Europarecht

Anforderungen an die Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung

Aktenzeichen  20 ZB 15.1850

Datum:
23.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 114441
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, § 18 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5, § 124a Abs. 5 S. 4

 

Leitsatz

1 Eine fehlerhafte Beiladung kann nur dann einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darstellen, wenn dargelegt wird, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – abgesehen von den Fällen des § 138 VwGO – auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Berufungszulassungsantrag der ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann nur dann Erfolg haben, wenn er hinsichtlich sämtlicher die Entscheidung tragender Gründe solche Zweifel begründet. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3 § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG erfordert eine Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen des betreffenden Verwertungswegs gewährleistet wird. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 14.1404 2015-05-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Von dem Zulassungsverfahren wird der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Abweisung der Klage gegen die Ziffern 4 und 4 (Zwangsgeldandrohungen) des Bescheids des Beklagten vom 18. März 2014 abgetrennt und insoweit unter dem Az. 20 ZB 17.969 fortgeführt.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
III. Die Kosten des Zulassungsverfahrens Az. 20 ZB 15.1850 einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.
IV. Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren Az. 20 ZB 15.1850 auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin zeigte mit Schreiben vom 27. August 2012 beim Landratsamt Landsberg a. Lech (Landratsamt) eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Altschuhen im Landkreis Landsberg a. Lech an. Unter „Verwertungsweg“ wurde ausgeführt, dass Verwertungsbetrieb die U. S… Vilnius, Litauen, sei, der vorgesehene Verwertungsweg sei die Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling. Die Fehlwürfe (ca. 7% des Sammelumfangs) würden im Müllheizkraftwerk Kassel verbrannt.
Nachdem das Landratsamt mit E-Mail vom 8. Februar 2013 von der Klägerin für den Transport nach Litauen das notwendige Transportpapier nach der Abfallverbringungsverordnung (VVA) angefordert hatte, teilte die Klägerin mit E-Mail vom 15. Februar 2013 mit, dass die Firma S… sortierte Textilien erhalte, die als Waren nicht unter die Abfallverbringungsverordnung fielen. Die unsortierten Textilien erwerbe die Firma S. G… aus Belgien. Ein Vertrag im Sinne von Art. 18 VVA und das aktuelle Transportpapier nach der Abfallverbringungsverordnung werde beigefügt.
Mit E-Mail vom 30. Januar 2014 fragte das Landratsamt unter anderem bei der Klägerin an, welche Verwertung die Firma S. G… vornehme. Es werde um die Vorlage eines entsprechenden Zertifikates oder etwas ähnlichem der Firma S. gebeten. Daneben werde um Mitteilung gebeten, ob bei der S. G… der Verwertungsweg ende oder ob noch eine weitere Firma die Verwertung fortsetze. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 18. März 2014 untersagte das Landratsamt der Klägerin ab dem 1. Juli 2014 die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Altschuhen im Gebiet des Landkreises Landsberg a. Lech (Ziffer 1) und gab der Klägerin auf, bis spätestens 1. Juli 2014 die im Gebiet des Landkreises aufgestellten Sammelcontainer zu entfernen (Ziffer 2). In zwei (versehentlich) jeweils als Ziffer 4 bezeichneten Ziffern drohte das Landratsamt der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagung nach Ziffer 1 des Bescheides ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 € und für den Fall, dass der in Ziffer 2 des Bescheides enthaltenen Verpflichtung zuwider gehandelt werde, ein Zwangsgeld von 1.000,00 € für jeden nicht entfernten Sammelcontainer an.
Hiergegen ließ die Klägerin fristgerecht Klage zum Verwaltungsgericht München erheben. In einem vom 18. Mai 2015 datierten Schriftsatz führte sie zum Verwertungsweg aus, dass die bisherigen Angaben und Darlegungen wie folgt ergänzt würden: Die Sammelbehälter würden wöchentlich angefahren und geleert. Bei der Leerung trennten die Fahrer die Textilien und Bekleidung von den Fehlwürfen. Unter Fehlwürfe fielen z. B. Teppiche, sehr stark verschmutzte und schlecht riechende Alttextilien, Holz, Plastik, Lebensmittel. Diese Fehlwürfe verbrächten die Fahrer in die Boxen, die in den Kraftfahrzeugen stünden. Die gesammelte Ware werde in das Lager in K… das die Klägerin gemietet habe, verbracht. Die Fehlwürfe würden in einen Container umgeladen, den die Firma R… Süd GmbH, A… der Klägerin überlassen habe. Sobald die Container voll seien, hole die Firma R… die Container ab und transportiere die Abfälle in das Müllheizkraftwerk AVA, Augsburg, zur Entsorgung. Die auf dem Fahrzeug von den Fehlwürfen getrennte Ware werde von der Firma N…, Tanger, Marokko, vom Lager in K… gekauft und abgeholt, wie sich aus der beigefügten Erklärung ergebe. Die Ware sei zum weit überwiegenden Teil zur Wiederverwendung bestimmt. Die Ware für den Wiederverwendungsmarkt werde in europäische Länder sowie auf den afrikanischen Kontinent verkauft. Beigefügt war eine Erklärung der N…, wonach zwischen der Klägerin und ihr ein unbefristetes Geschäftsverhältnis bestehe und die Klägerin an die N… Second-hand-Textilien veräußere, die in Deutschland gesammelt worden seien. Die Liefermenge betrage jährlich ca. 1.500 Tonnen, eine höhere Abnahme werde zugesichert.
An der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. Mai 2015 nahm die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht teil. Der Vertreter des Beklagten hob die beiden Zwangsgeldandrohungen in den Ziffern 4 des Bescheids vom 18. März 2014 in der Verhandlung auf.
Mit Urteil vom 21. Mai 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohungen richte, sei sie bereits unzulässig, da die Zwangsgeldandrohungen in der mündlichen Verhandlung aufgehoben worden seien, damit fehle der Klage insoweit das Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Bescheid sei formell und materiell rechtmäßig, insbesondere seien im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alternative KrWG Tatsachen bekannt, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden ergäben. Die Untersagung sei aber jedenfalls auch deswegen gerechtfertigt, weil die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung des Sammelgutes nicht gewährleistet sei, § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alternative i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Denn den Angaben der Klägerin könne nicht entnommen werden, wie konkret die Verwertung der gesammelten Altkleider und Altschuhe bei ihren Partnerfirmen erfolge. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwieweit die gesammelte Kleidung wiederverwendet, recycelt oder beseitigt werde und damit auch die Vorgaben der Abfallhierarchie Beachtung fänden.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung. Zu dessen Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass zwei Verfahrensmängel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vorlägen. Der Klägerin sei das rechtliche Gehör versagt worden, indem die Kammer die Klage abgewiesen habe, nachdem die Vertreter des Beklagten unerwartet die beiden Zwangsgeldandrohungen aufgehoben hätten. Hierdurch habe das Landratsamt neue tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen, zu denen sich die Klägerin nicht habe äußern können. Es sei eine Verlegung oder Vertagung der mündlichen Verhandlung notwendig gewesen. Das Urteil beruhe auch auf diesem Verstoß. Hätte die Kammer der Klägerin die Möglichkeit gegeben, auf die Aufhebung der Zwangsgeldandrohungen zu reagieren, so hätte sie die Sache für erledigt erklärt mit der Folge, dass die Kammer nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss entschieden hätte. Dabei hätte die Kammer die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt. Daneben stelle auch die Beiladung des Landkreises einen Verfahrensmangel dar, auf dem die Entscheidung beruhe. Außerdem bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht stütze die Untersagungsverfügung zu Unrecht jeweils selbstständig tragend auf die vermeintliche Unzuverlässigkeit als auch auf die angeblich unzureichende Darlegung der Verwertungswege. Es nehme rechtsirrig an, die Unzuverlässigkeit lasse sich aus dem Gewerbezentralregistereinträgen, den Gewerbeuntersagungsverfahren und gerichtlichen Erkenntnissen aus anderen Verfahren begründen (wie ausgeführt). Daneben sei bei einer unzureichenden Darlegung des Verwertungsweges eine Untersagungsverfügung allenfalls nach § 62 KrWG möglich, nicht auf Grundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alternative KrWG. Außerdem sei der Verwertungsweg hier auch nicht unzureichend dargelegt worden. Denn die Klägerin habe mit ihren Angaben in der Anzeige alles getan, was nach bisheriger Rechtsprechung von ihr verlangt werden könne. Sie habe sowohl eine Abnahmebestätigung der Verwerter vorgelegt, als auch eine pauschale und plausible Angabe zum Verwertungsweg gemacht und damit ihrer Darlegungslast genügt. Auch Angaben zur Abfallhierarchie, wie sie das Verwaltungsgericht fordere, seien gemacht worden. Ziffer 4 der Anzeige enthalte den Unterpunkt „vorgesehener Verwertungsweg“. Als vorgesehener Verwertungsweg seien „Vorbereitungen zur Wiederverwendung, Recycling“ und damit Verwertungswege nach § 3 Abs. 24 und 25 KrWG angegeben worden. Diese Darlegung sei bei einem Sammelgut mit positivem Marktwert ausreichend, da zwischen der Abfallhierarchie im Sinne des KrWG und dem wirtschaftlichen Eigeninteresse an der Gewinnmaximierung ein Gleichlauf bestehe. Es könne schon nicht unterstellt werden, dass entgegen der wirtschaftlichen Vernunft Ware lediglich recycelt werde, wenn sie auch wiederverwendet werden könnte bzw. diese Ware sogar thermisch verwertet würde. Daneben sei die Berufung auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen. Zum einen sei es von erheblicher Bedeutung, den Unzuverlässigkeitsbegriff in systematischer Auslegung von demjenigen des § 35 GewO abzugrenzen und damit eine Umgehung des § 35 GewO auszuschließen. Weiterhin sei die Darlegungstiefe des Verwertungswegs obergerichtlich nach wie vor nicht geklärt. Schließlich sei es von grundsätzlicher Bedeutung, einheitliche Ermessensmaßstäbe für die Beiladung von angeblich betroffenen Kommunen zu entwickeln. Es könne nicht angehen, dass die Kommune gleichsam automatisch beigeladen werde und hierdurch das Prozesskostenrisiko der Klägerin und jede Berechtigung in die Höhe getrieben werde.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. Mai 2015, M 17 K 14.1404, zuzulassen.
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung.
Sie verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Die Abtrennung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das streitgegenständliche Urteil hinsichtlich der Ziffern 4 des angefochtenen Bescheids (Zwangsgeldandrohungen) beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.
2. Im Übrigen hat der Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe entweder nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden sind (hierzu im Folgenden a) und b)) bzw. nicht vorliegen (hierzu c)).
a) Die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass der Antragsteller eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und deren Entscheidungs-erheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit sowie ihre Bedeutung über den Einzelfall hinaus darlegt (vgl. zum Ganzen: Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Vorliegend fehlt es bereits an der Formulierung von konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen. In der Begründung des Zulassungsantrags werden drei Themenbereiche kurz angerissen, aber keine konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen formuliert. Eine Darlegung der übrigen genannten Aspekte ist allenfalls angedeutet und genügt von daher den Darlegungsanforderungen nicht.
b) Auch soweit der Zulassungsantrag einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darin sieht, dass das Verwaltungsgericht den Landkreis fehlerhaft beigeladen hat, sind die Anforderungen an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes nicht gewahrt. Insoweit wird verlangt, dass der Verfahrensmangel in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht konkret zu bezeichnen und darzulegen ist, inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – abgesehen von den Fällen des § 138 VwGO – auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (Happ in Eyermann, § 124a Rn. 74). Vorliegend wird zwar der Verfahrensmangel benannt, allerdings finden sich keinerlei Ausführungen zum Beruhen des Urteils auf der nach Ansicht der Klägerin fehlerhaften Beiladung des Landkreises.
c) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund ist zwar in zulässiger Art und Weise geltend gemacht und insbesondere ausreichend dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall sein Urteil auf zwei selbständig tragende Gründe gestellt, namentlich die Unzuverlässigkeit der Klägerin und die nicht ausreichende Darlegung der vorgesehenen Verwertungswege und der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG. Der Zulassungsantrag kann daher nur dann Erfolg haben, wenn er hinsichtlich beider die Entscheidung tragender Gründe ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begründet (Happ in Eyermann, VwGO, 14 Aufl. 2014, § 124a, Rn. 62, 61). Dies ist hier nicht der Fall. Es bestehen nämlich insbesondere auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 30. Juli 2016 (7 C 5.15 – NVwZ 2017, 75) keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Klägerin die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle nicht in der nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG gebotenen Art und Weise dargelegt hat.
Zutreffend ging das Verwaltungsgericht von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Rechtsgrundlage der vorliegenden Untersagungsverfügung (und nicht, wie die Antragstellerin meint § 62 KrWG) aus. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats auch für die vorliegende Fallkonstellation (vgl. U.v. 29.1.2015 – 20 B 14.666 – AbfallR 2015, 79; insoweit bestätigt durch BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 5.15 – NVwZ 2017, 75 Rn. 18).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 30. Juni 2016 (7 C 5.15 – NVwZ 2017, 75) die Anforderungen an die Darlegungspflicht des gewerblichen Sammlers nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG konkretisiert. Es hat darauf hingewiesen, dass bei der Bestimmung des Umfangs der Darlegungspflicht nicht generalisierend vorzugehen sei. Es könne von Bedeutung sein, ob für die jeweilige Abfallfraktion etablierte Verwertungswege bestünden. Der aktuelle Marktpreis könne ein bestehendes ökonomisches Interesse an der Verwertung indizieren. Daneben sei zu berücksichtigen, ob der gewerbliche Sammler die Verwertung selbst durchführe oder die gesammelten Abfälle an ein oder mehrere (bekannte und bewährte) Entsorgungsunternehmen weiterveräußere und ob diese Unternehmen ihren Sitz im In- oder Ausland hätten (Rn. 27).
Die Mindestanforderungen aus § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG würden dann erfüllt, wenn aufgezeigt werde, dass der gesamte Abfall – hinsichtlich Sammelmenge und -zeitraum – von einem oder mehreren Entsorgungsunternehmen abgenommen werde. Bei einer Abfallfraktion, bei der alles dafür spreche, dass in diesem Marktsegment eine effektive Ressourcennutzung verwirklicht werde und die Verwertungswege funktionierten, erfülle der Sammler seine Anzeigepflicht regelmäßig dadurch, dass er nachvollziehbar einen pauschalen Verwertungsweg schildere, das oder die Entsorgungsunternehmen, an die er die gesammelten Abfälle zu liefern beabsichtige, namentlich benenne und geeignet belege, dass diese Willens und in der Lage seien, die Abfälle der Sammlung anzunehmen. Hierfür genüge eine schriftliche Erklärung des abnehmenden Unternehmens, aus der sich ergebe, dass die Annahme der Abfälle sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch des Zeitraums der Sammlung gewährleistet seien (Rn. 28).
Zu § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass eine detaillierte Beschreibung des weiteren Entsorgungswegs der gesammelten Abfälle bis zum finalen Bestimmungsort der Verwertung unter namentlicher Benennung aller beteiligten Unternehmen von einem Kleinsammler von Altmetall nicht zu erwarten sei, so dass es zur Darlegung insoweit ausreiche, pauschal unter Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse im betreffenden Marktsegment vorzutragen. Denn Ausführungen zu den konkreten Umständen der endgültigen Verwertung seien dem am Anfang der Entsorgungskette stehenden Kleinsammler, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich. Außerdem stelle sich das Problem, dass der Weg der Abfälle des jeweiligen Kleinsammlers nach Vermischung mit den Abfällen anderer Sammler auf den weiteren Verwertungsstufen nicht mehr nachvollziehbar sei. Daher erscheine es angezeigt, die gegebenenfalls gebotenen Überwachungsmaßnahmen auf den verschiedenen Stufen der Entsorgungskette vorzunehmen, so dass der Zweck der Darlegung nur beschränkte Angaben vom (Klein-)Sammler rechtfertige (Rn. 28).
Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Angaben zur Art und Weise der Verwertung der gesammelten Abfälle gemacht. Das Entsorgungsunternehmen, an das sie die Abfälle zur Verwertung verkauft hat, hat dabei im Laufe der Zeit offenbar mehrfach gewechselt: Während bei Anzeige der gewerblichen Sammlung noch die Firma S… Litauen, angegeben worden war, wurden dann später im Verwaltungsverfahren die Firmen S… Litauen und S. G…, Belgien, als Entsorgungsunternehmen genannt. Im gerichtlichen Verfahren unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts wurde schließlich die Firma N…, Marokko, als alleiniges Entsorgungsunternehmen genannt. Da vorliegend die Frage zu prüfen ist, ob ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen, sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Dass die zunächst genannten Entsorgungsunternehmen weiterhin (teilweise) mit der Entsorgung betraut sind, geht aus dem Schriftsatz vom 18. Mai 2015 nicht hervor. Der Senat geht daher davon aus, dass die im Landkreis Landsberg am Lech gesammelten Abfälle im maßgeblichen Zeitpunkt allein an die Firma N… veräußert werden.
Damit werden die vom Bundesverwaltungsgericht dargelegten Anforderungen an die Darlegung nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG, nicht aber die nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG erfüllt.
Mit der Benennung der Firma, an die die gesammelten Abfälle veräußert werden, wird ein pauschaler Verwertungsweg i.S.v. § 18 Abs. 2 Nr. 4 KrWG geschildert. Aus der vorgelegten Bescheinigung der Firma N… kann auch abgeleitet werden, dass diese willens ist, die gesammelten Abfälle abzunehmen.
Allerdings fehlt es an einer Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen dieses Verwertungswegs gewährleistet wird i.S.v. § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG. Ob die Erwägungen, die das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 30. Juni 2016 (7 C 5.15 – NVwZ 2017, 75, Rn. 28) zum Umfang der Darlegungsanforderungen für Kleinsammler von Altmetall angestellt hat, auf den Bereich der Sammlung von Altkleidern übertragen werden können, kann hier dahingestellt bleiben, da es sich einerseits bei der Klägerin jedenfalls nicht um eine Kleinsammlerin von Altkleidern handelt. Dies ergibt sich daraus, dass sie gerichts-bekanntermaßen auch in vielen anderen Landkreisen in großem Stil Altkleider sammelt. Dass die im Landkreis Landsberg am Lech angezeigte Sammlung mit 5 t monatlich vergleichsweise klein ausfällt ist insoweit unerheblich, da für die Frage, ob es sich um einen Kleinsammler im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt, nicht auf die nach § 18 KrWG angezeigte Sammlung, sondern auf die gesamte Sammeltätigkeit des gewerblichen Sammlers abzustellen ist. Gegen eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Abfallfraktion der Altkleider spricht jedoch auch generell, dass hier das eigentliche Sammeln der Alttextilien nicht typischer Weise von Kleinsammlern vorgenommen wird, die ihre Sammelerträge an einen Zwischenhändler abgeben und keinen ausreichenden Einblick in die weiteren Abläufe der Verwertungskette haben. Vielmehr sind im Altkleidersektor typischer Weise auf jeder Stufe der Verwertungskette größere und unter Umständen bundesweit oder sogar darüber hinaus agierende Unternehmen eingebunden, die in vielen Fällen (wie gerade im Falle der Klägerin gerichtsbekannt ist) auch durch Tochter- und Schwesterunternehmen miteinander verflochten sind. Ein pauschaler Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse in diesem Marktsegment dürfte somit nicht zur Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung ausreichen (vgl. auch die Beschlüsse des Senats v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – und vom 2.2.2017 – 20 ZB 16.2267).
Andererseits trägt die Klägerin aber auch gar nicht „pauschal unter Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse im betreffenden Marktsegment“ vor, wie es das Bundesverwaltungsgericht für Kleinsammler von Altmetall als ausreichend im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG angesehen hat. Vielmehr finden sich insoweit gar keine Angaben.
Wie im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle gewährleistet wird, ist nicht erkennbar. Nach den Angaben der Klägerin soll eine Aussortierung von nicht verwertbaren Stoffen allein durch den Fahrer des Lkws, der die Container leert, erfolgen. Dass eine weitere Sortierung durch die Klägerin vorgenommen wird, ist den Angaben der Klägerin gerade nicht zu entnehmen. Damit erfolgt durch die Klägerin keine Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 3 Abs. 24 KrWG, vielmehr werden die gesammelten Altkleider, die nach den Angaben der Klägerin am Lager K… von der N… abgeholt werden, noch als Abfall veräußert, da sie ein Verwertungsverfahren im Sinne von § 3 Abs. 23 KrWG zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchlaufen haben. Die von der Klägerin dargestellte Grobsortierung kann nicht als „Prüfung“ im Sinne von § 3 Abs. 24 KrWG angesehen werden, da sie in der dargestellten Weise nur äußerst grobmaschig offensichtlich nicht verwertbare Gegenstände aussondert. Dass aufgrund dieser Aussortierung sämtliche nicht aussortierten Altkleider „ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können“, wie es § 3 Abs. 24 KrWG verlangt, ist offensichtlich nicht der Fall.
Wie die marokkanische Geschäftspartnerin der Klägerin mit den an sie verkauften Abfällen umgeht, wird von der Klägerin nicht dargelegt. Insoweit wird allein vorgetragen, dass die „Ware zum weit überwiegenden Teil zur Wiederverwendung bestimmt“ sei. Völlig im Unklaren bleibt, was mit dem übrigen, nicht zur Wiederverwendung bestimmten Teil der Altkleider geschieht, ob diese verwertet oder beseitigt werden und wie dies erfolgt.
Insbesondere da die Verwertung der Sammelware letztlich im Ausland erfolgen soll, sind diese Angaben auch nicht nach Sinn und Zweck des § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG entbehrlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in dem Urteil vom 30. Juni 2016 (7 C 5.15 – NVwZ 2017, 75, Rn. 28 a.E.) angedeutet, dass Überwachungs-maßnahmen gegebenenfalls auf den verschiedenen Stufen der Entsorgungskette vorzunehmen seien. Da wesentliche Verwertungsschritte hier im Inland offenbar nicht erfolgen, sind aber auch keine Überwachungsmaßnahmen im Inland möglich. Damit sind aber auch keine reduzierten Darlegungsanforderungen gerechtfertigt.
Insgesamt sind die Angaben der Klägerin so unzureichend, dass auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht von einer ausreichenden Darlegung der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung nach § 18 Abs. 2 Nr. 5 KrWG gesprochen werden kann. Der Senat hat daher keine ernstlichen Zweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der gesammelten Abfälle durch den Kläger im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 4 KrWG mangels einer entsprechenden Darlegung nicht ausgegangen werden kann und daher die Untersagung der Sammlung im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 2. Alt. KrWG gerechtfertigt ist.
Ob daneben auch eine Unzuverlässigkeit der Klägerin im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG vorliegt, kann offen bleiben, da jedenfalls keine ernstlichen Zweifel an der einen, das Urteil selbständig tragenden Begründung bestehen.
Soweit die Klägerin einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in der Versagung des rechtlichen Gehörs sieht, soweit nach der Aufhebung der Zwangsgeldandrohungen in der mündlichen Verhandlung ihr nicht das rechtliche Gehör gewährt wurde, betrifft dies allein den in Ziffer 1 des vorliegenden Beschlusses abgetrennten Teil des Zulassungsantrags. Daher war hier auch nicht weiter darauf einzugehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im vorliegenden Fall billigem Ermessen, der unterliegenden Klägerin wie vom Beigeladenen beantragt auch dessen außergerichtliche Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen. Im Allgemeinen entspricht es der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, einem unterliegenden Beteiligten in einem Prozess die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn dieser selbst einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 162, Rn. 23; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 17). Im Berufungszulassungsverfahren ist jedoch die Besonderheit zu beachten, dass wegen der Besonderheiten des Verfahrens die Stellung eines Antrags für sich genommen nicht ausreicht, um dem unterliegenden Beteiligten die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen (BayVGH, B.v. 11. Oktober 2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl. 2002, 378). Der Beigeladene hat hier allerdings zur Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter Bezugnahme auf verschiedene Gerichtsentscheidungen Stellung genommen und damit das Verfahren wesentlich gefördert. Daher entspricht es billigem Ermessen, der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Der Streitwert war nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 2.4.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe von 20.000 Euro für das Berufungszulassungsverfahren festzusetzen.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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