Baurecht

Zulassung einer Abweichung für Öffnungen in einer Brandwand

Aktenzeichen  M 29 K 17.6134

Datum:
27.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53021
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 28 Abs. 8, Art. 63

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beigeladenen vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit sie sich gegen den Baugenehmigungsbescheid vom … November 2009 richtet, ist sie bereits unzulässig; hinsichtlich der Baugenehmigung vom 5. Dezember 2017 ist sie unbegründet, da die angefochtene Baugenehmigung die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Baugenehmigung vom 12. November 2009 ist bereits bestandskräftig und damit unanfechtbar geworden.
Bei bestandskräftig gewordener Ausgangsgenehmigung beschränkt sich die Anfechtbarkeit einer Baugenehmigung durch den Nachbarn auf die Tekturgenehmigung (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: Oktober 2018, Art. 68 Rn. 116) – mit der Folge, dass allenfalls solche Belastungen bzw. (behaupteten, potenziellen) Rechtsverletzungen der gegen die Tekturgenehmigung erhobenen Nachbarklage zum Erfolg verhelfen können, die über die ursprünglichen (bestandskräftig gewordenen) Baugenehmigungen hinausgehen (BayVGH, B.v. 29.8.2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 9).
Ob lediglich eine Tekturgenehmigung oder eine Genehmigungsneuerteilung („aliud“) vorliegt, hängt von der Art und dem Umfang der Änderungen ab. Entscheidend ist, ob die Identität des Vorhabens trotz der Änderungen im Wesentlichen gewahrt bleibt oder nicht. Maßgebend ist dabei, ob die oder einige der Belange, die bei der Genehmigung zu berücksichtigen gewesen wären, neuerlich oder ob andere oder zusätzliche Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn das Vorhaben hinsichtlich seiner Identität und seiner Wesensmerkmale – insbesondere Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform und Erscheinungsbild (BayVGH, U.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – juris Rn. 15) – so wesentlich von der Baugenehmigung abweicht, dass es nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben – nämlich ein „aliud“ darstellt (BayVGH, B.v. 29.8.2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 10).
Die Änderungsgenehmigung vom 5. Dezember 2017 modifiziert die vorangegangene Baugenehmigung; es wurde also keine selbstständig neben das mit dem Bescheid vom 12. November 2009 genehmigte Vorhaben tretende Alternative genehmigt. Die Identität des Vorhabens wird durch die erteilte nachträgliche Baugenehmigung zum Einbau eines Kaminofens mit Schornstein – der lediglich mit dem außen liegenden Abluftrohr in Erscheinung tritt – nicht erheblich im Vergleich zur ursprünglichen Baugenehmigung verändert.
2. Die angefochtene nachträgliche Baugenehmigung vom 5. Dezember 2017 verstößt in bauordnungsrechtlicher Hinsicht nicht gegen drittschützende Vorschriften.
Dritte – wie die Kläger – können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20, 22; B.v. 28.1.2019 – 15 ZB 17.1831 – juris Rn. 17). Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Ob eine konkrete Norm Drittschutz vermittelt, wird im Wesentlichen nach den Grundsätzen der sog. Schutznormtheorie bestimmt (vgl. st. Rspr. BVerwG, U.v. 17.6.1993 – 3 C 3/89 – juris Rn. 35; BayVGH, B. v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Die betreffende Norm muss mithin ein Privatinteresse derart schützen, dass der Träger des Individualinteresses die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen können soll (BVerwG, U.v. 17.6.1993 – 3 C 3/89 – juris Rn. 35 m. w. N).
2.1. Durch die mit dem angefochtenen Bescheid zugelassene Abweichung von der Anforderung des Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO werden die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt.
Die beiden Wandöffnungen befinden sich an einer Gebäudeabschlusswand, die mit einem Abstand von weniger als 2,50 m an der Nachbargrenze steht und daher gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO als Brandwand auszuführen ist, da der erforderliche Brandschutzabstand zu dem Gebäude auf dem klägerischen Nachbargrundstück nicht eingehalten wird. Nach Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO sind Öffnungen in Brandwänden unzulässig.
Eine Genehmigung des bereits umgesetzten Einbaus eines Kaminofens setzt daher die Zulassung einer Abweichung von der entgegenstehenden brandschutzrechtlichen Anforderung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO voraus. Nach dieser Bestimmung kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind.
Soll von einer bautechnischen Anforderung abgewichen werden und kann der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck auch auf andere Weise erfüllt werden, weil der Bauherr eine gleichwertige Lösung plant, bedarf die Abweichung im Allgemeinen keiner weiteren Rechtfertigung. Es genügt, dass der Normzweck auf andere Weise erfüllt werden kann (BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 15 B 13.2435 – juris Rn. 33). Bei solchen Fallgestaltungen werden in aller Regel auch die gesetzlichen Einschränkungen (Würdigung der nachbarlichen Belange, Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen) nicht entgegenstehen. Denn wegen der vorausgesetzten Gleichwertigkeit der alternativen Erfüllung werden diese Anforderungen bei der abweichenden Lösung in dem selbem Maße berücksichtigt wie bei einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Bauausführung (vgl. König in Schwarzer/König: BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 63 Rn. 11).
Die Rohrdurchführungen und die außenliegende Kaminanlage sind durchgehend durch eine in allen Teilen hochfeuerhemmend ausgebildete Konstruktion ummantelt. Da gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayBO für Gebäude der Gebäudeklasse 1 bis 3 anstelle von Brandwänden hochfeuerhemmende Wände zulässig sind, besteht hier eine Gleichwertigkeit der technischen Ersatzkonstruktion mit der geschlossenen Brandwand.
Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz – wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme – eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn. Bei der Zulassung einer Abweichung von nachbarschützenden Vorschriften, wie der Vorschrift des Art. 28 Abs. 8 BayBO, kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen; wie bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Bebauungsplanfestsetzung ist er auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grund, etwa weil sie nicht mit den öffentlichen Belangen zu vereinbaren ist, (objektiv) rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 17).
Die Kläger können daher nicht nur eine sachgerechte Würdigung ihrer Belange als Nachbarn beanspruchen, sondern sich auch auf eine etwaige Rechtswidrigkeit der Abweichung aus sonstigen Gründen berufen.
Die erteilte Abweichung ist indes nicht zu beanstanden. Wie oben bereits ausgeführt, sind die Öffnungen in der Brandwand mit einer Konstruktion ummantelt, die (mindestens) dasselbe Schutzniveau wie die westliche Gebäudeabschlusswand der Beigeladenen aufweist. Für die Kläger ergibt sich in dieser Hinsicht keinerlei Beeinträchtigung ihrer schützenswerten Belange. Eine Verschlechterung des Schutzniveaus der Kläger ist daher durch die Öffnungen in der Brandwand nicht ersichtlich, auch wenn den Klägern zuzugestehen ist, dass zunächst jede zusätzliche Öffnung in einer Brandwand das Schutzniveau (abstrakt betrachtet) mindert.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung lagen daher hier vor. Eine Verschlechterung der Situation für die Kläger im Hinblick auf den Brandschutz gegenüber den Verhältnissen im Bestand ist nicht gegeben. Wegen des durch die vorgesehene Bauausführung gewährleisteten hohen Sicherheitsstandards ist die Abweichung auch ersichtlich mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist daher rechtmäßig ergangen. Bemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem durch Art. 63 Abs. 1 BayBO eingeräumten Ermessen um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen handelt, bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Abweichung also in der Regel eine stattgebende Entscheidung geboten ist (BayVGH, U.v. 25.11.2004 – 15 B 03.245 – juris Rn. 18) und daher an die Darlegung der Ermessenserwägungen in der Begründung, wenn nicht ausnahmsweise eine Abweichung abgelehnt wird, keine hohen Anforderungen zu stellen sind.
2.2. Auch durch die Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch das außen liegende Kaminrohr werden die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Beigeladenen haben für die Errichtung des Kamins keine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 1 BayBO beantragt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei einer Änderung einer bestandskräftig genehmigten baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung zwar das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, U.v. 15.5.1997 – 4 C 23.95 – juris Rn. 15); dies bedeutet jedoch nicht, dass eine zuvor erteilte Baugenehmigung ohne weiteres gegenstandslos geworden ist und dass eine die Änderung gestattende Baugenehmigung sich stets auf alle zu prüfenden bebauungsrechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Gesamtvorhabens erstrecken muss. Sie muss sich nur auf die Voraussetzungen erstrecken, die durch sie berührt werden (BVerwG, B.v. 4.2.2000 – 4 B 106.99 – juris Rn. 2).
Dabei kann es hier dahinstehen, ob die Einhaltung der Abstandsflächen durch die Errichtung des Kaminofens bei Erteilung der Baugenehmigung vom 5. Dezember 2017 zu prüfen gewesen wäre, da dieser Belang durch die Abweichung neuerlich in der Weise erheblich berührt wurde, so dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellte. Denn die Beigeladene musste keine Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 1 BayBO zum klägerischen Grundstück einhalten.
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an den Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn das Gebäude nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans hängt die Zulässigkeit der Errichtung eines Gebäudes mit oder ohne seitlichen Grenzabstand von der nach § 22 BauNVO festzusetzenden Bauweise ab. Entsprechendes gilt im nicht beplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Ergibt die im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB durchzuführende, „Fremdkörper“ außer Betracht lassende Bestandsaufnahme des Vorhandenen, dass die den Maßstab bildende Bebauung Gebäude mit und ohne seitlichen Grenzabstand umfasst, ohne dass eine Ordnung zu erkennen ist, die als abweichende Bauweise (vgl. § 22 Abs. 4 Satz 1 BauNVO) eingestuft werden kann, dann hält sich sowohl ein Gebäude mit als auch ein Gebäude ohne seitlichen Abstand im Rahmen des Vorhandenen (BVerwG, B.v. 11.3.1994 – 4 B 53/94 – juris Rn. 4). Vorbehaltlich der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme als letzten Prüfungsschritt des Einfügungsgebots darf in diesen Fällen mit den in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO geregelten abstandsflächenrechtlichen Folgen nach bauplanungsrechtlichen Vorschriften an die seitlichen Grenzen bzw. an eine seitliche Grenze gebaut werden (BayVGH, U.v. 23.03.2010 – 1 BV 07.2363 – juris Rn. 25).
Die nähere Umgebung ist vorliegend überwiegend von Grundstücken mit Grenzbauten geprägt. Sowohl das klägerische Grundstück als auch das östliche Nachbargrundstück der Beigeladenen so wie die umliegenden Grundstücke weisen eine grenzständige Bebauung auf.
Zwar kann auch ein solches Vorhaben es an dem erforderlichen Einfügen vermissen lassen, soweit es sich ungeachtet der Wahrung des Umgebungsrahmens der unmittelbaren Nachbarschaft gegenüber als rücksichtslos erweist. Ist das der Fall, wirkt das im Begriff des Einfügens aufgehende Rücksichtnahmegebot drittschützend, sofern in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schützenswerte Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht genommen werden muss (BayVGH, U.v. 20.10.2010 – 14 B 09.1616 – juris Rn. 26). Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (BVerwG, U.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn 8 und 9 m.w.N.; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4; B.v. 18.06.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 33).
Die anhand des Rücksichtnahmegebots erforderliche Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an der Verwirklichung des Kaminofens die Kläger keine überwiegenden eigenen Interessen entgegen zu setzen haben. Hier ist insbesondere zu beachten, dass bereits die westliche Außenwand des Anwesens der Beigeladenen mit wenigen Zentimetern Abstand zur klägerischen Grundstücksgrenze steht. Das Abluftrohr des Kaminofens mit je 34 cm Länge und Breite vermag weder die Besonnung und Belüftung des klägerischen Anwesens einzuschränken noch einmauernd oder erdrückend zu sein. Eine Unzumutbarkeit des Vorhabens für die Kläger kann hier nicht erkannt werden.
Auch auf die geltend gemachte Wertminderung ihres Grundstücks können sich die Kläger nicht berufen. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Auf die objektiv-rechtliche Zulässigkeit des Vorhabens kommt es dabei nicht an, da sich jede – auch eine legale – Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann. Im Hinblick auf das Abstandsflächenrecht ist das Vorhaben auch zulässig, da die Beigeladenen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO an die Grenze bauen durfte. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (BVerwG, U.v. 23.8.1996 – 4 C 13/94 – juris Rn. 73; BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – juris Rn. 6).
2.3. Der klägerische Vortrag, dass das Vorhaben einen Überbau darstelle, spielt für die allein streitgegenständliche Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, die im Übrigen nach den Planunterlagen auch lediglich eine Bebauung an die Grenze zulässt, keine Rolle.
Auch die von den Klägern mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beigeladenen abgeschlossene Vereinbarung vom 2. Oktober 2009 ist als rein zivilrechtliche Vereinbarung für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigung offensichtlich irrelevant.
2.4. Das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot des Art. 8 Sätze 1 und 2 BayBO ist weder Bestandteil des Prüfprogramms des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens noch ist diese Vorschrift drittschützend (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: Oktober 2018, Art. 8 Rn. 283). Auch ergeben sich aus dem klägerischen Vorbringen weder Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall einer nachbarschützenden Wirkung der Vorschrift des Art. 8 BayBO noch für das Vorliegen einer Verunstaltung (vgl. BayVGH, B.v. 28.04.2015 – 9 ZB 12.1494 – juris Rn. 8).
3. Etwaige bauplanungsrechtliche Vorschriften bezüglich des errichteten Einfamilienhauses waren hier aufgrund der Bestandskraft des ursprünglichen Baugenehmigungsbescheides vom … November 2009 nicht mehr zu prüfen. Auch Vorschriften nach dem BImSchG sind im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen.
4. Als letztes ist die streitgegenständliche Baugenehmigung auch hinreichend bestimmt. Sie verweist auf die von den Beigeladenen eingereichten Planunterlagen als Anlage. Im Rahmen der Akteneinsicht konnten die Kläger die vollständigen Planunterlagen einsehen.
Nach alledem liegt ein Verstoß der angefochtenen Baugenehmigung gegen Vorschriften, die (auch) dem Schutz der Kläger dienen, nicht vor.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Beigeladene hat sich durch Stellung eines Sachantrags gemäß § 154 Abs. 3 VwGO in ein Kostenrisiko begeben, so dass es der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, auch ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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