Baurecht

Werklohnforderung für Erbringung von Metallbauarbeiten

Aktenzeichen  20 U 5268/20 Bau

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19660
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VOB/B § 2 Abs. 8, § 16 Nr. 3 Abs. 1
BGB § 307, § 633, § 677, § 683

 

Leitsatz

1. Die Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, wonach eine schriftliche Beauftragung Voraussetzung für eine Vergütung sein soll, ist gem. § 307 BGB unwirksam. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Weist das Werk erhebliche Mängel auf, so steht dies der Abnahmefähigkeit, der Abnahmefiktion und dem Eintritt der Fälligkeit entgegen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

74 O 430/17 2020-07-16 Endurteil LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 16. Juli 2020, Az. 74 O 430/17, abgeändert und – teilweise zur Klarstellung – neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 47.100,44 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23. November 2018 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 13%, die Beklagte 87%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 5%, die Beklagte 95%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts ist im Umfang seiner Aufrechterhaltung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 49.824,70 € festgesetzt, hiervon entfallen auf die Berufung der Klägerin € 18.069,75, auf die Berufung der Beklagten € 31.754,95.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Bezahlung einer restlichen Werklohnforderung aus dem Bauvorhaben „C. “ in L.
Die Klägerin ist eine mittelständische Fachfirma, die Metallbauarbeiten durchführt, die Beklagte als Bauträgerin tätig.
Die Klägerin erstellte für das Bauvorhaben „C. “ der Beklagten „auf der Grundlage“ ihrer Lieferungs- und Zahlungsbedingungen zwei Angebote vom 22. März 2012 (K 1) und vom 5. November 2012 (K 2) für die Erbringung der Metallbauarbeiten mit Verglasung. Dabei sollten Strom-, Kran- und Gerüststellung für die Montage auftragsseitig erfolgen. Die Wartung der Elemente war nicht Bestandteil der Angebote. Mit Mail vom 24. Januar 2013 (K 4) bestätigte die Klägerin die Auftragserteilung mit dem Inhalt des Angebots vom 5. November 2012 und bat um Übersendung des „schriftlichen Auftrags mit den vereinbarten Konditionen“. Die Beklagte bestätigte „den Auftrag“ mit Mail vom 25. Januar 2013 (K 3) und teilte mit, dass „der Bauvertrag hierfür“ in der kommenden Woche ausgearbeitet würde.
Am 7. Februar 2013 schlossen die Parteien einen schriftlichen „Bauvertrag Gewerk Fenster“ (K 5). Die Klägerin übersandte der Beklagten am 8. Februar 2013 eine schriftliche Auftragsbestätigung (K 6) „auf der Grundlage des Bauvertrags“.
In Ziffer 1 des Bauvertrags (K 5) war neben der Verpflichtung zu Lieferung und Einbau der Fenster zusätzlich vereinbart, dass die Klägerin die Wartung der Fenster „für fünf volle Kalenderjahre ab Datum der vollständigen, förmlichen Abnahme, kostenfrei übernimmt.“ Nach Ziffer 4 des Bauvertrags waren Vertragsbestandteile neben dem Bauvertrag selbst die VOB/B, VOB/C, die konkrete EnEV-Berechnung, die Baugenehmigung und die freigegebenen Werkpläne. Ziffer 10 des Bauvertrags bestimmt, dass Nachträge bzw. zusätzliche Leistungen schriftlich vorgelegt werden müssen und erst nach Unterschrift als erteilt gelten. Weiter war in dem Bauvertrag in Ziffer 3.1 vereinbart, dass die Vergütung „gemäß Angebot 12-025 vom 05.11.2012“ erfolgen würde, die Abrechnung „nach den im o.g. Angebot genannten Einheitspreisen.“ Gemäß Ziffer 11 und 12 des Bauvertrags hatte sich die Klägerin mit 1% der Auftragssumme an einem Werbekostenzuschuss und mit 0,25% der Auftragssumme an der Bauleistungsversicherung zu beteiligen. In Ziffer 9 des Bauvertrags wird bestimmt, dass die Abnahme förmlich zu erfolgen hat mit einer Objektbegehung, bei der „alle vom Auftraggeber behaupteten Mängel in ein Abnahmeprotokoll aufgenommen werden.“ Gemäß Ziffer 3.2 des Vertrags konnte die Schlussrechnung „nach vollständiger Fertigstellung aller Bauabschnitte und erfolgter förmlicher Gesamtabnahme gestellt werden.“ Nach Ziffer 13 Satz 3 des Vertrags werde die Schlusszahlung für das fertiggestellte Objekt innerhalb von 60 Werktagen geleistet.
Am 6. März 2013 beauftragte die Beklagte die Klägerin zusätzlich mit den Nachträgen N 1.1 und N 1.2 (K 7) und bestätigte mit Fax vom 17. April 2013 (K 8) zudem einen Mehraufwand in Höhe von je € 87,00 netto für den Profildurchbruch von drei Fensterelementen sowie einen Aufpreis in Höhe von je € 171,00 für den Profildurchbruch von 5 Fensterelementen.
Die Klägerin erbrachte ihre Leistungen im Juni 2013. Sie übersandte unter dem 5. Juli 2013 eine um sämtliche erbrachte Arbeiten ergänzte Auftragsbestätigung (K9) an die Beklagte (vgl. Mail K 14). Zur Leistungserbringung liegt ein „Protokoll zur Erstbegehung am 18.07.2013“ (B 1) vor sowie ein handschriftlich mit „Abnahme Haus C 10.09.2013“ überschriebenes Anlagenkonvolut (K 10).
Die Abrechnung durch die Klägerin erfolgte mit Schlussrechnung Nr. 13/138 vom 31. Dezember 2013 (K 11) mit Fälligkeit zum 26. April 2014 über eine Gesamtsumme von € 333.999,70 brutto. Die Beklagte hatte an Abschlagszahlungen insgesamt € 280.000,00 erbracht. Sie bezahlte den laut Schlussrechnung noch offenen Betrag von € 53.999,70 trotz Zahlungserinnerung vom 28. November 2016 (K 12) mit Fristsetzung zum 5. Dezember 2016 nicht. Diese Zahlungserinnerung bezog sich auf eine Schlussrechnung Nr. 16/034 vom 24. Februar 2016, die nach dortiger Angabe die Rechnung Nr. 13/138 ersetzt hat.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass rechnerisch eine offene Werklohnforderung der Klägerin in Höhe von jedenfalls € 40.846,65 besteht. Uneinigkeit herrscht darüber, ob die Klägerin darüber hinaus Anspruch auf Bezahlung der in der Schlussrechnung (K 11) mit den Positionen N 2.2, N 2.3, N 2.4, N 2.5 abgerechneten Nachtragsarbeiten im Wert von insgesamt € 6.245,95 und der mit den Positionen R 1, R 2, R 3 und R 4 berechneten Regiearbeiten in Gesamthöhe von € 2.503,75 hat. Hinsichtlich der Position N 2.1 ist streitig, wieviele Profildurchbrüche erstellt wurden.
Im Verlauf des Rechtsstreits haben die Parteien eine Begehung des Gewerks durchgeführt; die Klägerin hat Mängel beseitigt und die Fenster erstmals gewartet. Mit Schreiben vom 9. November 2018 (K 16) hat die Klägerin der Beklagten den Abschluss der Mängelbeseitigungsarbeiten angezeigt und Frist zur Zahlung der behauptet noch offenen Werklohnforderung in Höhe von € 53.999,70 bis 22. November 2018 gesetzt.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass die Leistungen im Juli 2013 im Wesentlichen abnahmefähig erstellt worden seien. Sie hat vorgetragen, dass am 18. Juli 2013 eine Erstbegehung durchgeführt worden sei und ab dem 10. September 2013 an verschiedenen Terminen eine Abnahme mit detaillierten Protokollen (K 10). Die Klägerin habe sodann die festgestellten Mängel beseitigt; auf eine weitere förmliche Abnahme sei verzichtet worden, nachdem die Erwerber keine Mängelrügen erhoben hätten. Die in der Schlussrechnung (K 11) aufgeführten Nachträge N 2.2, N 2.3, N 2.4 seien beauftragt worden. Mit der Position N 2.2 (€ 132,00) sei eine Profilverbreiterung abgerechnet worden, die nötig geworden sei, weil die Beklagte eine stärkere Außendämmung aufgebracht habe. Gleiches gelte für den Haupteingang (N 2.3, € 186,00). Wegen der stärkeren Außendämmung hätten die bestellten 96 Wetterbleche mit einer Ausladung von 23 cm angefertigt werden müssen statt mit 15 cm und Thermohalter eingebaut werden müssen, wofür in Position N 2.4 übliche und angemessene Mehrkosten von insgesamt € 4.896,00 berechnet worden seien. Die Regiearbeiten seien vom Bauleiter D. beauftragt worden. Die Türmontage am 12., 21. und 26. Juni 2013 habe mit einem Fahrgerüst durchgeführt werden bzw. das Fahrgerüst für die Montage der Folien und des Wetterblechs eingesetzt werden müssen. Am 16. Mai 2013 sowie von 10. bis 14. Juni 2013 habe die Klägerin bei zwei Fensterelementen die Rohbauöffnung im Obergeschoss nachstemmen (K 16) sowie die Bodenanschlüsse freistemmen müssen (K 17). Der mit der Position N 2.5 berechnete Kran sei erforderlich gewesen. Sowohl in den AGB der Klägerin, die dem Angebot vom 5. November 2012 beigefügt gewesen seien, wie auch in dem Angebot selbst auf Seite 5 sei enthalten, dass die Kranstellung auftragsseitig zu erfolgen habe, was jedoch nicht geschehen sei. Die Position N 2.1 sei berechtigt, denn die Klägerin habe sieben Profildurchbrüche erstellt und nicht – wie in K 8 aufgeführt – nur fünf.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht behauptet, dass die im Erstbegehungsprotokoll (K 10) aufgeführten Mängel bis zur Mängelbeseitigung im November 2018 nach wie vor vorhanden gewesen seien und dass die Mängelbeseitigung einen hohen fünfstelligen Betrag erfordert hätte. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin die Positionen Regiearbeiten und N 2.1 mit N 2.5 nicht bzw. nur teilweise geltend machen könne. Regiearbeiten seien weder beauftragt noch erforderlich gewesen. Die Mehrungen aus der Schlussrechnung N 2.2, N 2.3, N 2.4 seien nicht beauftragt worden, für die in N 2.5 abgerechnete Kranstellung gebe es keine Anspruchsgrundlage. Bei der Position N 2.1 seien € 342,00 in Abzug zu bringen, da nicht sieben, sondern nur fünf Profildurchbrüche erstellt worden seien. Im Übrigen habe die Klägerin laut Bauvertrag die Wartung der Fenster für fünf volle Kalenderjahre ab Datum der vollständigen förmlichen Abnahme geschuldet. Sie habe dies jedoch nur ein einziges Mal ausgeführt. Pro Fenster sei ein Wartungsaufwand von 30 Minuten erforderlich, für 106 Elemente mithin 53 Stunden. Hinzu käme der Aufwand für die vor der Wartung nötigen Terminvereinbarungen von ca. 76 Stunden. Bei dem von der Klägerin in B 3 selbst zugrunde gelegten Stundensatz von € 54,50 ergäben sich Wartungskosten für vier Jahre von insgesamt € 38.810,53. Um diesen Betrag sei der Vergütungsanspruch der Klägerin gemindert.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 16. Juli 2020 hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von € 31.754,95 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27. April 2018 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Verfahren unstreitig gestellt worden sei, dass der Klägerin noch ein rechnerischer Werklohn in Höhe von € 40.846,65 zustehe. Da die hierfür beweisbelastete Klägerin die behaupteten Mehrungen N 2.1, N 2.2, N 2.3, N 2.4 und N 2.5 aus der Schlussrechnung (K 1) in Höhe von insgesamt € 6.587,95 sowie die Beauftragung mit den Regiearbeiten in Höhe von insgesamt € 2.503,75 nicht zur Überzeugung des Gerichts habe nachweisen können, seien diese Beträge von der unstreitigen Werklohnforderung abzuziehen, so dass eine begründete Forderung in Höhe von € 31.754,95 verbleibe. Der Bauleiter der Beklagten, der Zeuge D., habe sich nicht mehr erinnern können, Regiearbeiten beauftragt zu haben. Da er ausgesagt habe, im Fall der Beauftragung immer Regiezettel zu unterschreiben, hier allerdings solche Zettel nicht vorhanden seien, sei die Beauftragung nicht nachgewiesen. Nach Meinung des Bauleiters sei ein Fahrgerüst nicht erforderlich gewesen. Der Werklohnanspruch sei auch fällig. Da die Beklagte keinerlei Mängel mehr geltend mache, wäre sie nunmehr zu einer förmlichen Abnahme verpflichtet, so dass Abnahmefiktion eingetreten sei.
Die geltend gemachten Wartungskosten in Höhe von € 35.810,53 könne die Beklagte nicht von der Werklohnforderung abziehen. Die Wartung sei ab Datum der vollständigen förmlichen Abnahme vereinbart worden; dass eine förmliche Abnahme stattgefunden habe, sei von der Beklagten bestritten worden. Zudem sei die Klägerin berechtigt gewesen, die Wartungsarbeiten wegen der Nichtbezahlung der Werklohnforderung zu verweigern. Da sich die Beklagte in Zahlungsverzug befunden habe, habe ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin bestanden.
Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung die Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit ihre Klage abgewiesen wurde. Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 18.069,75 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27. April 2018 zu bezahlen sowie weitere Zinsen aus € 31.754,95 für den Zeitraum vom 27. April 2014 bis 27. April 2018. Die Klägerin weist darauf hin, dass das Landgericht irrtümlich von dem von der Beklagten zugestandenen Betrag von € 40.846,65 Abzüge wegen der Mehrungen und Regiearbeiten vorgenommen habe, statt vom gesamten noch offenen Werklohnanspruch.
Das Landgericht habe zudem verkannt, dass der Klägerin ein Zinsanspruch seit 27. April 2014 zustehe. Die Schlussrechnung sei am 26. April 2014 fällig gewesen, so dass ab dem Folgetag Verzugszinsen geschuldet gewesen seien. Die Fälligkeit ergebe sich daraus, dass die Beklagte keine Einwendungen gegen die Schlussrechnung erhoben habe, § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B. Die Leistung sei auch mangelfrei gewesen, weil die Beklagte selbst im Prozess keine Mängel eingewendet habe. Jedenfalls sei in der Schlussrechnung eine Fertigstellungsanzeige zu sehen, so dass die Rechtswirkungen nach § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B eingetreten seien. Daneben habe das Landgericht übersehen, dass die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 28. November 2016 (K 12) nochmals in Verzug gesetzt und Zahlung bis 5. Dezember 2016 gefordert habe. Bezüglich der Frage der Wartung sei das landgerichtliche Urteil zutreffend. Eine Wartung habe die Beklagte schon deshalb nicht fordern können, weil keine förmliche Abnahme erfolgt sei. Zudem habe die Beklagte schon nicht behauptet, dass aufgrund der unterbliebenen Wartung ein Schaden entstanden sei, und auch keine andere Firma mit Wartungsarbeiten beauftragt. Einen eventuellen Wartungsmehraufwand habe die Klägerin jedenfalls mit der Wartung im Jahr 2018 miterledigt. Die von der Beklagten genannten Wartungskosten seien unrealistisch.
Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils, soweit sie verurteilt wurde und die vollständige Abweisung der gegen sie gerichteten Klage. Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere geltend, dass die Werklohnforderung der Klägerin durch die Aufrechnung der Beklagten vollständig erloschen sei. Zu dieser Frage sei die Argumentation des Landgerichts widersprüchlich, denn es habe die Forderung der Beklagten mangels Abnahme abgelehnt, allerdings die Werklohnforderung zugesprochen, was ebenfalls Fälligkeit und Abnahme voraussetze. Die Klägerin gehe selber von einer förmlichen Abnahme aus; damit sei auch die Wartung geschuldet gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2021 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als die Beklagte zur Zahlung weiterer € 15.345,49 nebst Zinsen zu verurteilen ist, die zulässige Berufung der Beklagten ist nur hinsichtlich der Zinsforderung, die erst ab dem 23. November 2018 begründet ist, erfolgreich. Im Übrigen waren beide Berufungen zurückzuweisen.
1. Die Klägerin hat Anspruch auf Bezahlung der mit den Positionen N 2.2, N 2.3, N 2.4, N 2.5 berechneten Arbeiten, die Position N 2.1 ist zutreffend mit € 1.116,00 anzusetzen, so dass sich die Gesamtauftragssumme auf € 331.240,95 beläuft. Nach Abzug von 1,25% der Auftragssumme gemäß Ziffern 11 und 12 des Bauvertrags (K 5) und Berücksichtigung der unstreitig geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt € 280.000,00 beläuft sich die offene Werklohnforderung der Klägerin auf € 47.100,44. Der vom Landgericht zugesprochene Hauptsachebetrag ist damit um € 15.345,49 zu erhöhen.
a) Aus Anlage K 8 ergibt sich, dass die Beklagte sich mit einem Mehraufwand in Höhe von je € 87,00 netto für den Profildurchbruch von drei Fensterelementen und in Höhe von je € 171,00 netto für den Profildurchbruch von fünf Fensterelementen einverstanden erklärt hat. Die Erstellung der Profildurchbrüche ist in der Schlussrechnung (K 11) unter der Position N 2.1 berechnet worden, allerdings sind dort zwei Durchbrüche à € 174,00 und sieben Durchbrüche à € 171,00 aufgeführt, was wie von K 8 vorgegeben zu korrigieren ist und eine Verringerung der ansetzbaren Summe um € 255,00 auf € 1.116,00 zur Folge hat. Dass – wie die Klägerin behauptet – tatsächlich sieben und nicht nur fünf Durchbrüche erstellt worden seien, hat die Klägerin nicht bewiesen.
b) Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Zahlung der mit den Ziffern N 2.2, N 2.3 und N 2.4 abgerechneten Mehrungen für Profilverbreiterungen bzw. Wetterblechausladung in Höhe von insgesamt € 5.214,00 gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B bzw. § 2 Abs. 8 Ziffer 2 Satz 2 VOB/B. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass sie am Objekt eine stärkere Außendämmung hat anbringen lassen als ursprünglich vorgesehen, weshalb von der Klägerin zwangsläufig breitere Profile und Wetterbleche verarbeitet werden mussten als beauftragt. Die Leistungen waren mithin zur Erreichung des Werkerfolgs notwendig, die Beklagte hatte angesichts der Einbringung einer stärkeren Dämmung ersichtlich auch Kenntnis davon, dass die Klägerin breitere Profile und Wetterbleche verarbeitete; gegen die geltend gemachte Höhe des Preises hat die Beklagte nichts eingewendet.
Sollte die Bestimmung in Ziffer 10 des Bauvertrags (K 5) so zu verstehen sein, dass eine schriftliche Beauftragung Voraussetzung für eine Vergütung sein soll, ist diese Klausel jedenfalls unwirksam, § 307 BGB (vgl. Ingenstau, VOB Kommentar, § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 2).
c) Die Klägerin kann auch die Kosten für den Einsatz des Krans, den sie in Position N 2.5 mit € 1.031,95 berechnet, ersetzt verlangen.
Zwar sind die AGB der Klägerin nicht Vertragsbestandteil geworden, so dass sich hieraus für die Krankosten nichts ergibt. Denn die Beklagte hat das Angebot der Klägerin, in dem sie auf ihre AGB verweist, nicht angenommen. Die Parteien haben sich vielmehr darauf geeinigt, dass ein separater schriftlicher Vertrag geschlossen werden soll; in diesem aber ist die Geltung der klägerischen AGB nicht vereinbart.
Allerdings ergibt sich aus dem Bauvertrag (K 5), der hinsichtlich der Preise auf das klägerische Angebot verweist, dass Kran und Gerüst bauseits zu stellen und nicht von der Leistungspflicht der Klägerin umfasst waren. Unstreitig war der Kran für die Erfüllung des Vertrags notwendig, so dass sein Einsatz dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen hat; dass die die Baustelle selbst betreibende Beklagte vom Kraneinsatz Kenntnis hatte, liegt auf der Hand. Damit besteht insoweit eine Vergütungspflicht gemäß § 2 Abs. 8 Ziffer 2 Satz 2 VOB/B, jedenfalls aber ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 2 Abs. 8 Ziffer 3 VOB/B, §§ 677, 683 BGB.
d) Einen Anspruch auf Zahlung der behauptet beauftragten Regiearbeiten in Gesamthöhe von € 2.503,75 hat das Landgericht nach Durchführung der Beweisaufnahme verneint. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen, zumal die von der Klägerin vorgelegten Regieberichte nicht unterschrieben sind, der vernommene Zeuge allerdings vorgebracht hat, im Fall der Beauftragung immer Regiezettel zu unterschreiben. Dass die Arbeiten erforderlich gewesen wären, hat die Beklagte bestritten, die Klägerin hierfür keinen Beweis angeboten, so dass auch ein Anspruch nach § 2 Abs. 8 Ziffer 2 Satz 2 VOB/B bzw. § 2 Abs. 8 Ziffer 3 VOB/B, §§ 677, 683 BGB ausscheidet.
2. Der Zinsanspruch ist ab dem 23. November 2018 in der beantragten Höhe begründet, §§ 286, 288 BGB. Ab diesem Zeitpunkt war die Werkleistung unstreitig mängelfrei, weshalb die bereits gerichtlich geltend gemachte Forderung fällig und zu verzinsen war.
Ein früherer Fälligkeitstermin ist nicht ersichtlich.
Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass die Werkleistung bereits im September 2013 abgenommen wurde. Die insoweit benannte Zeugin V. hat sich an klägerseits behauptet durchgeführte Abnahmetermine nicht erinnert. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sind – wie auch die Zeugin V. bestätigt hat – ersichtlich bereits im Rahmen der Erstbegehung vom 18. Juli 2013 gefertigt worden und nicht geeignet, eine spätere Abnahme zu beweisen.
Soweit die Klägerin sich auf eine Fälligkeit der Schlussrechnung bzw. eine Inverzugsetzung mit Schreiben vom 28. November 2016 (K 12) beruft, verkennt sie, dass die Beklagte im Prozess eingewendet hat, dass das Werk erhebliche Mängel aufweise. Dies steht der Abnahmefähigkeit, der Abnahmefiktion und dem Eintritt der Fälligkeit gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B entgegen (vgl. Ingenstau, VOB Kommentar, § 16 VOB/B Rn. 13 ff., Rn. 16). Unstreitig hat die Klägerin im Verlauf des Prozesses auch tatsächlich Mängel beseitigt. Dass es sich hierbei nur um unwesentliche Mängel gehandelt hätte, hat sie weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
Bei ihrem Vortrag, dass in der Schlussrechnung vom 31. Dezember 2013 (K 11) eine Fertigstellungsanzeige zu sehen sei mit der Folge des Eintritts der Rechtswirkungen nach § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B, übergeht die Klägerin, dass die Anwendung dieser Vorschrift angesichts der ausdrücklichen Bestimmung im Bauvertrag, dass eine förmliche Abnahme per Objektbegehung durchzuführen sei, ausscheidet (vgl. Ingenstau, VOB Kommentar, § 12 Abs. 6 VOB/B Rn. 30 mwN).
3. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der unterbliebenen Wartung der Elemente, so dass die erklärte Aufrechnung ins Leere geht. Schon die im Bauvertrag (K 5, dort Ziffer 1 a.E.) für die Wartungsverpflichtung festgelegte Voraussetzung der „vollständigen, förmlichen Abnahme“ liegt nicht vor. Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat nicht ergeben, dass das Werk abgenommen worden wäre. Im Übrigen hat die Beklagte schon nicht vorgetragen, dass aufgrund der in der Vergangenheit unterbliebenen Wartung Schäden eingetreten wären bzw. dass sie ein anderes Unternehmen mit der Wartung beauftragt und diese Arbeiten bezahlt hätte.
Soweit die Beklagte geltend macht, ihr stünde jedenfalls ein Anspruch auf Minderung des Werklohns wegen der unterbliebenen Wartung zu, teilt der Senat diese Meinung nicht. Dass das Werk wegen der unterbliebenen Wartung einen Sachmangel aufweisen würde, der eine Minderung gemäß §§ 634, 636, 323, 326 Abs. 5 BGB begründen könnte, liegt fern.
Zwar hat die Beklagte ihre Wartungspflicht nicht erfüllt, allerdings stand dieser keine gesonderte Vergütung gegenüber. Der Bauvertrag verweist hinsichtlich der Preise vollumfänglich auf das Angebot der Klägerin vom 5. November 2012, in dem die später zusätzlich aufgenommene Wartungsverpflichtung noch nicht enthalten war. Dass die Werkleistung der Klägerin durch die unterbliebene Wartung im Wert gemindert wäre, ist deshalb nicht ersichtlich.
Im Übrigen hat die Beklagte dadurch, dass sie keine zur Abnahme führende Objektbegehung durchgeführt und weder die offene Werklohnforderung beglichen noch Bemühungen entfaltet hat, die Vertragsbeziehung durch ein etwa veranlasstes Mängelbeseitigungsverlangen abzuschließen, das Unterbleiben der Wartung selbst verursacht. Dem so erlangten Vorteil des Hinauszögerns der Fälligkeit der Schlussrechnung steht der von der Beklagten hinzunehmende Nachteil der unterbliebenen Wartung gegenüber. Bei dieser Sachlage stellte sich die Geltendmachung von Ansprüchen als rechtsmissbräuchlich dar.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert war nach den Anträgen der Rechtsmittelführer festzusetzen, § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.


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