Baurecht

Zulässigkeit einer Veränderungssperre

Aktenzeichen  AN 3 K 20.00800

Datum:
28.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38184
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 14 Abs. 1, Abs. 2
BayGO Art. 26 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Eine gemeindliche Planung lässt ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll, wenn insbesondere schon Klarheit über die Festsetzung als Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und damit über das für die Bauleitplanung wesentliche Festsetzungselement der Art der baulichen Nutzung besteht. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es stellt keine unzulässige Negativplanung dar, wenn eine Gemeinde erst auf einen konkreten Bauantrag hin mit der Einleitung einer Bauleitplanung reagiert und damit gezielt auch das zur Genehmigung gestellte Vorhaben verhindern will. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 2. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Im für die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung steht dem klägerseits geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung die von der Beigeladenen zur Sicherung ihrer Bauleitplanung erlassene Veränderungssperre entgegen, nachdem das landwirtschaftliche Vorhaben des Klägers mit der beabsichtigten Festsetzung eines Gewerbegebietes nicht vereinbar ist.
1. Die inmitten stehende Veränderungssperre ist sowohl formell als auch materiell wirksam.
a) Sowohl der Bebauungsplanaufstellungsbeschluss, dessen Wirksamkeit und Bekanntmachung materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Veränderungssperre sind, als auch die Satzung über die Veränderungssperre sind ordnungsgemäß zu Stande gekommen.
Der Gemeinderat der Beigeladenen beschloss in seiner Sitzung am 19. März 2019 die Aufstellung des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 8 „…“ sowie zur Sicherung dieser Planung überdies eine Veränderungssperre. Die Bekanntmachungen des Aufstellungsbeschlusses sowie der Veränderungssperre erfolgten im Amts- und Mitteilungsblatt vom 28. März 2019.
Entgegen dem klägerischen Vorbringen begegnet diese Vorgehensweise der Beigeladenen keinen Bedenken.
aa) Der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans sowie der Beschluss über die Veränderungssperre können in derselben Gemeinderatssitzung gefasst werden (BVerwG, B.v. 9.2.1989 – 4 B 236/88 – juris). Durch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung ist überdies geklärt, dass § 14 Abs. 1 BauGB, wonach eine Veränderungssperre beschlossen werden kann, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, so zu verstehen ist, dass – wie vorliegend erfolgt – die öffentliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB „spätestens gleichzeitig mit der Bekanntmachung der Veränderungssperre“ gemäß § 16 Abs. 2 BauGB erfolgen muss (vgl. etwa BayVGH, B.v. 21.1.2020 – 1 ZB 19.189 – juris; BayVGH, B.v. 27.9.1999 – 26 ZS 99.2149 – juris; BVerwG, B.v. 9.2.1989 – 4 B 236.88 – juris).
bb) Im Übrigen findet entgegen dem klägerischen Vortrag die Regelung in Art. 26 Abs. 1 BayGO, welche indes nicht die Bekanntmachung, sondern das Inkrafttreten gemeindlicher Satzungen zum Gegenstand hat, auf den Aufstellungsbeschluss, der keine Satzung ist, sowie auch auf die Veränderungssperre keine Anwendung. Hierzu führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 21. Februar 2014 – 15 N 13.15 – Folgendes aus:
„Als Maßnahme zur Sicherung der Bauleitplanung gehören die Bestimmungen über die Veränderungssperre zur Materie des Bodenrechts, deren Regelung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG dem Bundesgesetzgeber zugewiesen ist (vgl. BVerfG, Baugutachten v. 16.6.1954 – 1 PBvV 2/52 – BVerfGE 3, 407). Da das Inkrafttreten einer Veränderungssperre Teil der normativen Regelung der Veränderungssperre ist, durch den sie letztlich verbindliche Kraft erlangt und auf die Rechtslage von Grund und Boden einwirken kann, erstreckt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auch auf die Regelung des Inkrafttretens der Veränderungssperre (vgl. BVerfG, U.v. 2.11.1983 – 2 BvL 25/81 – BVerfGE 65, 283 zum Bebauungsplan; BVerfG, U.v. 8.7.1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263). Aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Materialien ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber in § 16 Abs. 2 BauGB eine erschöpfende Regelung zum Inkrafttreten der Veränderungssperre i.S.d. Art. 72 Abs. 1 GG getroffen hat. In seiner ursprünglichen Fassung bestimmte § 16 Abs. 2 Satz 2 BBauG (vom 23.6.1960 BGBl. I S. 341) ausdrücklich, dass die Veränderungssperre mit ihrer (ortsüblichen) Bekanntmachung rechtsverbindlich wird. Die nachfolgenden Änderungen des § 16 Abs. 2 BBauG hatten die Einführung der Zulässigkeit einer Ersatzverkündung (Gesetz zur Änderung des Bundesbaugesetzes vom 18. August 1976, BGBl. I S. 2221) und die Abschaffung des rechtsaufsichtlichen Genehmigungserfordernisses zum Gegenstand (Gesetz über das Baugesetzbuch vom 8.12.1986, BGBl. I S. 2191). Der Bundesgesetzgeber wollte insofern ersichtlich keine Änderung der Rechtslage zum Inkrafttreten der Veränderungssperre im Fall ihrer ortsüblichen Bekanntmachung herbeiführen (vgl. BT-Drs. 7/2496 S. 8, 43 und BT-Drs. 7/4793 S. 31, 75 sowie BT-Drs. 10/4630 S. 8, 54, 76 f. und BT-Drs. 10/6166 S. 15, 134, 153). § 16 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB ist deshalb dahin auszulegen, dass die Inkrafttretensregelung des § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB auch für den Fall der Bekanntmachung der Veränderungssperre (oder ihrer Verlängerung) nach § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsprechend anzuwenden ist (vgl. BayVGH, U.v. 26.5.2009 – 1 N 08.2639 – juris Rn. 39; Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 16 Rn. 4).“
cc) Des Weiteren ist auch der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre wirksam bestimmt.
§ 2 der inmitten stehenden Satzung umschreibt den Geltungsbereich zunächst wörtlich und regelt im folgenden Satz, dass sich der Geltungsbereich im Übrigen aus dem beigefügten Lageplan ergibt, welcher Bestandteil der Satzung ist und der Bekanntmachung beigefügt wurde (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 27.9.1999 – 26 ZS 99.2149 – juris).
b) Auch im Übrigen ist die inmitten stehende Veränderungssperre materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Sinn und Zweck einer Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB ist die Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Mit der Veränderungssperre sollen auf den im Bereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans liegenden Grundstücken, wozu das inmitten stehende Grundstück des Klägers gehört, vorübergehend solche Veränderungen, die die geplante städtebauliche Ordnung beeinträchtigen oder gar unmöglich machen würden, verhindert werden.
Dabei muss jedoch ein Mindestmaß an Vorstellungen vorliegen, die geeignet sind, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat.
Zu den an die planerische Vorstellung der Gemeinde zu stellenden Mindestanforderungen, hinsichtlich derer im Rahmen des § 14 BauGB auf den im Verfahrensablauf weit vorgelagerten Planaufstellungsbeschluss abzustellen ist, führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2019 – 1 N 17.1236 – Folgendes aus:
„Die Anforderungen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre an die Konkretisierung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde zu stellen sind, sind mit Rücksicht auf die gemeindliche Planungshoheit denkbar gering. Der von der Veränderungssperre flankierte Aufstellungsbeschluss muss lediglich ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Gegenstand und Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans bzw. der zu erwartenden Bebauungsplanänderung ist und welchen Inhalt die neue Planung haben soll. Die Gemeinde muss bereits positive planerische Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans so weit entwickelt haben, dass diese geeignet sind, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu steuern (vgl. BVerwG, st. Rspr, zuletzt B.v. 22.1.2013 – 4 BN 7.13 – juris Rn. 3; B.v. 1.10.2009 – 4 BN 34.09 – NVwZ 2010, 42; U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – BVerwGE 120,138). Abgesehen davon, dass die zu sichernde Planung nicht von vornherein an einem nicht behebbaren Mangel leiden darf, kann die Überprüfung einer Veränderungssperre nicht die gerichtliche Normenkontrolle der durch sie zu sichernden Bauleitplanung noch vor deren Zustandekommen vorwegnehmen.
In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass eine reine „Negativplanung“ als Grundlage für den Erlass einer Veränderungssperre nicht ausreicht. Eine solche liegt aber nicht schon dann vor, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Bauplanerische Festsetzungen sind vielmehr insbesondere dann unzulässig, wenn sich die Planung darin erschöpft bzw. das Konzept einer künftigen Planung sich darauf beschränkt, einzelne Vorhaben auszuschließen. […] Ferner ist eine unzulässige „Verhinderungsplanung“ auch dann gegeben, wenn die planerischen Festsetzungen nicht dem wirklichen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern oder etwa Zeit für eine andere Planung zu gewinnen (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2016 – 4 BN 22.16 – juris Rn. 5; B.v. 15.3.2012 – 4 BN 9.12 – juris Rn. 3; U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 27.6.2019 – 1 N 16.220 – juris Rn. 21). Für eine derartige Planung besteht kein Sicherungsbedürfnis im Sinn einer Veränderungssperre.“
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall die Mindestanforderungen im Sinne des § 14 BauGB erfüllt. Die Beigeladene hat bereits eine positive planerische Vorstellung über den Inhalt des Bebauungsplans insoweit entwickelt, dass diese geeignet ist, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu steuern. Die zu sichernde Planung der Beigeladenen ist nicht noch völlig offen, sondern lässt ein Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Es besteht insbesondere schon Klarheit über die Festsetzung als Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO und damit über das für die Bauleitplanung wesentliche Festsetzungselement der Art der baulichen Nutzung, so dass der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beurteilt werden kann (vgl. hierzu etwa BVerwG, B.v. 1.10.2009 – 4 BN 34.09 – juris; BayVGH, B.v. 20.11.2013 – 9 N 13.1681 – juris).
Es sind auch keine Gründe für eine reine Negativ- oder Verhinderungsplanung, die ausschließlich dazu dient, das Vorhaben des Klägers zu verhindern, vorgetragen oder ersichtlich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, etwa vom 8. September 2016 – 4 BN 22.16, liegt eine Negativplanung und damit ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB nicht schon dann vor, wenn eine Gemeinde eine Bebauungsplanung aus Anlass eines konkreten, bisher zulässigen Vorhabens betreibt, das sie verhindern will, oder weil sie das Ziel verfolgt, eine Ausweitung bestimmter bisher zulässiger Nutzungen zu verhindern, selbst wenn dies jeweils den Hauptzweck einer konkreten Planung darstellt. Vielmehr sind derartige Regelungen als „Negativplanung“ erst dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur zur Verhinderung einer anderen Nutzung vorgeschoben sind.
Selbst wenn die Gemeinde erst auf einen konkreten Bauantrag hin mit der Einleitung einer Bauleitplanung reagiert und damit gezielt auch das zur Genehmigung gestellte Vorhaben verhindern will, ist dies zulässig. Die Gemeinde hat ihre Bauleitpläne immer dann aufzustellen, wenn es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist. Dabei kommt es in erster Linie auf die Sicht der Gemeinde selbst an; sie darf die städtebauliche Entwicklung in ihrem Gemeindegebiet bestimmen und sich dabei grundsätzlich auch von „gemeindepolitischen“ Motiven, die sich jederzeit ändern können, leiten lassen (BVerwG, U.v. 19.2.2004 – 4 CN 16.03 – juris; BayVGH, B.v. 7.6.2010 – 15 ZB 09.1235 – juris).
Bei Beachtung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist vorliegend nicht von einer reinen Negativplanung auszugehen. Selbst wenn die Beigeladene die Absicht des Klägers, seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu erweitern, als Auslöser für die inmitten stehende Planung zugrunde gelegt haben sollte, kann eine unzulässige Verhinderungsplanung nicht angenommen werden. Die mit der Planung der Beigeladenen bezweckte Festsetzung eines Gewerbegebietes stellt ein positives Planungsziel dar, das nicht nur vorgeschoben ist, um die Entwicklung der bestehenden Nutzung zu verhindern. Die Beigeladene hat sich bereits im Vorfeld im Rahmen der beabsichtigten Neuaufstellung ihrer Flächennutzungsplanung das Ziel gesetzt, zukünftig einen Schwerpunkt ihrer gemeindlichen Entwicklung auf den Bereich Gewerbe zu legen und hierbei auch das Gebiet am … in den Blick gefasst. Des Weiteren hat die Beigeladene ausweislich des Aufstellungsbeschlusses ihre Planungsabsichten auch nicht etwa auf das klägerische Grundstück beschränkt. Vielmehr soll das beabsichtigte Gewerbegebiet „…“ ausweislich des Aufstellungsbeschlusses der Beigeladenen neben dem im Jahre 2018 im Rahmen der beabsichtigten Flächennutzungsplanung angedachten Grundstück FlNr. … der Gemarkung … nunmehr noch 20 weitere Grundstücke umfassen.
Das Planungsziel der Beigeladenen widerspricht zwar dem Interesse des Klägers an der Erweiterung seines landwirtschaftlichen Betriebes. Hierbei handelt es sich jedoch um eine regelmäßige Folge der Festsetzung einer bestimmten Nutzung, die andere Nutzungen ausschließt (vgl. BayVGH, U.v. 19.12.2019 – 1 N 17.1236 – juris).
Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass der zukünftige Bebauungsplan von vorneherein an offensichtlichen Rechtsfehlern leiden würde, die schlechterdings nicht behebbar wären, so dass er aus rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder aus tatsächlichen Gründen auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (vgl. (vgl. etwa BVerwG, B.v. 21.12.1993 – 4 NB 40.93 – juris; BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – juris; BayVGH, U.v. 24.5.2000 – 26 N 99.969 – juris).
Insbesondere sind vorliegend keine offensichtlichen sowie unbehebbaren Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche oder naturschutzrechtliche und landesplanungsrechtliche Vorschriften erkennbar. Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist im Speziellen kein offensichtlicher Verstoß gegen das Anbindegebot gemäß 3.3 des Landesentwicklungsprogramms Bayern und damit gegen § 1 Abs. 4 BauGB ersichtlich, zumal bei Vorliegen eines Verstoßes auch eine Zielabweichung gemäß Art. 4 BayLplG beantragt werden könnte.
Ob die Bauleitplanung letztlich auch verwirklicht werden kann, ist eine Frage der Abwägung. Als bloßes Mittel der Sicherung der Bauleitplanung unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB (BVerwG, B.v. 8.9.2016 – 4 BN 22.16 – juris). Im Rahmen ihrer Überprüfung kommt eine antizipierte Normenkontrolle der Rechtmäßigkeit der Planung nicht in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 19.12.2019 – 1 N 17.1236 – juris). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt dazu in seinem Beschluss vom 21. Januar 2020 – 1 ZB 19.189 – Folgendes aus:
„Ob sich die städtebaulichen Ziele im Bebauungsplanverfahren verwirklichen lassen, ist nicht bei der Erforderlichkeit der Bauleitplanung zu prüfen, sondern betrifft das Ermittlungs- und Abwägungsgebot (§ 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB). Als bloßes Mittel der Sicherung der Bauleitplanung unterliegt die Veränderungssperre selbst nicht dem Abwägungsgebot (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2012 – 4 NB 35.92 – NVwZ 1993, 473). Eine antizipierte Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplans findet bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre nicht statt. Die Frage, ob der Bebauungsplan abgewogen ist, läßt sich abschließend erst nach und aufgrund des Satzungsbeschlusses beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.1993 – 4 NB 40.93 – NVwZ 1994, 685; OVG RhPf, U.v. 17.10.2012 – 1 C 10493/12 – NVwZ-RR 2013, 258; NdsOVG, B.v. 24.11.2003 – 1 MN 256/03 – NVwZ-RR 2004, 173). Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Bebauungsplanentwurfs, im Teilbereich 2 die Flächen mit Ausnahmen von kleineren Terrassen von Bebauung frei zu halten, ist nicht gegeben. Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken ändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Einen Planungsgrundsatz, nach dem die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß auch bei einer Überplanung weiterhin zugelassen werden muss, gibt es nicht (vgl. BVerwG, U.v. 31.8.2000 – 4 CN 6.99 – BVerwGE 112, 41).“
Gemessen an alledem ist festzustellen, dass die streitgegenständliche Veränderungssperre nicht wegen unbehebbarer Mängel des zukünftigen Bebauungsplans der Beigeladenen unwirksam ist.
2. Von der inmitten stehenden Veränderungssperre kann auch keine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BauGB zugunsten des klägerischen Vorhabens zugelassen werden.
Nach § 14 Abs. 2 BauGB kann von einer Veränderungssperre dann eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob dies der Fall ist, ist anhand einer Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange festzustellen. Ist indes zu befürchten, dass durch die Gewährung der Ausnahme die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde, so ist die Ausnahme zu versagen.
Ist wie vorliegend ein Vorhaben gegeben, das mit dem Sicherungszweck der Veränderungssperre nicht vereinbar ist, insbesondere der beabsichtigten Planung widerspricht, so darf dieses auch im Wege der Ausnahme nicht zugelassen werden, weil es dem auf dieses Planungsziel ausgerichteten Sicherungszweck der Veränderungssperre zuwiderlaufen würde und andernfalls die Veränderungssperre ihre Aufgabe nicht erfüllen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.1989 – 4 B 236.88 – juris). Die Planung der Beigeladenen würde geradezu konterkariert, wenn in der Phase der Aufstellung des Bebauungsplans das klägerische Vorhaben mittels Ausnahme zugelassen würde (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2009 – 14 ZB 08.2705 – juris).
Liegt somit – wie hier – ein öffentlicher Belang vor, der der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung entgegensteht, weil das Vorhaben den Zielen der Planung zuwiderläuft (BVerwG, B.v. 17.5.1989 – 4 CB 6.89 – juris), überwiegt dieser öffentliche Belang – auch unter Berücksichtigung, dass im vorliegenden Fall im Jahre 1992 von einem erheblichen öffentlichen Interesse an der Aussiedlung des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers ausgegangen wurde – das Interesse des Klägers an der Verwirklichung seines Vorhabens.
Nach alledem ist festzustellen, dass dem Kläger wegen der formell und materiell rechtmäßigen Veränderungssperre, von welcher auch keine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB zu erteilen ist, der behauptete Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung nicht zusteht und die Klage somit abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2, 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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