Baurecht

Willkürfreie Festlegung unterschiedlicher Erschließungsgebiete beim Breitbandausbau in einer Gemeinde

Aktenzeichen  Au 7 K 19.915

Datum:
2.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 35231
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
BayGO Art. 21 Abs. 1 S. 1
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen Nr. 1.1, 1.2 der für Landesentwicklung und Heimat über die Breitbandrichtlinie (BbR)

 

Leitsatz

1. In der Festlegung eines Gebiets, das mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet werden soll, d.h. in der Zuweisung der Glasfaseranschlüsse durch Entscheidung über die örtliche Verteilung der finanziellen Mittel in einer Gemeinde, liegt eine öffentliche Einrichtung. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der allgemeine Gleichheitssatz muss sich nicht nur bei der Vergabe von Überfluss, sondern gerade bei der Verwaltung von Mangel wie bewähren, was am Maßstab der Willkürgrenze zu messen ist (Anschluss an BVerfG BeckRS 9998, 103124). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Festlegung Festlegung verschiedener Erschließungsgebiete entsprechend nach Maßgabe unterschiedlicher vorhandener Internetgeschwindigkeiten u.a. wegen unterschiedlicher räumlicher Nähe zur Verteilerstation mit dem Ziel einer möglichst umfassenden Verbesserung der Breitbandversorgung iM Gemeindegebiet ist nicht willkürlich. (Rn. 33 – 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eröffnet, da streitentscheidende Normen solche des öffentlichen Rechts sind und die Bereitstellung eines Glasfaseranschlusses bzw. die Entscheidung darüber, wie die vorhandenen Fördermittel verteilt werden, von einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten geprägt ist. Die Kammer geht davon aus, dass der Breitbandausbau bzw. der Anschluss an das Glasfasernetz eine öffentliche Einrichtung darstellt. Bei der grundsätzlichen Entscheidung über die örtliche Verteilung der Anschlüsse handelt es sich um das „Ob“ des Zugangs zur öffentlichen Einrichtung und mithin nicht um eine zivilrechtliche Angelegenheit.
II.
Mangels eines Ablehnungsbescheids – dem Antwortschreiben der Beklagten vom 29. Mai 2019 kommt insofern keine Verwaltungsaktsqualität zu – hat der Kläger eine Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.d. § 75 VwGO zulässig erhoben. Die Klage verfügt auch über das nötige Rechtsschutzbedürfnis, da er sich im Vorfeld mit seinem Anliegen erfolglos an die Beklagte gewandt hat.
III.
Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet, da der Kläger durch die Nichtbereitstellung eines Glasfaseranschlusses nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist, da er keinen Anspruch hierauf bzw. auf die beantragte ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand September 2018, § 123 Rn. 165; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 123 Rn. 78). Ein Anspruch folgt weder einfachgesetzlich aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) noch verfassungsrechtlich aus Art. 3 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
1. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO sind alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Danach sind unter einer öffentlichen Einrichtung, die ein Instrument zur Ausübung gemeindlicher Selbstverwaltungsaufgaben darstellt, alle Verwaltungsressourcen (Personal- und Sachmittel) zu verstehen, die von einer Gemeinde im öffentlichen Interesse errichtet und/oder unterhalten und durch einen gemeindlichen Widmungsakt entsprechend der Zweckbestimmung der allgemeinen (öffentlichen) Benutzung durch die Berechtigten i.S.d. Art. 21 GO (Gemeindeangehörige, Forensen sowie im Gemeindegebiet niedergelassene juristische Personen und Personenvereinigungen) zugänglich gemacht werden (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 3.7.2018 – 4 CE 18.1224 – juris Rn. 13). Zwar ist für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung in der Regel ein nutzbarer Bestand an sächlichen Mitteln charakteristisch (vgl. typische Beispiele wie Gemeindehalle, -schwimmbad o.Ä.), indes gleichwohl nicht zwingend. Auch sonstige (auch abstrakte oder virtuelle) Gegebenheiten können sich grundsätzlich unter den Begriff der „Einrichtung“ subsumieren lassen, wie auch das Verwaltungsgericht Mainz für den Zugang zum Facebook-Account einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt entschieden hat (vgl. VG Mainz, U.v. 13.4.2018 – 4 K 762/17.MZ – juris). Maßgeblich gemäß Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO ist, dass sie nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl und die Förderung des Gemeinschaftslebens der Einwohner erforderlich sind, was sich für den Breitbandausbau für private Haushalte bejahen lässt.
a) Die Kammer sieht die öffentliche Einrichtung vorliegend in der Festlegung des Gebiets, das mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet werden soll, d.h. in der Zuweisung der Glasfaseranschlüsse durch Entscheidung über die örtliche Verteilung der finanziellen Mittel. Das Glasfasernetz selbst gehört hingegen nicht der Gemeinde, sondern der, stellt also kein öffentliches Netz dar.
Die entsprechende Ausstattung wird auch im öffentlichen Interesse geschaffen und unterhalten, da sie der Daseinsfürsorge und Daseinsvorsorge für die Bevölkerung, also dem Gemeinwohl dient.
Bei einer gemeindlichen Einrichtung, die als Leistungseinrichtung der Daseinsvorsorge, also dem Gemeinwohl dient, und damit allen oder zumindest einem nach bestimmten Merkmalen abgegrenzten Kreis der Gemeindeangehörigen zur Benutzung unter gleichmäßigen Bedingungen zur Verfügung steht, spricht jedenfalls die Vermutung dafür, dass die Einrichtung mit ihrer Zurverfügungstellung als öffentliche Einrichtung auch gewidmet ist, nämlich jedenfalls durch eine durch die Vergabepraxis geformte konkludente Widmung (vgl. zum Ganzen Wachsmuth, in: PdK Bayern, Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern, Gemeindeordnung – GO, Art. 21 GO, S. 3 ff.).
b) Der Anspruch auf gleiche Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung in Form eines grundsätzlichen Benutzungsrechts aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG kann jedenfalls nur einerseits im Rahmen der Zweckbestimmung d.h. Widmung der öffentlichen Einrichtung nach Maßgabe der jeweiligen Benutzungsordnung sowie andererseits in den Grenzen der vorhandenen Kapazitäten bestehen (Wachsmuth, in: PdK Bayern, Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern, Gemeindeordnung – GO, Art. 21 GO, S. 10). Die vorhandenen finanziellen Kapazitäten für den Ausbau der Internetversorgung gemäß dem Zuwendungsbescheid der Regierung von * vom 15. November 2016 in Höhe von 453.984,– EUR sind nach Durchführung des Auswahlverfahrens sowie Abschluss eines entsprechenden Vertrages bereits verplant. Der Umstand, dass gemäß dem Hinweis unter Punkt 6 des Zuwendungsbescheids – aufgrund des Nachweises einer interkommunalen Zusammenarbeit i.S.d. Nummer 6.6 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat über die Richtlinie zur Förderung des Aufbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen im Freistaat Bayern (Breitbandrichtlinie – BbR) vom 10. Juli 2014 (FMBl. S. 113), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 29. Juli 2019 (BayMBl. Nr. 305) geändert worden ist – der Beklagten für eventuelle künftige Maßnahmen noch eine mögliche Fördersumme von 301.016,– EUR verbleibe, ändert an dieser Beurteilung nichts. Die Beklagte möchte aufgrund ihrer finanziellen Situation aktuell keine weiteren Gelder investieren. Der Kläger befindet sich ferner im Erschließungsgebiet 1, wonach er zwar keinen Glasfaseranschluss, jedoch eine Aufrüstung auf VDSL erhält, sodass er wegen des allgemeinen Verbots einer mehrfachen Förderung auch in – zudem nicht geplanten und damit nur abstrakt denkbaren – zukünftigen weiteren Maßnahmen nicht mehr zu berücksichtigen wäre.
c) Der Kläger begehrt ausweislich seiner Klagebegründung indes keine Kapazitätserweiterung, sondern seine Berücksichtigung im Rahmen der bestehenden Kapazitäten der Beklagten von Beginn der Planung an. Dabei muss sich der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht nur bei der Vergabe von Überfluss, sondern gerade bei der Verwaltung von Mangel wie vorliegend bewähren, wofür das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich die Wahrung der Willkürgrenze überprüft (BVerfG, B.v. 9.2.1982 – 2 BvL 6/78 – juris Rn. 80). Hieran gemessen erfolgte die Auswahl durch die Beklagte indes nicht willkürlich. Der Anschluss an das Glasfasernetz ist letztlich eine freiwillige Leistung, die die Beklagte in Weiterreichung der Förderung des Aufbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen im Freistaat Bayern auf der Grundlage von Nr. 1.1 und 1.2 BbR gewährt. Dass die verfügbaren Haushaltsmittel zur Deckung der Wirtschaftlichkeitslücke der Netzbetreiber, welche zu 80% vom Freistaat Bayern (siehe Zuwendungsbescheid der Regierung von * vom 15. November 2016) und zu 20% von der Beklagten getragen werden, die Grenze der Verteilung darstellen, ist nicht zu beanstanden. Der allgemeine Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß den einschlägigen Richtlinien ist vorliegend wegen der Ein- und Erstmaligkeit der Verteilung nicht berührt. Bei der Weiterreichung der Förderung hatte die Beklagte jedoch maßgeblich das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Im Ergebnis bestehen bezüglich der erfolgten Verteilung der Kapazitäten entsprechend der Beratung durch das Ingenieursbüro * nach der Überzeugung der Kammer aber keine durchgreifenden Bedenken.
Die Kammer geht insoweit von einem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsspielraum aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Planungsentscheidungen der Exekutive nur unter reduzierter gerichtlicher Kontrolldichte daraufhin zu überprüfen, ob die ihnen zu Grunde liegenden Prognosen mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung aller für sie erheblichen Umstände sachgerecht erstellt worden sind (BVerwG, U.v. 11.5.2006 – 5 C 10/05 – juris Rn. 64 m.w. N.). Diese Maßgaben einer eingeschränkten Gerichtskontrolle gelten auch hier; denn die Entscheidung über die Verteilung der unterschiedlichen Anschlussqualitäten beruht auf technischen und haushaltspolitischen Wertungen und Prognosen, hinsichtlich derer der Exekutive eine Einschätzungsprärogative zusteht. Die Beklagte hat von diesem ihr im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Entscheidung zuzubilligenden Freiraum Gebrauch gemacht, indem sie entsprechend ihrem Ziel einer möglichst umfassenden Verbesserung der Breitbandversorgung in ihrem Gebiet aufgrund einer Beratung durch das Ingenieursbüro verschiedene Erschließungsgebiete entsprechend der unterschiedlichen, vorhandenen Internetgeschwindigkeiten u.a. wegen unterschiedlicher räumlicher Nähe zur Verteilerstation vorsah.
aa) In der mündlichen Verhandlung konnte aufgeklärt werden, wie die Beklagte zu ihrer getroffenen Entscheidung über die Verteilung gelangte. Sie stützt sich hierzu maßgeblich auf die von dem beauftragten Ingenieursbüro * eingereichten Pläne.
Mit Beschluss des Gemeinderats der Beklagten vom 13. November 2014 wurde die Auftragserteilung über die fachliche Beratung im anstehenden Förderprogramm an die * beschlossen. Weder aus dem Protokoll über diese Sitzung noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich zwar konkrete Vorgaben an diese über die angestrebte Verteilung der finanziellen Mittel. Allerdings legte der Gemeinderat laut Protokoll „für den zukünftigen Glasfaserausbau zur flächendeckenden DSL-Versorgung (50 Mbits/s) aller Ortsteile“ eine möglichst umfassende Aufrüstung der vorhandenen Internetgeschwindigkeiten für alle Gemeindebürger zugrunde. Dieses grundsätzliche Ziel ergibt sich auch aus der Bekanntmachung der Beklagten zum Auswahlverfahren gemäß Nr. 5.1 Satz 5 BbR unter Nr. 2 a) (Beschreibung des Auswahlverfahrens) i.V.m. Nr. 8 (Angebotsabgabe).
Nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe es zu Beginn des Breitbandausbaus eine Besprechung in der Verwaltungsgemeinschaft * gegeben – über welche aber keine Aufzeichnungen vorgelegt wurden -, bei welchem es darum gegangen sei, mit welcher Technik im Gemeindegebiet der Beklagten am besten den Vorgaben der Breitbandrichtlinie entsprochen werden könne. Aufgrund der Besprechung erstellte die * einen Plan über die „voraussichtlichen Entschließungsgebiete“ (Bl. 58 der Behördenakte). Diese Karte sollte Grundlage für eine nachfolgende Ausschreibung bzw. das Auswahlverfahren sein. Auf dieser Karte sollten somit die Minimalvorgaben festgehalten werden, wobei sich die technischen Gegebenheiten durch die örtliche Lage ergeben hätten. Die Karte über die „voraussichtlichen Erschließungsgebiete“ wurde dann letztlich Grundlage des sich anschließenden Auswahlverfahrens, in welchem der Gemeinderat mit Beschluss vom 22. Oktober 2015 aus insgesamt nur zwei Bewerbern das Unternehmen * „als das wirtschaftlichste Angebot“ auswählte und dementsprechend die Vergabe des sog. Nebenangebots an dieses beschloss. Unter dem wirtschaftlichsten Angebot verstand die Gemeinde eine möglichst umfassende Abdeckung mit den Fördermitteln unter Einhaltung der Zielvorgaben und der Förderrichtlinie. Erst in der mündlichen Verhandlung legte die Beklagte die eingereichten Unterlagen der, nämlich deren Haupt- und Nebenangebot vor, aus welchen erkennbar ist, dass das Gebiet, in dem das Haus des Klägers steht, nicht etwa grundlos nicht berücksichtigt wurde, sondern – im Übrigen auch wie andere Teile des Gemeindegebiets – zwar nicht zwingend, aber doch nachvollziehbar außerhalb des zusammenhängenden, mit Glasfaseranschlüssen zu versorgenden „Ortskerns“ liegt.
So wurde das gesamte Gemeindegebiet letztlich in drei endgültige Erschließungsgebiete aufgeteilt (Bl. 22 der Behördenakte): Das Erschließungsgebiet 3 bildet einen zusammenhängenden, großen Teil des Ortskerns ab, für welchen folglich der Anschluss an das Glasfasernetz vorgesehen wurde. Das Erschließungsgebiet 2 – der Ortsteil * – sollte ebenfalls über einen Glasfaseranschluss erschlossen werden, da in diesem Bereich eine Verbesserung durch die Technik des VDSL über eine Verteilerstation nicht praktikabel bzw. wirtschaftlich war, da es dort keine eigene Verteilerstation gibt und die Entfernung zur nächsten Verteilerstation zu groß ist. Erschließungsgebiet 1 schließlich umfasst den gesamten, weit ausgedehnten Rest des Gemeindegebiets. Der südlich gelegene Teil dieses Erschließungsgebiets, der Ortsteil, liegt zwar weiter vom Ortskern entfernt als der Ortsteil * i.S.d. Erschließungsgebiets 2. Ersterer hat aber einen eigenen Verteiler und daher eine Aufrüstungsmöglichkeit über VDSL. Der im nördlichen Bereich von * ausgesparte Teil ist bereits durch den Hauptverteiler von Telekom ausreichend versorgt, so dass dieser Bereich von vornherein nicht mehr förderfähig war.
Letztlich konnte die Beklagte für die Kammer nachvollziehbar darlegen, dass man für die Aufrüstung mit einem Glasfaseranschluss ein größeres zusammenhängendes Gebiet suchte und dessen Grenzen entsprechend der örtlichen Gegebenheiten zog, um für den Netzbetreiber möglichst wirtschaftlich arbeiten zu können. Es sollten möglichst viele Haushalte auf möglichst engem Gebiet erschlossen werden.
bb) Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass eine unterschiedliche Förderungsstufe auf den beiden Straßenseiten in derselben Straße auf den ersten Blick gänzlich unverständlich wirken mag. Auch die Beklagte räumte ein, dass diese Situation jedenfalls unglücklich sei. Ein willkürliches, grundloses Ausnehmen des Klägers von der Aufrüstung über den Anschluss an das Glasfasernetz kann jedoch wie aufgezeigt nicht angenommen werden.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die allgemeine Zielsetzung der Breitbandrichtlinie, wonach Zweck der Förderung nach Nr. 1.1 der sukzessive (Anm.: Hervorhebung durch den Verfasser) Aufbau von hochleistungsfähigen Breitbandnetzen (Netze der nächsten Generation, NGA-Netze) im Freistaat Bayern mit Übertragungsraten von mindestens 50 Mbit/s im Download und viel höheren Upload-Geschwindigkeiten als bei Netzen der Breitbandgrundversorgung in den Gebieten, in denen diese Netze noch nicht vorhanden sind und in denen sie nach Nr. 4.3 in den kommenden drei Jahren von privaten Investoren wahrscheinlich auch nicht errichtet werden (sog. „weiße NGA-Flecken“), ist. Schon hieraus ergibt sich, dass der Breitbandausbau eine längerfristige Angelegenheit mit nur sukzessiven Fortschritten darstellt und folglich kein Anspruch der gesamten Bevölkerung auf sofortige entsprechende Aufrüstung bestehen kann.
cc) Dem Kläger wurden die Hintergründe im Schreiben der Beklagten vom 29. Mai 2019 sowie im Schreiben des Landratsamtes * vom 5. Juni 2019, auf die sich die Kammer ausdrücklich bezieht, (nur) im Grundsätzlichen erläutert. Klarzustellen ist an dieser Stelle, dass die Unterzeichnung des Schreibens vom 29. Mai 2019 durch einen Verwaltungsangestellten anstelle des Ersten Bürgermeisters entgegen der Ansicht des Klägers definitiv keine Amtsanmaßung, Urkundenfälschung o.Ä., sondern vielmehr den verwaltungstechnischen Normalfall darstellt. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits wünschenswert wäre indes eine genauere, auch für den Bürger nachvollziehbarere Erläuterung gerade im Hinblick auf die – auf den ersten Blick ungleiche – Verteilung gewesen, dies zudem auch nicht durch ein informelles Schreiben, sondern einen Ablehnungsbescheid von Verwaltungsaktsqualität.
dd) Nachvollziehen kann die Kammer auch das Unverständnis des Klägers hinsichtlich des „Durchschieß-“Verfahrens, d.h. des Aufbaggerns der nicht vom Glasfaseranschluss bedachten Straßenseite des Klägers, obwohl nur die gegenüberliegende Straßenseite angeschlossen werden soll.
Allerdings hat die Beklagte auf die Ausführung der Baumaßnahmen keinen weiteren Einfluss, wie sich aus § 1 Abs. 1 des Vertrags über die Planung, Errichtung und den Betrieb eines Hochgeschwindigkeitsnetzes für die Bereitstellung von Breitband-Internetanschlüssen (Breitbandausbauvertrag) ergibt. Danach ist Gegenstand des Vertrages die Planung, Errichtung und der Betrieb eines NGA-Netzes im Erschließungsgebiet durch den Netzbetreiber, während die Kommune dem Netzbetreiber zur Deckung seiner Wirtschaftlichkeitslücke einen Ausgleich zahlt. Die Frage der Leitungsverlegung obliegt daher ausschließlich der Firma, die sich nach allgemeiner Lebenserfahrung für die für sie wirtschaftlichste Art und Weise entschieden haben dürfte. Der Vertreter der Beklagten gab hierzu an, dass über die Bauamtsleiter in Erfahrung gebracht worden sei, dass bei sogenannten Bodenverdrängungsmaßnahmen die benötigten zwei Schächte einen bestimmten Mindestabstand haben müssten und sich im Übrigen an der östlichen Straßenseite Versorgungsleitungen befinden würden, die nicht beschädigt werden sollten. Darauf kommt es wie aufgezeigt indes nicht maßgeblich an. Die Kommune erbringt ferner ausweislich des § 9 Breitbandausbauvertrag ausdrücklich keine Eigenleistungen. Auch erhält sie gemäß § 10 Abs. 4 Breitbandausbauvertrag durch den Ausgleich der Wirtschaftlichkeitslücke keinerlei Eigentum an den technischen Anlagen des Netzbetreibers. Ferner wurden gemäß § 8 Breitbandausbauvertrag keine Vertragsstrafen vereinbart. Die Beklagte stellt dem Netzbetreiber für die Ausführung der Baumaßnahmen nur den öffentlichen Straßenraum zur Verfügung, trifft verkehrsrechtliche Anordnungen, begleitet die Kommunikation mit Bürgern o.Ä.. Darüber hinausgehende Einwirkungsbefugnisse hat die Beklagte jedoch nicht. Es ist festzuhalten, dass das Glasfasernetz nicht der Gemeinde gehört, mithin kein öffentliches Netz darstellt. Eine nachträgliche Einwirkung auf die Bauarbeiten der * seitens der Beklagten ist nach alledem nicht möglich.
2. Auch sofern nicht von einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO auszugehen wäre, so wäre wegen Nichtanwendbarkeit der spezialgesetzlichen Normierung des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG stattdessen der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG unmittelbar anwendbar. Anders als die Freiheitsgrundrechte sind die Gleichheitsrechte nicht primär als Abwehrrechte gegenüber dem Staat konzipiert, sondern gewährleisten einen Anspruch auf gleiche Teilhabe und entfalten ihre Bedeutung daher insbesondere im Bereich der Leistungsverwaltung. Auch dieser Anspruch steht allerdings unter dem Vorbehalt des Möglichen in dem Sinn, dass die Verwaltung etwa nicht mehr als die ihr für eine bestimmte Subvention zur Verfügung gestellten Mittel ausgeben oder nur bis zur Kapazitätsgrenze Personen zur Nutzung einer Einrichtung zulassen kann. Diese Grenzen des Möglichen sind insofern unter Gleichheitsgesichtspunkten sachgerechte Gründe für eine Beschränkung des Anspruchs. Ihre praktische Ausgestaltung (z.B. Windhundprinzip, gleichmäßige Begrenzung der Leistung, je unterschiedliche Leistungen) obliegt der Verwaltung, solange die dabei gefundenen Differenzierungen nur wiederum sachgerecht sind (vgl. zum Ganzen Kischel, in: BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, 41. Edition, Stand: 15.05.2019). Die Kammer geht wie oben aufgezeigt von einer sachgerechten, jedenfalls willkürfreien Verteilung der Kapazitäten entsprechend einer hinreichenden Planung seitens der Beklagten aus.
Der Vortrag, dass vor allem Freunde und Sympathisanten des Ersten Bürgermeisters der Beklagten beim Breitbandausbau bedacht worden seien, ist ferner in keiner Weise substantiiert und entbehrt daher jeder tatsächlichen Grundlage.
3. Das Ausbleiben einer Umrüstung auf einen Glasfaseranschluss berührt auch nicht den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, weil diese dem Kläger weder bereits zugewiesen war noch ihm auf Grund eines Gesetzes oder einer ihn begünstigenden Regelung der Beklagte zustand. Der Kläger hatte insoweit allenfalls eine Erwartung oder Chance, in den Genuss einer entsprechenden Bereitstellung zu kommen. Dies steht aber nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie (BVerwG, U.v. 11.5.2006 – 5 C 10/05 – juris Rn. 77). Die staatliche bzw. kommunale Förderung dient dem öffentlichen Zweck einer möglichst breiten Versorgung der Bevölkerung mit schnellem Internet, ohne dass hierauf ein Rechtsanspruch besteht. Dies stellt schon die – nicht an den Privaten, sondern an die Kommunen gerichtete – Verwaltungsvorschrift der Breitbandrichtlinie sogleich in ihrer Einleitung wie folgt klar: „Die Förderung erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.“ Diese allgemeine Förderungsvorschrift ist direkt zwar auf das Verhältnis zwischen Staat und Kommune als Zuwendungsempfängerin bezogen, entsprechend aber auch auf das nachfolgende Förder-Verhältnis zwischen Kommune und Privatem heranziehbar.
Hieran ändert auch die vom Kläger zitierte Aussage des Bayerischen Ministerpräsidenten über den avisierten Breitbandausbau zu Gunsten sämtlicher Haushalte nichts. Zum einen lässt sich ihr kein verbindlicher Rechtsanspruch, sondern nur ein politisches Ziel entnehmen. Zum anderen verkennt der Kläger, dass auch er selbst mit seinem erhaltenen VDSL-Anschluss (anstelle eines Glasfaseranschlusses) bereits schnelles Internet i.S.d. Versprechens erhält. Der Kläger hat, da es bereits an einem Anspruch fehlt, der Gegenstand des Schutzes der Eigentumsgarantie sein könnte, insoweit keine Rechtsposition, die der eines Eigentümers entspricht, ihm also nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts zugeordnet ist.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
V.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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