Baurecht

Zuordnung eines Grundstücks zum Innenbereich aufgrund Bebauungszusammenhangs bei der Festlegung des Straßenausbaubeitrages

Aktenzeichen  6 ZB 17.2402

Datum:
10.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6984
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5
BauGB § 34 Abs. 1, § 35

 

Leitsatz

1 Ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in Abgrenzung zum Außenbereich (§ 35 BauGB) ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die betreffende Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört.   (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden.  (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 16.1521 2017-10-12 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2017 – Au 2 K 16.1521 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 4.037,04 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Der geltende gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/ 1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Der Kläger wurde als Eigentümer des Grundstücks FlNr. 137 von dem beklagten Markt mit Bescheid vom 25. Juni 2015 für den Ausbau der M. H. Straße zu einem Beitrag in Höhe von 4.037,04 € herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage für unbegründet erachtet und abgewiesen. Es hat dabei angenommen, der Beklagte habe das klägerische Grundstück bei der Verteilung des Aufwands nach Maßgabe von § 8 der Ausbaubeitragssatzung zu Recht nicht insgesamt mit dem (niedrigen) Satz für Außenbereichsgrundstücke angesetzt, sondern zutreffend eine an der Straße gelegene Teilfläche von 2.099 m2 mit dem Beitragssatz für bebaubare Grundstücke belastet; denn diese Teilfläche sei nach dem bei dem gerichtlichen Augenschein gewonnenen Eindruck dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Mit dem Einwand, das Grundstück liege insgesamt im Außenbereich, zeigt der Zulassungsantrag keine Zweifel auf, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
Ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB in Abgrenzung zum Außenbereich (§ 35 BauGB) ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die betreffende Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört (BVerwG, B.v. 1.9.2010 – 4 B 21.10 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 6.11.2017 – 6 ZB 17.1104 – juris Rn. 14 m.w.N.). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – juris Rn. 5 m.w.N.).
In Anwendung dieses Maßstabs ist der Senat mit dem Verwaltungsgericht (und der Baubehörde) der Auffassung, dass das klägerische Grundstück mit seinem an der M. H. Straße gelegenen Teil dem Bebauungszusammenhang angehört, der sich – zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2017 – 6 ZB 17.1011 – juris Rn. 13 m.w.N.) – beiderseits entlang der M. H. Straße in jeweils einer Bauzeile von der F. Straße im Westen bis auf Höhe des Anliegergrundstücks 50/1 im Osten erstreckt. Das ergibt sich ohne weiteren Klärungsbedarf aus den bei den Akten befindlichen Unterlagen, insbesondere den Lichtbildern, die im erstinstanzlichen Verfahren während des Augenscheins von der Berichterstatterin gefertigt worden sind. Weder das landwirtschaftlich genutzte Grundstück des Klägers, das an dieser Stelle eine Breite von – nur – etwa 30 m aufweist, noch die etwas schmalere Freifläche auf der gegenüberliegenden Straßenseite, noch der westlich davon die M. H. Straße querende Bach unterbrechen den Bebauungszusammenhang. Mit Blick auf die eher weitläufige Bebauung östlich der F. Straße und die durchschnittliche Größe der Baugrundstücke wie der Gebäude im fraglichen Bereich handelt es sich um bloße Baulücken, jenseits derer sich die vorhandene Bebauung im Ortsteil Baumgarten beiderseits der M. H. Straße zwanglos fortsetzt und dadurch den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Die neue Bebauung an der M. H. Straße ist von der – älteren – Bebauung an der F. Straße ersichtlich nicht so weit abgesetzt, dass sie lediglich als Splittersiedlung im Außenbereich anzusehen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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