Europarecht

4 A 11/22

Aktenzeichen  4 A 11/22

Datum:
8.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Halle (Saale) 4. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
Art 3 Abs 1 GG
Art 3 Abs 1 GG
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Die Verwaltungspraxis der Beklagten bei der Gewährung der Corona Soforthilfe nach der Einzelunternehmen für ihre gesamte unternehmerische Tätigkeiten nur einen Antrag stellen können und nur einmal die Soforthilfe im Rahmen der Förderhöchstgrenzen gewährt werden, ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Gleichheitssatz nicht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung einer Corona-Soforthilfe.
Der Kläger ist Inhaber einer Gastwirtschaft „A“ und einer Sportstätte „B“ in Halle. Er beantragte bei der Beklagten am 30. März 2020 für die von ihm betriebene Gastwirtschaft „A“ mit 7 Vollzeitbeschäftigten die Gewährung einer Corona Soforthilfe und gab im Antrag an, in der Rechtsform als Einzelunternehmer tätig zu sein. Den Finanzbedarf gab er mit 17.942,25 € an. Der Antrag wurde unter der Vorgangsnummer ZS/2020/04/114999 geführt. Taggleich beantragte der Kläger für die von ihm zudem betriebene „B“ mit 1,5 Vollzeitbeschäftigten mit gesondertem Antrag die Gewährung einer Corona Soforthilfe. Auch in diesem Antrag gab er an, als Einzelunternehmer tätig zu sein. Der Finanzbedarf wurde von ihm in Höhe von 16.117,62 € beziffert.
Mit Bescheid vom 17. April 2020 (ZS/2020/04/114999) bewilligte die Beklagte an den Kläger eine einmalige Billigkeitsleistung in Form einer freiwilligen Zahlung als Soforthilfe in Höhe von 15.000,00 €. Im Ausgaben- und Finanzierungsplan legte die Beklagte den für beide Firmen in den Anträgen angegebenen Finanzbedarf in der Summe ihrer Bewilligung zugrunde und gewährte den für bis zu 10 Beschäftigte maximalen Förderbetrag.
Gegen die Zusammenfassung seiner Anträge wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 5. Mai 2020. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2020 unter der Vorgangsnummer den (weiteren Antrag) vom 30. März 2020 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es bestehe kein Anspruch auf Gewährung der Soforthilfe. Nach den vorliegenden Anträgen führe der Kläger sowohl die „B“ als auch das „A“ als Einzelunternehmer. Die Höhe der Soforthilfe errechne sich aufgrund der Anzahl der Beschäftigten. Der Kläger würde zwei Betriebsstätten führen. In diesem Fall müsse der Finanzbedarf und die Zahl der Mitarbeiter kumuliert werden. Für die angegebenen 8,5 Mitarbeiter könne ein Zuschuss in Höhe von insgesamt 15.000,00 € bewilligt werden. Dem sei mit dem gesonderten Bescheid unter der Vorgangsnummer ZS/2020/04/114999 Rechnung getragen worden. Damit lägen die Fördervoraussetzungen nicht vor, sodass nur die Ablehnung des Antrags in Betracht komme. Nach dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln, der den Ermessensspielraum erheblich einenge, sei die Ablehnung von Förderanträgen geboten, wenn wesentliche unabdingbare Fördervoraussetzungen nicht vorliegen. Auch seien widerrechtlich begünstigende Verwaltungsakte grundsätzlich nicht zulässig, weil Subventionsempfänger ansonsten zu Unrecht auf Kosten der Allgemeinheit begünstigt würden. Gleichgelagerte Sachverhalte seien ebenso beschieden worden, sodass eine entsprechende Verwaltungspraxis bestünde.
Am 26. Juni 2020 hat der Kläger hiergegen vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 20. Juli 2020 an das erkennende Gericht verwiesen hat.
Der Kläger trägt vor, die Einzelunternehmen seien verschieden organisiert und strukturiert und würden vollständig voneinander getrennt an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Mitarbeitern von ihm betrieben. Die Begründung der Beklagten im Ablehnungsbescheid sei unzureichend. Bei Vorliegen der Voraussetzungen sei die Soforthilfe zu gewähren. Er falle mit beiden Einzelunternehmen unter die Wirtschaftsbereiche, die nach der Richtlinie antragsberechtigt seien. Diese gebe gerade nicht vor, dass verschiedene Einzelunternehmen zusammenzufassen seien, wenn der Inhaber identisch ist. Eine anders gelagerte Bescheidungspraxis der Beklagten sei unerheblich. Die behauptete Verwaltungspraxis könne nicht als Grundlage für die rechtliche Einordnung und Bewertung angesehen werden. Die Beklagte stütze sich auf eine unzutreffende Auslegung der Richtlinie. So könne ohne weiteres ein Einzelunternehmer mehrere selbständige Unternehmen betreiben, die dann auch getrennt zu behandeln seien.
Kennzeichnend dafür sei die organisatorische Trennung. Er bestreite, dass die von der Beklagten angeführten FAQ zum Zeitpunkt der Bewilligung überhaupt veröffentlicht waren und dass zu irgendeinem Zeitpunkt vergleichbare Sachverhalten ebenso entschieden worden seien. Dadurch sei auch keine Manifestation eingetreten. Den Richtlinien sei nicht zu entnehmen, dass auf die jeweilige Unternehmensform abzustellen sei. Die Antragsberechtigung richte sich nach dem betriebenen Gewerbe und nicht nach dem Träger der Unternehmung. Es sei auch nicht ersichtlich, welcher nachvollziehbare Unterschied zur differenzierten Behandlung zwischen einem Einzelunternehmer, der mehrere getrennte Gewerbebetriebe betreibt und zwei Personengesellschaften mit identischen Gesellschaftern und mehreren betriebenen Unternehmen ergeben sollte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Mai 2020 zu verpflichten, dem Kläger eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 € zu gewähren,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers vom 30. März 2020 () unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Begründung im angegriffenen Bescheid und führt ergänzend aus, der Kläger könne keine zwingende Entscheidung zu seinen Gunsten einfordern, weil er weder einen Anspruch auf die begehrte Soforthilfe habe, noch eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich der Anspruch des Klägers ableiten lasse. Sie habe mehrfach betont, dass in gleichgelagerten Fällen eine Ablehnung der begehrten Bewilligung erfolgt sei und sich dies letztlich in den FAQ zum Programm unter Ziffer 2.17 manifestiert habe. Es fehle hier an den Voraussetzungen für eine die bereits gewährte Soforthilfe übersteigende Bewilligung. Dem jeweiligen Antragsteller werde insgesamt nur einmal für dessen jeweils angezeigte unternehmerische Tätigkeit eine Billigkeitsleistung gewährt. Die Soforthilfe solle der Existenzsicherung des einzelnen Unternehmensträgers dienen. Sie stelle insbesondere keine Betriebsstättenförderung dar. Die vorhandenen Haushaltsmittel sollten vielen berechtigten Antragstellern bezogen auf die jeweiligen wirtschaftlichen Unternehmungen zu Gute kommen. Seitens des Landes sei angestrebt, die Wirtschaft im Land trotz der Pandemie insoweit zu unterstützen und am Leben zu erhalten, als dass vielen mit eventuell kleineren Beträgen und nicht nur wenigen geholfen werde. Im Fokus stehe die unternehmerische Tätigkeit als solche im Kern, wie hier die Einzelunternehmerschaft, zu erhalten, auch wenn vereinzelt Defizite in der Ausgestaltung für die Zukunft hinzunehmen wären. Bei der Beurteilung des einzelnen Unternehmensträgers werde auf die dahinterstehenden Personen, unabhängig ob juristisch oder natürlich abgestellt. Dieser müsse eine eigenständige Rechtspersönlichkeit für jedes förderfähige Vorhaben zustehen. Das vom Kläger betriebene Unternehmen sei als Einzelunternehmen geführt, ganz gleich, ob dieses eingleisig ausgestaltet sei oder auf mehreren Füßen stünde. Unternehmensträger sei der Kläger als Einzelunternehmer. Die verschiedenen Gastgewerbe würden keine eigenen Rechtspersönlichkeiten darstellen, die für sich bewilligungsfähig wären. Entsprechend der Verwaltungspraxis seien bei Einzelunternehmen die gestellten Anträge kumuliert betrachtet worden. Anderweitige Klageverfahren zu entsprechenden Sachverhalten vor dem Verwaltungsgericht Halle würden diese Praxis bestätigen. Weitere Anträge der Einzelunternehmer würden nicht per se abgelehnt, sondern ggf. als Aufstockungsantrag behandelt bzw. sogleich als einheitliche Antragstellung gewertet.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Gerichts gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er weder Anspruch auf eine (weitere) Gewährung der beantragten Corona Soforthilfe noch einen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat, § 113 Abs. 5 VwGO.
Rechtsgrundlage der begehrten Billigkeitsleistung ist die Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen für KMU mit bis zu 50 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) einschl. Kleinstunternehmen, Solo-Selbständigen und Angehörigen freier Berufe zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise (Corona-Soforthilfe; Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung vom 29. März 2020; im Folgenden: Richtlinie) i. V. mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und § 53 LHO LSA.
Danach gewährt das Land Sachsen-Anhalt mit der Unterstützung des Bundes aus Gründen der Billigkeit finanzielle freiwillige Leistungen (Soforthilfe) für den Teilausgleich von Schäden, die durch die Corona-Krise für gewerbliche KMU mit bis zu 50 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) insbesondere Kleinstunternehmen sowie Soloselbständigen und freiberuflich Erwerbstätigen in Sachsen-Anhalt entstanden sind. Grundlagen dieser Richtlinie sind die Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19, die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Sachsen-Anhalt über die „Soforthilfen des Bundes für die Gewährung von Überbrückungshilfen als Billigkeitsleistungen für `Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige´“, die Vollzugshinweise dazu und nach Maßgabe der Richtlinie, § 53 LHO LSA sowie die dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung.
Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen. Unter welchen Voraussetzungen die bereit gestellten Mittel zu gewähren sind, ist nicht durch Rechtsnormen erfolgt. Vielmehr werden in den einschlägigen Richtlinien und Erlassen selbst Auswahlkriterien, Bewilligungsvoraussetzungen und Anweisungen zum Verfahren festgelegt. Richtlinien und Erlasse dieser Art sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 14. März 2018 – 10 C 1.17 – juris, m. w. N.) keine Rechtsnormen, denn sie haben keinen Rechtssatzcharakter. Sie begründen nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten. Sie sind aber dazu bestimmt, Maßstäbe für die gleichmäßige Verteilung der Billigkeitsleistung zu setzen Die Verwaltungsbehörde darf unter Berücksichtigung der Zielrichtung der Fördermaßnahme ihr Ermessen durch Richtlinien oder eine Verwaltungspraxis für bestimmte Fallgruppen gleichmäßig nach generellen Gesichtspunkten binden. Die Ermessensbindung reicht nur soweit, wie die festgestellte tatsächlich ständig geübten Verwaltungspraxis (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 – 8 C 18.11 – juris). Zur Feststellung der zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann dabei neben der einschlägigen Förderrichtlinie ergänzend auch auf öffentliche Verlautbarungen zurückgegriffen werden, wenn diese Aufschluss über die in der Vergangenheit tatsächlich geübten Verwaltungspraxis geben. Dies gilt beispielsweise für die im Internet von der Beklagten veröffentlichten sog. „FAQ“, unter denen auf häufig gestellte bzw. zu erwartenden Fragen Antworten formuliert sind (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 3. Dezember 2021 – 19 K 2760/20 – juris). Lässt sich danach eine bestimmte Verwaltungspraxis der Bewilligungsbehörde feststellen, ist davon auszugehen, dass diese grundsätzlich in allen zur Entscheidung vorliegenden Anträgen gleichförmig angewandt wird.
Ist – wie hier – durch Richtlinie bestimmt, unter welchen Voraussetzungen zweckbestimmte Billigkeitsleistungen an den festgelegten Empfängerkreis zu verteilen sind, dann sind diese Vorgaben grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation unterworfen. Das Gericht ist auf die Überprüfung beschränkt, ob bei Anwendung der Richtlinie im Einzelfall, in dem die begehrte Leistung versagt worden ist, über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt oder der durch die Zweckbestimmungen gezogene Rahmen nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 1979 – 3 C 111.79 – juris).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ablehnung des weiteren Antrags des Klägers durch die Beklagte nicht zu beanstanden, da sie der geübten Verwaltungspraxis entspricht.
Der Kläger hat keinen über die bereits unter der Vorgangsnummer ZS72020/04/114999 gewährte Corona-Soforthilfe hinausgehenden Anspruch auf Gewährung der Billigkeitsleistung für seine Tätigkeit als Einzelunternehmer und Betreiber zweier Gastgewerbe und keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags vom 30. März 2020 unter der Vorgangsnummer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Ein (direkter) Anspruch auf die Gewährung einer Soforthilfe besteht – wie sich auch aus Nr. 1.3 der Richtlinie eindeutig ergibt – nicht. Nur bei Erfüllung aller Voraussetzungen und verfügbaren Haushaltsmitteln kann unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und einer ständig geübten Vergabepraxis eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen, die einen Anspruch auf Gewährung bewirkt. Vorliegend erfüllt der Kläger zwar dem Grunde nach die Fördervoraussetzungen für die beantragte Billigkeitsleistung und ist insbesondere auch antragsberechtigt nach Nr. 3.1 der Richtlinie. Er kann jedoch aufgrund der bereits ausgeschöpften Förderhöchstgrenze keine weitere Soforthilfe für sich beanspruchen.
Die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis der Beklagten bei der Gewährung der Corona-Soforthilfe orientiert sich zur Überzeugung des Gerichts an den Vorgaben der Richtlinie, den hierzu ergangenen Vollzugshinweisen und hinsichtlich der weiteren Detailfragen an den FAQ, hier zum Stand 30. April 2020. Dem steht nicht entgegen, dass sich in dem Förderverfahren, das erstmals aufgelegt worden ist, eine Verwaltungspraxis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag des Klägers ggf. noch nicht als ständige Verwaltungspraxis etabliert hatte. Denn es genügt insoweit, dass die Behandlung der Anträge einschließlich der Entscheidung hierüber im Einklang mit den Vorgaben und Arbeitshinweisen der Richtlinie und FAQ gleichmäßig vorgezeichnet war und sich auch in der weiteren Bewilligungspraxis keine abweichende tatsächliche Handhabung etabliert hat. Die Beklagte hat im Klageverfahren ihre Handhabung der Verwaltungspraxis nachvollziehbar dargestellt und entsprechend in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt. Danach hat die Beklagte im Falle der Antragstellung von Einzelunternehmern, die mehrere – auch voneinander abgrenzbare – Tätigkeiten ausüben und für diese jeweils getrennten Anträge gestellt haben, diese Anträge zusammengefasst und hinsichtlich der einzelnen Berechnungsbestandteile kumuliert, bzw. im Fall der weiteren Antragstellung nach Abschluss des ersten Antragsverfahrens den weiteren Antrag als Aufstockungsantrag zum vorherigen Antrag aufgefasst und eine Entscheidung hierüber getroffen. Dem liegen in den FAQ die folgenden Ausführungen unter Nr. 2.17 zugrunde: Ein Antragsteller könne insgesamt nur einmal für dessen jeweils angezeigte unternehmerische Tätigkeit gewährt werden. Die Soforthilfe solle der Existenzsicherung des einzelnen Unternehmensträgers dienen. Demnach sei nur eine einmalige Inanspruchnahme vorgesehen. Habe ein Unternehmer aber mehrere abgrenzbare eigenständige Unternehmen, so könne er für jedes dieser Unternehmen die Soforthilfe beantragen. Ein Einzelunternehmer, welcher mehreren Tätigkeiten nachgehe, könne insgesamt nur einen Antrag stellen. Diese Vorgehensweise wird unter Nr. 2.30 der FAQ nochmals bestätigt.
Nach der festgestellten Verwaltungspraxis und nach den Angaben des Klägers in seinen beiden Anträgen vom 30. März 2020 kann er als Einzelunternehmer auch bei getrennter Führung mehrerer Gewerbe mit Erfolg nur einen Antrag für seine gesamte Unternehmertätigkeit stellen und die sich hiernach ergebenden Förderhöchstgrenzen einmalig ausschöpfen. Die Beklagte hat in der Bewilligung der Billigkeitsleistung mit Bescheid vom 17. April 2020 die Angaben des Klägers in den beiden Anträgen zu den jeweiligen Mitarbeitern und Finanzbedarfen hinsichtlich des angegebenen Liquiditätsengpasses kumuliert und den darauf nach Nr. 5.2 der Richtlinie gestaffelten Maximalbetrag für bis zu 10 Beschäftigte in Höhe von 15.000,00 € an den Kläger bewilligt. Damit wurden entsprechend der Verwaltungspraxis beide wirtschaftlichen Betätigungen des Klägers, also der Betrieb des „A“ und der „B“, in die Soforthilfegewährung einbezogen.
Eine getrennte Behandlung der Anträge widerspräche der gängigen Verwaltungspraxis und würde nicht im Sinne der Gleichbehandlung mit anderen Antragstellern, die als Einzelunternehmer tätig sind, erfolgen. Die weitere Gewährung einer Soforthilfe an den Kläger kommt aufgrund der Anwendung der Nr. 5.1 der Richtlinie nach der Verwaltungspraxis der Beklagten, wonach die Soforthilfe als einmalige nicht rückzahlbare Leistung gewährt wird, nicht in Betracht.
Der Kläger hat nichts vorgebracht, was für eine andere Verwaltungspraxis der Beklagten sprechen würde. Er hat lediglich diese Verwaltungspraxis pauschal bestritten und in Zweifel gezogen. Konkrete Förderfälle, die abweichend hiervon entschieden worden seien, wurden nicht benannt und sind auch sonst nicht bekannt. Anhaltspunkte für eine gegenläufige Verwaltungspraxis der Beklagten sind auch aus anderen anhängigen Verfahren nicht ersichtlich. Es liegt im Falle der Gewährung einer Zuwendung bzw. Billigkeitsleistung gerade in der Sphäre des Leistungsempfängers, das Vorliegen der Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 18. Oktober 2021 – W8K 21.716 – juris). Dies gilt gleichermaßen soweit ein Anspruch unter Berufung auf eine Gleichbehandlung eingefordert wird.
In der vorliegenden Konstellation ist auch kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine von der gängigen Verwaltungspraxis abweichende Entscheidung der Beklagten gebietet. Der vorliegende Sachverhalt weist keine außergewöhnlichen Umstände auf, der von der Richtlinie, den Vollzugshinweisen und den FAQ sowie von der darauf beruhenden Verwaltungspraxis nicht erfasst wird und von solchem Gewicht ist, dass er eine von der im Regelfall vorgesehen Entscheidung eine abweichende Behandlung gebieten würde. Denn es liegt bei der Mehrfachbeantragung der Corona-Soforthilfe durch Einzelunternehmer eine Fallgestaltung vor, die häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis gerade nicht gefördert werden soll.
Des Weiteren ist so gehandhabte Verwaltungspraxis der Beklagten in Bezug auf Einzelunternehmen weder gleichheitswidrig noch willkürlich.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 10 C 1.17 – juris).
Der Normgeber ist unter Beachtung der genannten Grundsätze in seiner Entscheidung, welche Personen/-gruppen in welchem Umfang durch finanzielle Leistungen des Staates gefördert werden sollen, weitgehend frei. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen dem Normgeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 – 10 C 1.17 – juris, m. w. N.). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit Urteil vom 23. Oktober 1951 – 2 BVG 1/51 – juris) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Diese Grundsätze gelten auch für den Richtliniengeber (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. April 1987 – 7 C 24.85 – juris).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die dargestellte Förderpraxis der Beklagten nicht zu beanstanden. Für den Schluss auf eine gleichheitswidrige und willkürliche Handhabung der Förderrichtlinie bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Es ist danach nicht willkürlich, Einzelunternehmer, die mehreren – auch getrennt geführten – wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehen, nur einmalig bis zum Erreichen der nach vollzeitäquivalenten Mitarbeitern gestaffelten Höchstgrenzen zu fördern, während andere Unternehmer, die nicht Einzelunternehmer sind und mehrere abgrenzbare eigenständigen Unternehmen führen, für jedes der Unternehmen und damit mehrfach die Soforthilfe beantragen und ggf. Höchstgrenzen ausschöpfen können. Die Beklagte knüpft mit ihrer Verwaltungspraxis hinsichtlich der Frage, wer wie viele Anträge stellen kann, klar an den jeweiligen Unternehmensträger und damit an die Rechtspersönlichkeit an. Ein genereller Ausschluss des Einzelunternehmers wird nicht vorgenommen. Durch eine kumulierte Betrachtung der Gesamttätigkeit des Einzelunternehmers wird insbesondere der Umfang der Billigkeitsleistung und letztlich der maximalen Förderhöhe bestimmt. Zulässig ist es zunächst, maximale Fördergrenzen zu bestimmen, die nach einer bestimmten Kenngröße gestaffelt werden, um eine breite Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel zu erreichen. Soweit die Beklagte bei der Frage der zulässigen mehrfachen Antragstellung an den jeweiligen Unternehmensträger anknüpft und die jeweilige Rechtspersönlichkeit in den Blick nimmt, liegt dies in ihrem Ermessen und wird durch Sachgründe gerechtfertigt. Nach Nr. 2.17 der FAQ soll die Soforthilfe der Existenzsicherung des einzelnen Unternehmensträgers dienen. Dies bewegt sich im Rahmen des Förderzwecks und hat zur Folge, dass jeder Unternehmensträger nur einmalig eine Billigkeitsleistung in Form der Corona-Soforthilfe erhält. Die Anknüpfung an den Unternehmensträger widerspricht nicht der Lebenserfahrung und grenzt den Kreis der Begünstigten sachgerecht ab. Denn die pandemiebedingten finanziellen und rechtlichen Folgen der staatlich ergriffenen Maßnahmen treffen letztlich den jeweiligen Unternehmensträger. Dieser hat als Vertragspartei die fortlaufenden Sach- und Finanzaufwendungen im Sinne von Nr. 2.4 FAQ, beispielsweise Mieten, Leasingaufwendungen, Energie- und Instandhaltungskosten usw. zu tragen. Diese Aufwendungen sind jeweils Grundlage für den anzugebenden pandemiebedingten Liquiditätsengpass, dessen Überbrückung Ziel der Billigkeitsleistung ist. Vertragspartei ist bei einem Einzelunternehmen mangels eigener Rechtspersönlichkeit der jeweiligen Firma der Einzelunternehmer als natürliche Person. Dagegen ist bei einer Personen- oder Kapitalgesellschaft diese stets selbst Vertragspartei, Schuldner und im Fall der Fälle eigenständige insolvenzfähige Person. Eine Ungleichbehandlung von Einzelunternehmern liegt schon deswegen nicht vor, weil deren wirtschaftlichen Tätigkeiten aufgrund der Zusammenfassung in einem Antrag nicht unberücksichtigt bleiben. Die hierdurch ggf. entstehende betragsmäßige Deckelung der Billigkeitsleistung mit dem dahinterstehenden Ziel, die vorhandenen Haushaltsmittel möglichst vielen berechtigten Antragstellern, bezogen auf die jeweiligen wirtschaftlichen Unternehmungen zu Gute kommen zu lassen, ist dabei vom weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraum des Fördergebers umfasst. Ferner dient die Behandlung der Anträge unter Anknüpfung an den jeweiligen Unternehmensträger, der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung, weil die Unternehmensform eindeutig im Antrag angegeben und ermittelt werden kann. Dagegen kann die Bestimmung, ob einzelne wirtschaftliche Tätigkeiten getrennt voneinander ausgeübt werden oder Verbindungen und Abhängigkeiten wirtschaftlicher Art untereinander bestehen, aufwendige und längere Prüfungsvorgänge erfordern, die dem Ziel der möglichst schnellen und zeitnahen Bewilligung von Mitteln zur Existenzsicherung entgegenstünden. Bei der Gewährung der Corona-Soforthilfe handelt es sich um ein Massenverfahren, bei dem im Bewilligungsverfahren keine Einzelprüfung in der Tiefe erfolgen kann, wenn es gerade um schnelle und effiziente Hilfe für möglichst viele Wirtschaftsteilnehmer gehen soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Wert des Streitgegenstands ergibt sich aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.


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