Europarecht

Antragsgegner, Aufschiebende Wirkung, Warenbestand, Futtermittelrecht, Futtermitteln, Futtermittel für Heimtiere, Futtermittelüberwachung, Futtermittelunternehmen, Futtermittelunternehmer, Summarische Prüfung, Verwaltungsgerichte, Antragstellers, Befähigung zum Richteramt, Sofortige Vollziehbarkeit, Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Anordnung der sofortigen Vollziehung, Salmonelleninfektion, Interessenabwägung, Anordnung des Sofortvollzugs

Aktenzeichen  W 8 S 20.2024

Datum:
18.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39896
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
LFGB § 39 Abs. 2 Nr. 4
Art. 138 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, 15 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, 2 Abs. 2 S. 1 GG
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20a

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 187.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, die als GmbH & Co. KG ein Futtermittelunternehmen betreibt, begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit welchem sie zum Rückruf einer Charge eines von ihr hergestellten und vertriebenen Hundefutters verpflichtet wird.
1. Die Antragstellerin produzierte am 21. Oktober 2020 insgesamt 12.161 Säcke (entspricht 182.415 kg) ihres Produkts „… … … …“ und veräußerte die Ware an Kunden in Deutschland und Europa, unter anderem am 2. November 2020 315 Säcke an die „… …“ in Finnland. Eine von dieser Firma am 9. November 2020 durchgeführte Eigenkontrolluntersuchung ergab am 13. November 2020 einen positiven Befund einer Salmonelle des Serotypes „Salmonella Livingston“. Die Information wurde nach Unterrichtung der finnischen Behörden durch den Kunden der Antragstellerin von der „Finnish Food Authority“ als Warnmeldung im europäischen Schnellwarnsystem verbreitet.
Am 2. Dezember 2020 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, sich zu Produktionszeitpunkt und -umfang sowie zu Auslieferung und Verbleib der betreffenden Ware zu äußern sowie eine Liste mit den Abnehmern der Ware zu übermitteln.
Mit E-Mail vom 3. Dezember 2020 und telefonisch nahm die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner Stellung und wies darauf hin, dass in sämtlichen Untersuchungen durch die Antragstellerin seit Produktion der in Rede stehenden Charge keine Salmonellen gefunden worden seien und dass aktuell Rückstellmuster der betroffenen Charge untersucht würden und die Ursache des ermittelten Befundes hinterfragt werden müsse. Die Antragstellerin verfüge über ein über ein hauseigenes akkreditiertes Labor und eine Qualitätssicherungsabteilung.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2020 ordnete die Regierung von Oberbayern an, dass die Antragstellerin als Futtermittelunternehmen ab sofort sämtliche am 21. Oktober 2020 hergestellte Ware des Produktes … … … … … … … … … … …, unverzüglich vom Markt zurückzurufen hat (Nr. 1 des Bescheides). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wurde angeordnet (Nr. 2). Bei Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht (Nr. 3). Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und eine Gebühr von 219,58 EUR für den Bescheid festgesetzt sowie Auslagen in Höhe von 3,58 EUR erhoben (Nr. 4).
Zur Begründung führt die Regierung von Oberbayern im Wesentlichen aus: Am Mittwoch den 2. Dezember 2020 sei die Regierung von der Bayerischen Schnellwarnkontaktstelle am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit über eine Schnellwarnung der finnischen Futtermittelüberwachung betreffend das streitgegenständliche Produkt informiert worden. Demnach seien im Rahmen einer Eigenkontrolle eines finnischen Abnehmers der Ware Salmonellen nachgewiesen worden. Die Untersuchung sei in einem akkreditierten finnischen Labor erfolgt. In einem Telefonat am 3. Dezember 2020 sei die Antragstellerin insbesondere zur Frage des Rückrufs angehört worden und habe mitgeteilt, dass sie zum Rückruf der gesamten Charge ohne schriftliche Anordnung nicht bereit sei. Die futtermittelrechtliche Anordnung in Nr. 1 des Bescheides beruhe auf Art. 138 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EU) 2017/625 i.V.m. § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 LFGB i.V.m. Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Uabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009. Danach träfen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschen erforderlich seien. Insbesondere könne sie – falls erforderlich – die Rücknahme bzw. den Rückruf von Futtermitteln anordnen. Die Regierung von Oberbayern sei gemäß § 39 Abs. 1 und 2 LFGB sachlich und nach § 38 Abs. 1 LFGB i.V.m. Art. 20 Satz 1 GDVG und § 2 Abs. 2 GesVSV örtlich zuständig. Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LFGB könne die zuständige Behörde insbesondere eine Maßnahme anordnen, mit der verhindert werden soll, dass ein Erzeugnis, das den Verbraucher noch nicht erreicht habe, auch durch andere Wirtschaftsbeteiligte weiter in Verkehr gebracht werde (Rücknahme) oder die auf die Rückgabe eines bereits in Verkehr gebrachten Erzeugnisses abziele, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht habe oder erreicht haben könnte (Rückruf). Gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dürften Futtermittel, die nicht sicher seien, nicht in Verkehr gebracht werden. Nach Abs. 2 der Vorschrift seien Futtermittel unter anderem dann nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen sei, dass sie die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen könnten. Nach Art. 4 Abs. 1 Uabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 seien diese Vorschriften entsprechend auf Futtermittel für nicht der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere anzuwenden. Bei den festgestellten Salmonellen handle es sich um Bakterien, die bei Mensch und Tier zum Teil schwere, bisweilen sogar tödliche Infektionen auslösen könnten. Nach allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen könnten mit Salmonellen kontaminierte Futtermittel ein potentieller Weg sein, über den sich Tiere mit diesem Erreger infizieren könnten. Darüber hinaus gälten alle Salmonella-Serovare als potentiell humanpathogen. Ein Futtermittel, in dem Salmonellen nachgewiesen worden seien, gelte somit als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, unabhängig von der Konzentration der Salmonellen. Dies gelte auch für Futtermittel für Heimtiere, zumal in diesem Zusammenhang der häufig enge Kontakt zwischen Heimtieren und ihren Besitzern zu berücksichtigen sei, der eine Übertragung von Salmonellen vom infizierten Heimtier auf den Menschen ermöglichen könne. Dadurch, dass das von der Antragstellerin hergestellte Heimtierfutter in einer Eigenkontrolle eines belieferten Unternehmens positiv auf Salmonellen untersucht worden sei, handle es sich bei der betreffenden Charge vollständig um ein nicht sicheres Futtermittel, das nicht mehr in Verkehr gebracht und verfüttert werden dürfe. Eine weitere Eingrenzung auf eine Teilmenge sei aufgrund der Chargenvermutung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 im vorliegenden Fall nicht möglich. Auch die negativen Eigenkontrollbefunde aus der Folgezeit der Produktion änderten insoweit nichts an dieser Einschätzung, denn dies schließe nicht aus, dass in der betreffenden Charge, die entsprechend der Mitteilung der Antragstellerin am 21. Oktober 2020 produziert worden sei, zu einem derzeit nicht bekannten Zeitpunkt eine Kontamination oder Rekontamination der Ware erfolgt sei. Salmonellen neigten zudem zur „Nesterbildung“ und seien daher ungleichmäßig verteilt in einem Futtermittel aufzufinden, weshalb die möglicherweise negative Beprobung einer kleinen Teilmenge nicht repräsentativ für gesamte Charge sei. Vielmehr bleibe der restliche, nicht beprobte Teil weiterhin potentiell salmonellenkontaminiert und sei daher nicht als sicheres Futtermittel einzustufen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sei der Futtermittelunternehmer verpflichtet, wenn er erkenne oder Grund zur Annahme habe, dass ein von ihm eingeführtes, erzeugtes, verarbeitetes oder vertriebenes Futtermittel die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfülle, unverzüglich Verfahren einzuleiten, um das betreffende Futtermittel vom Markt zu nehmen und die zuständige Behörde hiervon zu unterrichten. Insbesondere beinhalte dies auch die Information der direkten Abnehmer sowie die Veranlassung von Kundeninformationen. Da die Antragstellerin dieser Verpflichtung im vorliegenden Fall nicht vollumfänglich nachzukommen bereit sei, da sie lediglich die in Finnland beprobte Ware zurückrufen wolle, sei es aufgrund des von Salmonellen ausgehenden Gefahrenpotentials erforderlich, den Rückruf der gesamten Charge anzuordnen. Eine mildere Maßnahme zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier komme nicht in Betracht. Insbesondere sei nicht ausgeschlossen, dass durch die Ware eine Gefährdung für die Gesundheit der Heimtierhalter bestehe, da Trockenfutter, um das es sich hier handle, üblicherweise auch teilweise als „Leckerli“ verwendet und den Tieren vom Halter per Hand verfüttert werde. Salmonellen seien ungleichmäßig verteilt, weshalb nur durch den kompletten Rückruf der betroffenen Charge der Bedeutung der Futtermittelsicherheit und dem Verbraucherschutz entsprechend Rechnung getragen werden könne.
Die sofortige Vollziehung sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen gewesen, da dies im öffentlichen Interesse liege. Die Anordnung in Nr. 1 solle sicherstellen, dass der Betrieb der Antragstellerin die Anforderungen und Verpflichtungen des Futtermittelrechts einhalte und damit das Ziel der Europäischen Union, dass nur sichere Futtermittel in den Verkehr gebracht und an der Lebensmittelmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden dürften, gewährleistet werde. Das Futtermittelrecht verfolge das Ziel, die Futtermittelsicherheit zu stärken und damit ein hohes Verbraucherschutzniveau zu schaffen. Diesem Ziel diene insbesondere auch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Aufgrund der geschilderten Sach- und Rechtslage könne es nicht hingenommen werden, dass die Antragstellerin bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides zuwarte, bis die Ware der betroffenen Charge vom Markt zurückgerufen werde und dadurch das Risiko von Infektionen von Mensch und Tier nicht vermieden bzw. reduziert werde und damit aufgrund der von Salmonellen ausgehenden Gefahren die Futtermittelsicherheit sowie der Schutz der Verbraucher gefährdet werde. Im Falle der aufschiebenden Wirkung der Klage bestünde eine Gefährdung der Futtermittelsicherheit und damit einhergehend letztlich für die menschliche und tierische Gesundheit, weshalb dem Grundsatz des Vorsorgeprinzips Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin zu geben sei. Im Übrigen bedürfe es keiner besonderen Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse treffe, was hier jederzeit einzutreten drohe.
Die Zwangsgeldandrohung stütze sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgelds sei im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens geschätzt worden. Ergänzend sei auszuführen, dass bei einem Verstoß gegen die Verpflichtungen das jeweilige Zwangsgeld fällig gestellt und erneut ein – unter Umständen auch erhöhtes – Zwangsgeld für den weiteren Fall eines Zuwiderhandelns gegen die Verpflichtung angedroht werden könne.
2. Am 11. Dezember 2020 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 20.2023 Klage erheben und vorliegend beantragen,
die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020 erhobenen Klage des Bescheides des Antragsgegners vom 3. Dezember 2020 (Az. 2660.56-62_3-41) wiederherzustellen, soweit diese in Ziffer 1 nicht die von der Schnellwarnmeldung der finnischen Futtermittelüberwachung vom 2. Dezember 2020 betroffene nach Finnland gelieferte Menge von 4.725 kg des am 21. Oktober 2020 hergestellten Produktes … … … … … … … … … … …, betrifft.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei in materiell rechtlicher Hinsicht als rechtswidrig anzusehen, da die mit der Klage angefochtene Anordnung ihrerseits rechtswidrig sei. Im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Antragstellerin gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiege das Interesse der Antragstellerin. Die vom Antragsgegner herangezogenen Ermächtigungsgrundlagen setzten insbesondere voraus, dass der hinreichende Verdacht eines Verstoßes gegen futtermittelrechtliche Vorschriften vorliege und die Anordnung zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit erforderlich sei. Ein solch hinreichender Verdacht eines Verstoßes, insbesondere gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Ein hinreichender Verdacht im Sinne des § 39 Abs. 1 und 2 Nr. 4 LFGB könne keineswegs mit einem mehr als zweifelhaft zustande gekommenen Analyseergebnis begründet werden. Um die für die Antragstellerin sehr schwerwiegende und folgenreiche Anordnung zu rechtfertigen, müssten konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefahr erkennbar seien, welche hier nicht vorlägen. Die Anordnung werde ausschließlich mit dem für die Antragstellerin nicht mehr überprüfbaren Ergebnis einer händisch mittels einer Plastiktüte gezogenen Probe eines Mitarbeiters eines beauftragten Transportunternehmens des finnischen Kunden der Antragstellerin begründet, welche nachweislich nicht nach den Anforderungen der finnischen Probeentnahmevorschrift gezogen worden sei. In den „Offiziellen Probeentnahmerichtlinien für Salmonellenuntersuchungen von importiertem Futter mit hohem Risiko“ sei ausdrücklich festgehalten, dass die Probenahme auf Salmonellen in importierten Futtermitteln gemäß dem Leitfaden durchzuführen seien. Dort heiße es in Ziffer 4 ausdrücklich, dass die Sauberkeit und Asepsis der Probeentnahmegeräte die grundlegenden Ausgangspunkte für eine Probenahme seien und das Probeentnahmegerät aus einem Material bestehen müsse, welches die zu entnehmenden Proben nicht verunreinigen könne. Es müsse sich um ein aseptisches Gerät handeln, was nach Ziffer 2 als ein sauberes und trockenes Probenahmegerät, das vollständig mit einem Desinfektionsmittel desinfiziert worden und dessen Konstruktion, Material und Qualität für die Verwendung bei aseptischen Probenahmen geeignet sei, verstanden werde. Der Probenehmer müsse während der Probenahme die erforderliche Schutzkleidung tragen und die Anforderungen an die Asepsis der Probe, die Sauberkeit der Probenahmestelle sowie des Probenraums berücksichtigen. Die Richtlinien schrieben zu dem für Packungen mit weniger als 100 kg Inhalt vor, dass intakte und ungeöffnete Verpackungen für die Entnahme auszuwählen seien. Die Oberfläche des Beutels sei vor dem Einsetzen des grundsätzlich zu verwendenden Bohrers von Schmutz zu befreien und mit Desinfektionsmittel abzuwischen. Sämtliche Vorgaben seien hier nicht eingehalten worden, was sich aus einer Beschreibung des finnischen Kunden in einer E-Mail vom 4. Dezember 2020 ergebe. Der Stand der Technik zur Verhinderung einer nachträglichen Kontamination sei in keiner Weise eingehalten worden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass beauftragte Mitarbeiter im Lager des Kunden regelmäßig auch Produkte für landwirtschaftliche Nutztiere mit einem bekannt hohen Salmonellenpotential beprobten, müsse im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass eine Fremdkontamination stattgefunden habe. Es liege im Ergebnis kein haltbarer Anhaltspunkt dafür vor, dass die in Verkehr gebrachten Futtermittel tatsächlich mit Salmonellen kontaminiert seien. Bei keinem anderen der mit der Charge belieferten Kunden seien Verunreinigungen mit Salmonellen festgestellt worden oder sei es zu Reklamationen gekommen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der produzierten Charge bereits verfüttert worden sei und es sei kein Fall bekannt, in dem auch nur ein Tier Auffälligkeiten oder Krankheitssymptome gezeigt hätte. Eine amtliche Probe sei weder in Finnland noch in Deutschland durchgeführt worden. Der finnische Kunde habe zudem entgegen der üblichen fachlichen Praxis das Rückstellmuster der Probe vernichtet. Der Umstand der Nesterbildung von Salmonellen könne nicht dazu führen, dass eine einmal durchgeführte Probenahme, sei sie auch noch so zweifelhaft zustande gekommen, überhaupt nicht mehr widerlegbar sei. Im Futtermittelrecht bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, durchgeführte Analyseergebnisse durch eine zweite Analyse zu entkräften oder zu relativieren. Es werde zudem sehr unterschiedlich beurteilt, wann ein Futtermittel als mit Salmonellen belastet einzustufen sei. Die Beurteilungspraxis der Behörden habe sich in den letzten Jahren gewandelt und werde von Expertengruppen stark kritisiert. Im Übrigen sei es schlicht unzutreffend, wenn der Antragsgegner ausführe, dass durch die Ware eine Gefährdung für die Gesundheit der Heimtierhalter bestehe, wenn das Produkt aus der Hand verfüttert werde. Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts liege die Infektionsdosis für den erwachsenen Menschen bei 104-106 Keimen. Bei der Fütterung des Produktes aus der Hand blieben nach Angaben von Mikrobiologen lediglich 7,5 mg Futtermittelpartikel an der Hand haften. Selbst wenn der Hundehalter diese als vollständig oral aufnehme und die Ware mit 100 Salmonellen pro Gramm belastet wäre, läge die aufgenommene Zahl der Keime bei rechnerisch einer Salmonelle und damit deutlich unter der vom RKI angesehenen Schwelle. Vor diesem Hintergrund lägen bereits die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nicht vor, jedenfalls sei der Bescheid aber unverhältnismäßig, da der umfassende Produktrückruf einen rechtswidrigen Eingriff in die Rechte der Antragstellerin darstelle. Mangels Vorliegens einer fachgerechten Probenahme und unter Berücksichtigung der umfangreichen Maßnahmen der Antragstellerin, müsse bereits die Annahme der Möglichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zurückgewiesen werden, weshalb es schon an einem legitimen Zweck der angeordneten Maßnahme fehle. Selbst wenn das finnische Analyseergebnis herangezogen werden könnte, sei die angeordnete Maßnahme dennoch nicht erforderlich, denn die Chargenvermutung nach Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 178/2002 greife nicht, wenn bei eingehender Prüfung kein Nachweis dafür gefunden werde, dass der Rest der Charge die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfülle. Die Antragstellerin habe sich ausdrücklich bereit erklärt, die von der Schnellwarnmeldung betroffenen 315 Säcke dauerhaft zu sperren und beabsichtige auch nicht die Ware wieder in Verkehr zu bringen. Sie sei zudem zu einer umfassenden Beprobung der Ware bereit. Der Antragsgegner habe es bisher unterlassen, eine amtliche Probe der bereits zurückgeholten und von der finnischen Schnellwarnmeldung betroffenen Ware zu nehmen, obwohl hierin ein deutlich milderer Eingriff in die Rechte der Antragstellerin gesehen werden könne. Ebenso sei abgelehnt worden, lediglich die nach Finnland verbrachten 4.725 kg zurückzurufen. Ein vollständiger Warenrückruf sei rechtlich nicht geboten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass deutlich unter 3% der vom Rückruf betroffenen Ware nach Finnland veräußert worden sei. Die Maßnahme verstoße gegen Art. 12 und 14 Abs. 1 GG.
Auch eine reine Interessenabwägung falle zu Gunsten der Antragstellerin aus, selbst wenn man die Erfolgsaussichten der Klage als offen ansehe. Es sei keinesfalls eine besondere Dringlichkeit der Maßnahme zu erkennen, denn anders als vom Antragsgegner befürchtet, bestehe keine Gefahr für die Tiergesundheit. Der zu Grunde zu legende Maßstab eines hinreichenden Vorschriftenverstoßes sei nicht erfüllt. Der Antragstellerin entstünden schwerwiegende Nachteile, wenn sie gezwungen würde, den angeordneten Maßnahmen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens Folge zu leisten. Denn in diesem Fall wäre sie verpflichtet, die gesamte am 21. Oktober 2020 produzierte Ware mit einem Gesamtwert von 550.000,00 EUR zurückzurufen. Der wirtschaftliche Schaden belaufe sich auf mindestens 700.000,00 EUR. Die sofortige Vollziehbarkeit der angegriffenen Verfügung stelle mithin einen unzulässigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG dar.
Mit weiterem Schriftsatz vom 17. Dezember 2020 ließ die Antragstellerin ihr Vorbringen vertiefen und weiter ausführen: Die Antragstellerin stelle nicht in Frage, dass ein mit Salmonellen kontaminiertes Futtermittel nicht sicher sei. Vorliegend sei jedoch nicht davon auszugehen, dass eine Belastung mit Salmonellen vorliege, da ein zu dieser Annahme erforderlicher hinreichender Verdacht nicht als begründet angesehen werden könne. Das Ergebnis der nicht fachgerecht durchgeführten Eigenkontrolle des finnischen Kunden könne allenfalls einen Anfangsverdacht begründen. Die Antragstellerin habe umfangreiche Tatsachen vorgetragen, die diesen Anfangsverdacht entkräfteten. Mittlerweile sei zudem eine Probe aus dem vorläufig durch die Antragstellerin gesperrten Lagerbestand ihres Webshops gezogen worden. Das Analyseergebnis sei negativ gewesen. Der Antragsgegner sei verpflichtet gewesen, eine Verdachtsprobe zu ziehen, um die erforderliche Sicherheit für einen derart umfassenden und grundrechtsintensiven Warenrückruf zu erlangen bzw. Entlastung zu ermöglichen. Die Erwägungen des Antragsgegners brächten zum Ausdruck, dass dieser sich durch die Meldung im Schnellwarnsystem gebunden gesehen habe. Jedoch müsse der von ihm angeordneten Maßnahme eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorausgehen. Eine amtliche Kontrolle habe bei dem finnischen Kunden nie stattgefunden. Zu den übermittelten Probenahmerichtlinien sei anzumerken, dass diese die fachgerechte Probenahme unabhängig von ihrem Anwendungsbereich wiedergebe. Die Verfahrensanweisung entspreche der guten fachlichen Praxis, wie sie auch in zahlreichen anderen Vorschriften festgelegt sei. Die gute Verfahrenspraxis sei durch den finnischen Kunden ersichtlich nicht eingehalten worden. Eine eingehende Prüfung im Sinne von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 habe in Finnland nicht stattgefunden. Es sei hinsichtlich der potentiellen Gefährlichkeit nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich vorliegend nicht um Futter für Nutztiere, sondern ausschließlich um Heimtierfutter handle, sodass eine Verbrauchergefährdung als nahezu ausgeschlossen eingestuft werden könne. Zudem sei es bis heute zu keiner Beanstandung der Ware gekommen, obwohl davon ausgegangen werden müsse, dass der weit überwiegende Teil der Ware bereits verfüttert worden sei.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2020 beantragte die Regierung von Oberbayern für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Begründung des angegriffenen Bescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt: Bei der betreffenden Charge des Futters handle es sich vollständig um ein nicht sicheres Futtermittel, welches nicht mehr in Verkehr gebracht und verfüttert werden dürfe, da bei einer festgestellten Salmonellenbelastung die Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vorlägen. Es bestünden keine Zweifel an der fachkundig in Finnland durchgeführten Probenahme und damit auch nicht an dem übermittelten Ergebnis. Der Hinweis auf die „Offiziellen Probenahmerichtlinien für Salmonellenuntersuchungen von importiertem Futter mit hohen Risiko“ führe zu keiner anderen Sichtweise, denn nach Verständnis des Antragsgegners ergebe sich aus der beigefügten Übersetzung, dass die Richtlinie lediglich bestimmte eingeführte Futtermittel betreffe und nicht in der Europäischen Union vertriebene Ware. Diesen Eindruck vermittelten die Erläuterungen unter 1.1 bis 1.4 der Richtlinie. Unabhängig davon sei es nicht Aufgabe der bayerischen Futtermittelüberwachung die Probenahmevorgaben anderer Länder zu verifizieren. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die finnische Behörde ihre eigenen Vorgaben kenne. Diese hätte im vorliegenden Fall eine entsprechende Weiterleitung über das dafür vorgesehene Schnellwarnsystem veranlasst, ohne etwaige Bedenken im Hinblick auf die Verwertbarkeit der Probenahme anzumerken. Für die finnischen Behörden gälten insoweit die europäischen Vorgaben entsprechend. Die Meldung sei als Warnmeldung („alert notification“) eingestuft worden und als Eigenkontrolle angegeben („company’s own check“). Eine amtliche Probenahme sei nicht erforderlich, was sich auch daraus ergebe, dass die Kommission, welche für die Verwaltung des Schnellwarnnetzes zuständig sei, beim Antragsgegner die Übermittlung der Vertriebswege erbeten und hieran nochmals mit E-Mail vom 8. Dezember 2020 erinnert habe. Das System des gesundheitlichen Verbraucherschutzes im Futtermittelbereich beruhe zudem mitunter auf der Eigenverantwortung der Futtermittelunternehmer was sich auch in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 zeige. Auch allein der Umstand, dass die Rückstellmuster bei dem finnischen Abnehmer nicht mehr vorhanden seien, stelle keinen Hinweis auf eine vorher nicht ordnungsgemäß erfolgte Probenahme vor. Denn dieser Teil der Charge sei von der Antragstellerin vom finnischen Abnehmer zurückgefordert worden. Eine „Freiprobung“ bereits positiv getesteter Ware komme aufgrund der ungleichmäßigen Verteilung von Salmonellen aus fachlicher Sicht nicht in Betracht. Die Chargenvermutung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sei somit nicht durch die negative Beprobung einer kleinen Teilmenge widerlegt. Es seien nur die im Betrieb der Antragstellerin vorhandenen Rückstellmuster und der aus Finnland rückgeforderte Teil der Charge untersucht worden. Hieraus lasse sich keine Aussage über die nicht untersuchten Teile des Futtermittels treffen. Vielmehr bleibe es bei einer potentiellen Kontamination mit Salmonellen und der Einstufung als nicht sicheres Futtermittel. Unabhängig von der Konzentration, mit der die Salmonellen in dem Futtermittel vorkämen, sei davon auszugehen, dass die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigt werden könne. Wenn die Antragstellerin auf das Merkblatt des RKI Bezug nehme, sei hierzu anzumerken, dass sie sich bei ihrer Darstellung zur Infektionsdosis nur auf erwachsene Menschen beziehe. Das RKI weise aber ausdrücklich darauf hin, dass im Falle einer besonderen Disposition, wie Abwehrschwäche, bei Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen Erkrankungen bereits bei geringeren Infektionsdosen beobachtet worden seien. Eine vergleichbare Einschätzung gebe auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ab.
Im Übrigen überwiege das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, was mit dem Umstand, dass durch das Inverkehrbringen nicht sicherer Futtermittel das Risiko von Salmonelleninfektionen von Mensch und Tier nicht vermieden bzw. reduziert werde und damit die Futtermittelsicherheit sowie der Schutz der Verbraucher bzw. Anwender nicht gewährleistet werde.
3. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte insbesondere die Schriftsätze nebst der eingereichten Anlagen sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Statthaft ist ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO, da die von der Antragstellerin am 11. Dezember 2020 im Verfahren W 8 K 20.2023 erhobene Klage gegen die Nr. 1 des Bescheids der Regierung von Oberbayern vom 3. Dezember 2020 aufgrund der in Nr. 2 des Bescheides angeordneten sofortigen Vollziehung wegen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat.
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob in der vorliegenden Konstellation die aufschiebende Wirkung der Klage bereits kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 39 Abs. 7 Nr. 2 LFGB entfällt, da die Anordnung der Durchführung eines Verbots aus Art. 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dient oder ob § 39 Abs. 7 Nr. 2 LFGB aufgrund der Verweisung aus Art. 4 Abs. 1 Uabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 nicht direkt anzuwenden ist. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Nr. 2 des Bescheides ist in jedem Fall unschädlich und der Klage kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde hinreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Im Übrigen bestehen keine Unterschiede beim Prüfungsmaßstab eines Antrags auf Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Der Antrag ist unbegründet, da der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 3. Dezember 2020 bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Das Gericht verweist insoweit zunächst auf die bei überschlägiger Prüfung zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) und sieht von einer nochmaligen Darstellung ab. Darüber hinaus fällt auch eine reine Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, da das öffentliche Interesse am Vollzug des Bescheides ihr privates Interesse an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt.
Im Einzelnen:
1. Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist gleichwohl eine auf den konkreten Einzelfall abstellende, nicht lediglich formelhafte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 80 Rn. 85 m.w.N.)
Gemessen hieran ist der Antrag nicht begründet:
a.) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im vorliegenden Fall im ausreichenden Maße schriftlich begründet. Maßgebend ist, dass der Antragsgegner mit seiner Begründung in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar hält.
Der Antragsgegner hat die Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom 3. Dezember 2020 begründet und in der Antragserwiderung vom 15. Dezember 2020 ergänzt. Insbesondere könne aufgrund der von Salmonellen ausgehenden Gefahren die Futtermittelsicherheit und der Schutz der Verbraucher gefährdet werden und daher nicht hingenommen werden, dass die Antragstellerin bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids zuwarte, bis die Ware der betreffenden Charge zurückgerufen werde. Das Risiko einer Infektion von Mensch und Tier bestehe. Dem Vorsorgeprinzip müsse Vorrang vor dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin eingeräumt werden.
Dies genügt den obigen Anforderungen an eine Begründung des Sofortvollzugs im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Darstellung des Antragsgegners ist ausreichend auf den Einzelfall bezogen und nicht lediglich formelhaft. Ob die Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist keine Frage der Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern des Vollzugsinteresses.
b.) Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die getroffene Regelung ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen.
Die Anordnung des Rückrufs der am 21. Oktober 2020 produzierten Charge des von der Antragstellerin produzierten „… … … …“ in Nr. 1 des Bescheides der Regierung von Oberbayern vom 3. Dezember 2020 ist – soweit sie hier in Bezug auf die 11.846 nicht an die „… …“ in Finnland vertriebenen Säcke überhaupt angegriffen wird – voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für den Rückruf der Charge ist Art. 138 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g der Verordnung (EG) 2017/625 i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 LFGB. Danach kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen, insbesondere eine Maßnahme, die auf die Rückgabe eines in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses abzielt, das den Verbraucher oder den Verwender bereits erreicht hat oder erreicht haben könnte (Rückruf), treffen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter bzw. zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit.
Der Vertrieb der am 21. Oktober 2020 von der Antragstellerin produzierten Charge des Hundefutters „… … … …“ verstößt bei summarischer Prüfung gegen die Anforderung an die Sicherheit und das Inverkehrbringen aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.
Danach dürfen Futtermittel, auch wenn sie – wie hier – an Heimtiere und nicht an der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verfüttert werden nicht in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn sie nicht sicher sind, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 767/2009. Wann ein Futtermittel nicht sicher im Sinne der Vorschrift ist, bestimmt sich gemäß Uabs. 2 der Vorschrift nach Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Ein Futtermittel gilt danach als nicht sicher in Bezug auf den beabsichtigten Verwendungszweck, wenn davon auszugehen ist, dass es die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen kann (Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002). Insoweit ist ausreichend, dass die Gesundheit beeinträchtigt werden kann. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, so handelt es sich um eine unwiderlegbare Vermutung (vgl. Boch in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 176. EL März 2020, EG-Lebensmittel-Basisverordnung Art. 15 Rn. 8).
Gehört ein Futtermittel, bei dem festgestellt worden ist, dass es die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfüllt, zu einer Charge, einem Posten oder einer Lieferung von Futtermitteln der gleichen Klasse oder Beschreibung, so ist davon auszugehen, dass sämtliche Futtermittel in dieser Charge, diesem Posten oder dieser Lieferung ebenfalls betroffen sind, es sei denn, bei einer eingehenden Prüfung wird kein Nachweis dafür gefunden, dass der Rest der Charge, des Postens oder der Lieferung die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit nicht erfüllt (Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002).
Bei der Chargenvermutung aus Abs. 3 handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung, die durch eine eingehende Prüfung, dass der Rest der Charge den Anforderungen an die Futtermittelsicherheit entspricht, erschüttert werden kann (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 176. EL März 2020, EG-Lebensmittel-Basisverordnung Art. 14 Rn. 24 zum insoweit gleichlautenden Art. 14 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 betreffend Lebensmittel).
Der Nachweis setzt eine eingehende Prüfung voraus, die nach dem Sinnzusammenhang die Merkmale betreffen muss, die für die Beurteilung des nicht sicheren Lebensmittels als nicht sicher maßgebend waren (hier: Salmonellen) (vgl. Rathke, a.a.O. Rn. 27). Die Prüfung muss insbesondere ergeben, dass kein Nachweis dafür gefunden wurde, dass der Rest der Charge, des Postens oder der Lieferung nicht sicher ist. Die Beweislast liegt insoweit bei dem jeweiligen Lebensmittelunternehmer (Meyer in Meyer/Streinz, LFGB-BasisVO, 2. Auflage 2012, Art. 14 Rn. 20). Wann eine Prüfung eingehend ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen und hat nach Auffassung der Kammer von der Art des Produkts, der Art des Verstoßes sowie insbesondere auch der Größe der Charge abzuhängen. Eine generelle Pauschalisierung, dass ein bestimmter Prozentsatz der Charge zu prüfen ist, erscheint nicht ohne weiteres möglich, gleichwohl werden die Anforderungen an eine eingehende Prüfung zur Widerlegung der Chargenvermutung nicht überspannt, wenn eine Prüfung von 10% der betroffenen Charge verlangt wird (vgl. VG Münster, U.v. 25.1.2012 – 7 K 102/10 – juris Rn. 103).
Gemessen hieran ist die in Rede stehende am 21. Oktober 2020 produzierte Charge des von der Antragstellerin in Verkehr gebrachten Hundefutters bei summarischer Prüfung insgesamt nicht sicher im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.
Eine Probenahme bei einem finnischen Kunden der Antragstellerin hat eine Kontamination mit Salmonellen des Serotypes Salmonella Livingston ergeben. Diese wurde von der finnischen Behörde im Schnellwarnsystem als „serious risk“ eingestuft. Eine Kontamination mit Salmonellen führt zu der Annahme, dass das in Rede stehende Produkt nicht sicher im Sinne oben genannter Vorschriften ist und damit nicht in Verkehr gebracht werden darf, was auch von der Antragstellerin nicht bestritten wird.
Das Gericht hat bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine durchgreifenden Zweifel an der Verwertbarkeit der genommenen Probe und dem gefundenen Ergebnis. Die Firma „Hankkija OY“ hat die Probe ausweislich der vorgelegten Behördenakte (Bl. 99) in ihrem eigenen Labor analysiert und die Kontamination festgestellt. Die Information wurde von der finnischen Behörde in das nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eingerichtete Schnellwarnsystem eingespeist. Darin sind von Futtermitteln ausgehende unmittelbare oder mittelbare Risiken für die menschliche Gesundheit zu melden. Die finnische Behörde hat eine Meldung der Prüfergebnisse vorgenommen und es ist in Ermangelung anderslautender Erkenntnisse – gerade auch im vorliegenden Sofortverfahren – davon auszugehen, dass diese die europarechtlichen und eigenen nationalen Rechtsvorschriften kennt und insbesondere die nationalen und europäischen Vorgaben an eine ordnungsgemäße Probenahme beachtet und die übermittelte Probe entsprechend überprüft, bevor sie eine Schnellwarnung im europäischen Schnellwarnsystem einträgt. Aus diesem Grund erscheint es auch nicht von vorneherein als unsachgemäß, dass keine amtliche Probe gezogen wurde. Ebenso ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner davon ausgeht, dass die finnische Behörde entsprechend ihrer nationalen und der europäischen Vorschriften handelt und nicht selbstständig nochmalige Prüfungen vornimmt oder überprüft, ob Proben nach den jeweiligen nationalen Regelungen anderer Mitgliedsstaaten ordnungsgemäß gezogen worden sind, was im Übrigen auch vor dem Hintergrund einer effektiven Verwaltungsarbeit in jedem Einzelfall kaum zu leisten sein dürfte. Eine solche Prüfung durch die jeweiligen nationalen Behörden in jedem Einzelfall würde auch den Sinn eines gesamteuropäischen Warnsystems in Frage stellen und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens innerhalb der Europäischen Union (EuGH, U.v. 25.7.2018 – C-216/18 PPU – juris Rn. 35 ff.) widersprechen.
Auch die vorgelegte „Offiziellen Probeentnahmerichtlinien für Salmonellenuntersuchungen von importiertem Futter mit hohem Risiko“ aus Finnland sowie die vorgetragenen Umstände der Probenahme führen nicht zu einer abweichenden Sichtweise. Das Gericht vermag im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend zu prüfen, ob die vorgelegte finnische Probeentnahmerichtlinie auf die hier gezogene Probe Anwendung findet bzw. ob oder welchen verbindlichen Rechtscharakter diese hat und welche Rechtsfolgen ein etwaiger Verstoß mit sich bringt. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich bei den Richtlinien wohl nicht ausschließlich um ein staatliches oder auf einem Gesetz beruhendes Regelungswerk handelt, auch wenn sie auf ihrem Deckblatt die „Finnish Food Authority“ ausweisen, da es in der vorgelegten deutschen Übersetzung am Ende heißt, der Leitfaden enthalte sowohl direkte Zitate als auch Interpretationen für die Anwendung des Gesetzes und es handle sich bei den Auslegungen um die Ansichten der Lebensmittelagentur zur Anwendung der Rechtsvorschriften. Zudem erscheint es auch für die Kammer, worauf der Antragsgegner hingewiesen hat, aufgrund des Wortlauts der Nrn. 1.1 bis 1.4 der Richtlinie schlüssig, dass diese sich zunächst nur auf aus Drittstaaten in die Europäische Union eingeführte Futtermittel und nicht solche, welche innerhalb des Binnenmarktes vertrieben werden, bezieht. Selbst wenn eine abschließende Beurteilung für die Kammer wie dargestellt im vorliegenden Eilverfahren nicht möglich ist, sind die Art und Weise der Probenahme und die Tatsache, dass diese unter Umständen nicht entsprechend der Vorgaben aus der zitierten Richtlinie vorgenommen wurde, nicht geeignet die Annahme zu rechtfertigen, die gezogene Probe, mit der die Salmonellenkontamination festgestellt wurde, sei schlechterdings von vorneherein unverwertbar und unbrauchbar.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das Ergebnis der in Finnland durchgeführten Beprobung, welches in das Schnellwarnsystem eingetragen wurde, als Tatsachengrundlage für seine eigene Entscheidung über den Warenrückruf heranzieht. Die Begründung des Bescheides lässt erkennen, dass der Antragsgegner eine eigenständige Entscheidung über den Rückruf getroffen hat und sich nicht lediglich an die Mitteilung aus dem Schnellwarnsystem gebunden sah. Dies ergibt sich insbesondere auch daraus, dass der Antragsgegner sich bereits in der Begründung des Bescheides mit den negativen Eigenkontrollbefunden der Antragstellerin auseinandergesetzt hat und weshalb diese aus seiner Sicht nicht zu einer Entlastung führen.
Bei den 315 an die Firma „… …“ vertriebenen Säcken des Hundefutters wurde somit eine Verunreinigung mit Salmonellen hinreichend sicher festgestellt, weshalb für den Rest der Charge die Vermutung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 greift. Diese Vermutung wurde jedenfalls für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch die insoweit beweisbelastete Antragstellerin nicht widerlegt. Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner abweichenden Sichtweise.
Insbesondere, dass die noch bei der Antragstellerin vorhandenen Rückstellproben und entnommene Proben aus dem aus Finnland zurückgesandten Teil der Charge keine Verunreinigung mit Salmonellen enthalten haben, vermag die Chargenvermutung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht zu widerlegen. Es erscheint in diesem Zusammenhang bereits fraglich, welche Aussagekraft die aus den aus Finnland zurückgesandten Säcken genommenen Proben für den Rest der Charge haben, denn in diesem Teil ist nach obigen Ausführungen eine Salmonellenkontamination hinreichend sicher festgestellt worden. Allein die negativen Testergebnisse in den Rückstellproben sind nicht ausreichend dafür, für den gesamten Rest der Charge von insgesamt noch 11.846 Säcken von einer eingehenden Prüfung dahingehend auszugehen, dass dieser Rest die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit erfüllt. Der Teil der Charge der an die „… …“ nach Finnland vertrieben wurde, stellt gerade einmal knapp 3% der Gesamtcharge dar. Soweit für die Kammer ersichtlich, sind bislang keine umfangreichen weiteren Beprobungen gerade am Rest der Charge vorgenommen worden und es dabei durchgängig zu negativen Ergebnissen im Hinblick auf die Kontamination mit Salmonellen gekommen. Allein, dass es nach Kenntnis der Antragstellerin offenbar noch nicht zu Reklamationen oder Beschwerden gekommen ist, vermag diese Annahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu begründen. Gleiches gilt für das negative Analyseergebnis der aus dem verbleibenden Warenbestand gezogenen Probe, da insoweit nicht erkennbar ist in welchem zahlenmäßigen Verhältnis dieser zu der restlichen Charge steht.
Der Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang zudem nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der Art und Weise wie sich Salmonellen verbreiten können, eine „Freiprobung“ bereits positiv getesteter Ware aus fachlicher Sicht nicht in Betracht komme. Das Gericht hat gerade im vorliegenden Eilverfahren keine durchgreifenden Zweifel an der fachlichen Einschätzung der Regierung von Oberbayern, welcher als zentrale Stelle zur Futtermittelüberwachung in Bayern die entsprechende Sachkunde ohne weiteres zuzubilligen ist, zumal die Antragstellerin gerade dieser Einschätzung nicht substantiiert entgegengetreten ist. Vor diesem Hintergrund erscheint die Schlussfolgerung des Antragsgegners schlüssig, dass die bisherigen negativen Testergebnisse bezogen auf die Gesamtmenge der Charge keine repräsentative Aussage zulassen. Zudem dürften die Darlegungsanforderungen für die Glaubhaftmachung einer Widerlegung der Chargenvermutung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes trotz der unverändert geltenden Pflicht zur gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung aufgrund des eigenen Begehrens der Antragstellerin nach beschleunigtem Rechtsschutz erhöht sein.
Ebenso wenig zu beanstanden ist bei summarischer Prüfung die Annahme des Antragsgegners, von der Kontamination mit Salmonellen gehe eine Gesundheitsgefährdung für Tiere und mittelbar auch für den Menschen aus. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin zitierten RKI-Ratgebers zur Salmonellose.
Werden Salmonellen in Futtermitteln nachgewiesen, erfüllen diese nicht die Anforderungen an die Futtermittelsicherheit, unabhängig von der Konzentration, mit der die Salmonellen in den Futtermitteln vorkommen (Boch in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: 176. EL März 2020, EG-Lebensmittel-Basisverordnung Art. 15 Rn. 12c). Im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen ist von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 jede negative Beeinträchtigung erfasst, nicht allein eine Krankheit im medizinischen Sinn, sondern auch jedes Hervorrufen einer vorübergehenden auch nur geringfügigen Beeinträchtigung der Gesundheit. Eine tatsächliche Schädigung der Gesundheit ist im Einzelfall nicht erforderlich, jedoch muss das Futtermittel bestimmte feststellbare Eigenschaften aufweisen, die eine Gesundheitsschädigung verursachen können. Art. 15 Abs. 2 1. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist soweit er die Gesundheit des Menschen betrifft ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. zu alledem: Boch, a.a.O., Rn. 12a).
Wenn der Antragsgegner vorliegend davon ausgeht, dass eine Infektion mit Salmonellen durch den Menschen über das Tier möglich ist, mit Heimtieren üblicherweise ein besonders enger Kontakt besteht und ggf. auch eine Infektion durch Rückstände des Futters nach Füttern aus der Hand („Leckerli“) erfolgen kann, erscheint die Annahme einer möglichen Gesundheitsgefahr für den Menschen auch vor dem Hintergrund der Stellungnahme des RKI und des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/hygiene/bakterien/salmonellen/salmonellen_hintergrund.htm), dass bei Personen mit entsprechender Disposition auch eine bei einer geringen Infektionsdosis eine Infektion mit Salmonellen auftreten kann, jedenfalls nicht von vorneherein als unvertretbar.
Grundsätzlich kommt der zuständigen Behörde nach § 39 Abs. 2 LFGB bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen lediglich ein Auswahlermessen in Bezug darauf, welche der möglichen Maßnahmen zu treffen ist, zu (BayVGH, B.v. 17.1.2011 – 9 ZB 09.2654 – juris Rn. 9). Ermessensfehler oder Gründe für die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit der getroffenen Anordnung diesbezüglich vermag das Gericht bei summarischer Prüfung, insbesondere vor dem Hintergrund der in Rede stehenden möglichen Gesundheitsgefährdung von Tier und Mensch, nicht zu erkennen. Die von der Antragstellerin vorgebrachte Möglichkeit einer umfangreichen Beprobung oder amtlichen Probeentnahme stellt zwar ein milderes, jedoch kein gleich wirksames Mittel zu dem angeordneten Rückruf dar. Denn bei einer bloßen weiteren ggf. zwar umfangreicheren Entnahme von Proben würde das Produkt auf dem Markt verbleiben und unter Umständen weiter verfüttert, weshalb die Gefahr einer Gesundheitsgefährdung weiterbestünde.
Nach alledem ist der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 3. Dezember 2020 bei summarischer Prüfung in Bezug auf die Nr. 1 voraussichtlich als rechtmäßig anzusehen.
c.) Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs, selbst wenn man die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage trotz obiger Ausführungen als offen ansehen wollte. Denn die sofortige Vollziehung des im streitgegenständlichen Bescheid angeordneten Rückrufs der in Rede stehenden Charge ist im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Sicherstellung der Futtermittelsicherheit und des Verbraucherschutzes geboten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende wirtschaftliche Nachteil, den die getroffene Anordnung der Antragstellerin als Futtermittelunternehmerin auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse, auch wenn die wirtschaftlichen Nachteile durchaus beträchtlich sind, was das Gericht nicht verkennt. Das öffentliche Interesse am Vollzug der Anordnung überwiegt unter Berücksichtigung der Gesundheit von Mensch (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und Tier (Art. 20a GG) vorliegend das private, sich insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG ergebende Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Aussetzung.
Zu berücksichtigen ist dabei jedoch auch, dass die betreffende Charge eine Mindesthaltbarkeit bis zum 14. April 2022 aufweist, weshalb die Ware auch bei einem Rückruf zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig ihren Wert verliert, da sie etwa aufgrund ihrer schnellen Verderblichkeit zukünftig auch dann nicht mehr vertrieben werden könnte, wenn sich beispielsweise im Hauptsacheverfahren oder durch sonstige substantiierte Untersuchungen des Restes der am 21. Oktober 2020 produzierten Charge, die Chargenvermutung aus Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 als widerlegt herausstellen sollte.
Nach alledem war der Antrag vollumfänglich abzulehnen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs. Die Antragstellerin hat die sich für sie ergebende Bedeutung der Streitsache und wirtschaftlichen Auswirkungen in der Antragsschrift mit 375.000,00 EUR beziffert. Dieser Wert war für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren und damit in Höhe von 187.500,00 EUR festzusetzen.


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