Europarecht

Abrechnungsbestimmungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

Aktenzeichen  S 20 KA 1091/13

Datum:
21.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 56401
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V und auch gegen Artikel 3 § 95 Abs. 2 S. 6

 

Leitsatz

1. Keine Zahlung von Abschlagszahlungen an MVZ in Rechtsform einer GmbH ohne Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft.
2. Zur Rechtmäßigkeit der Abrechnungsbestimmungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, hier § 5 Abs. 1 a. (Rn. 22)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.
Die Klage erweist sich in der zuletzt betriebenen Form als allgemeine Leistungsklage, § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), als zulässig.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Abschlagszahlungen ohne Vorlage einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft. Bei dem Schreiben vom 18.04.2012 handelt es sich nach Auffassung des Gerichts lediglich um ein Informationsschreiben, das die neuen Bestimmungen der Abrechnungsbestimmungen erläutert. Es liegt kein Schreiben mit Regelungscharakter und damit auch kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 SGB I vor.
Die zulässige Klage erweist sich jedoch als unbegründet.
Die Beklagte beruft sich zu Recht auf § 5 Abs. 1 a ihrer Abrechnungsbestimmungen und sieht demzufolge mangels Vorlage einer Bankbürgschaft durch die Klägerin von der Gewährung von Abschlagszahlungen im vorliegenden Fall ab. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts, Urteil vom 26.07.2017, Az. L 12 KA 17/15, hält auch das erkennende Gericht die genannte Abrechnungsbestimmung für mit höherrangigem Recht vereinbar. Der für die Beklagte geltende weite Gestaltungsspielraum ist hier eingehalten. Ein Verstoß gegen § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V vermag das Gericht nicht zu erkennen. Die genannte Vorschrift betrifft die Zulassungsvoraussetzungen für ein MVZ. Wie das Bayerische Landessozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nicht ersichtlich, dass in der Vorschrift des § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V eine Sperrwirkung für Regelungen von KVen auf der Ebene der Abrechnungsbestimmungen liege (Bayerisches Landessozialgericht a.a.O., Randziffer 19). Hinzuweisen ist auch darauf, dass das von der Klägerin angeführte Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.10.2014, Az. B 6 KA 36/13 R, ausschließlich § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V mit seiner wie das Bayerische Landessozigericht a.a.O.,Randziffer 20, ausführt zulassungsrechtlichen Konsequenz betreffe, so dass sich daraus für die hier streitige Frage im Zusammenhang mit Abrechnungsmodalitäten keine Erkenntnisse ergeben.
Ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vermag das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen. Wie das Bayerische Landessozialgericht .a.a.O. Randziffer 22, ausführt, ergibt sich ein ausreichender sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung durch die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung der Haftung. Sinn und Zweck einer Rechtsform der GmbH liege gerade darin, den Gesellschaftern mit Gründung der Gesellschaft zu ermöglichen, am Rechtsverkehr ohne persönliches Haftungsrisiko teilzunehmen. Es sei hier auf § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz hinzuweisen. Auch bei einer sehr starken Ungleichbehandlung mit der Folge der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Prüfungsmaßstab könne eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht festgestellt werden. Die zu prüfenden Merkmale der Zweckmäßigkeit, Geeignetheit und Erforderlichkeit der gewählten Maßnahme (Verknüpfung der Abschlagszahlung mit der Vorlage einer Bankbürgschaft) seien gegeben, weil das eingesetzte Mittel generell geeignet sei, dem angestrebten Zweck zu dienen und kein milderes, den Betroffenen weniger belastendes Mittel erkennbar sei, das ebenso wirksam sei. Auch das Erfordernis einer Bankbürgschaft bezüglich fünf Abschlagszahlungen sei gerechtfertigt, da relativ spät der endgültige Honoraranspruch feststehe, vgl. insgesamt Bayerisches Landesozialgericht a.a.O. Randziffer 22.
Das erkennende Gericht schließt sich diesen Ausführungen vollinhaltlich an. Zu dem weiteren Argument der Klägerin, dass hier eine Ungleichbehandlung bezüglich einer GbR, die als Gesellschafter ebenfalls juristische Personen des Privatrechts habe, vorliege, ist zu bemerken, dass allein die theoretische Möglichkeit, mit einer solchen Gesellschaftsform auf eine derzeit bestehende Lücke in den Abrechnungsbestimmungen der Beklagten zu stoßen, die Annahme einer Ungleichbehandlung im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz aus Sicht des Gerichts nicht rechtfertigt. Die Beklagte hatte hierzu auch ausgeführt, dass eine GbR in dieser Rechtsform derzeit nicht als MVZ tätig sei und sollte dies doch einmal der Fall sein, sie ihre Abrechnungsbestimmungen sodann anpassen würde. Auch das weitere Argument, eine gleichlautende Abrechnungsbestimmung mit Erfordernis einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft gelte nur in insgesamt drei Bundesländern vermag keine Ungleichbehandlung nach Artikel 3 Grundgesetz zu eröffnen. Es obliegt jeder einzelnen Kassenärztlichen Vereinigung darüber zu befinden, ob sie eine Absicherung ihres Forderungsrisikos für eine MVZ-GmbH mit nicht ausschließlich natürlichen Personen als Gesellschafter durch das Erfordernis einer selbstschuldnerischen Bürgschaft absichert. Es liegt also gerade im Gestaltungsspielraum der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigung. Ausschlaggebend ist, dass für betroffene MVZs sodann im Bereich der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen gleiche Regeln zur Erlangung einer Abschlagszahlung gelten.
Die Klage war insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197 a SGG, 161 VwGO.


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