirkung zum 6. Juli 2017 eingefügten Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 VwGO erstinstanzlich entscheidet (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 30.10.2019 – 8 ZB 18.1444 – juris Rn. 21 ff.), ist zulässig, aber unbegründet. Der Planergänzungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 22. Dezember 2017 ist nicht unwirksam; die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Feststellung. Sie kann auch weder die Aufhebung noch die konkludent als Minus hilfsweise beantragte Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 beanspruchen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
A.
Der Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2017 ist entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gemäß Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG unwirksam oder ein „rechtliches Nullum“, sondern eine zulässige Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014.
Rechtsgrundlage der Planfeststellungsbeschlüsse ist § 68 WHG. Das streitgegenständliche Hochwasserrückhaltebecken, das nach § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG als ein den Hochwasserabfluss beeinflussender Deich- und Dammbau einem Gewässerausbau gleichsteht (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 8 ZB 12.403 – juris Rn. 13; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 11. Aufl. 2019, § 67 Rn. 43 ff.), bedarf gemäß § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung. Das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren umfasst gemäß § 70 Abs. 1 HS 2 WHG, Art. 69 Satz 1 BayWG, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen behördlichen Entscheidungen.
Bei dem Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2017 handelt es sich um eine zulässige Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014, mit dem die Planfeststellungsbehörde neue Erkenntnisse über naturschutzrechtliche Auswirkungen des Vorhabens berücksichtigt, deren Zulässigkeit neu bewertet und in die von ihr zu treffenden Abwägungsentscheidungen eingestellt hat. Sie hat in einem ergänzenden Verfahren die Überarbeitung der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS), des landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) und der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) zum Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014 gemacht und entschieden, dass dieser davon ausgehend einer Änderung und Ergänzung bedarf. Das Ergebnis dieser Prüfung wurde durch den Planergänzungsbeschluss verlautbart. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein solches Vorgehen im Interesse der Planerhaltung entsprechend Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG zulässig ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 C 1.06 – BVerwGE 128, 76 = juris Rn. 11; U.v. 15.7.2016 – 9 C 3.16 – NVwZ 2016, 1631 = juris Rn. 47, jeweils m.w.N.).
Die hiergegen von der Klägerin erhobenen Einwendungen beruhen auf der unzutreffenden Annahme, dass im Planergänzungsbeschluss erstmalig überhaupt Belange des Natur- und Artenschutzes berücksichtigt worden seien. Das ist jedoch ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014 nicht der Fall. Vielmehr beinhaltet dieser bereits naturschutzrechtliche Nebenbestimmungen (vgl. PFB S. 25 ff.), Ausführungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. PFB S. 60 ff.) und würdigt die natureinschließlich der artenschutzrechtlichen Belange (vgl. PFB S. 162 ff.), worauf auch im Rahmen der Gesamtabwägung (S. 405 ff.) erkennbar Bezug genommen wird. Der Planergänzungsbeschluss enthält weitere Ausführungen zum Bestand und zur Betroffenheit geschützter Arten, insbesondere im Hinblick auf die Arten Haselmaus, Biber und Zauneidechse. Auf diese war bereits der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 eingegangen, jedoch hatten sich aus den überarbeiteten naturschutzfachlichen Fachbeiträgen neue Erkenntnisse ergeben, die die Planfeststellungsbehörde im Planergänzungsbeschluss rechtlich gewürdigt hat. Zudem wurden zusätzlich zu den bereits im Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 behandelten Pflanzenarten der Roten Liste Bayern weitere mittlerweile bekannt gewordene Arten berücksichtigt. Nach der oben dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehen keine rechtlichen Bedenken, diese nachträglich bekannt gewordenen Betroffenheiten in einem ergänzenden Verfahren zu berücksichtigen.
Wie bereits im Beschluss vom 30 Oktober 2019 – 8 ZB 18.1444 (vgl. juris Rn. 13 f.) ausgeführt, verschmilzt der nachträglich ergangene Planänderungsbeschluss mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 zu einem einzigen Plan in der durch den Änderungsbeschluss erreichten Gestalt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 31.07 – UPR 2010, 28 = juris Rn. 23 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.2012 – 8 B 12.431 – juris Rn. 25). Danach ist der Planergänzungsbeschluss gerade nicht unwirksam oder rechtlich nicht existent; vielmehr haben sich die beiden Planfeststellungsentscheidungen vom 19. Dezember 2014 und 22. Dezember 2017 zu einer einheitlichen Planentscheidung verbunden.
Die Behauptung der Klägerin, dass im Planergänzungsbeschluss hinsichtlich der darin erteilten Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen für die Zauneidechse und den Biber (vgl. PEB S. 7) keine Abwägung stattgefunden habe und dass die neu angestellten artenschutzrechtlichen Erwägungen nicht in eine neu anzustellende Gesamtabwägung eingeflossen seien, stellt die Zulässigkeit eines ergänzenden Verfahrens und die Wirksamkeit des Planergänzungsbeschlusses nicht infrage; vielmehr betreffen diese Einwände die Vereinbarkeit des planfestgestellten Vorhabens mit zwingenden naturschutzrechtlichen Vorgaben sowie die Frage der Rechtmäßigkeit der im Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 getroffenen Abwägungsentscheidung.
Auch die Berufung der Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung bei Änderung eines Planfeststellungsbeschlusses durch einen später ergangenen Planergänzungsbeschluss maßgeblich ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 u.a. – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21 m.w.N.), vermag ihren Vortrag nicht zu stützen. Denn die von ihr genannten Entscheidungen gehen gerade von der Wirksamkeit des Planergänzungsbeschlusses aus und treffen ausschließlich Aussagen zu der Frage, inwiefern sich die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses richtet oder ob insoweit auf den Erlass des Planergänzungsbeschlusses abzustellen ist (vgl. hierzu unter B).
Die Klage war daher im Hauptantrag abzuweisen, weil die Berücksichtigung zusätzlicher natur- und artenschutzrechtlicher Belange im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens entsprechend Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG hier zulässig war und der Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2017 gemäß Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG mit seiner Bekanntgabe wirksam geworden ist.
B.
Die Klage hat aber auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass (stRspr, vgl. vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 u.a. – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 21 m.w.N.). Wird – wie hier – nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, hängt der Zeitpunkt von dessen Zielrichtung ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dagegen dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung etwa der Verträglichkeitsuntersuchung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (BVerwG, U.v. 9.2.2017 a.a.O. m.w.N.).
Danach erweist sich der im Streit stehende Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 (im Folgenden: Planfestellungsbeschluss) als rechtmäßig.
I. Verfahrensfehler wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
II. Die Planfeststellung leidet auch an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der zum Erfolg des Aufhebungsantrags führen könnte oder eine (weitere) Planergänzung erforderlich macht.
1. Die Planrechtfertigung ist für das planfestgestellte Vorhaben gegeben
Planfeststellungen bedürfen der Planrechtfertigung, die im Hinblick auf die von ihnen ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung ist. Das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung ist für ein wasserrechtliches Vorhaben gegeben, wenn für seine Verwirklichung nach Maßgabe der von den wasserrechtlichen Bestimmungen verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein objektives Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 u.a. – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 208 m.w.N.). Die Planrechtfertigung ist damit eine nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, U.v. 11.7.2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364 = juris Rn. 32 m.w.N.). Bei der Prüfung ist den Behörden kein Gestaltungsspielraum zuzubilligen (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 = juris Rn. 12, 18; vgl. aber zur eingeschränkten gerichtlichen Prüfung von Prognoseentscheidungen im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung BVerwG, U.v. 8.7.1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142 = juris Rn. 25).
Danach bestehen an der Planrechtfertigung des planfestgestellten Vorhabens keine durchgreifenden Zweifel.
1.1 Nach den Ausführungen im Erläuterungsbericht (vgl. dort S. 10 in Bd. 1 der Planungsunterlagen) sowie im Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 (vgl. dort S. 91 ff.) ist das Vorhaben Teil des Gesamtprojekts „Hochwasserschutz im unteren M-tal“, das neben flankierenden Maßnahmen für den natürlichen Rückhalt und der Hochwasservorsorge auch den technischen Hochwasserschutz beinhaltet, der bisher nicht in ausreichender Weise gegeben ist. Dieser besteht im Wesentlichen aus dem Ausbau der Deichstrecke zwischen F.-W. und R. auf das Bemessungshochwasser HQ-100 zuzüglich eines Freibords von 1 m (sog. „Linienausbau“) und dem Bau des streitgegenständlichen Hochwasserrückhaltebeckens als einem von insgesamt 16 Seitenpoldern. Durch die Errichtung des streitgegenständlichen Hochwasserrückhaltebeckens samt Einbindung der Unterwasserbecken der L-werke kann der nach den fachlichen Standards (vgl. Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 29.11.2004 [Az. 54c-U4429.0-2009/4-2], vom 26.11.2007 [Az. 54c-U4429.0-2004/5003-33] und vom 11.11.2009 [Az. 54-U4429.0-2004/5003-4]) nötige Klimazuschlag von 15% zum hundertjährlichen Hochwasser in diesem Bereich erfolgreich eingehalten und gleichzeitig die durch den Linienausbau bewirkte Abflussverschärfung, die sich nachteilig auf die Unterlieger der M. auswirken würde, wirksam aufgefangen werden.
Das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel, das zwischen F.-W. und R. liegende, dicht und flussnah bebaute Gebiet vor hohen Hochwasserzuflüssen (HQ-100 zzgl. Klimazuschlag von 15%) zu schützen, dient dem Schutz von Leib und Leben von Menschen sowie hochwertiger Sachgüter. Der Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen stellt ein maßgebliches Ziel des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des bayerischen Wassergesetzes (BayWG) dar und ist wesentlicher Bestandteil des wasserhaushaltsgesetzlichen Bewirtschaftungssystems. Er wird in verschiedenen Vorschriften explizit angesprochen oder als übergeordnete Zielsetzung vorausgesetzt (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, §§ 67 ff. WHG, Art. 43 ff. BayWG). Auch im europäischen Recht hat die wirksame Hochwasservorsorge und die Begrenzung von Hochwasserschäden überragende Bedeutung (vgl. Richtlinie 2007/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken, ABl. L 288 vom 6.11.2007 S. 27). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass der Schutz vor Überflutungen ein überragendes Gemeinwohlinteresse darstellt (EuGH, U.v. 28.1.1991 – 5 C 57.89 – Slg. 1991, I – 883 [Deichanlage in der Leybucht]; BVerfG, B.v. 25.3.1998 – 1 BvR 1084/92 – NVwZ 1998, 725 = juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 27.1.2000 – 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 = juris Rn. 33; U.v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04 – NVwZ 2004, 1507 = juris Rn. 22 [dort „hoher Rang“]).
Das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel des Hochwasserschutzes ist daher nach den fachgesetzlichen Vorgaben geboten und somit grundsätzlich geeignet, eine vorgesehene Hochwasserrückhaltung planungsrechtlich zu rechtfertigen. Dass die geplante Maßnahme nach ihrer tatsächlichen Eigenart und Erscheinungsform in der Lage ist, die dargestellte Verbesserung des Hochwasserschutzes zu bewirken, wird auch von der Klägerin selbst nicht infrage gestellt. Es besteht deshalb – gemessen an den Zielsetzungen des Wasserrechts – ein objektives Bedürfnis für das Vorhaben, das vernünftigerweise geboten ist.
1.2. Die Kritik der Klägerin an der Erforderlichkeit des Vorhabens greift nicht durch.
1.2.1 Es handelt sich entgegen dem klägerischen Vortrag nicht um eine überdimensionierte, unzulässige Vorratsplanung, die unabhängig vom Bedarf lediglich darauf zielt, ein möglichst großes Hochwasserrückhaltebecken zu errichten.
1.2.1.1 Die Maßnahme ist Teil des Gesamtprojekts „Hochwasserschutz im unteren M-tal“. Nach dem plausiblen Vortrag des Beklagten wurde zur besseren planerischen Umsetzbarkeit das bereits im Jahr 2000 landesplanerisch positiv beurteilte Gesamtkonzept aufgrund seines Umfangs in 40 Bauabschnitte geteilt. Die Bauabschnitte des Linienausbaus sowie des Hochwasserrückhaltebeckens F. wurden aus diesem Gesamtkonzept heraus entwickelt. Vor Umsetzung des Hochwasserschutzkonzepts war das untere M-tal durch Deiche lediglich bis zu einem 20- bis 30-jährlichen Hochwasser geschützt. Im Rahmen des Linienausbaus werden im gesamten unteren M-tal von F.-W. bis zur Mündung der M. bestehende Deiche auf das Bemessungshochwasser HQ-100 zuzüglich eines Freibords von 1 m erhöht bzw. entsprechende Deichneubauten, teilweise in zurückversetzter Lage, errichtet. Diese Maßnahmen wurden abschnittsweise mit Planfeststellungsverfahren genehmigt und zunächst vordringlich zum unmittelbaren Schutz bebauter Gebiete durchgeführt; in Gebieten mit nur geringem Schadenspotenzial wurde der Linienausbau bislang noch nicht umgesetzt. Mit dem streitgegenständlichen Vorhaben wird der durch diese Maßnahmen erzielte Schutz für das gesamte unteren M-tal dahingehend erhöht, dass durch Flutung des Beckens ein Hochwasser mit einer Jährlichkeit von HQ-100 zuzüglich eines 15%igen Zuschlags schadlos abgeführt werden kann. Damit soll der aufgrund der Klimaänderung prognostizierten Zunahme von Hochwasserereignissen, die das 100-jährliche Bemessungshochwasser übersteigen, Rechnung getragen werden. Nach den Ausführungen des Beklagten (vgl. PFB S. 95) liegt ausschließlich am Standort des planfestgestellten Vorhabens die Situation vor, den Klimazuschlag für das gesamte untere M-tal nachträglich realisieren zu können. Da sich der Rückhalteraum westlich unmittelbar an den Linienausbau angrenzend, befindet, wird ein gleiches Schutzniveau für sämtliche weiter östlich liegende, schon umgesetzte oder noch zu bauende Hochwasserschutzmaßnahmen erreicht, ohne die bereits weitgehend fertiggestellte Konzeption des Linienausbaus ändern zu müssen.
1.2.1.2 Dem Vorbringen der Klägerin, es handle sich bei dem Vorhaben nicht um einen für die Einhaltung des Klimazuschlags vorgesehenen Teil eines Gesamtkonzepts, da ein solches nicht bestehe, ist der Beklagte unter Verweis auf das bereits im Jahr 2000 durchgeführte Raumordnungsverfahren, das bereits als Teilprojekt einen Seitenpolder am Standort F. beinhaltet hatte, überzeugend entgegengetreten. Danach war dieser ursprünglich für den Erhalt und die Wiedergewinnung der natürlichen Rückhalteflächen vorgesehen, um deren Verlust bei Umsetzung der damals abschnittsweise schon umgesetzten bzw. in Planung befindlichen Maßnahmen des Linienbaus auszugleichen.
Der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bestätigt, dass es seit Vorgabe der Berücksichtigung eines Klimazuschlags von vorneherein geplant war, mit dem – bis dahin im Gesamtkonzept „Hochwasserschutz unteres M-ltal“ nur für den Ausgleich von Retentionsraumverlusten beim Linienausbau vorgesehenen – Hochwasserrückhaltebecken F. die Auswirkungen der zu erwartenden Klimaänderung für das gesamte untere M-tal abzufangen. Danach blieb die Berücksichtigung der klimabedingten Auswirkungen auf das Hochwasser bei Ausführung der vorangegangenen (und auch der noch umzusetzenden) Bauabschnitte des Linienausbaus gemäß dem vom Beklagten vorgetragenen Gesamtkonzept der Planung des Hochwasserrückhaltebeckens vorbehalten.
Dass ausgehend von dieser Zielsetzung die Dimensionierung des geplanten Polders bedarfsgerecht ist, hat die Klägerin nicht substanziiert bestritten und wird im Übrigen im Planfeststellungsbeschluss anschaulich und nachvollziehbar dargelegt (vgl. PFB S. 91 ff.). Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
1.2.2 Die Klägerin wendet vielmehr ein, es sei planungsrechtlich nicht gerechtfertigt, dass das Vorhaben nicht nur dem erforderlichen Hochwasserschutz für die Standortgemeinde und damit für den konkreten Gewässerabschnitt diene, sondern den Klimazuschlag für die gesamte Region gewährleisten solle und dementsprechend zu groß dimensioniert sei. Dieser Einwand verfängt nicht. Es ist vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Teil des Gesamtkonzepts „Hochwasserschutz unteres M-tal“ handelt, rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Planrechtfertigung des Vorhabens damit begründet, dass dieses einen die prognostizierten Folgen der Klimaänderung berücksichtigenden Hochwasserschutz für das gesamte untere M-tal sicherstellen soll.
Die Abschnittsbildung ist ein anerkanntes Instrumentarium des Fachplanungsrechts (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 = juris Rn. 17). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein planerisches Gesamtkonzept angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Planung verbunden sind, häufig nur in Teilabschnitten verwirklicht werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 26). Auch im Rahmen wasserrechtlicher Planfeststellungen ist eine Abschnittsbildung grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 18.12.2012 – 8 B 12.431 – juris Rn. 57 m.w.N.; vgl. auch VGH BW B.v. 23.9.2014 – 3 S 784/14 – NuR 2015, 488 = juris Rn. 13 f.). Die Frage, ob die vorgenommenen Abschnittsbildung im konkreten Fall fehlerhaft erfolgt ist, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern vielmehr als Problem der fachplanerischen Abwägung zu würdigen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.06.2017 – 4 A 11.16 – BVerwGE 159, 121 = juris Rn. 15 m.w.N.).
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei einer abschnittsweisen Planung die Planrechtfertigung des Vorhabens vor dem Hintergrund der Gesamtplanung zu sehen ist und die Abschnitte vor diesem Hintergrund einer eigenen sachlichen Rechtfertigung bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.4.2019 – 4 B 55.18 – juris Rn. 28 m.w.N.). Dies hat jedoch gerade zur Folge, dass die Planrechtfertigung des hier im Streit stehenden Hochwasserrückhaltebeckens entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung nicht ausschließlich bezogen auf den Planungsstandort zu betrachten ist. Vielmehr ist vor dem Hintergrund des Gesamtprojekts zu beurteilen, ob für das konkrete Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen der Fachgesetze hieran ein Bedarf besteht. Das ist hier der Fall.
1.2.2.1 Die Einbeziehung eines Klimazuschlags von 15% stellt ein fachlich begründetes, planungsrechtlich nicht zu beanstandendes Ziel dar.
1.2.2.1.1 Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 WHG zählt die Zielsetzung, den möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen, zu den allgemeinen Grundsätzen der Gewässerbewirtschaftung. Nach § 73 Abs. 6 Satz 2, § 75 Abs. 6 Satz 3 WHG ist den Wechselwirkungen von Klimawandel und Hochwasserrisiko im Rahmen der Risikobewertung und der Risikomanagementpläne Rechnung zu tragen. Art. 44 Abs. 2 BayWG normiert die Verpflichtung, bei der Planung von Hochwasserschutzeinrichtungen die Auswirkungen der Klimaänderung zu berücksichtigen.
Wie sich aus den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 93) und dem vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (UMS) vom 29. November 2004 (Az. 54c-U4429.0-2009/4-2) ergibt, wurde auf der Grundlage umfangreicher Untersuchungen zur Berücksichtigung der Klimaänderungen die bis zu diesem Zeitpunkt angewandte Festlegung von Bemessungsabflüssen für Hochwasserschutzmaßnahmen modifiziert und ein pauschaler Zuschlag auf die statistisch ermittelten Grundlagen für die Festlegung der Bemessungsabflüsse als bei der Planung künftiger Hochwasserschutzmaßnahmen im Regelfall zu berücksichtigender Vorsorgewert vorgegeben. Das Ministerium führt zur Begründung aus, dass die vorgenommenen Analysen ergeben hätten, dass eine Zunahme der Hochwasserabflussspitzen aufgrund der Klimaänderungen zu erwarten sei. Danach sei eine vermutliche Zunahme des HQ-100 um etwa 15% zu erwarten. Daher müsse zur Beibehaltung des Schutzniveaus bei der Ableitung der Bemessungswerte, die bislang als konstante Größen für die Zukunft angenommen worden seien, nun eine tendenzielle Zunahme berücksichtigt werden, die durch einen pauschalen 15%igen Zuschlag des Bemessungsabflusses (z.B. HQ-100) zu erfolgen habe.
Nach den Ausführungen im UMS vom 26. November 2007 (Az. 54c-U4429.0-2004/5003-33) und 11. November 2009 (Az. 54-U4429.0-2004/5003-4) sowie den Angaben der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in den mündlichen Verhandlungen am 5. und 19. November 2019 entspricht es dem immer noch aktuellen fachwissenschaftlichen Stand, durch einen 15%igen Klimazuschlag zum Bemessungsabfluss den Folgen des Klimawandels für den Hochwasserschutz Rechnung zu tragen, um das Schutzniveau zu erhalten (vgl. auch Nr. 3.7.14 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts – VVWas – AllMBl. S. 57/91; Rossi in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand 1.2.2017, Art. 44 Rn. 16). Nach den Ausführungen des amtlichen Sachverständigen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei Hochwasserschutzmaßnahmen im unteren M-tal ein geringerer Schutzgrad ausreichend wäre (vgl. PFB S. 93; S. 3 der Stellungnahme des WWA vom 23.7.2014, Bl. 235 in Bd. II der Verfahrensakten).
1.2.2.1.2 Diese auf fachlichen Beurteilungen und Prognosen beruhenden Zielsetzungen sind nicht zu beanstanden.
Der 15%ige Klimazuschlag hat zwar keinen ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden; wie sich aus den Materialien zu Art. 44 Abs. 2 BayWG ergibt, ist jedoch auch der Landesgesetzgeber davon ausgegangen, dass mit dem Ansatz eines 15%igen Klimazuschlags die Wechselwirkungen von Klimawandel und Hochwasserrisiko angemessen berücksichtigt werden (vgl. LT-Drs. 15/8876 S. 15; LT-Drs. 16/2868 S. 44).
Der Normgeber hat mit der verpflichtenden Vorgabe, bei der Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen die Auswirkungen des Klimawandels angemessen zu berücksichtigen, das Ziel verfolgt, auf die Verschärfung der Hochwassergefahren infolge der Veränderungen des Weltklimas zu reagieren (vgl. LT-Drs. 15/1876 S. 1 und 15; LT-Drs. 16/2868 S. 44). Dem entspricht die hier vorliegende überörtliche Planung, durch die der Hochwasserschutz für das ganze untere M-tal an die prognostizierte klimabedingte Hochwasserverschärfung angepasst wird. Der Vortrag der Klägerin, der Gesetzgeber habe ausschließlich beabsichtigt, für neue Maßnahmen, und auch für diese nur konkret standortbezogen die Pflicht zur Berücksichtigung der Klimaveränderung vorzuschreiben, lässt außer Acht, dass der Normgeber bei Einführung der Vorschrift davon ausgegangen ist, dass die Berücksichtigung eines 15-%igen Klimazuschlags ohnehin bereits in der Praxis umgesetzt wird (vgl. LT-Drs 15/1876 S.2). Selbst wenn es der Gesetzgeber als nicht zwingend verpflichtend hätte vorschreiben wollen, dass bei den bereits verwirklichten oder konkret geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen nachträglich zum bisherigen 100-jährlichen Bemessungshochwasser ein Klimazuschlag berücksichtigt werden soll, folgt daraus nicht, dass eine Planung, die auch solche Maßnahmen den Erkenntnissen zu den Auswirkungen der Klimaänderung auf die Hochwassergefahren anpasst, um zu vermeiden, dass diese in absehbarer Zeit nachgebessert werden muss, dessen Willen, der die wasserrechtlichen Vorgaben bestimmt, zuwiderläuft. Aus der hohen Bedeutung, die der Normgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien der Notwendigkeit einer Reaktion auf die Klimaveränderung und ihren Folgen auf den Hochwasserschutz zugemessen hat, wird vielmehr ersichtlich, dass sich auch aus seiner Sicht ein solches Vorgehen, wenn schon nicht als unabweisbar erforderlich, so doch jedenfalls als vernünftigerweise geboten darstellt. Dies ist, wie oben (vgl. unter B II 1) ausgeführt, nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Begründung der Planrechtfertigung ausreichend.
1.2.2.2 Im Hinblick auf diese Zielsetzungen stellt sich das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel der Planfeststellungsbehörde, mit dem planfestgestellten Vorhaben den Hochwasserschutz für die im unteren M-tal liegenden Städte und Gemeinden dahingehend zu verbessern, dass in diesem gesamten Bereich ein Klimazuschlag von 15% zum hundertjährlichen Hochwasser eingehalten werden kann, als vernünftigerweise geboten dar.
1.2.2.2.1 Wegen der prognostizierten Klimaänderungen und der damit verbundenen Zunahme sehr großer Hochwasser, die das hundertjährliche Bemessungshochwasser übersteigen, erweist sich das Schutzniveau der im Rahmen des Linienausbaus bereits verwirklichten Hochwasserschutzmaßnahmen nach dem aktuellen Kenntnisstand als nicht ausreichend, weil diese Dämme lediglich auf ein HQ-100 zuzüglich eines Freibords von 1 m bemessen sind. Es besteht demnach ein erhöhtes Risiko, dass in diesem Bereich ein Schadensereignis eintritt, das nach den oben (vgl. unter B II 1 und II 2.2.1.2) dargestellten wasserrechtlichen Vorgaben und den darin zum Ausdruck kommenden Vorsorgegedanken gerade vermieden werden soll. Danach erscheint es planungsrechtlich gerechtfertigt, wenn die Planfeststellungshörde den Planungsstandort aufgrund der örtlichen Begebenheiten nutzen will, um nicht nur eine die Auswirkungen der Klimaänderung berücksichtigenden Hochwasserschutzmaßnahme für F. zu errichten, sondern ein überörtlich wirksames Vorhaben zu planen, das den Hochwasserschutz für das gesamte untere M-tal dem aktuellen Erkenntnisstand zu den Auswirkungen des Klimawandels anpasst.
1.2.2.2.2 Der Einwand der Klägerin, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn in den früheren Abschnitten des Linienausbaus die Berücksichtigung des Klimazuschlags versäumt wurde, steht der Planrechtfertigung ungeachtet der Frage, ob diese mit einem derartigen Einwand überhaupt infrage gestellt werden kann, nicht entgegen.
Die Klägerin lässt insoweit zum einen außer Acht, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen für die Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen erst aufgrund verschiedener Untersuchungen im Laufe der Jahre gewonnen wurden und etliche Abschnitte des Linienausbaus im Rahmen des Gesamtkonzepts „Hochwasserschutz unteres M-tal“ bereits vor ihrem Bekanntwerden geplant und umgesetzt wurden. Wie oben (vgl. unter B I 1.2.2.1.1) ausgeführt, wurde die Vorgabe des 15%igen Klimazuschlags auf das Bemessungshochwasser erst mit UMS vom 29. November 2004 (bestätigt und fortgeführt mit UMS vom 26.11.2007 und 11.11.2009) bayernweit eingeführt; die Verpflichtung nach Art. 44 Abs. 2 BayWG, bei der Planung von Hochwasserschutzeinrichtungen die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen, wurde erstmals mit Inkrafttreten des Bayerischen Wassergesetzes vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66) gesetzlich normiert. Daher konnten diese Vorgaben bei den schon zu früheren Zeitpunkten fertiggestellten Abschnitten, die bereits seit 1991 umgesetzt worden waren, keine Beachtung finden.
Auch hinsichtlich der erst in Planung befindlichen Maßnahmen des Linienausbaus hätte dies jedenfalls Umplanungen und damit eine Veränderung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gesamtkonzepts für den Hochwasserschutz des unteren M-tals erfordert. Es liegt auf der Hand, dass dies zu einer verzögerten Umsetzung der mit dem Linienausbau verfolgten Anpassung des unzureichenden Hochwasserschutzes des unteren M-tals an das Bemessungshochwasser HQ-100 geführt hätte. Naheliegend ist auch, dass der Vorhabenträger mit Blick auf die dortige dichte und hohe Besiedelung sowie des damit einhergehenden Schadenspotenzials bestrebt war, dies zu vermeiden, zumal bereits das sogenannte „Pfingsthochwasser“ des Jahres 1999, das am Pegel F. „lediglich“ als HQ-35 gemessen wurde, nur unter Aufbietung aller Kräfte und unter Nutzung des vorhandenen Freibordes für den Hochwasserabfluss ohne größere Überschwemmungsschäden bewältigt werden konnte (vgl. PFB S. 90). Angesichts dessen ist es nachvollziehbar und im Hinblick auf die angeführten wasserrechtlichen Vorgaben planungsrechtlich gerechtfertigt, dass er an dem im bestehenden Gesamtkonzept vorgesehenen Linienausbau festgehalten, dessen in Teilen bereits erfolgte oder konkret geplante Umsetzung fortgesetzt und für die Berücksichtigung der prognostizierten klimabedingten Häufung sehr großer, das hundertjährliche Bemessungshochwasser übersteigender Hochwasserereignisse eine entsprechende Vergrößerung des Beckenvolumens des ohnehin für den Erhalt und Ausgleich von Retentionsflächen eingeplanten Hochwasserrückhaltebeckens F. vorgesehen hat.
Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, das Vorhaben belaste sie einseitig, wenn sie einen den Anforderungen des Klimawandels angemessen berücksichtigenden Hochwasserschutz für das ganze untere M-tal tragen müsse, stellt sie nicht die Planrechtfertigung des Vorhabens infrage; vielmehr ist dieses Vorbringen im Rahmen der nachgelagerten Prüfung, ob die Planung des Vorhabens dem Gebot der fachplanerischen Abwägung entspricht, zu berücksichtigen. Soweit ein solches Vorhaben mit zwingendem Recht vereinbar ist und die Abwägungsentscheidung einschließlich der Alternativenprüfung einer rechtlichen Kontrolle standhält, bestehen gegen seine Rechtmäßigkeit keine Bedenken; in diesem Fall entfaltet der Planfeststellungsbeschluss verfassungskonform enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 71 WHG), wobei die Regelung der dem Grunde nach vorgesehenen Entschädigung dann – wie die Enteignung selbst – dem Enteignungsverfahren nach dem BayEG vorbehalten ist (Art. 56 BayWG).
Daher kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen hätten durch eine Anpassung sämtlicher Hochwasserschutzmaßnahmen im unteren M-tal berücksichtigt werden müssen. Vielmehr zielt dieses Vorbringen auf die Alternativenprüfung, auf die der Planfeststellungsbeschluss im Rahmen seiner Ausführungen zur Planrechtfertigung verweist (vgl. PFB S. 95, 140 ff.). Diese stellt keine Frage der Planrechtfertigung dar, sondern ist im Rahmen der Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägungsentscheidung zu überprüfen.
1.3. Es ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die Planrechtfertigung daneben auch auf die Abflussverschärfung durch den Linienausbau gestützt hat.
1.3.1 Wie oben ausgeführt sind die Maßnahmen des Linienbaus vordringlich in bebauten Gebieten durchgeführt worden; es bestehen jedoch in Gebieten mit nur geringem Schadenspotenzial noch Lücken im Deichsystem. Damit das Hochwasser nicht über diese Stellen in bebaute Bereiche ausufern kann, müssen diese entlang der M- von F-W. bis zur Mündung der M. in den Inn sämtlich geschlossen werden.
Nach dem nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten wurde in den zur Umsetzung des Linienausbaus durchgeführten Planfeststellungsverfahren vom Landratsamt als insoweit zuständiger planfeststellender Behörde entsprechend der Vorgabe des § 67 Abs. 1 i.V.m. § 77 WHG der Erhalt von Rückhalteflächen berücksichtigt oder bei stichhaltigen Gründen, die gegen einen Erhalt sprachen, der Ausgleich des Retentionsraumverlustes im Rahmen der jeweiligen Maßnahme vorgegeben.
1.3.2 Wie der Beklagte zutreffend geltend macht, bezieht sich das Erhaltungsgebot des § 67 Abs. 1 i.V.m. § 77 WHG jedoch nur auf Flächen, deren Funktion, aus dem Gewässerbett austretendes Wasser zurückzuhalten und schadlos abfließen zu lassen, noch nicht beeinträchtigt ist. Das Gesetz spricht in § 67 Abs. 1 WHG von „natürlichen Rückhalteflächen“. Es werden daher von der Erhaltungs- bzw. Ausgleichspflicht nur solche Flächen erfasst, die noch nicht durch menschliche Nutzungen und Gestaltungen in ihrer Hochwasserrückhaltefunktion beeinträchtigt wurden (Maus in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 67 Rn. 18). Die Verpflichtung nach § 67 Abs. 1 i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 WHG erfasst daher keine baulich veränderten Flächen oder die bei Hochwasser überfluteten Innerortslagen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 67 Rn. 19; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.2012 – 8 B 12.431 – juris Rn. 48). Dem steht nicht entgegen, dass durch den Linienausbau auch innerhalb dieser Bereiche faktischer Retentionsraum verloren geht und dies Auswirkungen auf das Gesamtsystem des Gewässers und damit auf den Hochwasserabfluss hat.
1.3.3 Im Rahmen der Vervollständigung des Linienausbaus sollen die noch verbliebenen Lücken in der Deichlinie geschlossen werden. Durch diesen Lückenschluss wird das bis dahin noch mögliche Ausufern von Hochwasser im gesamten Siedlungsraum unterbunden; es leuchtet ein, dass die damit verbundene Abflusserhöhung aus der M. zur Folge hat, dass sich hierdurch für die Unterlieger am Inn, wo derzeit ein HQ-100 des Inns weitgehend schadlos abfließen kann, das Hochwasserrisiko erhöht. Nach den vom Wasserwirtschaftsamt bestätigten Berechnungen, die von der Klägerin auch nicht infrage gestellt werden, ist dies ab einem HQ-30 an der M. dann der Fall, wenn zeitgleich am Inn ein mindestens hundertjährliches Hochwasser auftritt.
Da eine Hochwasserschutzmaßnahme, die zu einer erheblichen und dauerhaften Erhöhung der Hochwasserrisiken führt, gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG nicht genehmigt werden darf, ist daher für die vollständige Umsetzung des Linienausbaus eine Kompensation des durch ihn verursachten Retentionsraumverlusts im geschützten Siedlungsraum erforderlich. Zu diesem Zweck sieht der angefochtene Planfeststellungsbeschluss als sogenannten Lastfall 2 (also ab einem hundertjährlichen Hochwasser am Inn bei einem mindestens HQ-30 an der M.) die Befüllung des planfestgestellten Hochwasserrückhaltebeckens vor (vgl. PFB S. 95 ff.).
Die Planfeststellungsbehörde hat daher zu Recht diese Kompensation des Verlusts von (faktischen) Ausgleichsflächen als weiteren Grund für die Planrechtfertigung des Vorhabens angeführt. Wie sich aus vorstehenden Ausführungen nachvollziehbar ergibt, ist dieser Wegfall der vor dem Lückenschluss im Siedlungsraum noch bestehenden faktischen Ausgleichsflächen nicht konkret einzelnen Maßnahmen des Linienausbaus zuzurechnen, sondern vielmehr deren Zusammenwirken im Falle des Lückenschlusses. Das macht wiederum deutlich, dass die Maßnahmen des Linienausbaus nicht isoliert betrachtet werden können, sondern vielmehr zusammen mit dem planfestgestellten Vorhaben als Gesamtprojekt den Hochwasserschutz im gesamten unteren M.tal sicherstellen. Auch wenn das hier im Streit stehende Vorhaben einer eigenen Planrechtfertigung bedarf, ist diese entsprechend obigen Ausführungen (vgl. unter B I.2.2.2.2) vor dem Hintergrund des Gesamtprojekts zu bewerten. Es ist daher entgegen dem Vorbringen der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die Folgen des als Teil des Gesamtprojekts vorgesehenen Lückenschlusses im Linienausbau in den Blick nimmt. Nachdem das planfestgestellte Hochwasserrückhaltebecken dem Schutz der Unterlieger am Inn vor einem im Zuge des lückenlosen Linienausbaus drohenden Hochwasser dient, ist das Vorhaben vor dem Hintergrund der Gesamtplanung vernünftigerweise geboten.
2. Das planfestgestellte Vorhaben verstößt nicht gegen zwingende wasserrechtliche Vorschriften.
2.1. Eine Erhöhung der Hochwassergefahr aufgrund der geplanten Maßnahme ist nicht zu befürchten.
Gemäß § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG ist ein den Gewässerausbau genehmigender Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig, wenn zu erwarten ist, dass das Vorhaben das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt, insbesondere durch eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder durch eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern. Das ist hier nicht der Fall. Der Vortrag der Klägerin, durch den Bau des planfestgestellten Hochwasserrückhaltebeckens werde sich die Hochwassergefahr für die Standortgemeinde F. erhöhen, erweist sich als unbegründet.
2.1.1 Die Klägerin macht zum einen geltend, das Vorhaben bringe ihr keine Entlastung, sondern die Hochwassersituation vor Ort verschlechtere sich vielmehr im Vergleich zu den derzeitigen Verhältnissen, weil bislang die südliche Dammseite niedriger gestaltet ist als die nördliche, so dass im Falle eines hundertjährlichen oder noch größeren Hochwasserereignisses das Wasser auf die unbebaute südliche Seite abfließen kann. Die Planfeststellung sehe jedoch die Erhöhung der südlichen Dammseite vor, die dann die nördliche Dammhöhe übersteige, so dass dieser Fließweg versperrt sei. Werde das Hochwasserrückhaltebecken gebaut, bestehe im Fall seiner Flutung bei voller Befüllung für das Wasser keine andere Ausweichmöglichkeit mehr, als sich auf die nördlich angrenzende Bebauung zu ergießen. Die Hochwassergefahr für F. werde damit dauerhaft, erheblich und nicht ausgleichbar erhöht.
Dieser Einwand greift nach den überzeugenden Ausführungen des amtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 5. November 2019 jedoch nicht durch. Soweit in dieser von Klägerseite vorgetragen worden war, ein derartiges Geschehen sei bereits bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis zu befürchten, ergibt sich dies schon aus dem Umstand, dass durch das Vorhaben entsprechend den obigen Ausführungen das gesamte untere M-tal vor einem Hochwasser der Stärke HQ-100 zuzüglich eines Zuschlags von 15% und einem Freibord von 1 m geschützt wird und ein hundertjährliches Hochwasser an der M. die Flutung des Beckens überhaupt erst auslöst (Lastfall 1). Nach den überzeugenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts (vgl. S. 7 f. des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019) ist es aber selbst im Falle des Vollstaus möglich, durch das gefüllte Becken, quasi als zweiten Fluss, eine Wassermenge von 115 m³/s durch- und erst jenseits von F. über das Auslassbauwerk wieder in die M. zurückzuleiten. Damit besteht für F. auch noch bei einem vierhundertjährlichen Hochwasser keine Gefahr; unter teilweiser Ausnutzung des Freibords wäre dies sogar bei einem fünfhundertjährlichen Hochwasser der Fall. Soweit hiergegen eingewandt wurde, im Erörterungstermin habe der Vertreter des vom Vorhabenträger beauftragten Fachbüros angegeben, der Hochwasserschutz für F. liege in einem Bereich zwischen HQ-200 und HQ-500, wurde von diesem nachvollziehbar erklärt, dass er von dieser Frage beim Erörterungstermin überrascht worden sei und er zur Vermeidung einer unkorrekten Aussage bewusst ein breiteres Spektrum angegeben habe. Aufgrund seiner daraufhin nachträglich angestellten Berechnungen könne er aber die Aussagen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts bestätigen. Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das planfestgestellte Vorhaben dazu führt, dass im Bereich der Gemeinde F. ein Hochwasser, das ein HQ-400 übersteigt und an die Ausmaße eines fünfhundertjährlichen Hochwassers heranreicht, sicher abgeführt werden kann.
Wie der amtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, kommt ein derartiges Hochwasser einem HQextrem nahe, bei dessen Auftreten nach den vorliegenden, aussagekräftigen Berechnungen auch unter den aktuellen Bedingungen die bewohnten Gebiete von F. überschwemmt würden. Diese Aussage wird durch die im Internet einsehbaren Karten zu den Auswirkungen eines extremen Hochwassers (vgl. https://g…bayern.de/bayernatlas) bestätigt. Danach ist eine vorhabensbedingte Erhöhung des Hochwasserrisikos für F. schon aus diesem Grund nicht gegeben. Unabhängig davon hat der Beklagte auch zu Recht darauf hingewiesen dass die Erhöhung der nördlichen Dammseite, die in der derzeitigen Situation die Wohnbebauung von F. schützt, Teil des in das Gesamtkonzept integrierten Linienausbaus gewesen ist, mit der der Hochwasserschutz für die bis zu diesem Zeitpunkt lediglich bis zu einem HQ 50 vor Überflutungen geschützten Wohngebiete von F. auf das Bemessungshochwasser HQ-100 erhöht wurde. Wie oben ausgeführt, dürfen die zur Gesamtmaßnahme „Hochwasserschutz unteres M-tal“ gehörenden Einzelmaßnahmen nicht isoliert betrachtet werden. Für die Frage, ob das streitbefangene Vorhaben als weiterer Teil des Gesamtkonzepts im Sinne des § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 WHG zur Erhöhung der Hochwasserrisiken für F. führt, darf daher nicht das mit dieser Teilmaßnahme erreichte Schutzniveau als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, sondern muss auf den vor ihrer Umsetzung bestehenden, lediglich auf ein HQ-50 angelegten Hochwasserschutz abgestellt werden. Demgegenüber stellt der durch das Vorhaben gewährleistete Hochwasserschutz bis zu einem HQ-500 für F. eine deutliche Verbesserung dar. Die Klägerin kann daher nicht gegen das Vorhaben vorbringen, dieses bringe für sie selbst keine Entlastung.
Daher kommt es auf die von der Klägerin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Prognoseunsicherheit von Hochwasserereignissen, die aus ihrer Sicht das Risiko in sich tragen, dass mit der Flutung des Hochwasserbeckens zu früh begonnen wird und dieses deshalb gefüllt sein kann, bevor der tatsächliche Hochwasserscheitel erreicht ist, letztlich nicht an. Ungeachtet dessen hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts überzeugend erläutert, dass die Steuerung des Beckens nach den Vorgaben des Betriebshandbuchs entgegen der Annahme der Klägerin nicht auf der Grundlage der relativ ungenauen Niederschlagsvorhersagen, sondern auf Grundlage der auf Abfluss- und Niederschlagsmessungen beruhenden und damit sehr sicheren Prognosen erfolgt (vgl. S. 14 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019).
2.1.2 Auch im Hinblick auf den von der Klägerin genannten Ortsteil „Am G.“ ist keine vorhabenbedingte Erhöhung des Hochwasserrisikos feststellbar.
Die Klägerin trägt vor, dass in diesem Bereich durch den Bau des Polders nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren der Grundwasserdruck in den bebauten Gebieten nördlich der M. steigen werde.
2.1.2.1 Dem ist der Beklagte entgegengetreten, indem er überzeugend dargelegt hat, dass sich aus den Grundwasseruntersuchungen des vom Vorhabenträger beauftragten Planungsbüros ergibt, dass sich in Bezug auf das Grundwasser keine negativen Veränderungen durch den Bau des Polders ergeben. Das Grundwasser aus den nördlich der M. gelegenen Bereichen strömt bei Normalwasserstand der M. als Vorfluter zu. Im Hochwasserfall exfiltriert Wasser aus dem M-tal in den gewässerbegleitenden Kieskörper, ohne dass es zu einer vorhabenbedingten Erhöhung des Hochwasserrisikos kommt. In den vom Vorhabenträger durchgeführten Grundwasseruntersuchungen werden diese Grundwasserströme aus dem nördlich des M.-tals gelegenen Grundwassereinzugsgebiet berücksichtigt (PFB S 350 ff.; vgl. S. 41 f. auch Grundwassergutachten Teil 1 in Bd. der Planunterlagen).
Die Argumentation der Klägerin, es bestehe eine gegenseitige Beeinflussung dieses Zustroms und des südlich der M. geplanten Hochwasserrückhaltebeckens überzeugt dagegen nicht. Sie beruht auf der Annahme, dass eine Unterströmung des Flusses in dem genannten Bereich möglich ist. Das ist nach den aus dem Grundwassermodell gezogenen Erkenntnissen, die vom Vorhabenträger in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargestellt wurden, jedoch nicht der Fall. Nach den zugrunde liegenden, nachvollziehbaren Gutachten erfolgt westlich der F.er Kläranlage keine Unterströmung der M. (vgl. S. 12 f. des. Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019, S. 7 des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2019). Damit besteht in diesem Bereich auch keine Gefahr eines Rückstaus nach Norden durch die Errichtung des Beckens oder im Falle seiner Flutung.
2.1.2.1.1 Dies ergibt sich hinsichtlich des westlich der F.er Brücke gelegenen Bereichs schon daraus, dass nach den aus dem Grundwassermodell gezogenen Erkenntnissen die Gewässersohle der M. unterhalb des Grundwasserstauers liegt (vgl. Anl. A-3.1 und A-3.2.2 des Grundwassergutachtens Teil 1 in Ordner 4 der Planunterlagen). Danach ist es plausibel, dass sich auch durch die dort geplante Dichtwand keine Gefahr des Anstaus des Grundwassers oder dessen Umleitungen auf den nördlich der M. gelegenen Teil von F. ergibt, weil die Hauptfließrichtung des Grundwasserstroms etwa mangfallparallel von West nach Ost verläuft (vgl. PFB S. 350 f.; Stellungnahme des WWA vom 12.8.2014. Bl. 235 ff. in Bd. II der Verfahrensakten). Damit gehen vom Hochwasserrückhaltebecken weder im Hinblick auf seine Errichtung noch im Falle seiner Flutung Auswirkungen auf den westlichen Bereich des Ortsteils „H.“ oder auf die Ortsteile W. und Sch. aus (vgl. auch Anl. A-3.1 des Grundwassermodells Teil 3 in Bd. 4 der Planunterlagen).
2.1.2.1.2 Aber auch in dem Abschnitt zwischen der F.er Brücke bis zur Kläranlage ist aufgrund der festgestellten hydrogeologischen, geotechnischen und hydraulischen Verhältnisse keine Unterströmung möglich (vgl. PFB S. 351; Anl. A-3.1 des Grundwassergutachtens Teil 3 und Anlage A-3.2.2 des Grundwassergutachtens Teil 1, jeweils in Bd. 4 der Planunterlagen). Dies wurde vom amtlichen Sachverständigen auch in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2019 nochmals bestätigt (vgl. S. 7 des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2019). Zwar liegt der Wasserspiegel der M. in der Seetonschicht ungefähr auf der Höhe des Grundwasserleiters; auch gibt es durchlässige Schichten zwischen der M. und dem Grundwasser. Indizien für lokale Rinnen sind danach jedoch nicht erkennbar. Nachdem die M. aufgrund der vorliegenden hydrogeologischen Situation eine gute Anbindung an den Grundwasserleiter hat und sich das Wasser immer den Weg des geringsten Widerstands sucht, sickert das aus dem Norden anströmende Grundwasser im Normalfall mit einer Höhe von 530 m über NN in die M., die bei Normalabfluss einen Wasserspiegel von 529,8 m über NN hat. Die parallel zur M. zwischen M. und „Am G.“ liegenden Grundwassermessstellen B4G, B3G, B6G und G7 (KA) weisen für den gesamten Beobachtungszeitraum von 2006 bis 2014 ein völlig synchrones Verhalten der Grundwasserstände auf, das durch die Wasserspiegeländerungen in der M. induziert wird. Dies ist nach den Ausführungen der Fachleute die typische Reaktion in einem flachen, gewässernahen Aquifer mit guter Anbindung an das Gewässer (sog. hoher Leakage-Faktor). Bei Verwirklichung des Vorhabens ändert sich hieran nichts. Im Hochwasserfall kommt es bereits im Ist-Zustand zum Anfall induzierten Sickerwassers in Richtung Ortsteil „Am G.“, wenn der Wasserstand in der M. höher ist als dort. Zwischen dem Wasser, das im Falle einer Flutung aus dem Hochwasserrückhaltebecken in den Untergrund infiltriert und in die M. aussickert und dem in den Ortsteil „Am G.“ einsickernden Mangfallwasser findet aber kein direkter Austausch statt, weil die M. hydraulisch eine Trennstromlinie bildet. Direkte Strömungen vom Becken in den Ortsteil „Am G.“ ergeben sich daher durch den Einstau das Hochwasserrückhaltebeckens nicht (vgl. PFB S. 351). Damit ist auch die für den östlichen Bereich des Ortsteils „H.“ geltend gemachte Erhöhung des Hochwasserrisikos ausgeschlossen.
Der von der Klägerin herangezogene Vergleich mit den „kommunizierenden Röhren“ ist unzutreffend, weil diese, wie auch der Vertreter des amtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (vgl. S. 12 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019) plausibel ausgeführt hat, dichte Röhren voraussetzt. Im Hinblick auf die Lage des Grundwasserleiters und nachdem im Bereich des Ortsteils „Am G.“ ausweislich des Grundwassermodells gerade keine gespannten Verhältnisse herrschen, sondern hochdurchlässige Schichten vorliegen, welche ein Abfließen des Grundwassers in die M. begünstigen, gibt es im Bereich westlich der Kläranlage keine Unterströmung der M. (vgl. S. 12 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019).
2.1.2.2 Im Bereich östlich der Kläranlage kommt es jedoch zur direkten Unterströmung von beiden M-seiten, weil der Aquifer hier unterhalb des Wasserspiegels der M. liegt. Durch den Einbau der Dichtwand am Unterwasserbecken der L.-Kraftwerke auf den Grundwasserstrom wird Grundwasser oberstrom der Dichtwand aufgestaut, unterstrom erfolgt eine Absenkung. Ohne die Flutung des Beckens ergeben sich jedoch durch den Aufstau lediglich Aufstauspiegelungen entlang der Dichtwand (vgl. Anl. A-4.4.1 und A-5.1 des Grundwassergutachtens Teil 3 in Bd. 4 der Planunterlagen). Bei Beckeneinstau ist jedoch zu erwarten, dass sich das Grundwasser auf der linken M-seite um bis zu 0,75 m aufspiegelt, weil sich durch den Einsatz des Hochwasserrückhaltebeckens der Druckwasserspiegel im Grundwasser erhöht (vgl. Anl. 3.1 des Grundwassergutachtens Teil 3 in Bd. 4 der Planunterlagen). Das führt dazu, dass sich Grundwasser aus dem Bereich der Kläranlagen in Richtung F.er Brücke entlang der Wohnbebauung „Am G.“ zurück staut (vgl. Anl. A-3.1 des Grundwassergutachtens Teil 3 in Bd. 4 der Planunterlagen), wodurch das von Norden hangseitig zufließende Grundwasser noch weniger als im derzeitigen Ist-Zustand abfließen kann. Dementsprechend sieht der Planfeststellungsbeschluss als Kompensation des Rückstaus eine Drainageleitung (vgl. unter B II 2.2) samt Ableitung entlang der im Hochwasserschutzdamm geplanten Innendichtung bis zur Brücke vor, sodass eine Verschlechterung des Hochwasserrisikos in diesem Bereich verhindert wird.
2.1.2.3 Deswegen ist hinsichtlich des gesamten, nördlich der M. gelegenen bebauten Bereichs von F. davon auszugehen, dass sich die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens – auch im Falle eines Hochwasserereignisses – nicht auf den dortigen Grundwasserstand auswirken wird. Dabei wurden nach den Aussagen des Vorhabenträgers auch die vorgesehene Innendichtung im Trenndeich sowie im Absperrdamm zum Unterwasserbecken berücksichtigt (vgl. S. 11 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019). Eine Erhöhung des Hochwasserrisikos ist daher auszuschließen.
2.1.2.4 Die hiergegen von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen das Grundwassermodell und die darauf basierenden Einschätzungen zu den Auswirkungen des geplanten Vorhabens greifen nicht durch. Sowohl das Wasserwirtschaftsamt (vgl. Stellungnahme vom 10.07.2014, Bl. 171 ff. in Bd. XIV der Verfahrensakten) als auch das Landesamt für Umwelt (im Folgenden: LfU; vgl. Stellungnahme vom 20.12..2011) haben bestätigt, dass dieses den Vorgaben des Arbeitsblatts DVGW W 107 und damit den aktuellen Regeln der Technik entsprechend erstellt worden ist und die daraus gezogenen Schlüsse zutreffen (vgl. auch S. 10 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019 und S. 9 des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2019).
Die Einwendungen der Klägerin gegen das Grundwassermodell konnten diese gutachterliche Einschätzung auch unter Berücksichtigung der von ihr vorgelegten Stellungnahmen des Grundwasser-Ingenieurbüros Dr. D… … … und den Ausführungen des von ihr beigezogenen Sachbeistands in den mündlichen Verhandlungen (vgl. insbesondere S. 9 f. des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019) nicht ernsthaft erschüttern.
Nach den Ausführungen des amtlichen Sachverständigen sind die im Grundwassermodell verwendeten Parameter, Modelleingangsdaten und Modellrandbedingungen im Hinblick auf die angenommenen Durchlässigkeiten bzw. Mächtigkeiten der unterschiedlichen Bodenschichten, die Abfolge der Bodenzusammensetzung, die Einschätzung des Grundwasserleiters und des Grundwassergefälles für das Prognoseziel zutreffend gewählt. Geringe Unschärfen sind danach unvermeidbar und stellen keinen konzeptionellen Mangel des hydrogeologischen Modells dar; dem wird durch Sicherheitszuschläge Rechnung getragen, was nach den Ausführungen des amtlichen Sachverständigen ist eine übliche Vorgehensweise für die nachfolgende numerische Modellierung. Engmaschigere Messstellen sind danach nicht erforderlich. Die Erstellung des Grundwassermodells entspricht nach den auch in der mündlichen Verhandlung (vgl. insbesondere S. 10 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019) bestätigten Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts sowie der vorliegenden Stellungnahme des LfU den allgemein anerkannten Regeln der Technik. In dem rund 660 m langen Bereich zwischen der F.er Brücke und der Kläranlage liegen die Rammkernbohrungen BK6, BK5, BK4, BK7 und BK3 sowie acht Rammsondierungen mit Abständen von jeweils ca. 50 m. Gerade in diesem sensiblen Bereich ist die vorhandene Aufschlussdichte damit sehr hoch. Für die stationäre Kalibrierung des hydrogeologischen Grundwassermodells wurden insgesamt 65 Messstellen einbezogen, die schwerpunktmäßig in F. und an den Unterwasserbecken der Leitzachwerke liegen. Maßgeblich für die instationäre Kalibrierung waren vor allem die Messstellen im Bereich des Ortsteils „Am G.“, an der Kläranlage und an den Unterwasserbecken. Durch die Erkenntnisse der neun weiteren Erkundungsbohrungen und 20 Rammsondierungen im Jahr 2013 im Zuge des Bauabschnitts BA 02 wurden die bisherigen Ergebnisse bestätigt. Der von der Klägerin erhobene Einwand, die Kalibrierung sei nur anhand weniger Grundwassermessstellen erfolgt, überzeugt daher nicht.
Auch die von der Klägerin gerügte Abweichung zwischen Modellwerten und Messwerten beim Hochwasserereignis 2005 im Teiltiefenbereich TB I führt zu keiner anderen Bewertung. Die diesen Bereich betreffenden Grundwassermessstellen befinden sich in einer Entfernung von 1,5 km und mehr von der M-niederung. Das Wasserwirtschaftsamt hat hierzu ausgeführt, dass der TB I nur als Randbedingung, insbesondere hinsichtlich der Zuflüsse vom nördlichen Modellrand und der Grundwasserneubildung aus Niederschlag, berücksichtigt werde. Die Anpassung des hydrogeologischen Modells erfolgte danach entsprechend den Vorgaben des Arbeitsblatts DVGW W 107 (vgl. dort unter Punkt 8.4.3, S. 26 ff.) durch stationäre und instationäre Kalibrierung. Stationär wurde das Modell zunächst angepasst durch die am Stichtag 9. September 2008 weitgehend mittleren gemessenen Grundwasserständen; es flossen nach Auskunft des mit der Erstellung des Modells beauftragten Ingenieurbüros jedoch weitere Messergebnisse für höhere und niedrigere Grundwasserstände (feuchte und trockene Bedingungen) mit ein. Aus den ausgewerteten Stichtagsmessungen lassen sich die im TB II und TB III maßgebenden Strömungscharakteristiken, die laut Wasserwirtschaftsamt und LfU maßgeblich sind, erkennen. Diese sind unabhängig vom Wasserstand für alle drei verwendeten Stichtagsmessungen (September 2008, Juni 2010 und August 2010) durch eine südöstlich orientierte Strömungsrichtung gekennzeichnet. Wesentlich für die stationäre Anpassung ist nach Auskunft des Wasserwirtschaftsamts, dass die aus den Grundwasserstandsmessungen abgeleitete mittlere Grundwasserströmung in ihren wesentlichen Charakteristiken, d.h. hinsichtlich Grundwassergefälle und Strömungsrichtung, richtig wiedergegeben wird. Das wird durch die Darstellung der berechneten Grundwasserströmung im Grundwassergutachten (vgl. Teil 2 Anl. A-5.1 in Bd. 4 der Planunterlagen) belegt. Entsprechend den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts wird dadurch auch die in der Größenordnung richtige Wahl der Systemparameter bestätigt. Das Arbeitsblatt DVGW W 107 nennt verschieden Orientierungswerte, die als Qualitätskriterien für die stationäre Anpassung dienen können. Hierzu gehört der sog. mittlere relative Fehler (mittlere absolute Abweichung zwischen den berechneten und den gemessenen Werten im Verhältnis zur maximalen Differenz der Wasserdruckhöhen im Modellraum; vgl. DVGW W 107 unter Punkt 8.4.3.1, S. 26); danach weist das hier verwendete Grundwassermodell mit einem mittleren relativer Fehler von 4,8% eine gute stationäre Anpassung auf. Die Darstellungen im Grundwassermodell (vgl. dort Teil 2 S. 13 f. und Anl. A-6.1 bis A-6.3 in Teil 2) zeigen auf, dass im TB II und III die Ergebnisse, insbesondere auch im Bereich „Am G.“, überwiegend nur gering streuen.
Die instationäre Kalibrierung wurde mit den Messergebnissen des Hochwassers von August 2005 durchgeführt. Gemäß DVGW W 107 zeichnet sich die Qualität der instationären Kalibrierung durch Erfassung der natürlichen Dynamik aus; eine gegenüber der stationären Kalibrierung verbesserte Nachbildung der Absoluthöhen ist von untergeordneter Bedeutung. Im Ergebnis ergibt sich für den TB II, dass mit den für das Hochwasser 2005 zugrunde gelegten Randbedingungen an den bebauungsnahen Messstellen B6G, B7G und B2G (Grundwassergutachten Teil 2 Anl. A-8. S, A-8.d und A-8.4) die gemessene Grundwasserdynamik durch die Berechnungen in den wesentlichen Entwicklungen richtig widergegeben wird. Der berechnete maximale Gundwasseranstieg fällt tendenziell etwas stärker aus (ca. 0,10 m bis 0,20 m) als der aus den Messwerten ableitbare Anstieg. Das bedeutet aber lediglich, dass die in der stationären Nachbildung des Hochwassers 2005 zugrunde liegenden maßgeblichen Modellparameter (Leakage-Koeffizient, Untergrunddurchlässigkeiten, Speicherkoeffizient) auf der sicheren Seite gewählt wurden.
Der vom Gutachter der Klägerin erhobene Vorwurf, dass das verwendete Grundwassermodell inhaltliche und methodische Mängel aufweise, weil lediglich von einem viertägigen statt richtigerweise von einem achttägigen Hochwasserereignis ausgegangen worden sei, geht fehl. Der Modellansatz beruht vielmehr auf dem Bemessungshochwasser (HQ-100 zuzüglich Klimazuschlag), das vom LfU auf Grundlage einer Untersuchung verschiedener abgelaufener Hochwasserereignisse und auf Basis des Hochwassers von 1899 abgeleitet wurde. Dieses Ereignis im September 1899 zeichnete sich durch langanhaltend hohe Wasserstände sowie eine extreme Abflussspitze aus. Die Gesamtdauer des dem Modell zugrundegelegten Bemessungshochwassers umfasst acht Tage (vgl. Abb. 3 auf S. 3 des Grundwassergutachtens Teil 3 in Bd. 4 der Planungsunterlagen; Abb. 5 und 6 auf S. 49 des Erläuterungsberichts, Bd.1 der Planungsunterlagen). Der gesamte mit dem Grundwassermodell betrachtete Zeitraum umfasst die achttägige Welle des Bemessungshochwassers, die Befüllung und Entleerung des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens mit einer Gesamtdauer von 3,5 Tagen sowie einen „Nachlauf“ nach dem Hochwasserereignis von ca. acht Tagen enthalten, der der detaillierten Erfassung der zeitverzögerten und gedämpften Reaktionen im Grundwasser auf das Hochwassergeschehen und den Beckeneinsatz dient.
Soweit die Klägerin kritisiert, dass bei der Bewertung der Aussagekraft des Grundwassermodells Grundwassergleichenpläne nicht ausreichend einbezogen worden seien, ist zu berücksichtigen, dass diese lediglich einzelne bezugsfreie Zustände darstellen und daraus keine Aussagen über die möglichen Auswirkungen im Planungszustand abgeleitet werden können. Für die Bewertung, ob sich durch den Einstau des geplanten Polders die Grundwasserverhältnisse im Vergleich zum Bezugsfallzustand (Hochwasserabfluss in der M. ohne Becken und Drainage, mit dem durch den BA 02 gewährleisteten Hochwasserschutz) ändern, sind vielmehr die Grundwasserdifferenzpläne geeignet.
Der Einwand, dass keine Überprüfung des Grundwassermodells anhand des Hochwasserereignisses 2013 stattgefunden habe, greift nicht durch. Der Vertreter des amtlichen Sachverständigen hat in der mündlichen Verhandlung am 5. November 2019 anhand der Ganglinien nochmals überzeugend erläutert, dass die Anstiege während der Hochwasser 2005 und 2013 wenige Unterschiede aufwiesen und eine erneute Kalibrierung des Modells im Hinblick auf dessen gutes Kalibrierungsergebnis keine neuen Erkenntnisse gebracht hätte (vgl. S. 12 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019; vgl. auch PFB S. 342 f.). Auch die Erkenntnisse der hydrogeologischen Landesaufnahme Bayern führen nach den Ausführungen des LfU zu keinen weitergehenden Erkenntnissen, weil diese Kartierung lediglich Informationen über den Untergrund beinhaltet und keine Rückkoppelung zum Hochwassergeschehen im Einzugsgebiet; ebenso sind diese Daten für die Bemessung bzw. Abgrenzung der Ausdehnung des oberirdischen Einzugsgebiets der M. nicht relevant (vgl. PFB S. 161).
Soweit der von der Gemeinde beigezogene Gutachter in seinen schriftlichen Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung am 5. November 2019 (vgl. S. 9 f. des Sitzungsprotokolls) kritisiert, dass das Grundwassermodell auf einer Kalibrierung und nicht auf tatsächlichen Bemessungsdaten beruht, wird dessen Richtigkeit nicht infrage gestellt. Diese Vorgehensweise stellt nicht etwa eine Manipulation dar, wie die Klägerin und ihr Gutachter behaupten, sondern entspricht den Vorgaben der Regeln der Technik zur Erstellung des Grundwassermodells (vgl. Arbeitsblatt DVGW W 107, vgl. dort unter Punkt 8.4.3, S. 26 ff.). Insofern ist es nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin daraus den Schluss zieht, die Genehmigungsbehörde habe zugestanden, dass die verwendeten Daten des Grundwassermodells unrichtig sind. Wie der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung am 5. November 2019 nochmals plausibel erläutert hat, dient das Modell dazu, anhand der Entstehungsgeschichte des Tals sowie der einzelnen Messwerte das Systemverhalten des Grundwasserleiters zu erfassen und wiederzugeben (vgl. S. 10 f. des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019).
Die im Erläuterungsbericht (vgl. dort S. 28, in Bd. 1 der Planunterlagen) bzw. im geotechnischen Bericht (vgl. dort S. 9 in Bd. 3 der Planunterlagen) genannten und von Dr. D… für zu niedrig gehaltenen kf-Werte von 4 x 10-4 m/s bis 5 x 10-5 m/s basieren nach den überzeugenden und vom amtlichen Sachverständigen bestätigten Ausführungen des Beklagten auf Auswertungen von Sickerversuchen in verrohrten Bohrungen; diese ergeben nach den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts regelmäßig niedrigere Werte als solche aus Pumpversuchen oder Labortests. Die darauf zielende Kritik geht schon deshalb fehl, weil bei der Erstellung des Grundwassermodells nicht hierauf, sondern nur auf die bereits parallel zur Vorplanung tatsächlich ermittelten bzw. bestimmten Durchlässigkeitsbeiwerte zurückgegriffen wurde. Auf Grundlage dieser punktuell vorliegenden Ergebnisse und unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Tals erfolgte die flächige Verteilung der kf-Werte für TB I, II und III (vgl. Grundwassergutachten Teil 1 Anl. A-3.7.1 bis A-3.7.3 in Bd. 4 der Planunterlagen). Dabei wurde nach den Erläuterungen des Beklagten die sichere Seite, also die maximale Bodendurchlässigkeit gewählt. Tatsächlich wurden für kiesige quartäre Grundwasserleiter überwiegend kf-Werte in der Bandbreite 5 – 10 x 10-3 m/s verwendet (vgl. S. 21 ff. Grundwassergutachten Teil 1 sowie Teil 2 in Bd. 4 der Planunterlagen). Die im Grundwassermodell verwendete Werte sind um Faktor 1,3 bis 2,6 höher als der Mittelwert von 3,78 x 10-3 m/s, den der von der Gemeinde beigezogene Gutachter zitiert; damit wurde also ein höherer Grad von Durchlässigkeit zugrunde gelegt, also zu Gunsten der Sicherheit des Aussagewerts des Grundwassermodells von einem ungünstigerem Szenario ausgegangen. Für die Bemessung der geplanten Drainageleitung (vgl. hierzu auch unter B II 2.2) wurden danach im Rahmen der instationären Modellrechnung die Untergrunddurchlässigkeiten der Grundwasserleiter noch um Faktor 2 erhöht (worst-case-Betrachtung). Entsprechend wurde bei den Untergrunddurchlässigkeiten die Durchlässigkeit der Deckschichten um Faktor 2 erhöht, um die Auswirkungen möglicher Inhomogenitäten mitzuerfassen. Infolgedessen wurden beim kiesigen quartären Grundwasserleiter im Tiefenbereich II überwiegend kf-Werte in Bandbreite 10 – 20 x 10-3 m/s zugrunde gelegt, die damit 1,4 bis 2,8 mal so hoch sind wie der von Dr. D… zitierte kf-von 7,05 x 10-3 m/s für den Brunnen bei Vagen. Auch der angeblich in der Nähe der Grundwassermessstelle G6 angeblich „tatsächlich gemessene“ kf-Wert von 1,6 x 10-3 bzw. 1,97 x 10-3 m/s ist nur etwa halb so groß wie der vom im Grundwassermodell dort zugrunde gelegte kf-Wert von 3,7 x10-3 m/s. Selbst wenn der von der Klägerin erhobene Vorwurf zutreffen würde, dass der Grundwasserleiter im nordöstlich an F. angrenzenden Bereich überschätzt worden sei, würde eine dadurch bedingte Auswirkung des Beckeneinstaus nach der Auskunft des amtlichen Sachverständigen durch die Drainageleitung sicher kompensiert werden (vgl. PFB S. 355).
Zweifel am Grundwassermodell werden auch nicht dadurch begründet, dass der Gutachter der Klägerin unter Berufung auf die Ergebnisse einer am 7. Mai 2019 vorgenommenen Messung des Grundwasserstands am Grundstück FlNr. 1914 und der am 13. Mai 2019 nordöstlich am Pegel F. festgestellten Messwerte behauptet, dass diese eine Grundwasserfließrichtung von Süden nach Norden belegten. Es liegt auf der Hand, dass eine Grundwasserströmungsrichtung bereits grundsätzlich nicht durch die einmalige Erfassung eines Messwerts im Grundwasser an einem Bohrpunkt und durch den Wasserstand eines ca. 140 m oberstrom gelegenen M.-Pegels konstruiert werden kann, weil hierzu mindestens drei Grundwasserspiegel erforderlich sind (sog. „hydrologisches Dreieck“). Die Ausführungen des gemeindlichen Gutachters werden bereits dadurch entwertet. Zudem lässt entgegen dessen Ausführungen der Umstand, dass der Grundwasserstand beim Bohrloch 530,00 m über NN und beim M-pegel F. 531,44 m über NN lag, nicht den von ihm gezogenen Schluss zu, dass der M-wasserstand im Süden um 1,44 m höher war als im Norden. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass diese Annahme die Lage des Bohrpunkts unterstromig des Pegels F. außer Acht lässt. Nach seinem Vortrag sind die am Pegel F. gemessenen Wasserhöhen in Bezug zu dem ca. 140 m flussabwärts gelegenen Bohrpunkt zu setzen; danach ergeben sich für Mittelwasserverhältnisse wegen des Fließgefälles der M.unter Berücksichtigung der Sohlschwelle ca. 1,1 m niedrigere Wasserspiegelhöhen in der M., die damit in etwa der beim Bohrloch entsprechen.
Der amtliche Sachverständige hat die vorliegenden Stellungnahmen als tragfähig bewertet (vgl. S. 5 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019). Angesichts dessen wurden diese durch den von der Gemeinde beigezogenen Gutachter nicht erschüttert. Es ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. z.B. B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 17.867 – juris Rn. 22; B.v. 9.5.2017 – 22 ZB 17.152 – juris Rn. 10; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Nachdem solche fachbehördlichen Auskünfte auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute (vgl. BayVGH B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Die Klägerin hat nicht qualifiziert vorgetragen, warum sich dem Gericht der Eindruck aufdrängen müsste, dass die gutachterliche Äußerung des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 = juris Rn. 36; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47 = juris Rn. 11). Den Erläuterungen des Wasserwirtschaftsamts und des Vorhabenträgers zu den Ausführungen des von ihr beigezogenen Gutachters hat die Gemeinde nichts von Substanz entgegengesetzt. Ihrem auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteteten Beweisantrag war daher nicht zu entsprechen (vgl. S. 9 des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2019).
2.2 Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Planfeststellungsbeschluss auch nicht gegen das Verschlechterungsverbot des § 70 Abs. 1 Halbs. 1, § 14 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 3 WHG verstößt. Insbesondere ist weder im Bereich des Ortsteils „Am G.“ noch im Bereich der gemeindlichen Kläranlage und des Bau- und Wertstoffhofs ein vorhabenbedingter Grundwasseranstieg ist zu befürchten.
Aus dem Grundwassermodell ergibt sich zwar, dass sich der Grundwasserspiegel im Bereich östlich der Kläranlage im Falle eines Beckeneinstaus wegen der dort bestehenden Unterströmung der M. auf der linken M-seite erhöht und sich deshalb das Grundwasser aus Richtung der Kläranlage in Richtung F.er Brücke entlang der Wohnbebauung „Am G.“ zurückstaut (vgl. unter B II 2.1.2.2); zur Kompensation der Auswirkungen durch den Beckenbetrieb auf die Bereiche nördlich der M. ist im Planfeststellungsbeschluss jedoch eine Drainageleitung entlang der im Hochwasserschutzdamm geplanten Innendichtung vorgesehen.
Der hiergegen erhobene Einwand, die Drainageleitung sei unterdimensioniert, verfängt nicht. Entsprechend obigen Erläuterungen trifft der von der Klägerin gezogene Vergleich mit den „kommunizierenden Röhren“ nicht zu (vgl. oben unter B II 2.1.2.1). Das gilt auch hinsichtlich der von der Klägerin befürchteten Vernässung im Bereich der Kläranlage und des Bau- und Wertstoffhofs, weil die geplante Drainageleitung nach den vom amtlichen Sachverständigen bestätigten und überzeugenden Ausführungen der Genehmigungsbehörde entgegen der Ansicht der Klägerin geeignet und ausreichend ist, um die kommunalen Betriebe zu schützen (vgl. PFB S. 354 ff., S. 361). Wie oben (vgl. unter B II 2.1.2.4) ausgeführt, wurden bei der Bemessung der Drainageleitung die Durchlässigkeiten der Grundwasserleiter sowie der Deckschichten in einer worst-case-Betrachtung um den Faktor zwei erhöht, wodurch auch die Auswirkungen möglicher Inhomogenitäten in den Deckschichten miterfasst wurde. Auch die gewählte Höhenlage der Leitung führt nicht zu einem Grundwasseranstieg im Bereich des Ortsteils „Am G.“ bzw. zu einer Vernässung der Grundstücke, auf denen sich die gemeindlichen Einrichtungen befinden. Nach den Ausführungen der Planfeststellungsbehörde wurde anhand der aus dem Grundwassermodell gezogenen Erkenntnisse optimiert und so bestimmt, dass die Drainage im Hinblick auf den zu bewältigenden Rückstau die optimalen Wirkung entfalten kann (vgl. Anl. A-4.2.3 Teil 3 des Grundwassergutachtens in Bd. 4 der Planungsunterlagen; vgl. auch PFB S. 355 f.).
Auch die Dimensionierung und die Höhenlage der Sickerleitung wurde in einem iterativen Berechnungsprozess optimiert; etwaige dem komplexen System geschuldete Unschärfen wurden durch den Ansatz sinnvoller Sicherheitsfaktoren berücksichtigt (vgl. auch oben unter B II 2.1.2.4). Im dortigen Bereich besteht bereits derzeit, vor Umsetzung des Vorhabens, eine Grund- und Druckwasserproblematik (vgl. S. 75 des Protokolls zum Erörterungstermin, Bl.267 in Bd. VIII der Verfahrensakten). Die Rechtmäßigkeit der hier im Streit stehenden Planfeststellung setzt nicht voraus, dass das derzeit bestehende Schutzniveau verbessert wird. Ausweislich des Grundwassermodells, das auch die Auswirkungen der Dichtwand berücksichtigt, ist die Drainageleitung geeignet, die vorhabenbedingten nachteiligen Auswirkungen des Grundwasserrückstaus aus Richtung der Kläranlage – wie oben ausgeführt – auszugleichen. Darüber hinaus verbessern sich die Grundwasserverhältnisse im Bereich der Kläranlage sogar um 0,5 m gegenüber dem momentanen Zustand (vgl. Anl. A -4.1.1 und die Ausführungen unter Nr. 5.1 Teil 3 des Grundwassergutachtens in Bd. 4 der Planungsunterlagen). Soweit die Klägerin dies in Zweifel zieht, begründet sie das damit, dass die Abmessungen der Dränage mit einem angeblich fehlerhaften hydraulischen Grundwassermodell berechnet worden seien. Dieser Einwand greift, wie oben dargelegt (vgl. unter B II 2.1.2.4) nicht, weshalb der von ihr gestellte Beweisantrag abzulehnen war.
Soweit die Klägerin die Verockerung der Drainage befürchtet, hat der Beklagte überzeugend ausgeführt, dass eine solche nicht zu befürchten ist (vgl. Bl. 13 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019). Danach hüllt sich um die Drainage ein Filtervlieskörper, den wiederum ein Filtervlies umfasst, wodurch ausgeschlossen wird, dass Fremdstoffe in die Drainage gelangen können. Die regelmäßige Wartung ist im Betriebshandbuch vorgeschrieben. Auch der amtliche Sachverständige hat eine Verockerung der Drainage ausgeschlossen (S. 13 des Sitzungsprotokolls vom 5.11.2019). Die Frage, ob dieses Vorbringen im Hinblick auf die Bestimmung des § 6 UmwRG verspätet ist, kann daher dahinstehen.
Die Planfeststellungsbehörde hat sich auch mit den nach Ansicht der Klägerin durch die Drainageleitung bewirkten Erosions- und Suffosionseffekten auseinandergesetzt, die zu veränderten Fließrichtungen des Grundwassers und damit zu Hohlräumen im Untergrund und in dessen Folge zu Einbrüchen an der Oberfläche führen sollen. Wie sie nachvollziehbar ausführt (vgl. PFB S. 371 f.), sind diese wegen der geringen Fließgeschwindigkeiten bzw. aufgrund der auf die natürlichen Schwankungen des Grundwassers beschränkten Einflüsse nicht zu erwarten. Der amtliche Sachverständige hat diese Ansicht bestätigt und ausgeführt, Suffosion stelle sich in der Regel erst dann ein, wenn ein hoher Gradient lange Zeit auf Böden einwirke. Im Planfeststellungsbeschluss wird hierzu auch auf zwei Gutachten (RMD CONSULT vom 20.10.2006 und LfU vom 8.3.2011) verwiesen, die diese Aussagen bestätigen. Die Klägerin hat dem nichts entgegengesetzt.
2.2.2 Die Planung bewirkt auch keine Verschlechterung und erweist sich demnach auch nicht als rechtsfehlerhaft, soweit die Klägerin eine Rechtsverletzung in Hinblick auf die konkrete Gefahr eines Katastrophenfalls geltend macht.
Der Planfeststellungsbeschluss schreibt die Erstellung einer Betriebsvorschrift für die Überwachung und Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit und Funktionsfähigkeit der Bauwerke und Anlagen sowie für die Retentionsflutungen einschließlich der notwendigen Alarm- und Sicherheitsmaßnahmen vor und gibt dem Vorhabenträger auf, ein Messprogramm zur Überwachung des Betriebs zu erstellen (vgl. PFB S. 22 ff. unter A.V.2.4.2 und S. 378 ff.). Die Betriebsvorschrift hat ein mit der Katastrophenschutzbehörde am Landratsamt abgestimmtes Sicherheitskonzept zu enthalten und muss dabei auch Aussagen zu den Betriebsabläufen bei außergewöhnlichen Betriebsumständen sowie zu den Gegenmaßnahmen bei Schneefällen und Bedienungsfehlern treffen. Die Planung trifft danach ausreichend Sorge, dass ein Katastrophenfall ausgeschlossen werden kann. Im Übrigen würde es sich bei einem derartigen Fehler nicht um eine fehlerhafte Planung, sondern vielmehr um Fehler bei deren Umsetzung handeln.
Soweit die Klägerin angibt, ein Hochwasserereignis über dem HQ-100 erzeuge bereits die konkrete Gefahr eines Katastrophenfalls wird auf die Ausführungen unter B II 2.1.1 verwiesen.
2.2.3. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten Gefahr der Beschädigung der gemeindlichen Abwasserleitung aufgrund eines angeblichen Konflikts zwischen der geplanten Errichtung eines Mastfundaments auf dem Grundstück FlNr. 1914 für die infolge des Vorhabens neu zu verlegende 110-kV-Leitung hat der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der vorzeitigen Besitzeinweisung ausgeführt, dass eine solche Gefahr nicht besteht und die irrige Annahme darauf beruht, dass der von der Klägerin beigezogene Gutachter die von ihm selbst herangezogenen Pläne fehlinterpretiert. Weiter wurde klargestellt, dass auch die im Hinblick auf das vorliegende Erdungskonzept erhobenen Einwendungen auf einem Missverständnis des Gutachters beruhen. Auf die Ausführungen des Senats (B.v. 18.10.2019 – 8 AS 19.40016 – juris Rn. 50 ff.), denen die Klägerin nichts entgegengesetzt hat, wird verwiesen. Es kann daher dahinstehen, ob dieses Vorbringen nach § 6 UmwRG verspätet ist oder nicht.
2.3 Das Vorhaben verstößt auch weder gegen das in § 47 Abs. 1 Nr. 1 und 3 WHG im Hinblick auf das Grundwasser vorgegebene Verschlechterungsverbot noch widerspricht es dem Grundsatz zur Erhaltung der öffentlichen Trinkwasserversorgung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 WHG.
Die Planfeststellungsbehörde hat erkannt, dass es sowohl während der Baumaßnahmen als auch durch die Retentionsflutungen zu vorübergehenden hygienischen, chemisch-physikalischen und sensorischen Beeinträchtigungen des Brunnenwassers der Brunnen Vagen I und II des Markts Bruckmühl kommen kann. Sie hat im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss deshalb Maßnahmen zur Vermeidung des Stoffeintrags getroffen, eine Ersatzwasserversorgung in Form der Brunnenneuerschließung Götting für die Bau- und Betriebsphase sowie Vorkehrungen für die Wiederinbetriebnahme der Brunnen Vagen nach dem Betriebsfall vorgesehen (vgl. PFB S. 38 ff. unter A.V.10.2 sowie S. 347ff.). Ungeachtet der Frage, ob die Klägerin insoweit rügebefugt ist, da diese Wasserversorgung insoweit nicht durch sie, sondern durch den Markt Bruckmühl erfolgt, hat der amtliche Sachverständige mit Schreiben vom 12. August 2014 (vgl. Bl. 237 ff. in Bd.II der Verfahrensakte; vgl. auch S. 32 in Teil 3 des Grundwassergutachtens, Bd. 4 der Planungsunterlagen) erklärt, dass eine signifikante Verschlechterung der Grundwasserqualität durch den zeitlich befristeten, seltenen Einstaufall nicht zu befürchten ist. Zwar kann es danach bei der Flutung des Beckens zu einer verstärkten Auswaschung von natürlich vorkommenden, durch die landwirtschaftliche Nutzung eingetragenen oder sonst gegebenenfalls vorhandenen Bodeninhaltsstoffen kommen; bei einer Überflutung in Verbindung mit einem Frühjahrshochwasser kann das je nach Beginn der Düngephase eine stoßweise Belastung des Grundwasserkörpers zur Folge haben. Da sich im M-tal die Hochwasserzeit dem Gutachten zufolge aber normalerweise auf den Zeitraum von Mai bis Oktober erstreckt und deshalb mit extremen Hochwasserereignissen, die für den Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens relevant sind, erst nach der ersten Düngephase zu rechnen ist, erscheint zumindest die Auswaschung organischer Stoffe unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass im Hochwasserfall infolge der hohen Zusickerungsmengen von Flusswasser in den Grundwasserbereich auch eine deutliche Verdünnung dieser Stoffe eintritt. Soweit die Klägerin die Auswaschung im Becken gelagerter giftiger Stoffe bzw. kontaminierter Schlämme befürchtet, hat die Planfeststellungsbehörde auf die im Nachgang zum Hochwasser Juni 2013 durchgeführten Bodenproben und Laborbefunde vom 24. Juli 2013 verwiesen, bei denen neben Schwermetallen und aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTX) auch die von der Klägerin angesprochenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) untersucht wurden. Danach waren die Ergebnisse auf allen Flächen absolut unauffällig. Wie die Planfeststellungsbehörde nachvollziehbar ausführt, ist dies auch plausibel, weil sich die wesentlichen Anteile der Sedimente des oberen M-tals im Tegernsee und im Einzugsgebiet der Sch1 am Sch1-see ablagern. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Hochwasserrückhaltebecken erst geflutet wird, wenn bereits erhebliche Wassermengen in der M. sind, sodass der erste Spülstoß mit dem maßgeblichen Anteil an Sedimenten am Becken vorbeigeht. Darüber hinaus weist die Genehmigungsbehörde noch darauf hin, dass gerade im Hinblick auf PAK festzustellen sei, dass diese generell eine geringe bis sehr geringe Wasserlöslichkeit aufweisen.
Zu diesen nachvollziehbaren Ausführungen verhält sich die Klägerin nicht. Ihrer Befürchtung, bei langen Trockenperioden könnten breite Trockenrisse entstehen, durch die beim nächsten Hochwasserereignis giftige Kontaminationen einsickern würden, ist die Planfeststellungsbehörde überzeugend entgegengetreten, indem sie ausgeführt hat, dass einer Flutung des Beckens Niederschläge vorausgehen, welche derartige Risse mit unbedenklichem Niederschlagswasser auffüllen und durch den Quellprozess mit Erdpartikeln verschlossen werden.
Die in der Klagebegründung thematisierte Grundwasserverunreinigung durch eine verschüttete Mülldeponie hat die Klägerin nicht näher konkretisiert. Es bleibt daher unklar, um welchen Standort es sich handeln soll. Hinsichtlich der Altablagerungsfläche am südlichen und der Altdeponie am westlichen Rand des Unterwasserbeckens 3 hat der amtliche Sachverständige unter Bezugnahme auf die Prüfergebnisse der relevanten Grundwassermessstellen G 17 und G 22 ausgeführt, dass eine Gefährdung des Grundwassers nicht zu besorgen sei (vgl. Stellungnahme vom 12.8.2014, Bl. 237 ff. in Bd. II der Verfahrensakte; PFB S. 366 f; S. 33 f. in Teil 3 des Grundwassergutachtens, Bd. 4 der Planungsunterlagen).
Außerhalb der Bau- und Betriebszeit können die Brunnen Vagen I und II weiter zur Trinkwassergewinnung genutzt werden; der Vorhabenträger hat zur Überwachung der Grundwasserverhältnisse ein mit dem Wasserwirtschaftsamt und dem Landratsamt abzustimmendes Konzept zur Überwachung der Grundwasserverhältnisse und zur Beweissicherung der Eingriffe in das Grundwasser aufzustellen und der Genehmigungsbehörde vorzulegen. Bis dahin muss das laufende Untersuchungsprogramm weitergeführt und das Messnetz den baulichen Veränderungen angepasst werden (vgl. Anl. 7.2 in Teil 3 des Grundwassergutachtens, Bd. 4 der Planungsunterlagen).
Nach alledem ist eine Gefährdung des Grundwassers bzw. der Trinkwasserversorgung nicht zu besorgen.
2.4 Die Planung steht auch nicht im Widerspruch zur Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, ABl L 288 S. 27 ff.) und der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und Rats vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie, ABl L 327 S. 1 ff.).
Die Klägerin sieht einen solchen Verstoß als gegeben an, weil nach Erwägungsgrund Nr. 3 Satz 2 der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie Hochwasserschutzmaßnahmen, die das Risiko hochwasserbedingter nachteiliger Folgen vermindern sollen, möglichst innerhalb eines Einzugsgebiets zu koordinieren seien. Sie verweist insoweit darauf, dass nach Art. 2 Nr. 13 der Wasserrahmenrichtlinie ein Einzugsgebiet das Gebiet ist, aus welchem über Ströme, Flüsse und möglicherweise Seen der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder Delta ins Meer gelangt. Das Vorhaben entspreche daher nicht der Vorgabe der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, weil es nur den Schutz des unteren M-tals behandle, aber keine Koordination des gesamten Einzugsgebiets vornehme. Danach wären der Zufluss der M. vom Tegernsee und die Mündung der L. in die M. bei F.-W. zur Koordination des Hochwasserrisikos in die Planung mit einzubeziehen und das Risiko entsprechend zu verteilen gewesen.
Dieser Einwand überzeugt nicht. Schon die Formulierung des genannten Erwägungsgrunds der Richtlinie macht deutlich, dass es sich hierbei um keine zwingende Vorgabe handelt („möglichst“). Im Übrigen ist eine differenzierte Betrachtung hier schon im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass der unter B II 1.?? dargestellte dringende Handlungsbedarf zur Sicherstellung des am Bemessungshochwasser HQ-100 zuzüglich eines Klimazuschlags ausgerichteten Hochwasserschutzes gerade für das untere M.tal wegen der dortigen dichten Besiedlung besteht, während im dünn besiedelten oberen M-tal kein vergleichbares Schadenspotential und damit keine vergleichbare Situation vorliegt. Im Übrigen wurden bei der Umsetzung des Gesamtkonzepts des Hochwasserschutzes im unteren M-tal die jeweils vorgesehenen Maßnahmen innerhalb des gesamten Einzugsgebiets der M. sowie des gesamten Leitzach-Einzugsgebiets koordiniert und Alternativen geprüft (vgl. im Folgenden unter B VI 2). Der Zufluss von Tegernsee zur M. und die Mündung der L. in die M. wurden daher in die Planung mit einbezogen und dem Erwägungsgrund in Nr. 3 Satz 2 der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie damit entsprochen.
3. Durch das planfestgestellte Vorhaben werden keine zwingenden Vorgaben höherstufiger Planung verletzt.
3.1. Die Rüge, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 ROG im Hinblick darauf, dass die im Streit stehende Planung ein erheblich größeres Beckenvolumen vorsehe als das im Jahr 2000 durchgeführte Raumordnungsverfahren für das Hochwasserrückhaltebecken F. (vgl. hierzu unter B II 1.2.1.2), greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob der Klägerin insoweit überhaupt ein Rügerecht zusteht (offengelassen in BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beil. Nr. 1, 51 = juris Rn. 25).
3.1.1 Denn die Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes finden im vorliegenden Fall keine Anwendung. Die Durchführung eines erneuten Raumordnungsverfahrens war nach dem insofern maßgeblichen Bayerischen Landesplanungsgesetz (BayLPlG) nicht erforderlich.
Wie der Senat bereits im Urteil vom 25. Oktober 2019 (8 A 16.40030 – juris Rn. 48 m.w.N.) ausgeführt hat, ist die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 ROG hier nicht maßgeblich, weil mit Inkrafttreten des novellierten Bayerischen Landesplanungsgesetzes – BayLPlG – zum 1. Juli 2012 (Art. 35 Abs. 1 BayLPlG) das Raumordnungsgesetz des Bundes – ROG – weitgehend durch dieses ersetzt wurde (vgl. LT-Drs. 16/10945, S. 1, 16 f.). Es handelt sich um eine Materie der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit Abweichungsbefugnis der Länder (Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GG). Daher geht gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 3 GG das jeweils spätere Gesetz vor. Gemäß obigen Ausführungen (vgl. S. 7) ist der insoweit maßgebliche Zeitpunkt vorliegend der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014, weil sich der Planergänzungsbeschluss vom 23. Dezember 2017 darauf beschränkt, punktuelle Fehler der früheren Entscheidung hinsichtlich des Vorkommens und der Betroffenheit der geschützten Arten Zauneidechse, Biber und Haselmaus zu heilen (vgl. PEB S. 25 f.). Auf die Novellierung des Raumordnungsgesetzes des Bundes mit Gesetz vom 23. Mai 2017 (BGBl I S. 1245), die nach Art. 5 des Gesetzes zur Änderung raumordnungsrechtlicher Vorschriften erst zum 29. November 2017 in Kraft getreten ist, kommt es daher hier nicht an. Die Frage, ob eine Pflicht zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens bestand, beantwortet sich demnach nicht nach § 15 ROG i.V.m. der Raumordnungsverordnung, sondern nach der im Gegensatz zur bundesrechtlichen Kataloglösung bewusst als Generalklausel ausgestalteten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung, LT-Drs. 16/10945, S. 24) Bestimmung des Art. 24 Abs. 1 BayLPlG. Maßgeblich ist danach, ob ein Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit gegeben ist.
Das ist vorliegend nicht der Fall. Im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 70 ff.) wird zutreffend ausgeführt, dass bereits die raumordnerische Beurteilung der Regierung von Oberbayern vom 30. Oktober 2000 vorliegt, die auch das streitgegenständliche Vorhaben zum Inhalt hatte. Der Beklagte hat dazu dargelegt, dass die höhere Landesplanungsbehörde aufgrund der Veränderungen in den Planunterlagen gegenüber der raumgeordneten Variante (Vergrößerung des Rückhaltevolumens, Verlagerung des Einlassbauwerkes, Steuerung des Rückhaltebeckens und Errichtung einer vollständigen Dichtwand über die gesamte Länge des Absperrdamms) um Entscheidung über die Frage der Änderung der Grundlagen gebeten worden sei. Diese habe sich mit den Änderungen detailliert auseinandergesetzt und in ihrer Stellungnahme vom 17. April 2014 (vgl. Bl. 162 ff. Bd. X der Verfahrensakte) festgestellt, dass sich die raumordnerischen Beurteilungsgrundlagen für das Vorhaben nicht wesentlich geändert hätten. Damit hat diese die Voraussetzungen für die Einleitung eines erneuten Raumordnungsverfahrens verneint. Weder aus bundes- noch aus landesrechtlicher Sicht ist die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung von der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung der Landesplanungsbehörde abhängig (vgl. BVerwG, B.v. 15.5.1996 – 11 VR 3.96 – DVBl 1996, 925 = juris Rn. 6).
3.1.2 Darüber hinaus ist ein Raumordnungsverfahren weder formelle noch materielle Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung, weil eine landesplanerische Beurteilung weder gegenüber dem Vorhabenträger noch gegenüber anderen Personen unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet, sondern nur einer verwaltungsinternen Klärung der raumordnerischen Verträglichkeit dient; sie wird daher als bloße gutachterliche Äußerung beschrieben (BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40030 – juris Rn. 51 f. m.w.N.)
3.1.3 Ohnehin hat die Klägerin nach den Bestimmungen des Bayerischen Landesplanungsgesetzes keinen Anspruch auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, so dass sie sich auch insofern nicht mit Erfolg darauf berufen kann, ein solches Verfahren sei zu Unrecht unterblieben. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Bestimmungen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes oder den Vorgaben des europarechtlichen Vorgaben oder aus § 4 UmwRG (BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40030 – juris Rn. 53 ff. m.w.N.).
3.2 Ziele der Raumordnung stehen dem Vorhaben nicht entgegen.
3.2.1 Soweit sich die Klägerin auf das Landesentwicklungsprogramm (LEP) 2006 beruft, ist dieser bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses außer Kraft getreten. Ein Verstoß gegen die von der Klägerin aufgelisteten Grundsätze und Ziele der Raumordnung im LEP 2013 kann ungeachtet der Substanziierungsanforderungen und der Frage, inwiefern es sich hierbei um tatsächliche Ziele handelt, schon deswegen ausgeschieden werden, weil entsprechend obigen Ausführungen (vgl. unter B II 2.1.2 und B II 2.3) aufgrund des Vorhabens weder eine Verschlechterung der Funktionsfähigkeit des Grundwassers oder der oberirdischen Gewässer zu befürchten noch die Erhaltung der Trinkwasserversorgung gefährdet ist. Die fehlende Erwähnung des Hochwasserrückhaltebeckens im Landesentwicklungsprogramm ist bereits deshalb unerheblich, weil diese unter Nr. 7.2.5 als Grundsatz festlegt, dass Siedlungen vor einem hundertjährlichen Hochwasser geschützt werden sollen. Dies soll mit der im Streit stehenden Maßnahme als Teilmaßnahme des Hochwasserschutzes an der unteren M. aber gerade erreicht werden.
3.2.2 Aber auch die Einwendung, wonach das Vorhaben im Widerspruch zu den im Regionalplan 18 unter die B I 2.3 festgesetzten Zielen steht, führt nicht zum Erfolg der Klage.
3.2.2.1 Die Bindungswirkungen für Ziele der Raumordnung im Sinn des Art. 2 Nr. 2 BayLPlG (zum Geltungsvorrang gegenüber dem ROG vgl. oben B II 3.1.1) ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayLPlG, wonach bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen anderer öffentlicher Stellen Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen sind (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayLPlG).
Ziele der Raumordnung sind nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 2 BayLPlG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 51 = juris Rn. 25; BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl 2017, 153 = juris Rn. 48; Numberger/Kraus, Raumordnung und Landesplanung in Bayern, Art. 2 Rn. 30). Sie sind anders als Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung des Planungsraums bereits das Ergebnis der landesplanerischen Abwägung und einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe nicht zugänglich (BVerwG, U.v. 16.12.2010 – 4 C 8.10 – BVerwGE 138, 301= juris Rn. 7). Unter Raumordnungsplänen sind nach Art. 2 Nr. 7 BayLPlG die zusammenfassenden, überörtlichen und fachübergreifenden Pläne gemäß Art. 19 und 21 BayLPlG zu verstehen, mithin das Landesentwicklungsprogramm und die Regionalpläne.
3.2.2.2. Daraus ergibt sich, dass die von der Klägerin genannten Feststellungen weitgehend nicht als Ziele der Raumordnung gefasst oder auf der regionalplanerischen Ebene hinreichend konkretisiert sind, um dem planfestgestellten Vorhaben entgegengehalten werden zu können.
3.2.2.3 Nach der Festsetzung unter B I.2.3 des Regionalplans Region 18 (Südostoberbayern) sollen größere geschlossene Waldgebiete in ihrer Substanz und Flächenwirkung und die bestehenden Auwaldreste mit der dazu erforderlichen Fließdynamik der angrenzenden Flüsse erhalten und durch Renaturierungsmaßnahmen vermehrt werden. Eingriffe in Auwälder und potentielle Auwaldstandorte, die Errichtung baulicher Anlagen und sonstige Versiegelung sind danach zu vermeiden. Es soll unter anderem an der M. auf eine Verbesserung der Auwaldsituation hingewirkt werden.
Die Klägerin rügt den Verstoß gegen diese Vorgabe und vertritt offenbar die Auffassung, es sei nicht zulässig, dass die Planfeststellungsbehörde aus Zielen und Grundsätzen des Regionalplans zu den Belangen der Wasserwirtschaft deren Vorrang gegenüber den Belangen des Naturschutzes und im Speziellen des Arbeitsschutzes abgeleitet habe (vgl. PFB S. 110 f.).
Diese Argumentation verfängt nicht. Die auf Auwälder bezogenen Bestimmungen unter B I.2.3 des Regionalplans 18 stellen nach ihrem klaren Wortlaut eine Soll-Vorschrift dar. Derartige Vorgaben erfüllen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann die Merkmale eines Ziels im Sinne des Art. 2 Nr. 2, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayLPlG, wenn die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Vorschrift auch ohne förmliches Zielabweichungsverfahren eine Ausnahme von der Zielbindung zulässt, im Wege der Auslegung auf der Grundlage des Plans hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sind (BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 51 = juris Rn. 25; BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl 2017, 153 = juris Rn. 58; vgl. auch BayVGH, B.v 3.1.2013 BayVBl 2013, 406 = juris Rn. 5, jeweils m.w.N; Numberger/Kraus, a.a.O., Art. 2 Rn. 37 ff., 41 ff.). Dies ist bei der genannten Vorgabe zum Auwaldschutz nicht der Fall.
3.2.2.4 Auch im Übrigen sind Verstöße gegen die Festlegungen im Regionalplan der Region 18 nicht feststellbar. Dies wird im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 107 ff.) ausführlich begründet. Dem hat die Klägerin nichts entgegengesetzt.
4. Die Rüge der Klägerin, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen die natur- und insbesondere die artenschutzrechtlichen Vorgaben, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann sich eine Gemeinde im Rechtsstreit gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf das aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgende gemeindliche Selbstverwaltungsrecht, insbesondere in Form der gemeindlichen Planungshoheit, und ihr zivilrechtlich geschütztes Eigentum berufen. Diese Rechte vermitteln ihr keinen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu ihren Lasten führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung, da die Gemeinde nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist. Eine Gemeinde ist im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auch nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger, wie z.B. Interessen des Naturschutzes, geltend zu machen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v.15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157,73 = juris Rn. 13 m.w.N.).
III. Die Planfeststellung leidet an keinen Abwägungsmängeln zulasten der Klägerin. Das Abwägungsgebot trägt für den Bereich der Planentscheidungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, dessen Einhaltung daneben keiner eigenen Prüfung mehr bedarf (vgl. NdsOVG, U.v. 4.7.2017 – 7 KS 7/15 – DVBl 2017, 1440 = juris Rn. 235).
1. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, dass die hier im Streit stehende Hochwasserschutzmaßnahme Teil eines umfassenden Hochwasserschutzkonzepts ist, mit dem für das gesamte untere M-tal Schutz gegen hundertjährliches Hochwasser zuzüglich eines die Auswirkungen der Klimaänderung berücksichtigenden 15%igen Zuschlags sowie eines Freibords erreicht werden soll. Die vom Beklagten getroffene Abschnittsbildung weist keine Rechtsfehler auf.
Wie oben bereits ausgeführt (vgl. unter B II 1.2.2) ist die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt. Sie stellt eine richterrechtliche Ausprägung des Abwägungsgebots dar (BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 26). Die Planfeststellungsbehörde verfügt dabei über ein planerisches Ermessen, in das sie unter anderem Gesichtspunkte einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung einbeziehen kann. Dritte haben deshalb grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Jedoch kann eine Abschnittsbildung Dritte in ihren Rechten verletzen, wenn sie deren durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht oder dazu führt, dass die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werden kann, oder wenn ein dadurch gebildeter Abschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt. Zudem dürfen nach einer summarischen Prüfung der Verwirklichung des Gesamtvorhabens auch im weiteren Verlauf keine von vorneherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2016 a.a.O. m.w.N.).
1.1 Nach diesen Vorgaben ist die in Streit stehende Abschnittsbildung nicht zu beanstanden. Sie vereitelt nicht den Rechtsschutz der Klägerin. Diese kann ihre Rechte geltend machen, auch soweit die Gesamtplanung betroffen ist. Denn die Planung muss in jedem und so auch in dem hier betroffenen Abschnitt dem Einwand standhalten, dass eine andere Planungsvariante bei einer auf die Gesamtplanung bezogenen Betrachtung gegenüber dem der Planfeststellung zugrunde liegenden Planungskonzept vorzugswürdig sein (vgl. hierzu unter B III 2).
1.2 Wie oben dargelegt (vgl. unter B II 1), fehlt dem Vorhaben auch nicht die eigene sachliche Rechtfertigung Das planfestgestellte Vorhaben ist auch gegenüber dem Gesamtvorhaben selbständig funktionsfähig, weil durch die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens samt Einbindung der Unterwasserbecken der Leitzachwerke ein Klimazuschlag von 15% zum hundertjährlichen Hochwasser im gesamten unteren M-tal wirksam aufgefangen werden kann. Die im Planfeststellungsbeschluss dargestellte vorhabenbedingte Verbesserung des Hochwasserschutzes für die im unteren M-tal liegenden Städte und Gemeinden im Falle sehr großer Hochwasser (HQ-100 plus 15%iger Klimazuschlag) wurde von den Vertretern des Wasserwirtschaftsamt in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Auch die Klägerin selbst bestreitet nicht, dass die Umsetzung des Vorhabens tatsächlich geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen.
1.3 Die Abschnittsbildung führt auch nicht dazu, dass die Planung den Grundsatz umfassender Problembewältigung nicht gerecht werden kann. Nach den anerkannten Regeln des Fachplanungsrechts ist es möglich, die Auswirkungen der Abschnitte aufeinander zu beziehen (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.1995 – 11 VR 15.95 – NVwZ 1995, 165 = juris Rn. 8).
1.4 Dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens im weiteren Verlauf von vorneherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstünden, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Auch soweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, dass in anderen Gemeinden Widerstand gegen geplante weitere, Hochwasserschutzmaßnahmen besteht, ist nicht erkennbar, dass die Planfeststellungbehörde tatsächlich oder rechtlich endgültig daran gehindert ist, das Gesamtprojekt „Hochwasserschutz unteres M-tal“ zu realisieren.
1.5 Auch im Übrigen bestehen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abschnittsbildung keine Bedenken.
Wie bereits im Rahmen der zur Frage der Planrechtfertigung ausgeführten Gründe (vgl. unter B II 1.2.2.2.2) dargelegt wurde, greifen die Einwendungen der Klägerin gegen die hier vorgenommene Abschnittsbildung im Rahmen eines Gesamtkonzepts vorbehaltlich der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der im Folgenden noch zu behandelnden fachplanerischen Alternativenprüfung sowie der von der Regierung getroffenen (Gesamt-)Abwägungsentscheidung nicht durch. Gerade im Hochwasserschutz bestehen vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang regelmäßig auftretenden Komplexität derartiger Maßnahmen aufgrund der im Raum stehenden Gefahr hoher Schutzgüter, der Unvorhersehbarkeit des Schadenseintritts, der Vielzahl der betroffenen, vielfach widerstreitenden Interessen sowie nicht zuletzt vor dem Hintergrund eminent hoher Kosten für die Umsetzung solcher Planungen gewichtige Gründe, ein aufgrund örtlicher Bedingungen oftmals nur als lokalübergreifende Gesamtmaßnahme zu planendes Schutzkonzept in Einzelmaßnahmen aufzuteilen, die eine praktikable und effektiv handhabbare sowie leichte überschaubare Planung nach Maßgabe des jeweils anzuwendenden materiellen Planungsrechts ermöglicht (vgl. auch VGH BW, U.v. 23.9.2014 – 3 S 284/11 – juris Rn. 14). Wie bereits oben ausgeführt stellt der Hochwasserschutz ein Gemeinwohlinteresse von überragender Bedeutung dar. In Bayern sind in den letzten 20 Jahren mehrfach große Hochwasser aufgetreten, von denen gerade auch die Orte im unteren M-tal wiederholt betroffen waren. Eine Erhöhung des bislang am Bemessungshochwasser HQ-100 zuzüglich eines Freibords von 1 m ausgerichteten Schutzniveaus um einen 15%igen Klimazuschlag entspricht dem aktuellen Stand der Wissenschaft (vgl. unter B I.2.2.1). Das Gesamtvorhaben, einen den bayernweiten Standards entsprechenden ausreichenden Hochwasserschutz für das untere M-tal zu gewährleisten, begegnet vor dem Maßstab des Abwägungsgebots nicht zuletzt auch deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil dies einen möglichst frühen Bauausführungsbeginn in besonders gefährdeten Bereichen bzw. in Gebieten mit besonders hohem Schadenspotenzial ermöglichte (vgl. oben unter B II 1.2.2.2.2). Ob dies auch eine für die Klägerin zumutbare Alternative darstellt, ist eine Frage der Rechtmäßigkeit der Alternativenprüfung sowie der Gesamtabwägung. Der von der Klägerin erhobene Einwand der „Salamitaktik“ bzw. der „unzulässigen Projektzersplitterung“ greift daher nicht durch.
2. Die von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung der betroffenen Belange vorgenommene Alternativenprüfung ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
2.1 Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich bei der Auswahl unter verschiedenen, ernstlich in Betracht kommenden Ausführungsvarianten eines Vorhabens – ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben – um eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 10.15 – NVwZ 2018, 1799 = juris Rn. 56 m.w.N.). Maßstab der gerichtlichen Prüfung sind insoweit die Abwägungsgrundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht für die Auswahl zwischen verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten entwickelt hat. Danach müssen bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr auf Grund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – juris Rn. 78 m.w.N.).
2.2 Gemessen daran erweist sich die im Planfeststellungsverfahren vorgenommene Alternativenprüfung als rechtsfehlerfrei.
2.2.1 Ein Abwägungsausfall ist nicht erkennbar. Der von der Klägerin erhobene Vorwurf der fehlenden Ergebnisoffenheit entbehrt jeder Grundlage. Die Planfeststellungsbehörde hat vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses neben der sogenannten Nullvariante – also dem Verzicht auf das Vorhaben – insgesamt neun Ausführungs- und Betriebsvarianten am selben Standort, 14 Standortalternativen für einen oder mehrere Polder und zwei alternative Maßnahmen in den Blick genommen (PFB S. 110 ff.). Zudem wurde die vorgenommene Betrachtung im ergänzenden Verfahren im Hinblick auf die zusätzlich gewürdigten artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nochmals geprüft (PEB S. 41 ff.) und im Hinblick auf die neu bewerteten artenschutzrechtlichen Beeinträchtigungen der Art Zauneidechse darüber hinaus vier Planungsvarianten als Alternative zur Ausnahmeentscheidung untersucht (PEB S. 44 ff.). Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass sie zu dem Schluss kommt, dass das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel an keinem anderen als dem vorgesehenen Standort realisiert werden kann.
2.2.2 Der Vorwurf, die Planfeststellungsbehörde habe sich nicht einer ergebnisoffene mit der Nullvariante auseinandergesetzt, geht fehl. Im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 113 ff.) wird vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass das Planungsziel mit anderen bzw. ergänzenden Maßnahmen, insbesondere mit den von der Klägerin angeführten Maßnahmen im Bereich des Tegernsees und der Leitzach, nicht erreicht werden kann (vgl. auch unter B III 2.2.3) und im Ergebnis somit nur durch das beantragte Vorhaben sichergestellt wird, dass ein einem hundertjährlichen Hochwasser zuzüglich des Klimazuschlags entsprechendes Hochwasserereignis im gesamten unteren M-tal ausreichend sicher bewältigt werden kann.
2.2.3 Der Beklagte führt nachvollziehbar aus, dass der von der Klägerin favorisierte „Hochwasserrückhalt in der Fläche“, also dezentrale Maßnahmen, intensiv untersucht, letztlich aber als nicht ausreichend erachtet worden sind. Es ist plausibel, dass mit dezentralen Maßnahmen lediglich ein Schutz vor kleineren, lokalen Hochwässern erzielt werden kann, eine Minderung der Abflussspitze aber bereits ab einem HQ-20 nicht mehr möglich ist, weil die nicht steuerbaren Rückhaltemechanismen bei großen Ereignissen bereits ausgelastet sind, bevor der maximal Abfluss auftritt. Dies hat der amtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt (vgl. S. 18 des Sitzungsprotokolls vom 19.11.2019). Auch die Wirkung dezentraler, gesteuerte Becken ist nach den überzeugenden Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 145 ff.) relativ gering, weil diese nur sektoral für das jeweilige vorgesehene Schutzziel hochwasserreduzierend wirken. Damit ist ein dezentraler Hochwasserrückhalt zwar eine sinnvolle Ergänzung zu einer zentralen großen Hochwasserbaumaßnahme, der damit leistebare Hochwasserschutz ist aber gerade nicht mit der Wirkung einer zentralen Maßnahme vergleichbar. Bei sehr großen, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand infolge der Klimaveränderung häufiger zu erwartenden Hochwasserereignissen (HQ-100 zuzüglich 15%igem Klimazuschlag), ist hiermit gerade kein gezielter Hochwasserrückhalt möglich.
2.2.3.1 Dezentrale Maßnahmen in der Fläche zum Hochwasserrückhalt werden nach den nicht substanziiert bestrittenen Ausführungen des Beklagten jedoch als Ergänzung zu dem im Gesamtkonzept „Hochwasserschutz für das untere M-tal“ vorgesehenen technischen Hochwasserschutz weiter verfolgt, wie z.B. die Geschiebesperre am Kl-A-Bach oder die Gewässeraufweitungen an der L. bei W./Irschenberg. Auch im oberen M-tal wurden natürliche Rückhaltemaßnahmen am Tegernsee und am Schliersee untersucht (vgl. PFB S. 138, 155, 139) und der „Hochwasserausgleich Tegernsee“ (vgl. unten unter B III 2.2.3.2.6) als weiteres Element des Hochwasserschutz-Gesamtkonzepts umgesetzt. Dass die Umsetzungen „zeitlich deutlich hinterher laufen“ ist für das Abwägungsergebnis unerheblich, weil nach den überzeugenden Prüfungen der Planfeststellungsbehörde feststeht, dass mit ergänzenden dezentralen Maßnahmen keine Reduzierung des Retentionsvolumens des Hochwasserrückhaltebeckens F. erreicht werden kann.
2.2.3.2 Die Genehmigungsbehörde hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kombination von verschiedenen ergänzenden Rückhaltemaßnahmen am Tegernsee, der L. und der M., die für sich allein keinen umfassenden Schutz des gesamten unteren M-tals leisten können, mit einem jeweils kleiner dimensionierten Hochwasserrückhaltebecken F. das Planungsziel erreichen kann. Diese hat sie jedoch aus nachvollziehbaren Gründen, die die Klägerin nicht aufgegriffen, geschweige denn substanziiert infrage gestellt hat, ausgeschieden.
2.2.3.2.1 Dabei hat die Planfeststellungsbehörde auch mehrere Alternativen eines „Hochwasserrückhaltebeckens in N. an der L.“ in Kombination mit bei dieser Variante erforderlichen weiteren Hochwasserrückhaltemaßnahmen geprüft (vgl. PFB S. 134 ff.). Nach ihren Ausführungen (vgl. PFB S. 134 ff.) haben sich selbst unter Zugrundelegung eines geringen Rückhaltevolumens von 1,5 Mio. m3 diese Alternativen jedoch – ungeachtet des Umstands, dass insoweit auch privates Grundeigentum in der Summe stärker betroffen wäre (vgl. PFB S: 208 f.) – im Hinblick auf den FFH-Gebietsschutz als naturschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig erwiesen; eine noch geringere Beckengröße hätte die durch das Vorhaben bedingten Eingriffe nicht verringert (vgl. PFB S. 135). Eine Rücknahme der Ausweisung des FFH-Gebiets entlang der Leitzach ist aus den im Planfeststellungsbeschluss genannten Gründen (vgl. S. 128) nicht möglich.
2.2.3.2.2 Eine Rückhaltung am Seehamer See stellt, auch in Kombination mit anderen Maßnahmen, stellt keine Möglichkeit zur Reduzierung des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens dar, weil sich dort wegen der nur geringen möglichen Ausleitungsmenge das mit dem Hochwasser mitgeführte Treibgut im Stollen festsetzen und den Wasserzufluss behindern würde; deswegen wird der Überleitungsstollen bei sehr großen Hochwässern auch gegenwärtig geschlossen (vgl. PFB S.138).
2.2.3.2.3 Ein Hochwasserrückhaltebecken in H1 a.d. G1 in Kombination mit einem kleineren Polder in F. kann aufgrund seines Standorts nur für den M-tal-Abschnitt unterhalb der Glonn-Mündung eine positive Wirkung entfalten und daher wegen des nur geringen Retentionsvolumens den Abfluss der M. lediglich in sehr geringem Umfang reduzieren; zudem setzt eine maßgebliche Wirkung des Beckens voraus, dass sich die bedeutende Hochwasserlage gerade im Glonn-Einzugsgebiet ereignet (vgl. PFB S. 115).
2.2.3.2.4 Plausibel ist auch, dass ein gezielter Hochwasserrückhalt im Einzugsgebiet des Schliersees, das nur ca. 2% des M.-Einzugsgebiets ausmacht, im Hinblick darauf, dass das Zwischeneinzugsgebiet bis zur M. zu groß ist, keine überörtliche Wirkung erzielen kann.
2.2.3.2.5 Die Alternativen „kleines Hochwasserrückhaltebecken in Grub an der M. in Kombination mit einem reduzierten Hochwasserrückhaltebecken F.“ durfte die Genehmigungsbehörde wegen der dort bestehenden erheblichen geologischen Risiken (Hangrutschgefahr) ausscheiden (vgl. PFB S. 117).
Zu diesen plausiblen Ausführungen verhält sich die Klägerin nicht. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, trifft deren pauschaler Vorwurf, derartige Alternativlösungen sein lediglich aus Kostengründen abgelehnt worden, nicht zu.
2.2.3.2.6 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann durch eine wirksame Vorabsenkung des Tegernsees das erforderliche Beckenvolumen des planfestgestellten Hochwasserrückhaltebeckens nicht reduziert werden.
Der Beklagte hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass im Rahmen der Maßnahme „Hochwasserausgleich Tegernsee“ durch eine Bewirtschaftung des Tegernsees zusätzlicher Rückhalteraum gewonnen werden soll, um so den Hochwasserscheitel in der M. zu dämpfen (vgl. S. 55 ff., S. 69 ff. des Erläuterungsbericht in Ordner 1 der Antragsunterlagen). Im Wesentlichen soll dafür vor sehr großen Hochwasserereignissen, die auf einen hohen Seewasserstand treffen, und unter der Voraussetzung, dass entsprechende Abflussverhältnisse vorliegen, eine Vorabsenkung des Seewasserspiegels durch Abgabe von maximal 50 m³/s an die M. erfolgen. Eine Verringerung des Beckenvolumens des in F. geplanten Polders kann damit aber nicht erreicht werden. Da das Tegernsee-Einzugsgebiet lediglich 20% des gesamten M.-Einzugsgebiets umfasst, ist die Wirkung des „Hochwasserausgleichs Tegernsee“ nur bei entsprechend hohen Niederschlägen in diesem Einzugsgebiet gegeben. Liegt der Schwerpunkt der Niederschläge jedoch außerhalb dieses Gebiets, wie im Leitzachtal, kann hiermit keine wesentliche Wirkung für das untere M-tal erreicht werden, was aber die Grundvoraussetzung für die Erreichung des Planungsziels ist. Zudem kann eine Vorabsenkung nicht erfolgen, wenn der Abfluss in der M. durch Niederschläge ohnehin schon hoch ist. Bei einem im Hinblick auf die Zielerreichung konkret zu betrachtenden Hochwasserereignis HQ-100 plus 15% igem Klimazuschlag fließt bereits lange vor dem Ereignis ein Abfluss am natürlichen Seeauslauf ab, der größer ist als die Wassermenge von 50 m³/s. Daher kann bei einem derartigen Ereignis keine Vorabsenkung des Sees erfolgen und somit kein zusätzlicher Rückhalt im See geschaffen werden.
Eine Erhöhung der zu entlastenden Wassermenge von 50 m³/s ist nicht möglich, weil ansonsten eine nicht zu vertretende Abflussverschärfung für die Unterlieger eintreten würde. Mit der Vorabsenkung kann auch nicht früher begonnen werden, weil die Niederschlagsprognosen, die mehr als 24 Stunden vor dem Ereignis getroffen werden, nicht ausreichend genau sind (vgl. PFB S. 121 f.). Würde nach beginnender Vorabsenkung kein Niederschlag fallen, bestünde das Risiko, dass öffentliche und private Belange durch einen längerfristig niedrigen Seewasserstand erheblich betroffen werden. Neben der Beeinträchtigung der Seeschifffahrt und der Kraftwerksbetreiber stehen hier insbesondere die Belange des Naturschutzes im Raum (z. B. durch Trockenfallen von Schilf-Biotopen). Dagegen umfasst das Einzugsgebiet am Standort des Hochwasserrückhaltebeckens F. ca. 70% des gesamten M.-Einzugsgebiets und deckt damit neben dem oberen M-tal auch das gesamte L.-Einzugsgebiet ab. Die im Leitzachtal entstehende Abflusswelle trifft in der Regel auf den anlaufenden Ast der durch den dämpfenden Effekt des Tegernsees und des Schliersees geprägten Hochwasserwelle der M. und bildet die Abflussspitze der Hochwasserganglinie unterhalb der Leitzachmündung aus. Die Abflussspitze kann somit nur unterhalb der Leitzachmündung und nur durch das Hochwasserrückhaltebecken F. erfolgen. Dem hat die Klägerin nichts entgegengesetzt.
Diese überzeugenden und ausführlichen Darlegungen im Planfeststellungsbeschluss werden von der Klägerin nicht substanziiert infrage gestellt.
2.2.3.2.7 Der Beklagte durfte die Alternative „Linienausbau HQ100 plus Klimazuschlag in Kombination mit einem kleineren Hochwasserrückhaltebecken F.“ ausschließen.
Die Planfeststellungsbehörde hat die Verwerfung einer nachträglichen Ertüchtigung des Linienausbaus um den Zuschlag in Kombination mit einem kleineren gesteuerten Hochwasserrückhaltebecken am Standort damit begründet, dass diese nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand umsetzbar ist, in privates Grund- und Wohneigentum eingreift, eine im Vergleich zum beantragten Vorhaben unzumutbar hohe Steigerung von Projektkosten verursacht und diesen Nachteilen im Vergleich zur planfestgestellten Variante ein nur geringer Gewinn für Natur und Umwelt gegenüber steht. Diese Bewertung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen dem Einwand der Klägerin hat die Planfeststellungsbehörde dies nicht nur pauschal behauptet, sondern unter Berücksichtigung der neu hinzugekommenen artenschutzrechtlichen Betroffenheiten ausführlich begründet (vgl. PEB S. 42 f., PFB S. 140 ff.).
Planungsalternativen können auch aus naturschutzexterne Gründen als unverhältnismäßiges Mittel verworfen werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 = juris Rn. 57 m.w.N.). Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen lassen, wenn sich die maßgeblichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen würden wie an dem von ihm gewählten Standort. Er darf darüber hinaus von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, ihm aber Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (BayVGH, U.v. 28.1.2008 – 8 A 05.40018 – NuR 2008, 582 = juris Rn. 94). Auch wenn es im Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nicht zum Ausdruck kommt, gilt aufgrund des in Art. 5 Abs. 3 EGV gemeinschaftsrechtlich verankerten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das europäische Naturschutzrecht nicht schrankenlos (BVerwG, U.v. 17.5.2002 – 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 = juris Rn. 37). Demnach können im Rahmen der Abwägung auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen (BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 142). Ob Kosten oder sonstige Belastungen außer Verhältnis zu dem nach Art. 6 FFH-RL festgelegten Schutzregime stehen, ist dabei am Gewicht der beeinträchtigten Schutzgüter zu messen. Maßgeblich ist insoweit die Schwere der Gebietsbeeinträchtigung, die Anzahl und Bedeutung etwa betroffener Lebensraumtypen oder Arten sowie der Grad der Unvereinbarkeit mit den Erhaltungszielen.
Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die von der Klägerin als angeführte Alternative ausgeschieden hat. Für die Verwirklichung der genannten Alternativmaßnahme sind bereits ohne Berücksichtigung der Kosten für den Grunderwerb bzw. für die Entschädigung für dauerhaften Flächenentzug mindestens 115 Mio. Euro zu veranschlagen. Dieser Betrag setzt sich nach den plausiblen Erläuterungen im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 140 ff.) zusammen aus den Mehrkosten für den Linienausbau durch die dann erforderliche Nachrüstung, Hebung und/oder den Neubau von Brücken (25 Mio. Euro) und die Anpassung der Hochwasserschutzanlagen (ca. 45 Mio. Euro) sowie den Kosten für das zusätzlich erforderliche kleineren Hochwasserrückhaltebecken, die sich durch die Verringerung der Beckengröße lediglich um 10 Mio. Euro im Vergleich zum geplanten Vorhaben auf 45 Mio. Euro reduzieren würde. Damit beliefen sich die Kosten für eine solche Maßnahme auf das Doppelte der Projektkosten des geplanten Vorhabens. Angesichts dieser Unterschiede ist es nachvollziehbar, wenn die Planfeststellungsbehörde weiter ausführt, dass zwar die Entschädigungskosten für den Flutungsfall wegen der ca. 9% geringeren Einstaufläche und der nicht erforderlichen Einbeziehung der Unterwasserbecken geringer ausfallen dürften, dass sich diese Einsparung jedoch in einem Umfang bewegt, der sich auf das Verhältnis der Projektkosten nicht wesentlich auswirken wird.
Dass aus Sicht des Gebietsschutzes die Auswirkungen der Alternativmaßnahme geringer wären, macht die Alternativenprüfung nicht rechtsfehlerhaft. Zwar würde sich die dann erforderliche Flächeninanspruchnahme des LRT 91E0* auf etwa 0,23 ha reduzieren und damit in etwa halbieren. Die Planfeststellungsbehörde nimmt dies aber ausdrücklich in den Blick und wägt diesen Vorteil für den Naturschutz ausführlich mit den bei dieser Alternative entstehenden hohen Projektkosten ab (vgl. PFB S. 140 bis 146). Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung ist es im Hinblick auf die enorme Kostensteigerung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde trotz des relativen naturschutzfachlichen Gewinns eine solche alternative Maßnahme als unzumutbar bewertet und die Voraussetzung des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bejaht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer hierzu angestellten Erwägungen davon ausgeht, dass diese Alternative in Bezug auf den Artenschutz zu vergleichbaren Beeinträchtigungen führen würde wie die planfestgestellte Variante. Zwar wurden im ergänzenden Verfahren hinsichtlich der streng geschützten Arten Zauneidechse, Haselmaus und Biber neue Betroffenheiten festgestellt. Die Planfeststellungsbehörde ist hierüber jedoch nicht, wie in der Klagebegründung behauptet wird, pauschal ohne vertiefte Prüfung der konkreten Realisationsmöglichkeiten hinweggegangen, sondern nimmt hierauf im Planergänzungsbeschluss (vgl. dort S. 43) ausdrücklich Bezug und führt aus, dass diese Feststellungen nichts daran ändern, dass beide Varianten im Hinblick auf den Artenschutz zu vergleichbaren Beeinträchtigungen führen. Dies begründet sie plausibel damit, dass die von der Klägerin favorisierte Variante 2 die Verlängerung der Rücklaufdeiche und die Verbreiterung der Hochwasserschutzanlagen beidseitig der M. auf der gesamten Länge des Linienausbaus (rund 25 km) erfordert. Es leuchtet ein, dass dies, wie die Regierung von …ausführt, zu erheblichen artenschutzrechtlichen Eingriffen in die Uferbereiche der M. führen würde, weil diese gerade auch für die Arten Zauneidechse, Haselmaus und Biber ein ungleich höheres Beeinträchtigungspotenzial darstellen. Daher ist es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Behörde diese Alternative als unzumutbar bewertet.
2.2.3.2.8 Der Einwand, die Alternative eines Hochwasserrückhaltebeckens an der Leitzach bei Wörnsmühl sei rechtsfehlerhaft ausgeschlossen worden, ist zurückzuweisen.
Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 114 f.) erläutert wird, besteht am Standort Wörnsmühl die geologisch nicht beherrschbare Gefahr, dass bei einem Einstau des Hochwasserrückhaltebeckens die labilen Hänge aufgrund des hohen Wasserdrucks abrutschen. Infolgedessen würde eine große Menge an Materialien wie Geröll und Erdreich in das Becken gelangen, die wiederum zu einer über das Becken hinausgehenden Flutwelle mit verheerenden Folgen und insbesondere auch zur Gefährdung von Menschenleben führen könnten. Da das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel, Gesundheit und Menschenleben sowie hochwertige Sachgüter zu schützen mit dieser Alternative somit nicht erreicht werden kann, durfte dieser Standort ausgeschlossen werden. Hierzu verhält sich die Klägerin nicht. Im Planfeststellungsbeschluss wird auch klargestellt, dass der Vorhabenträger bei der Beurteilung der Alternative Wörnsmühl lediglich ein Volumen von 10 Mio. m³ in Ansatz gebracht hat (vgl. Erläuterungsbericht S. 60), dass die erheblichen Hangrutschgefahren dort aber ohnehin unabhängig von dem zugrunde gelegten Speichervolumen bestehen. Damit ist auch der Einwand der Klägerin, eine Kombination eines kleineren Polders in F. mit einem Hochwasserrückhaltebecken bei Wörnsmühl sei vorzugswürdig, ausgeräumt. Es kann daher dahinstehen, dass die Alternative Wörnsmühl auch aus naturschutzfachlicher Sicht als besonders nachteilig zu bewerten ist, weil das gesamte Rückhaltebecken am dortigen Standort komplett im FFH-Gebiet DE 8237-371 „Leitzachtal“ liegen würde und insofern größere Beeinträchtigungen von zu schützenden Erhaltungszielen als bei der planfestgestellten Variante zu befürchten wären (vgl. PFB S. 115).
2.2.3.2.9 Auch eine Deichverlegung hinter die überregional bedeutenden Auenreste und Quartierbaumareale stellt keine Möglichkeit zur Eingriffsminderung oder teilweisen Eingriffsvermeidung dar, da aufgrund des damit einhergehenden Verlusts an Retentionsvolumen das Planungsziel nicht erreicht werden kann (vgl. PFB S. 151 ff.). Die Vorschläge der Klägerin, diesen Verlust an Retentionsvolumen durch andere Maßnahmen sicherzustellen, sind nicht zielführend. Der für das planfestgestellte Beckenvolumen angesetzte Sicherheitszuschlag ist nach Auffassung des amtlichen Sachverständigen zwingend notwendig und entspricht dem Stand der Technik (vgl. PFB S. 156). Die Regierung von Oberbayern erläutert plausibel (vgl. PFB S. 94 f.), dass hierauf nicht verzichtet werden kann, weil es im Einsatzfall nicht möglich ist, die Steuerung exakt auf der mathematisch berechneten Linie bei 315 m³/s zu halten und zudem Prognoseungenauigkeiten zu berücksichtigen sind. Auch eine Reduzierung des Freibords am geplanten Rückhaltebecken ist nach den Vorgaben der einschlägigen DIN-Norm 19700 aus Sicherheitsgründen nicht möglich (vgl. PFB S: 156 f.). Soweit die Klägerin behauptet, es könnten weniger wertvolle Flächen als Retentionsraum herangezogen werden, etwa durch Nutzung von Intensivlandwirtschaftsflächen im FFH-Gebiet Leitzachtal, bleibt sie eine Konkretisierung schuldig, um welche Flächen es sich hierbei konkret handeln soll, obwohl der Beklagte insoweit darauf hingewiesen hat, dass ihm derartige Flächen nicht bekannt sind. Auch mit dem pauschalen Vortrag, es seien mögliche weitere naturnahe Retentionsbeiträge an der Leitzach im nicht vernachlässigbaren Umfang bisher nicht berücksichtigt worden, legt die Klägerin nicht substantiiert dar, welche konkreten Alternativflächen hier im Raum stehen könnten.
Danach begegnet die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Alternativenprüfung keinen rechtlichen Bedenken.
3. Der Vortrag, die Fehlerhaftigkeit der Abwägung ergebe sich aus der unzureichenden Berücksichtigung der Verletzung höherstehender Planung, der für die Gemeinde aufgrund des Vorhabens erwachsenden Hochwasserrisiken, der Verwendung unzureichender Daten sowie der Berücksichtigung einer nicht ausreichend dimensionierten Drainage, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Wie sich aus obigen Ausführungen (vgl. unter B II) ergibt, greifen diese Einwände schon der Sache nach nicht durch und mussten daher von der Planfeststellungsbehörde auch nicht im Rahmen der Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden. Nachdem der Klägerin, wie oben aufgezeigt (vgl. unter B II 4), im Hinblick auf natur- bzw. artenschutzrechtliche Belange kein Rügerecht zusteht kann sie insoweit auch keine Abwägungsfehler geltend machen.
4. Auch die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene fachplanerische Gesamtabwägung leidet nach allem an keinem erheblichen Rechtsfehler.
Das Gebot der gerechten Abwägung wird nicht verletzt, wenn sich die zuständige Behörde in der Kollision zwischen verschiedenen widerstreitenden Belangen für die Bevorzugung einzelner Belange und damit notwendig für die Zurückstellung anderer Belange entscheidet. Die hierin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist nach ständiger Rechtsprechung vielmehr gerade ein wesentliches Element der der Planfeststellungsbehörde durch den Gesetzgeber eingeräumten planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 29.6.2015 – 3 A 1.16 – juris Rn. 129 m.w.N.).
Die Beklagte kommt vorliegend nach umfassender Prüfung und gründlicher Abwägung der für das planfestgestellte Hochwasserrückhaltebecken streitenden öffentlichen Interessen gegen die hiervon negativ berührten privaten, kommunalen und sonstigen, insbesondere auch den Naturschutz betreffenden, öffentlichen Belange zu dem Gesamtergebnis, dass sich das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel, die Bevölkerung des unteren M.tals vor einem das Bemessungshochwasser HQ-100 zuzüglich eines 15%igen Zuschlags wegen der zu erwartenden Auswirkungen der Klimaveränderung zu schützen, durchsetzt. Hiergegen ist nach allem nichts zu erinnern. Nachdem die umfassende Alternativenprüfung aufgezeigt hat, dass der angestrebte Schutz vor den häufiger zu erwartenden sehr großen Hochwasserereignissen ausschließlich am geplanten Standort umgesetzt werden kann, ist trotz der betroffenen gewichtigen Interessen der Klägerin nicht erkennbar, dass die maßgeblichen Belange nicht ordnungsgemäß ermittelt oder fehlerhaft in die Abwägung eingestellt worden sind. Es liegt auch sonst kein Abwägungsmangel vor.
Der Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 erweist sich damit als rechtmäßig. Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
VI. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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