Europarecht

Bauliche Mindestanforderungen für stationäre Einrichtungen für pflegebedürftige Volljährige verfassungsgemäß

Aktenzeichen  Vf. 16-VII-16

Datum:
5.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2019, 13
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 55 Nr 2 S. 3, Art. 101, Art. 103 Abs. 1
AVPfleWoq § 2 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 2, § 4 Abs. 2, § 50 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Veröffentlichung von DIN-Normen. (Rn. 27 – 32)
2. Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4 Abs. 2 und 3 Satz 1 AVPfleWoqG enthaltenen Regelungen über bauliche Mindestanforderungen für Räume in stationären Einrichtungen für pflegebedürftige Volljährige sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. (Rn. 23 – 47)

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand der Popularklage sind § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) vom 27. Juli 2011 (GVBl S. 346, BayRS 2170-5-1-G), die zuletzt durch § 2 der Verordnung vom 14. Oktober 2014 (GVBl S. 450) geändert worden ist.
1. Die Bayerische Staatsregierung hat aufgrund des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl S. 346, BayRS 2170-5-1-G), das zuletzt durch § 1 Nr. 198 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) geändert worden ist, Regelungen über bauliche Mindestanforderungen für Räume in stationären Einrichtungen für pflegebedürftige Volljährige erlassen (§§ 1 bis 10 AVPfleWoqG). Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG lautet wie folgt:
„2 Art. 25 Rechtsverordnung
(1) Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Durchführung dieses Gesetzes Regelungen zu erlassen
1. für die Räume in stationären Einrichtungen, insbesondere die Wohn-und Aufenthaltsräume sowie Verkehrsflächen, sanitären Anlagen und die technischen Einrichtungen in stationären Einrichtungen,
2. Die mit der Popularklage angegriffenen Vorschriften der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes haben folgenden Wortlaut:
§ 2 Bauliche Grundanforderungen
(1) 1Stationäre Einrichtungen und ihre Anlagen müssen entsprechend der DIN 18040-2, Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen, Ausgabe 2011 barrierefrei erreicht und genutzt werden können.
§ 4 Wohnplätze
(2) 1Der Wohn Platz für eine Person muss mindestens einen Wohn-Schlaf-Raum mit einer Wohnfläche von 14 m2, der Wohn Platz für zwei Personen mindestens einen Wohn-Schlaf-Raum mit einer Wohnfläche von 20 m2 umfassen. 2Hierbei nicht enthalten ist ein zugehöriger Sanitärraum sowie ein etwaiger Vorraum, auch wenn er nicht baulich abgetrennt ist.
(3) 1In den stationären Einrichtungen muss ein angemessener Anteil der Wohnplätze als Einzelwohnplätze ausgestaltet sein. 2Wohnplätze für mehr als zwei Personen sind unzulässig.“
Die Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes ist am 1. September 2011 in Kraft getreten (§ 98 Abs. 1 AVPfleWoqG). Sie enthält hinsichtlich der Fristen, innerhalb derer stationäre Einrichtungen, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits in Betrieb waren, die baulichen Mindestanforderungen erfüllen müssen, folgende Regelung:
㤠10 Frist zur Angleichung
(1) 1Für stationäre Einrichtungen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung in Betrieb sind oder für die eine Baugenehmigung beantragt ist und die die Mindestanforderungen der § 1 Abs. 2 und §§ 2 bis 9 nicht erfüllen, gilt eine Angleichungsfrist von fünf Jahren. 2Die zuständige Behörde kann auf Antrag längere angemessene Fristen zur Angleichung an die einzelnen Anforderungen einräumen. 3Der Antrag kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist eingereicht werden. 4Die Frist für die Angleichung nach Satz 2 endet bei grundlegenden Modernisierungsmaßnahmen, spätestens jedoch 25 Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.“
Hinsichtlich möglicher Befreiungen und Abweichungen von den baulichen Mindestanforderungen sieht die Verordnung folgende Regelung vor:
§ 50 Befreiungen und Abweichungen von baulichen Mindestanforderungen
(1) 1Ist dem Träger einer stationären Einrichtung die Erfüllung der in §§ 1 bis 9 genannten Mindestanforderungen im Gebäudebestand technisch oder aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, kann die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers ganz oder teilweise von der Verpflichtung befreien, wenn die Befreiung mit den Interessen und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner vereinbar ist. 2Der Träger ist bis zur Entscheidung über den Antrag für die beantragten Tatbestände von der Verpflichtung zur Angleichung vorläufig befreit.
(2) Abweichungen von den Vorgaben nach § 4 Abs. 2, § 6 Abs. 1 und 2 und § 8 Abs. 1 sind im Einzelfall mit Zustimmung der zuständigen Behörde und in Übereinstimmung mit dem verfolgten fachlichen Konzept zulässig.
(3) 1In stationären Hospizen sind bei der Anwendung der §§ 1 bis 9 der Zweck der Einrichtung und die besonderen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner zu berücksichtigen. 2Von den Anforderungen kann insoweit mit Zustimmung der zuständigen Behörde abgewichen werden.
(4) 1In stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind bei der Anwendung der §§ 1 bis 9 die besonderen Bedürfnisse zu berücksich
(1) tigen, die sich aus der Art und der Schwere der Behinderung ergeben. 2Von den Anforderungen kann daher in begründeten Einzelfällen entsprechend dem verfolgten fachlichen Konzept und mit Zustimmung der zuständigen Behörde abgewichen werden.
II.
1. Die Antragstellerin betreibt ein Altenpflegeheim. Sie macht geltend, um die baulichen Mindestanforderungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG zu erfüllen, müsste sie 1,1 Mio. € in Baumaßnahmen investieren. Zusammen mit den Anforderungen gemäß § 4 Abs. 2 und 3 AVPfleWoqG werde ihr hierdurch ein wirtschaftlicher Betrieb des Altenpflegeheims unmöglich gemacht. Dies verletze ihre Grundrechte als Trägerin des Altenpflegeheims. Sie behauptet insoweit folgende Verstöße:
a) Die angegriffenen Vorschriften seien nicht auf der Grundlage einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung erlassen worden. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung würden in Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG nur vage bestimmt. Es sei ferner unzulässig, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG auf die DIN 18040-2, Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen, Ausgabe 2011 verweise. Um die baulichen Grundanforderungen nachvollziehen zu können, müsse der Normanwender erst die DIN 18040-2 beim Beuth-Verlag in Berlin anfordern. Es werde somit durch formell verfassungswidrige Vorschriften in geschützte Rechtspositionen der Betreiber von Pflegeeinrichtungen eingegriffen.
b) Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV) und die Berufsfreiheit (Art. 101 BV) der Träger von Pflegeheimen seien verletzt, weil durch die beanstandeten Vorschriften der Bestandsschutz für bereits lange Zeit vor Inkrafttreten der Verordnung betriebene Einrichtungen faktisch aufgehoben werde. Hierdurch werde in die Substanz der eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe eingegriffen. Die Einnahmen der von der Antragstellerin betriebenen Einrichtung reichten nicht aus, um bauliche Maßnahmen in dem durch § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4 Abs. 2 und 3 AVPfleWoqG vorgegebenen Umfang zu finanzieren. Ihr werde daher die Möglichkeit genommen, das Altenpflegeheim wirtschaftlich zu führen. Die Möglichkeit von Befreiungen und Abweichungen gemäß § 50 AVPfleWoqG ändere nichts an dem gerügten Verfassungsverstoß. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege habe die Fachstellen für Qualitätssicherung und Aufsicht angewiesen, in der Region Oberfranken Befreiungsanträge abzuweisen, die auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit gestützt seien.
Die vorgeschriebenen Mindestanforderungen seien außerdem unverhältnismäßig. Sie verfolgten mit der Verbesserung der Wohnqualität Pflegebedürftiger zwar einen legitimen Zweck, könnten jedoch nicht als geeignetes Mittel zur Erreichung dieses Ziels angesehen werden. Die Vorgaben der DIN 18040-2, die künftig gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG einzuhalten seien, entsprächen nur bedingt den in Pflegeheimen bestehenden Anforderungen. Sie seien zudem nicht auf demente Menschen abgestimmt. Die Wohnflächenanforderungen nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG ließen unberücksichtigt, dass manche Bewohner lieber in einem etwas kleineren kostengünstigen Einzelzimmer wohnten als in einem Doppelzimmer. Bei bettlägerigen Bewohnern komme es auf die Größe des Raums überhaupt nicht an. Die Einzelzimmerquote nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AVPfleWoqG lasse unberücksichtigt, dass manche Pflegebedürftige aus Sicherheitsgründen lieber ein Doppelzimmer wählten.
2. Die Antragstellerin macht ferner Verstöße gegen die Grundrechte von Pflegeheimbewohnern geltend:
a) Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV) von Heimbewohnern und Heimplatzbewerbern sei verletzt. Die angegriffenen Vorschriften würden für die Bewohner von Altenpflegeheimen zu unzumutbaren Belastungen durch Umbaumaßnahmen oder schlimmstenfalls sogar zum Verlust des Pflegeplatzes führen. Das Vertrauen der Wohnplatzbewerber, die sich darauf eingestellt hätten, in Zukunft in der Einrichtung der Antragstellerin unterzukommen, werde enttäuscht.
b) Das Grundrecht der Bewohner von Altenpflegeheimen auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV) sei verletzt, weil ihnen aufgrund der Wohnflächenanforderungen nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG der Aufenthalt in kleineren Einzel- und Doppelzimmern der Einrichtung dauerhaft und anlassübergreifend verwehrt werde.
c) Gegen das Grundrecht der Heimbewohner auf persönliche und wirtschaftliche Dispostionsfreiheit gemäß Art. 101 BV werde verstoßen, weil ihnen ein Umzug in ein größeres teureres Zimmer zugemutet werde, wenn das bisher bewohnte Zimmer den Wohnflächenanforderungen nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG nicht genüge.
3. § 4 AVPfleWoqG sei mit dem Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) unvereinbar, weil die Vorschrift nicht zwischen Einrichtungen der stationären Altenhilfe und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung differenziere. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass Personen je nach Alter und Allgemeinzustand unterschiedliche Maßnahmen der Prävention, der Rehabilitation, der ambulanten, später teilstationären und schließlich vollstationären Pflege benötigten. Der Flächenansatz gemäß § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG differenziere weder nach dem jeweiligen Pflegegrad noch nach dem jeweiligen behinderungsbzw. altersbedingten Bedarf der Bewohner.
4. Ferner werden in der Popularklage Art. 99, 100 und 106 Abs. 3 BV als verletzte Grundrechte genannt.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle an einer ausreichenden Substanziierung der erhobenen Grundrechtsrügen. Verstöße gegen die angeführten Verfassungsbestimmungen lägen nicht vor, vielmehr seien die angegriffenen baulichen Anforderungen für den Schutz und für die Wahrung der Menschenwürde der Bewohner von Pflegeheimen erforderlich. Zudem übersehe die Antragstellerin, dass für die Umsetzung der Mo dernisierungsmaßnahmen eine Frist von bis zu 25 Jahren ausgeschöpft werden könne und dass für Bestandsbauten Befreiungen gemäß § 50 AVPfleWoqG erteilt werden könnten.
2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage mangels einer ausreichend substanziierten Grundrechtsrüge für unzulässig. Davon unabhängig sei sie jedenfalls unbegründet, insbesondere liege kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 BV vor. Mit der Vorgabe baulicher Mindestanforderungen verfolge der Verordnungsgeber das Ziel, Bewohner von Pflegeeinrichtungen zu schützen und ihnen eine möglichst weitgehende Partizipation am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Hierdurch werde der Verfassungsauftrag des Art. 118 a Satz 2 BV ausgestaltet. Unverhältnismäßige Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht seien durch die Möglichkeit der Befreiung und Abweichung von den baulichen Anforderungen nach § 50 AVPfleWoqG ausgeschlossen. Ferner liege es im pflichtgemäßen Ermessen der Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, gemäß § 10 Abs. 1 AVPfleWoqG einer Verlängerung der Angleichungsfrist zuzustimmen. Eine von der Antragstellerin behauptete pauschale Weisung, auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit gestützte Befreiungsanträge in der Region Oberfranken abzulehnen, gebe es nicht.
IV.
Die Popularklage ist zulässig, soweit sie sich gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4 Abs. 2 und 3 Satz 1 AVPfleWoqG richtet.
1. Die Popularklage ist dahin auszulegen, dass als Antragstellerin die Communität Christusbruderschaft Selbitz auftritt, die das Altenpflegeheim betreibt. Diese ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 7. April 2011 Az. I.4-5 K 5267-5b.13 870) und als solche im Popularklageverfahren antragsberechtigt (VerfGH vom 15.2.1974 VerfGHE 27, 14/20; vom 2.3.2001 VerfGHE 54, 1/5). Die Antragstellerin ist von der Vorgabe baulicher Mindestanforderungen in gleicher Weise betroffen wie jeder private Träger einer Pflegeeinrichtung. Aus ihrer Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts ergeben sich insoweit keine Besonderheiten.
2. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob mit der Popularklage auch § 4 Abs. 3 Satz 2 AVPfleWoqG angegriffen werden soll, der regelt, dass Wohnplätze für mehr als zwei Personen nicht mehr zulässig sind. Jedenfalls fehlt es an einer Darlegung, inwiefern aus Sicht der Antragstellerin gegen diese Vorschrift Einwände oder gar verfassungsrechtliche Bedenken bestehen könnten. Die Popularklage ist insoweit unzulässig.
3. Im Übrigen erhebt die Antragstellerin u. a. Einwände gegen die formelle Verfassungsmäßigkeit der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitäts-gesetzes und macht damit geltend, den Trägern von Pflegeeinrichtungen würden durch formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommene Bestimmungen in verfassungswidriger Weise Belastungen auferlegt. Zugunsten der Antragstellerin kann unterstellt werden, dass sie hierdurch eine Verletzung der betroffenen Träger von Pflegeheimen in ihren Grundrechten aus Art. 101 und 103 Abs. 1 BV rügen will. Die Frage, ob eine Grundrechtsrüge gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG in zulässiger Weise auf formale Aspekte gestützt werden kann (vgl. VerfGH vom 19.4.1985 VerfGHE 38, 43/45 ff.; vom 31.1.1989 VerfGHE 42, 1/7; vom 9.8.2011 VerfGHE 64, 136/142), bedarf hier keiner Vertiefung. Denn die Antragstellerin bringt mit noch hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, inwiefern aus ihrer Sicht § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie § 4 Abs. 2 und 3 Satz 1 AVPfleWoqG auch wegen des materiellen Normgehalts gegen Art. 101, 103 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen.
V.
Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Popularklage unbegründet.
1. Die Grundrechte der Träger von Pflegeeinrichtungen werden durch die angegriffenen Vorschriften nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt.
a) Eine Verletzung der Grundrechte der Träger von Pflegeeinrichtungen aus Art. 101 und 103 Abs. 1 BV im Hinblick auf die von der Antragstellerin gegen die formelle Verfassungsmäßigkeit der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes erhobenen Einwände liegt nicht vor.
aa) Die angegriffenen Vorschriften beruhen auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung.
Bei der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes handelt es sich um eine auf der Grundlage des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG erlassene Rechtsverordnung im Sinn des Art. 55 Nr. 2 Satz 3 BV. Die Antragstellerin rügt insoweit, Inhalt, Zweck und Ausmaß einer möglichen Verordnung seien in der Ermächtigung des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG zum Erlass von Regelungen für die Räume in stationären Einrichtungen, insbesondere die Wohn- und Aufenthaltsräume sowie Verkehrsflächen, sanitären Anlagen und die technischen Einrichtungen in stationären Einrichtungen „allenfalls vage“ bestimmt. Hieraus lässt sich ein Verfassungsverstoß jedoch schon deshalb nicht ableiten, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs die ermächtigende Norm nicht isoliert zu betrachten ist. Die Bestimmtheit der Ermächtigung kann sich vielmehr aus einer Gesamtsicht des jeweiligen Gesetzes sowie einschlägiger allgemeiner Rechtsgrundsätze ergeben (vgl. VerfGH vom 20.11.2003 VerfGHE 56, 198/203; vom 28.5.2009 VerfGHE 62, 79/99; vom 12.7.2013 VerfGHE 66, 125/136). Dies ist hier der Fall. So ist beispielsweise der Zweck des Pflege- und Wohnqualitätsge-setz in Art. 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 PfleWoqG näher definiert. Aus diesen Vorschriften sowie dem Regelungsgefüge des Gesetzes insgesamt können Anhaltspunkte für die Auslegung der Ermächtigungsgrundlage des Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG nach Inhalt, Zweck und Ausmaß abgeleitet werden. Die angegriffenen Vorschriften beruhen damit auf einer den rechtstaatlichen Anforderungen genügenden Grundlage.
bb) Soweit die Antragstellerin vorbringt, der Normanwender müsse die von § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG in Bezug genommene DIN 18040-2 erst über den Beuth-Verlag anfordern, um die baulichen Grundanforderungen nachvollziehen zu können, beanstandet sie in der Sache, dass der Inhalt der DIN-Vorschrift nicht wie die Rechtsverordnung im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht wurde.
Sie kann sich insoweit zwar nicht unmittelbar auf Art. 76 Abs. 1 BV berufen, der lediglich für förmliche Gesetze eine Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt vorschreibt. Ihr Einwand ist jedoch vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) zu prüfen, das für alle Rechtsnormen mit Außenwirkung zwingend eine Form der Bekanntmachung voraussetzt, die den Betroffenen in zumutbarer Weise eine verlässliche Kenntnisnahme ermöglicht (Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 3 Rn. 32 m. w. N.; Meurers/Beye, DÖV 2018, 59/61 ff.). Das Rechtsstaatsprinzip gebietet dabei nicht, den Regelungsgehalt einer Norm, auf die Bezug genommen wird, stets vollständig in der jeweiligen Rechtsvorschrift wiederzugeben und im Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen. Vielmehr kann in einer Rechtsnorm auf andere Vorschriften verwiesen werden. Solche Verweisungen sind nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen, und der Normanwender ohne Zuhilfenahme spezieller Kenntnisse die in Bezug genommenen Regelungen und deren Inhalte aufgrund einer früheren Veröffentlichung mit hinreichender Sicherheit feststellen kann (vgl. BVerfG vom 21.9.2016 BVerfGE 143, 38 Rn. 42 m. w. N.).
Diesen Anforderungen wird § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG gerecht.
(1) Die Vorschrift verweist auf eine bestimmte Fassung der DIN 18040-2, nämlich diejenige vom September 2011, und trifft damit im Wege der statischen Verweisung eine inhaltlich eindeutige und hinreichend bestimmte Regelung (vgl. BVerfGE 143, 38 Rn. 43).
(2) Die betroffenen Normanwender können verlässlich und ohne Schwierigkeiten Kenntnis vom Inhalt der in Bezug genommenen DIN 18040-2 erlangen. Das Rechtsstaatsprinzip gibt keine festen Gebote oder Regeln für die Zugänglichma-chung von DIN-Normen vor. Es bedarf vielmehr der Konkretisierung nach den Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, welcher Adressatenkreis typischerweise von der Regelung betroffen ist (BVerwG vom 27.6.2013 BVerwGE 147, 100 Rn. 26; BayVGH vom 18.5.2017 NVwZ-RR 2017, 811 Rn. 39 ff.). Adressaten des angegriffenen § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG und der in Bezug genommenen DIN-Norm sind in erster Linie die für die Durchführung von Bau- und Umbaumaßnahmen eingeschalteten Fachleute. Dass dieser Adressatenkreis Schwierigkeiten haben könnte, Kenntnis vom Inhalt der in Bezug genommenen DIN-Norm zu nehmen, ist nicht ersichtlich. Die DIN 18040-2 ist eine vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayBO als „Technische Baubestimmung“ eingeführte technische Regel. Sowohl in der angegriffenen Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (siehe die Fußnote zu § 2 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG, GVBl 2011 S. 348) als auch in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 26. November 2014 über die Liste der als Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Regeln (AllMBl 2014 S. 537, 551 f.) wird auf die Möglichkeit hingewiesen, die DIN-Norm beim herausgebenden Verlag zu beziehen. Daneben ist die DIN 18040-2 auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr in vollem Wortlaut veröffentlicht und kann dort kostenfrei abgerufen werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Inhalt von DIN-Normen bundesweit bei 90 öffentlich zugänglichen Stellen (im Fall der Antragstellerin zum Beispiel bei der Hochschule Coburg, Hochschulbibliothek) einzusehen (vgl. Meurers/ Beye, DÖV 2018, 59/60). Da die DIN 18040-2 beim Deutschen Patent- und Markenamt archivmäßig gesichert niedergelegt ist, ist zudem gewährleistet, dass ihr Inhalt auch im Fall zukünftiger Änderungen in der in Bezug genommenen Fassung vom September 2011 recherchierbar bleibt.
Vor diesem Hintergrund durfte der Verordnungsgeber ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV davon ausgehen, dass der betroffene Adressatenkreis regelmäßig Kenntnis vom Inhalt der DIN 18040-2 hat oder jedenfalls in der Lage ist, sich diese ohne Schwierigkeiten zu verschaffen. Der Begründung der Popularklage ist im Übrigen zu entnehmen, dass der Antragstellerin selbst die in der DIN 18040-2 enthaltenen Regelungen bekannt sind.
b) Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV) der Träger von Pflegeeinrichtungen ist auch nicht in anderer Weise verletzt.
aa) Der sachliche Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfasst die Erhaltung und weitere Nutzung rechtmäßig bestehender Gebäude (vgl. VerfGH vom 19.10.1990 BayVBl 1991, 589; Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 103 Rn. 42). Die Antragstellerin kann sich daher im Grundsatz darauf berufen, das Eigentumsgrundrecht sei verletzt, weil ihr die Möglichkeit genommen werde, ein bisher unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen betriebenes Altenpflegeheim in Zukunft als eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb fortzuführen. Da durch die angegriffenen Vorschriften der Betrieb der Pflegeeinrichtung allerdings nicht per se untersagt wird, sondern die Antragstellerin lediglich eine wirtschaftliche Beeinträchtigung geltend macht, wäre eine Eigentumsverletzung insoweit nur anzunehmen, als der Betrieb von Altenpflegeheimen bei Einhaltung der baulichen Mindestanforderungen betriebswirtschaftlich unmöglich wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich. Die Antragstellerin stützt sich in ihrer Antragsbegründung auf prognostizierte Mindereinnahmen der Träger von Pflegeeinrichtungen infolge des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl I S. 2424), auf voraussichtliche Investitionskosten sowie auf die fehlende Möglichkeit, günstige Finanzierungskredite zu erhalten. Diese speziell auf die betriebliche Situation der Antragstellerin bezogenen Angaben reichen nicht aus, um eine grundsätzliche wirtschaftliche Unmöglichkeit der Fortführung von Pflegeheimen infolge der Einhaltung der baulichen Mindestanforderungen zu belegen. Die Antragstellerin setzt sich ferner nicht mit der Möglichkeit auseinander, für die Umsetzung der Vorgaben Verlängerungen der Angleichungsfrist nach § 10 Abs. 1 AVPfleWoqG in Anspruch zu nehmen, die sich auf einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung belaufen können. Außerdem geht sie nicht auf die in der Stellungnahme der Staatsregierung (dort S. 9) aufgezeigte Möglichkeit ein, als Trägerin einer stationären Pflegeeinrichtung ein zinsgünstiges Darlehen für Modernisierungen im Rahmen eines seit 2007 angebotenen, mit Staatsbürgschaften abgesicherten Darlehensprogramms in Anspruch zu nehmen.
Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Fortführung des Pflegeheims der Antragstellerin unter Einhaltung der baulichen Mindestanforderungen wirtschaftlich unmöglich wäre, ergäbe sich hieraus kein Verstoß der angegriffenen Vorschriften gegen das Eigentumsgrundrecht. Nach § 50 Abs. 1 AVPfleWoqG können Träger bestehender stationärer Einrichtungen von der Erfüllung der baulichen Mindestanforderungen ganz oder teilweise befreit werden, wenn ihnen die Einhaltung der Anforderungen aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Durch diese Befreiungsmöglichkeit wird vermieden, dass die beanstandeten Vorschriften in einer gegen Art. 103 Abs. 1 BV verstoßenden Weise in den Bestandsschutz bestehender Einrichtungen eingreifen. In Fällen, in denen die Umsetzung der baulichen Mindestanforderungen bei Bestandsbauten wirtschaftlich unzumutbare Beeinträchtigungen befürchten lässt, muss die zuständige Behörde gemäß § 50 Abs. 1 AVPfleWoqG in eine Einzelfallprüfung eintreten, die der Schutzgewährleistung des Art. 103 Abs. 1 BV Rechnung trägt. Die Verordnung zur Ausführung des Pflege-und Wohnqualitätsgesetzes wird damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bestandschutzes für bestehende Einrichtungen gerecht.
Mit ihrer Einwendung, die Befreiungsmöglichkeit nach § 50 Abs. 1 AVPfleWoqG werde in der Praxis nicht greifen, weil die zuständigen Behörden angewiesen seien, auf wirtschaftliche Gründe gestützte Befreiungsanträge zurückzuweisen, wird die Antragstellerin im Verfahren der Popularklage nicht gehört. Sie beanstandet insoweit nicht den Regelungsgehalt der angegriffenen Normen, sondern wendet sich gegen befürchtete Defizite bei deren Vollzug. Ein fehlerhafter Vollzug von Normen kann mit der Popularklage jedoch nicht angegriffen werden. Insoweit steht den davon Betroffenen der Rechtsweg zu den zuständigen Fachgerichten offen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.8.2011 VerfGHE 64, 136/143; vom 28.9.2012 VerfGHE 65, 182/186).
bb) Soweit die Antragstellerin geltend macht, die durch die angegriffenen Vorschriften vorgegebenen baulichen Mindestanforderungen seien ungeeignet, eine Verbesserung der Wohnqualität herbeizuführen, und verletzten damit eigentumsrechtlich geschützte Interessen der Träger von Pflegeheimen, sind keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der vorgeschriebenen Standards zu erkennen.
(1) Der Einwand, die Anwendung der DIN 18040-2, Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen, Ausgabe 2011 auf die baulichen Gegebenheiten eines Pflegeheims entspreche „nur bedingt den Anforderungen der Bewohnerinnen“, reicht nicht aus, um eine Ungeeignetheit der Vorgaben der DIN 18040-2 als bauliche Mindestanforderungen für Einrichtungen der Altenpflege zu begründen. Eine fehlende Eignung ist im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit nur anzunehmen, wenn eine Maßnahme von vornherein und erkennbar schlechthin untauglich ist, um den mit der Regelung verfolgten Zweck zu erreichen (VerfGH vom 28.3.2003 VerfGHE 56, 28/47). Hierfür ist nichts ersichtlich. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass Wohnräume, die den Anforderungen der DIN 18040-2 entsprechen, für die Wohnzwecke dementer Personen untauglich sein könnten.
(2) Der Einwand, die Wohnflächenanforderungen nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG ließen unberücksichtigt, dass manche Bewohner lieber in einem etwas kleineren kostengünstigeren Einzelzimmer wohnten als in einem Doppelzimmer, greift schon deshalb nicht durch, weil § 50 Abs. 2 AVPfleWoqG insoweit eine Abweichungsmöglichkeit in begründeten Einzelfällen vorsieht. Die Behauptung, bei bettlägerigen Bewohnern komme es auf die Größe des Raums überhaupt nicht an, trifft nicht zu. Die Vorgabe einer Mindestfläche für Wohnplätze dient nicht lediglich dazu, gehfähigen Bewohnern Raum für einige Schritte in ihrem Zimmer zu gewähr 37 leisten. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass der Wohn Platz genügend Raum für ausreichende Belüftung, den Empfang von Besuchen sowie die Aufbewahrung einiger persönlicher Gegenstände gibt und einen Aufenthalt ohne das Gefühl der Beengtheit ermöglicht. Vor diesem Hintergrund ist die Vorgabe einer Mindestwohnfläche für bettlägerige Personen mindestens ebenso bedeutsam wie für gehfähige Personen.
(3) Der Einwand, die Einzelzimmerquote nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AVPfleWoqG lasse unberücksichtigt, dass manche Bewohner lieber ein Doppelzimmer wählen, ist unbehelflich, weil § 4 Abs. 3 Satz 1 AVPfleWoqG keine feste Einzelzimmerquote vorgibt. Wohnplätze für zwei Personen sind nach der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes weiterhin zulässig. Dem Wunsch, einen Wohnraum gemeinsam mit einer anderen Person zu bewohnen, kann somit Rechnung getragen werden.
c) Ebenso wenig kommt eine Verletzung des Art. 101 BV unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit der Träger stationärer Einrichtungen in Betracht. Die Vorgabe baulicher Mindeststandards für Pflegeheime stellt ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen dar; auf die Ausführungen oben unter b) wird Bezug genommen.
2. Die Grundrechte aktueller oder künftiger Bewohner des Pflegeheims der Antragstellerin werden durch die angegriffenen Vorschriften nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt.
a) Ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV) aktueller oder künftiger Bewohner des Pflegeheims der Antragstellerin liegt nicht vor. Weder die Hoffnung von Wohnplatzbewerbern, später einmal dort leben zu können, noch die Erwartung derzeitiger Bewohner, während des Aufenthalts von Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen verschont zu bleiben, fällt in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 BV.
b) Der Schutzbereich des Grundrechts auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 BV) der Bewohner von Pflegeeinrichtungen ist offensichtlich nicht betroffen. Die angegriffenen Vorschriften beinhalten keine Aufenthalts- oder Niederlassungsverbote, sondern geben bauliche Mindestanforderungen für Wohnplätze vor. Dass bestimmte Räume wegen Nichteinhaltung der baulichen Anforderungen für eine Nutzung als Wohn-Schlaf-Raum in einem Pflegeheim nicht zugelassen sind, stellt keinen Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit dar.
c) Ein Eingriff in das Grundrecht der Bewohner aus Art. 101 BV liegt nicht vor. Nach den Ausführungen in der Popularklage ist nicht zu erkennen, dass Pflegeheimbewohner, die bereits bei Inkrafttreten der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes in einem bestimmten Wohn-Schlaf-Raum einer stationären Einrichtung lebten, aufgrund des § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG zu einem Umzug in einen anderen, insbesondere teureren Wohn-Schlaf-Raum gezwungen werden. Die in § 10 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG vorgesehene Frist von fünf Jahren dürfte nach dem Vortrag der Antragstellerin in den allermeisten Fällen ausgereicht haben, um eine Angleichung durchzuführen, ohne dass Umzüge gegen den Willen der Bewohner erforderlich werden. Soweit die fünfjährige Angleichungsfrist in Einzelfällen zu kurz bemessen gewesen sein sollte, sieht die Verordnung Fristverlängerungen vor (§ 10 Abs. 1 Satz 2 AVPfleWoqG). Darüber hinaus besteht gemäß § 50 Abs. 2 AVPfleWoqG die Möglichkeit, Abweichungen von den Vorgaben nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG zuzulassen. Die Verordnung trägt damit den Interessen der Bewohner ausreichend Rechnung, die ein bei Inkrafttreten der Rechtsänderung von ihnen belegtes Zimmer, das den neuen baulichen Anforderungen nicht entspricht, weiter bewohnen wollen.
3. Für einen Verstoß der angegriffenen Vorschriften gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) ist nichts ersichtlich.
Der in der Popularklage erhobene Vorwurf, die Verordnung differenziere hinsichtlich der Anforderungen des § 4 AVPfleWoqG nicht zwischen Einrichtungen der stationären Altenhilfe und solchen für Menschen mit Behinderung, trifft nicht zu.
Die Antragstellerin verkennt, dass § 50 Abs. 4 AVPfleWoqG im Hinblick auf stationäre Einrichtungen für Menschen mit Behinderung besondere Abweichungsmöglichkeiten von den baulichen Anforderungen gemäß §§ 1 bis 9 AVPfleWoqG vorsieht. Davon unabhängig zeigt die Popularklage nicht auf, dass sich die Anforderungen, die an die Wohnfläche und Belegung von Wohnplätzen in Altenpflegeheimen zu stellen sind, grundlegend von den Anforderungen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung unterscheiden. Der Einwand, es werde nicht berücksichtigt, dass Pflege nicht nur in Form von vollstationärer Pflege, sondern – je nach Alter und Allgemeinzustand der Betroffenen – auch in Form von Maßnahmen der Prävention, der Rehabilitation, der ambulanten und teilstationären Pflege benötigt werde, greift nicht durch. Die angegriffenen Vorschriften betreffen bauliche Anforderungen an stationäre Einrichtungen und insbesondere darin befindliche Wohnplätze. Welche Auswirkungen sich für diese bereichsspezifische Regelung aufgrund gegebenenfalls anderweitig erforderlicher Maßnahmen der Prävention, der Rehabilitation oder der ambulanten Pflege ergeben sollen, erschließt sich nicht. Für eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte bestehen insoweit keine Anhaltspunkte. Der weitere Einwand, der Flächenansatz nach § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG differenziere weder nach dem jeweiligen Pflegegrad noch nach dem jeweiligen behinderungsbzw. altersbedingten Bedarf der Bewohner, zeigt ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auf. Die angegriffene Regelung beruht ersichtlich auf der Einschätzung des Normgebers, die in § 4 Abs. 2 AVPfleWoqG enthaltenen Flächenansätze seien unabhängig vom Pflegegrad und der konkreten gesundheitlichen Verfassung der betroffenen Bewohner regelmäßig als Mindeststandard einzuhalten, um deren Würde, Interessen und Bedürfnisse (Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 PfleWoqG) zu wahren. Dass dies aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden sein könnte, ist nicht ansatzweise erkennbar.
4. Soweit die Antragstellerin Art. 99 Abs. 1, Art. 100 und 106 Abs. 3 BV als verletzt bezeichnet, lässt die Popularklage nicht erkennen, worin insoweit ein Verfassungsverstoß liegen soll.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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