Europarecht

Antrag auf Genehmigung für die Umwandlung eines als Dauergrünland eingestuften Feldstücks

Aktenzeichen  RO 4 K 20.821

Datum:
8.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35590
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayNatSchG Art. 3 Abs. 4, Abs. 5, Art. 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
BNatSchG § 67 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG enthalten einen eigenständigen natur-schutzrechtlichen Dauergrünlandbegriff, der sich von dem des Agrarförderrechts unterscheidet. (Rn. 25)
2. Das Umwandlungsverbot des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG erfasst Dauergrünland ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt seiner Entstehung. Dass das betreffende Dauergrünland ab dem 1.1.2015 entstanden ist, kann für sich ge-nommen auch keine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG rechtferti-gen. (Rn. 27 – 28)
3. Das Unionsrecht verpflichtet den Gesetzgeber nicht, im Rahmen von Agrarum-welt- und Klimamaßnahmen entstandenes Dauergrünland vom Umwandlungsverbot auszunehmen. Dass Dauergrünland infolge einer solchen Maßnahme entstanden ist, gebietet auch keine Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. (Rn. 31 – 33)
4. Die Umwandlung von Dauergrünland kann nicht dadurch ausgeglichen wer-den, dass ein Landwirt lediglich die Beschränkungen für die Bewirtschaftung von Gewässerrandstreifen nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG einhält. (Rn. 36 – 38)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht wegen des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO) ist zulässig (dazu I.) aber unbegründet (dazu II.).
I.
Die bei sachgerechter Auslegung wegen behördlicher Untätigkeit erhobene Klage (dazu 1.) ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die Behörde dem Kläger in vollem Umfang dasjenige zugesprochen hätte, was er beantragt hat (dazu 2.).
1. Die Klage ist als solche gemäß § 75 VwGO zu verstehen und richtet sich darauf, dass der Beklagte verpflichtet wird, hinsichtlich der Umwandlung weiterer 0,14 Hektar Dauergrünlands auf dem Feldstück … „…t“ eine naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung zuzulassen. Dies ergibt eine Auslegung des Klageantrags anhand von § 88 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht zwar an das vom Rechtsschutzsuchenden verfolgte Begehren, nicht aber an die konkrete Fassung der Anträge gebunden. Vielmehr muss es das wirkliche Rechtsschutzziel aus dem gesamten Vortrag des Betroffenen und aus etwaig beigefügten Bescheiden ermitteln (BVerwG, U.v. 12.2.1981 – 2 C 42/78 – NVwZ 1982, 103). Mit dieser Regelung berücksichtigt der Gesetzgeber, dass es dem juristisch nicht Geschulten oftmals schwerfällt, den sachdienlichen Antrag richtig zu formulieren (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 9). Daraus folgt, dass sich ein anwaltlich Vertretener eher an seinen Anträgen festhalten lassen muss (BVerwG, B.v. 8.5.1991 – 2 BvR 170/85 – NVwZ 1992, 259/260). Dies heißt allerdings nicht, dass das Gericht in derartigen Fällen strikt an den Wortlaut des gestellten Antrags gebunden wäre. Auch hier können anderweitige Umstände zu berücksichtigen sein, wenn sie eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht (BVerwG, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42/14 – juris Rn. 12).
Zwar hat der Klägerbevollmächtigte neben der „Genehmigung“ der Dauergrünlandumwandlung für 0,91 Hektar die Aufhebung des Bescheids vom 6.4.2020 beantragt und das klägerische Begehren damit entsprechend einer Versagungsgegenklage formuliert. Seine Ausführungen im Verfahren belegen aber zweifelsfrei, dass er die bereits erteilte Ausnahme für 0,77 Hektar nicht etwa für rechtswidrig hält und aufgehoben sehen will. Es ergibt sich vielmehr unzweideutig, dass – über das bereits Gewährte hinaus – auch für weitere 0,14 Hektar, die Bestandteil des ursprünglichen Antrags waren, eine „Genehmigung“ erteilt werden soll. Dieses Ziel ließe sich nur dann mit einer Versagungsgegenklage erreichen, wenn das Landratsamt Schwandorf im Bescheid vom 6.4.2020 ablehnend über die 0,14 Hektar entschieden hätte. Eine solche Ablehnung ist nach dem Entscheidungssatz aber nicht erfolgt. Sie hätte nach dem behördlichen Verständnis, demzufolge der Kläger seinen Antrag auf eine Fläche von 0,77 Hektar beschränkt hatte, auch keinen Sinn ergeben. Zugleich können naturschutzrechtliche Ausnahmen nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG oder Befreiungen nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ohne Schwierigkeiten auf einzelne Teile der beantragten Flächen beschränkt werden; Teilbarkeitsprobleme ergeben sich dabei nicht. Des Aufhebungsantrags bedarf es also auch nicht deshalb, weil die begehrte „Genehmigung“ nur einheitlich für die gesamte Fläche erteilt werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist das klägerische Begehren als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO auszulegen, weil der Beklagte aus Sicht des Klägers nicht vollständig über den Antrag vom 13.1.2020 entschieden hat.
2. Die Untätigkeitsklage ist zulässig. Insbesondere steht dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Mit diesem Zulässigkeitskriterium soll dem prozessökonomischen Gedanken Rechnung getragen werden, dass nur derjenige Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat, der ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt (Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 335). Der im Prinzip von Treu und Glauben wurzelnde Grundsatz soll die Gerichte vor überflüssigen, nutzlosen und mutwilligen Prozessen bewahren (OVG SH, B.v. 9.2.1993 – 4 M 146/92 – NVwZ-RR 1993, 437/438). Im Bereich der Verpflichtungsklage wird vor dem Hintergrund dieses Erfordernisses regelmäßig verlangt, dass sich der Kläger mit seinem Begehren zuerst an die zuständige Behörde wenden muss (Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 42 Abs. 1 Rn. 96). Denn wenn diese bereit ist, dem Antrag des Klägers stattzugeben, dann erübrigt sich gerichtlicher Rechtsschutz. Eine Inanspruchnahme der rechtsprechenden Gewalt ist daher nur erforderlich, wenn die Behörde auf den Antrag des Klägers hin untätig geblieben ist oder nicht bereit war, ihm das Begehrte zu gewähren (BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 C 42/06 – NVwZ 2008, 575/577).
Eine solche Konstellation liegt hier – entgegen der Ansicht des Beklagten – vor. Denn aus der übereinstimmenden Schilderung der Beteiligten ergibt sich, dass der Kläger seinen Antrag nicht auf eine Fläche von 0,77 Hektar beschränkt hat. Die Behörde, deren Bescheid vom 6.4.2020 ausschließlich diese Fläche behandelte, hat den Antrag des Klägers also nicht vollständig beschieden.
Im Schreiben vom 13.1.2020 hat der Kläger eine naturschutzrechtliche Ausnahme beziehungsweise Befreiung für 0,91 Hektar des Feldstücks … „…t“ beantragt. In der später übersandten Darstellung einer Umwandlungsfläche von 0,77 Hektar lag nach dem objektiven Erklärungswert keine Beschränkung dieses Antrags. Vielmehr hat die Behörde die klägerische Einlassung missverstanden. Denn nach Darstellung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten war der Kläger lediglich aufgefordert worden, die Lage der Fläche anzugeben, die er bei einer Genehmigung im Umfang von 0,77 Hektar umwandeln wollte. Eine solche Konkretisierung war notwendig, um den Inhalt des agrarförder- und des naturschutzrechtlichen Bescheids eindeutig zu bestimmen. Weder kann die dahingehende Aufforderung der Behörde deshalb als Aufruf zur Beschränkung des Antrags verstanden werden, noch wollte der Kläger nach Darstellung seines Bevollmächtigten mit der Übersendung des Lageplans eine solche Teilrücknahme erklären. Dem entspricht, dass die Korrektur der Größe der umzuwandelnden Fläche auf dem Antragsformblatt nicht durch den Kläger, sondern durch den Sachbearbeiter der Naturschutzbehörde erfolgte. Im Übrigen ließ die klägerische Nachfrage zur Rechtsgrundlage der Nichtanrechnung von Gewässerrandstreifen deutlich erkennen, dass sich der Kläger die behördliche Rechtsauffassung nicht zu Eigen gemacht hatte. Bei dieser Sachlage konnte das Landratsamt nicht davon ausgehen, dass der Kläger seinen Antrag auf das aus behördlicher Sicht sinnvolle Maß beschränken wollte.
II.
Die hiernach zulässige Untätigkeitsklage ist unbegründet, weil die Unterlassung der begehrten Entscheidung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat hinsichtlich der Umwandlung des nach Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG geschützten Dauergrünlands auf dem Feldstück … „…t“ keinen Anspruch eine Ausnahme nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG für die verbleibenden 0,14 Hektar (dazu 1.) oder auf eine entsprechende Befreiung (dazu 2.).
1. Gemäß Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG sind von dem Verbot, bei der landwirtschaftlichen Nutzung Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen umzuwandeln, auf Antrag Ausnahmen zuzulassen, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden. Die Entscheidung der Naturschutzbehörde ist danach eine gebundene; sie muss die beantragte Ausnahme gewähren, wenn die mit der vorzunehmenden Umwandlung von Dauergrünland verbundene Beeinträchtigung ausgeglichen wird. Erforderlich ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers ein funktionaler Ausgleich (LT-Drs. 18/1736 S. 8). Damit wird auf die in § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG geregelte Möglichkeit Bezug genommen, Eingriffe in Natur und Landschaft durch Maßnahmen auszugleichen. Die nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GG eröffnete Abweichungsmöglichkeit hat der bayerische Gesetzgeber hinsichtlich dieser Regelung nicht Anspruch genommen, sondern sich in Art. 7 Satz 1 BayNatSchG vielmehr den Ausgleichsbegriff des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG zu Eigen gemacht. Daraus ergibt sich, dass die zu § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG entwickelten Kriterien auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG Gültigkeit beanspruchen.
Ausgeglichen wird eine Beeinträchtigung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind. Dies setzt eine funktionale Identität zwischen Beeinträchtigung und Ausgleich voraus; die Funktion des Naturhaushalts vor und nach dem Eingriff muss nicht nur gleichwertig, sondern gleichartig sein (Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 15 BNatSchG Rn. 12). Nicht zwingend erforderlich ist hingegen eine flächenmäßige Identität zwischen Beeinträchtigung und Ausgleich. Die Größe der erforderlichen Ausgleichsfläche hängt vielmehr von der Qualität der Ausgleichsmaßnahme ab; ist die erzielte Verbesserung entsprechend groß, kann die Ausgleichsfläche kleiner ausfallen (BVerwG, U.v. 15.1.2004 – 4 A 11/02 – NVwZ 2004, 732/738; NdsOVG, U.v. 21.11.1996 – 7 L 5352/95 – juris Rn. 33). Allerdings muss die zum Ausgleich herangezogene Fläche aufwertungsfähig und aufwertungsbedürftig sein (BVerwG, U.v. 9.6.2004 – 9 A 11/03 – NVwZ 2004, 1486/1498 f.); sie muss in einen Zustand versetzt werden können, der im Vergleich zum ursprünglichen einen ökologischen Mehrwert besitzt (Schrader in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand 1.7.2020, § 15 BNatSchG Rn. 17). Der bloße Verweis auf den bereits vorhandenen Zustand der Ausgleichsfläche schafft also selbst noch keinen Ausgleich; erforderlich ist vielmehr, dass der Ausgleichspflichtige durch gezielte Maßnahmen zusätzliche Verbesserungen bewirkt. Daneben bedarf es eines räumlichen Zusammenhangs zwischen Eingriff und Ausgleichsmaßnahme, das heißt letztere muss sich dort auswirken, wo die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen auftreten (BVerwG, U.v. 23.8.1996 – 4 A 29/95 – juris Rn. 19).
Für den vorliegend streitgegenständlichen Teil der Dauergrünlandumwandlung ist der Gewässerrandstreifen zur Murach auf dem Feldstück …1 „… e“ als Ausgleichsfläche angeboten. Die „Schaffung“ von Dauergrünland dort bewirkt nach den dargestellten Maßstäben aber keinen funktionalen Ausgleich für die beabsichtigte Maßnahme. Denn zum einen handelt es sich bei der Ausgleichsfläche bereits um Dauergrünland, weshalb mit dessen Beibehaltung keine ökologischen Verbesserungen einhergehen (dazu a)). Zum anderen fehlt es an solchen Verbesserungen, weil der Kläger bei der Bewirtschaftung des Gewässerrandstreifens ohnehin den Einschränkungen des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG unterliegt (dazu b)).
a) Die zukünftige Dauergrünlandbewirtschaftung des Randstreifens zur Murach auf dem Feldstück …1 „… e“ kann keinen funktionalen Ausgleich für die beabsichtigte Dauergrünlandumwandlung auf dem Feldstück … „…t“ erbringen. Denn es handelt sich bei der vorgeschlagenen Ausgleichsfläche bereits um Dauergrünland (dazu aa)), das der Kläger gemäß Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG auch zukünftig als Dauergrünland bewirtschaften muss. Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Feldstück …1 „…e“ bis 2014 als Ackerfutterfläche genutzt wurde (dazu bb)) und dass dort im Rahmen einer Agrarumwelt- und Klimamaßnahme Grünland entstand (dazu cc)). Mit der fortgesetzten Dauergrünlandnutzung schafft der Kläger folglich keinen verbesserten ökologischen Zustand, sondern hält nur das ein, wozu er ohnehin bereits naturschutzrechtlich verpflichtet ist (dazu dd)).
aa) Die vorgeschlagene Ausgleichsfläche auf dem Feldstück …1 „…e“ ist bereits Dauergrünland im Sinne des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG. Der Begriff des Dauergrünlands ist bereits vor Schaffung des naturschutzrechtlichen Umwandlungsverbots im Hinblick auf das Agrarförderrecht in § 2 Direktzahlungs-Durchführungsgesetz (DirektZahlDurchfG) näher bestimmt worden. Dafür hat der Gesetzgeber auf Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. h Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (DirektZahlVO) Bezug genommen. Die europarechtliche Regelung stellt – unter Einräumung eines gewissen mitgliedstaatlichen Gestaltungsspielraums – für die Eigenschaft als Dauergrünland darauf ab, ob die Fläche durch Einsaat oder auf natürliche Weise zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wird und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs war.
Der bayerische Gesetzgeber hat diesen bereits eingeführten Dauergrünlandbegriff bei der Schaffung des Umwandlungsverbots nicht aufgegriffen. Er hat in Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG vielmehr eine eigenständige naturschutzrechtliche Definition von Dauergrünland aufgenommen, die unabhängig vom Agrarförderrecht auszulegen ist (BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 62). Sie erfasst auf natürliche Weise entstandene Grünlandflächen sowie angelegte und dauerhaft als Wiese, Mähweide oder Weide genutzte Grünlandflächen und deren Brachen. Ausgenommen sind nicht auf Dauer angelegte Ackerfutterflächen (Art. 3 Abs. 4 Satz 3 BayNatSchG). Dieser Begriff orientiert sich erkennbar am wortgleichen § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen (LNatSchG NW). Die nordrhein-westfälische Gesetzesbegründung (NW LT-Drs. 16/11154, S. 16) führt dazu aus, dass die Vorgaben zum Dauergrünland über diejenigen der Gemeinsamen Agrarpolitik hinausgingen und Dauergrünland abweichend von der Agrarförderung ohne Rücksicht auf die Dauer der Nutzung vorliege. Für die Eigenschaft als Dauergrünland kommt es vor diesem Hintergrund darauf an, ob die Zweckbestimmung als Wiese, Mähweide oder Weide auf unabsehbare (künftige) Dauer der Grünlandnutzung ausgerichtet ist (BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 67). Unzutreffend ist daher die vom Beklagten in das Verfahren eingeführte Rechtsauffassung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (UMS vom 9.8.2019 – 64h-U8683.10-2011/2-206 – S. 3), wonach zwischen der naturschutzrechtlichen und der agrarförderlichen Dauergrünlanddefinition ein Gleichlauf bestehe. Es kommt dementsprechend auch nicht darauf an, ob die in Aussicht genommene Ausgleichsfläche im Flächen- und Nutzungsnachweis der Landwirtschaftsverwaltung als (agrarförderrechtliches) Dauergrünland geführt wird oder nicht.
Gemessen an den dargestellten naturschutzrechtlichen Maßstäben ist das Feldstück …1 „…e“ vielmehr als Dauergrünland anzusehen. Die Fläche wurde bis 2014 für den Anbau von Kleegras genutzt und war bis zu diesem Zeitpunkt Ackerfutterfläche im Sinne des Art. 3 Abs. 4 Satz 3 BayNatSchG. Ab 2015 hat der Kläger im Rahmen einer Agrarumwelt- und Klimamaßnahme zur Umwandlung von Ackerland in Grünland auf dem Feldstück Grünland eingesät und diese Nutzung auch nach dem Maßnahmeende unverändert aufrechterhalten. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass diese Grünlandnutzung nur auf zeitlich begrenzte Dauer angelegt gewesen wäre. Vielmehr ist von einer dauerhaften Absicht auszugehen, die Fläche als Grünland zu nutzen. Der Kläger unterliegt aufgrund dessen bereits der Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG, die angebotene Ausgleichsfläche auf dem Feldstück …1„…e“ dauerhaft als Grünland zu erhalten.
bb) Es bleibt dabei ohne Auswirkungen, dass der Kläger erstmals im Jahr 2015 statt Kleegras Grünland eingesät hat. Denn die Ansicht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG schütze nur vor dem 1.1.2015 entstandenes Grünland (UMS vom 9.8.2019 – 64h-U8683.10-2011/2-206 – S. 3), trifft nicht zu.
Zwar kennen andere Vorschriften zur Erhaltung von Dauergrünland in der Tat eine solch zeitliche Beschränkung. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 DirektZahlDurchfG besteht beispielsweise ein Anspruch auf agrarförderrechtliche Genehmigung der Umwandlung von Dauergrünland, wenn dieses ab dem Jahr 2015 neu entstanden ist. Auch § 27a Abs. 3 Nr. 1 Baden-Württembergisches Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG BW) nimmt ab 1.1.2015 entstandenes Dauergrünland vom Umwandlungsverbot aus. Der Wortlaut des Art. 3 BayNatSchG enthält hingegen keine solche Beschränkung. Es finden sich auch keinerlei Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber Derartiges beabsichtigt hatte. In der Gesetzesbegründung ist vielmehr allgemein die Rede davon, dass die Ackernutzung auf Grünlandstandorten zu irreversiblen Schäden für die Umwelt führe und deshalb der Erhalt von Dauergrünland sichergestellt werden müsse. Der einzige Bezug auf eine Jahreszahl findet sich in diesem Zusammenhang bei der Aussage, das Dauergrünland sei in Bayern von 1979 bis 2013 kontinuierlich zurückgegangen. Bei dieser Sachlage ist eine Beschränkung des Schutzzwecks auf vor dem 1.1.2015 entstandenes Dauergrünland erkennbar sachfremd.
cc) An der Einstufung der Ausgleichsfläche ändert auch die Tatsache nichts, dass die Umwandlung von einer Ackerfutterfläche in (Dauer-)Grünland im Rahmen einer Agrarumwelt- und Klimamaßnahme nach Art. 28 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ELER-VO) erfolgt ist.
Im deutschen Recht sind Teilnehmer an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen durch verschiedene Regelungen vor Benachteiligungen geschützt. Auf Ebene des Bundesrechts erhält § 1 Gesetz zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen (FGlG) die Eigenschaft von Flächen, die infolge von Fördermaßnahmen stillgelegt worden sind. Die Vorschrift perpetuiert zugleich die Möglichkeit, Flächen in derselben Art und im selben Umfang wie vor der Stilllegung zu nutzen (§ 1 Abs. 3 FGlG). Sie findet vorliegend aber mangels Stilllegung des in Rede stehenden Feldstücks keine Anwendung. Nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 DirektZahlDurchfG wird für die Umwandlung von Dauergrünland eine agrarförderrechtliche Genehmigung erteilt, wenn dieses durch Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen entstanden ist. Auch in Baden-Württemberg besteht eine entsprechende Ausnahme vom (naturschutzrechtlichen) Umbruchsverbot (§ 27a Abs. 3 Nr. 1 LLG BW), um die Benachteiligung von Teilnehmern an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zu vermeiden (vgl. BW LT-Drs. 15/854, S. 20). Im bayerischen Recht sieht Art. 6 Abs. 5 Nr. 1 BayNatSchG vor, dass die Wiederaufnahme einer zeitweise aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung eingeschränkten oder unterbrochenen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung nicht als Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts gilt. Dies ermöglicht dem Landwirt, die ursprüngliche Bodennutzung ungeachtet der zwischenzeitlichen Einschränkungen wieder in vollem Umfang aufzunehmen. Auf diese Weise sollen Hürden für eine Teilnahme an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen abgebaut werden. Die bayerische Vorschrift privilegiert Teilnehmer aber nur im Hinblick auf die Eingriffsregelung in § 14 BNatSchG, denn mit Art. 6 Abs. 5 Nr. 1 BayNatSchG sollte von dieser bundesrechtlichen Vorgabe abgewichen werden. Hinsichtlich der spezielleren Norm in Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG hat der bayerische Gesetzgeber nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 5 Nr. 1 BayNatSchG hingegen keine Besserstellung vorgenommen. Eine solche hätte auch erkennbar nicht seinen Absichten entsprochen, weil dadurch das spätere, bewusst und selbst geschaffene Umbruchsverbot eingeschränkt und entwertet worden wäre. Anders als hinsichtlich der bundesrechtlichen Eingriffsregelung hätte der Gesetzgeber also insoweit nicht von einer verfassungsrechtlich gewährleisteten Abweichungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, sondern sich zu seinen eigenen legislativen Entscheidungen in Widerspruch gesetzt.
Das Europarecht kennt kein umfassendes Verbot, Teilnehmer an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen schlechterzustellen. Zu beachten ist allerdings, dass Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DirektZahlVO als Ackerland auch „stillgelegte Flächen gemäß […] dem Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013“ erfasst, also solche Feldstücke, die infolge von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen stillgelegt sind. Die Europäische Kommission legt diese Vorschrift – ungeachtet des von Stilllegung sprechenden Wortlauts – dahin aus, dass während der Laufzeit entsprechender Maßnahmen die Entstehung von Dauergrünland gehemmt wird (Guidance Document on the Implementation by Member States of Permanent Grassland Provisions in the Context of the Payment for Agricultural Practices Beneficial for the Climate and the Environment (Greening), DS/EGDP/2015/02 rev 4, S. 5 f.). Die Kammer hält es indes auch angesichts der in Art. 4 Abs. 3 EUV geforderten Mindesteffektivität des Unionsrechts nicht für geboten, bei Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG solches Dauergrünland aus der Definition auszunehmen, das im Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen entstanden ist.
Nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV ergreifen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben. Der Europäische Gerichtshof hat aus dieser Vorgabe abgeleitet, dass die nationalen Regelungen die Verwirklichung des Unionsrechts nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (U.v. 21.9.1983 – 205-215/82 – NJW 1984, 2024/2025; U.v. 2.10.2003 – C-147/01 – IStR 2004, 24/26). Diese Grenze wird vorliegend nicht dadurch überschritten, dass im Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen entstandenes Grünland von der Definition des Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG erfasst wird. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Bereitschaft von Landwirten zum Eingehen entsprechender Verpflichtungen erheblich abnimmt, wenn das Risiko besteht, im Gegenzug für eine zeitlich begrenzte Förderung dauerhaft den Ackerstatus für bestimmte Flächen zu verlieren. Dem staatlichen Interesse, Landwirte durch Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zur freiwilligen, befristeten Schaffung von Grünland zu motivieren, ist die Definition in Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG damit eher abträglich. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die praktische Wirksamkeit der einschlägigen Vorgaben des europäischen Agrarförderrechts unter die geforderte Mindesteffektivität absinken würde. Denn Art. 28 ELER-VO verpflichtet die Mitgliedstaaten zwar, Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zu fördern. Das Europarecht schützt die Teilnehmer an derartigen Maßnahmen aber nicht umfassend vor Nachteilen. Möglicherweise lässt sich die Regelung in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DirektZahlVO im Sinne der Kommission dahingehend auslegen, dass die (agrarförderrechtlichen) Zeiten für die Entstehung von Dauergrünland während einer Agrarumwelt- und Klimamaßnahme nicht weiterlaufen. Eine pauschale Vorgabe, die nach einer solchen Maßnahme Verpflichteten von Nachteilen freizustellen, enthält das Unionsrecht aber nicht. Im Übrigen bezieht sich die genannte Norm spezifisch auf das Agrarförderrecht, weshalb von einer umfassenden Durchwirkung auf das Naturschutzrecht nicht auszugehen sein dürfte. Auch die Kommission verlangt beispielsweise nicht, dass im Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen entstandene Biotope nicht geschützt werden dürften. Hinzu kommt, dass Art. 28 ELER-VO und das zu seiner Umsetzung ergangene Tertiärrecht den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum bei der Auswahl und Gestaltung ihrer Förderprogramme gewähren. Die Mitgliedstaaten sind insbesondere frei, festzulegen, für welche umwelt- und klimarelevanten Verpflichtungen sie Subventionen gewähren wollen. Beschränkt sich die unionsrechtliche Vorgabe an die Mitgliedstaaten damit im Wesentlichen darauf, dass eine Förderung (irgendwelcher) Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen erfolgen muss, dann schränken Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG die praktische Wirksamkeit dieser Verpflichtung nicht ein.
Unabhängig davon kann im Kontext des Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG auf einer faktischen Ebene zu berücksichtigen sein, ob das betreffende Grünland durch eine Agrarumwelt- und Klimamaßnahme entstanden ist. Denn für die Frage der Dauerhaftigkeit spielt es auch eine Rolle, ob die Grünlandnutzung auf einer förderrechtlichen Verpflichtung beruht oder nicht. Einem Landwirt, der schon zu Beginn einer entsprechenden Maßnahme beabsichtigt, das geschaffene Grünland nach Ablauf der Förderperiode wieder als Ackerland zu nutzen, kann nicht allein wegen der zurückgelegten Maßnahmezeit unterstellt werden, er wolle die Fläche dauerhaft als Grünland bewirtschaften. Auf den Kläger, der die Grünlandnutzung nach dem Ende der Förderung fortgesetzt hat, lassen sich diese Erwägungen aber nicht anwenden.
dd) Stellt die angebotene Ausgleichsfläche auf dem Feldstück …1 „…e“ dementsprechend bereits Dauergrünland dar, so bietet eine unveränderte Grünlandnutzung keinen Ausgleich für die beantragte Umwandlung des Feldstücks … „…t“. Denn der Kläger ist bereits nach Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG verpflichtet, die Fläche an der Murach weiter als Dauergrünland zu nutzen. Mit der schlichten Einhaltung dieser Verpflichtung ist keine Verbesserung der Funktionen des Naturhaushalts verbunden; es bleibt vielmehr bei der Beibehaltung des bisherigen Zustands. Der vom Gesetz geforderte Ausgleich der durch die Dauergrünlandumwandlung entstehenden Nachteile lässt sich dadurch nicht bewirken.
Der klägerische Verweis auf vermeintliche Vorteile des Wiesenstandorts an der Murach bleibt in diesem Rahmen ohne Auswirkungen. Zwar ist es prinzipiell denkbar, dass die Schaffung besonders wertvollen Grünlands die Umwandlung einer größeren Fläche weniger wertvollen Grünlands kompensiert (siehe oben unter 1.). Die bloße Weiternutzung des hierfür angebotenen Feldstücks ist – wie dargestellt – aber kein geeigneter Ausgleich.
b) Unabhängig davon, dass die zum Ausgleich angebotene Fläche schon deshalb ungeeignet ist, weil sie Dauergrünland im Sinne des Art. 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 BayNatSchG darstellt, kommt ein hinreichender funktioneller Ausgleich auch wegen der Regelung des Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG nicht in Betracht. Das Landratsamt vertritt – mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz – zurecht die Auffassung, dass der hiernach geschützte Gewässerrandstreifen für die Umwandlung bestehenden Dauergrünlands in der Regel keinen geeigneten Ausgleich bieten kann.
Gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG ist es verboten, entlang natürlicher oder naturnaher Bereiche fließender oder stehender Gewässer (ausgenommen künstliche Gewässer im Sinne von § 3 Nr. 4 Wasserhaushaltsgesetz und Be- und Entwässerungsgräben im Sinne von Art. 1 Bayerisches Wassergesetz) in einer Breite von mindestens fünf Metern von der Uferlinie diese garten- oder ackerbaulich zu nutzen. Die zum Ausgleich angebotene Fläche ist vollständig als ein solcher Gewässerrandstreifen geschützt; Garten- und Ackerbau sind dort also schon von Gesetzes wegen unzulässig. Wie bereits unter a) dd) dargestellt, müssen diese bestehenden Beschränkungen bei der Prüfung, ob die Fläche für den geforderten funktionalen Ausgleich in Betracht kommt, berücksichtigt werden.
Der Gewässerrandstreifen wird gegenwärtig als Grünland genutzt und weist damit bereits jetzt einen gegenüber Ackerland gesteigerten Wert für den Naturhaushalt auf. Mit einem bloßen Belassen der bisherigen Grünlandnutzung – wie es der Kläger angeboten hat – würde also keine naturschutzfachliche Verbesserung gegenüber dem momentanen Zustand erzielt. Es fehlt folglich an der vom Gesetz vorausgesetzten „Schaffung“ eines Ausgleichs. Dieser wird auch nicht durch das klägerische Angebot bewirkt, den Gewässerrandstreifen zukünftig dauerhaft als Grünland zu nutzen. Denn der Kläger wird schon durch Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG gehindert, den Gewässerrandstreifen in Ackerland umzuwandeln. In dieser Konstellation läuft die genannte Vorschrift faktisch mit dem Verbot des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG gleich, der die Umwandlung von Dauergrünland bei der landwirtschaftlichen Nutzung untersagt. Denn eine solche Umwandlung geht in der Regel mit der Schaffung von Ackerland einher. Eine dauerhafte Grünlandnutzung des Gewässerrandstreifens in der Zukunft ist damit keine gleichartige Wiederherstellung der durch die geplante Dauergrünlandumwandlung beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts, sondern schlicht eine Möglichkeit des Klägers, seinen gesetzlichen Verpflichtungen aus Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayNatSchG nachzukommen. Sie stellt folglich keinen geeigneten Ausgleich dar.
Daran ändert auch der Einwand des Klägerbevollmächtigten nichts, dass der Gewässerrandstreifen nach den Vorschriften des Agrarförderrechts Ackerland bleibe, soweit innerhalb der Fünfjahresfrist ein Umbruch erfolge. Denn für den von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG geforderten Ausgleich kommt es nicht auf die agrarförderrechtliche Einordnung eines Feldstücks an, sondern auf die Funktion der Fläche für den Naturhaushalt.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG vom Verbot der Umwandlung von Dauergrünland befreit zu werden mit der Folge, dass ein Ausgleich nicht zu fordern wäre. Nach der genannten Vorschrift kann auf Antrag unter anderem von den Verboten nach dem Naturschutzrecht der Länder Befreiung gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) oder die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist (Nr. 2).
Eine solche Situation liegt hier nicht vor; der Kläger kann weder wegen des Entstehungszeitpunkts des zum Ausgleich angebotenen Dauergrünlands noch im Hinblick auf die zugrundeliegende Agrarumwelt- und Klimamaßnahme eine Befreiung beanspruchen. Zwar hat das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im einschlägigen Antragsformular zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls für umzuwandelnde Flächen, die ab dem Jahr 2015 oder im Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen entstanden sind, eine Befreiung in Betracht kommt. Diese Sichtweise ist allerdings nicht mit den vom Gesetzgeber in Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG verfolgten Zielen in Einklang zu bringen. Eine pauschale Befreiung für umzuwandelnde Grundstücke und Ausgleichsflächen, die die genannten Kriterien erfüllen, scheidet deshalb aus.
Die Funktion der Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG besteht darin, Lösungen für rechtliche Unausgewogenheiten zu bieten, die sich bei Normanwendung auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls ergeben (Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2020, § 67 BNatSchG Rn. 10). Eine Befreiung kommt deshalb nur in Betracht, wenn ein im Zeitpunkt des Normerlasses vom Normgeber so nicht vorausgesehener und deshalb atypischer Sonderfall vorliegt (BVerwG, U.v. 26.3.1998 – 4 A 7/97 – LKV 1999, 26/28; OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.9.2012 – OVG 11 S 61/12 – NVwZ-RR 2013, 96).
Dies ist hinsichtlich beider von der Landwirtschaftsverwaltung für beachtlich gehaltener Aspekte zu verneinen. Das Gericht hat bereits dargestellt (siehe oben unter 1a) bb)), dass sich weder im Gesetzestext noch in den zugehörigen Materialien Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber nach dem 1.1.2015 entstandenes Dauergrünland vom Umwandlungsverbot ausnehmen wollte. Gerade weil davon ausgegangen werden muss, dass dem Gesetzgeber entsprechende zeitliche Beschränkungen in anderen Gesetzen bekannt waren, verbietet es sich, die von Seiten der Landwirtschaftsverwaltung angenommenen Einschränkung anzunehmen. Vielmehr muss vor dem Hintergrund des unabhängig vom Entstehungszeitpunkt geltenden Schutzzwecks davon ausgegangen werden, dass sich der Gesetzgeber bewusst für eine Erfassung auch von ab 1.1.2015 entstandenem Dauergrünland entschieden hat. Die Tatsache, dass eine umzuwandelnde Fläche zu dieser Kategorie zählt und dennoch der Ausgleichspflicht unterliegt, ist der Aufmerksamkeit des Gesetzgebers also nicht etwa entgangen, sondern von ihm im Gegenteil beabsichtigt worden.
Gleiches gilt für die Tatsache, dass die vom Kläger als Ausgleich angebotene Fläche im Rahmen einer Agrarumweltmaßnahme entstanden ist. Die Kammer hat oben unter 1a) aa) erläutert, dass sich der bayerische Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG und des Art. 3 Abs. 5 Satz 1 BayNatSchG an der nordrhein-westfälischen Regelung orientiert hat. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 LNatSchG NW, der an die genannten Bestimmungen unmittelbar anschließt, kann nach Beendigung eines Vertrages die vorher rechtmäßig ausgeübte landwirtschaftliche Nutzung wieder aufgenommen werden, sofern der Vertrag keine entgegenstehenden Regelungen enthält. Der bayerische Gesetzgeber hingegen hat eine solche Norm – die auch die Teilnehmer an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen schützen kann – nicht geschaffen. Angesichts seiner erkennbaren Bezugnahme auf die nordrhein-westfälischen Regelungen handelt es sich dabei um eine bewusste Entscheidung. Auch die Nichtberücksichtigung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen im Rahmen der Dauergrünlandumwandlung ist also keine vom Gesetzgeber unerkannte, besondere Erschwernis, sondern entspricht gerade seiner Absicht. Eine Befreiung kann daher nicht in Betracht kommen.
Zuletzt ist nicht ersichtlich, dass die vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Bewirtschaftungseinschränkungen die Schwelle der Unzumutbarkeit erreichen würden. Damit scheidet eine Befreiung auf Grundlage von § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG wegen der konkreten Situation der Ausgleichsfläche auf dem Feldstück 7 „…“ ebenfalls aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
Rechtsgrundlage des Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sind § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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