Erbrecht

Eintragung, Widmung, Gemeinde, Bewilligung, Verfassungsbeschwerde, Beschwerde, Grundbuch, Ermessensentscheidung, Gemarkung, Amt, Verwaltungsprozess, Grundbuchamt, Verfahren, Anlieger, Kosten des Verfahrens, gesetzliche Vermutung, keine Bindungswirkung

Aktenzeichen  Au 6 K 19.1037

Datum:
18.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45366
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen haben die Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. der Beigeladene vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Widmungsverfügung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtene Widmungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten.
1. Die Voraussetzungen für die neue Widmung zur Ortsstraße nach Art. 6 Abs. 1,Art. 46 Nr. 2 BayStrWG liegen vor. Die Beklagte war als Straßenbaubehörde für die Widmung zuständig (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG). Die Widmung wurde zulässigerweise als Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG öffentlich bekannt gegeben, Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG.
2. Entgegen der klägerischen Ansicht war eine Zustimmung zur erfolgten Widmung gemäß Art. 6 Abs. 3 BayStrWG durch die Kläger nicht erforderlich.
Die Widmung setzt nach Art. 6 Abs. 3 BayStrWG voraus, dass der Träger der Straßenbaulast das dingliche Recht hat, über das der Straße dienende Grundstück zu verfügen, oder dass der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben, oder dass der Träger der Straßenbaulast den Besitz des der Straße dienenden Grundstücks durch Vertrag, durch Einweisung oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt hat.
Die Beklagte war im maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der Widmungsverfügung als Alleineigentümerin der streitgegenständlichen Flur-Nr. L im Grundbuch eingetragen. Dies wurde durch Vorlage eines Grundbuchauszugs (vgl. Gerichtsakte Bl. 91ff.) nachgewiesen. Demnach war die Beklagte laut Grundbuch im Widmungszeitpunkt Inhaberin des dinglichen Rechts, um über das als Straße dienende Grundstück zu verfügen. Ist im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen, so wird gesetzlich vermutet, dass ihm das Recht zusteht. Dies stellt die widerlegliche Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB klar. Vorliegend streitet die gesetzliche Vermutung für das Alleineigentum der eingetragenen Beklagten an der gewidmeten Flur-Nr. L.
Diese gesetzliche Vermutung haben die Kläger weder im vorgelagerten zivilrechtlichen, noch im gegenwärtigen Verwaltungsgerichtsverfahren hinreichend erschüttert. Vielmehr stellt das Oberlandesgericht … in seiner Entscheidung vom 28. Juli 2020 (Az.: … – Gerichtsakte Bl. 164 ff.) klar, dass weder für die Eintragung der Kläger als Eigentümer bzw. Miteigentümer noch für die Eintragung eines Amtswiderspruchs die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen: Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Eigentums an der jetzigen Flur-Nr. L ist nicht ersichtlich. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Kläger Eigentum oder Miteigentum an diesem Grundstück erlangt haben. Es erschließt sich nicht, dass die Kläger Eigentümer an irgendeiner Teilfläche waren, die nunmehr zu der Flur-Nr. L verschmolzen wurde und insofern die Verschmelzung möglicherweise unwirksam ist. Insofern ist nicht hinreichend belegt, wann und wie die Kläger Eigentum an einer Teilfläche erworben haben sollen. Hinsichtlich der Flur-Nr. P (östlicher Teil des „2“) und der hieraus zerlegten Flur-Nr. Q, die an das Grundstück der Kläger angrenzt, war durchgängig die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Flur-Nr. O (nördlicher Teil des „1“), aus der ebenfalls Teilflächen der jetzigen Flur-Nr. L hervorgegangen sind, war vormals nicht auf einem eigenen Blatt im Grundbuch eingetragen. Dieses Grundstück stand im Eigentum mehrerer Anlieger, bei denen auch ein entsprechender Hinzuvermerk bestand, allerdings nicht bei den Klägern. Aufgrund der Eintragung der Flur-Nr. als Eigentum der Beklagten ist vielmehr davon auszugehen, dass der Weg nicht Bestandteil des klägerischen Grundstücks war (§ 891 BGB). Unzutreffend ist insoweit die Ansicht der Kläger, sie seien bereits deshalb Miteigentümer an einer der vormaligen Teilflächen, da ihr Grundstück FlurNr. H daran angrenzte bzw. alle Anlieger am „1“ seien gemeinschaftliche Eigentümer am gesamten Weg. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist nicht ersichtlich.
Dieser Beurteilung der damit abschließend materiellrechtlich geklärten Frage der Eintragung und damit der Eigentumsvermutung an der Flur-Nr. L durch das sachnähere Oberlandesgericht … schließt sich das Verwaltungsgericht an.
Eine Zustimmung der Kläger als vermeintliche (Mit)-Eigentümer der Flur-Nr. L war daher nicht erforderlich.
3. Die angefochtene Widmung weist keine Ermessensfehler auf.
Die Widmung ist eine aus der Straßenbaulast des Art. 9 BayStrWG resultierende Pflicht (Zeitler/Häußler, 30. EL März 2020, BayStrWG Art. 6 Rn. 28). Sie steht grundsätzlich im Ermessen der Straßenbaubehörde. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind die Belange der Anlieger (des gewidmeten Grundstücks) und die gestaltende Wirkung der Widmung auf Rechte und Pflichten der Anlieger in die Abwägung einzubeziehen (BayVGH, U.v. 24.10.2002 – 8 B 98.873 – Rn. 22).
Die Ermessensentscheidung der Beklagten zur Widmung der Straße „Am 1“ ist nicht zu beanstanden, da keine gerichtlich überprüfbaren Ermessensfehler ersichtlich oder sonst von den Klägern aufgezeigt sind (§ 114 VwGO).
Die Ermessensentscheidung ist im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Die gerichtliche Prüfungsdichte bemisst sich nach der Regelung des § 114 VwGO, was im Wesentlichen zur Folge hat, dass die Entscheidung lediglich daraufhin zu überprüfen ist, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, ob in diese alle maßgeblichen und keine unzulässigen Erwägungen Eingang gefunden haben und ob einzelne Belange entgegen ihrer objektiven Wertigkeit in die Abwägung eingestellt worden sind.
Dass bei der streitgegenständlichen Widmung der Flur-Nr. L „1“ als Orts straße mit der Beschränkung „Anlieger frei“ Ermessensfehler vorgelegen haben, ist seitens der Kläger weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Umgekehrt kann eine Gemeinde eine bestehende wegerechtliche Lage zwecks künftiger Bebauung auch im Vorfeld neu regeln, um dem erwarteten künftigen Verkehrsbedürfnis zu entsprechen (arg. ex Art. 7 Abs. 1 BayStrWG).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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