Europarecht

Benutzungspflicht der öffentlichen Wasserversorgungsanlage

Aktenzeichen  Au 7 K 18.370

Datum:
11.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 32370
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WAS § 7
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist insbesondere dann überschritten, wenn als Folge der beantragten Beschränkung der Benutzungspflicht die Trinkwasserversorgung in der betroffenen Gemeinde zu erträglichen Preisen nicht mehr möglich ist, wofür dem Träger der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung die Darlegungslast obliegt. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Rechtsfolge der fehlenden wirtschaftlichen Unzumutbarkeit  ist ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Beschränkungsantrag. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Februar 2018 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Beschränkung der Benutzungspflicht für die Viehtränke und Stallreinigung auf den Grundstücken Fl.Nr. … und, Gemarkung, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Das Begehren des Klägers ist nach Auslegung gemäß § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf erneute Entscheidung über eine Beschränkung und nicht eine teils in den Schriftsätzen zitierte Befreiung gerichtet. Zuletzt wurde diese nur noch für die beiden Nutzungszwecke Viehtränke und Stallreinigung, nicht mehr aber für die Melkanlage beantragt.
II.
Die zulässige Verpflichtungsklage in der Form der Versagungsgegenklage führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Ablehnung vom 14. Februar 2018 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten, denn er hat auf Grundlage der Wasserabgabensatzung des Beklagten Anspruch auf erneute Entscheidung über die von ihm begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht der Trinkwasserversorgung des Beklagten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der vorliegenden Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts.
1. Der Beklagte betreibt nach Maßgabe der Satzung des Marktes … für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung (Wasserabgabesatzung – WAS) vom 26. Juli 2011 eine Wasserversorgungseinrichtung als öffentliche Einrichtung. Gemäß § 4 WAS hat jeder Eigentümer eines von der Anlage erschlossenen Grundstücks das Recht, sein Grundstück an die Anlage anzuschließen und von ihr mit Wasser beliefert zu werden. Gemäß § 5 Abs. 1 WAS sind die zum Anschluss Berechtigten verpflichtet, die Grundstücke, auf denen Wasser verbraucht wird, an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung anzuschließen (Anschlusszwang). Ein Anschlusszwang besteht nicht, wenn der Anschluss rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Gemäß § 5 Abs. 2 WAS ist auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, der gesamte Bedarf an Wasser im Rahmen des Benutzungsrechts ausschließlich aus dieser Einrichtung zu decken (Benutzungszwang). Ausnahmen gelten für die Gartenbewässerung und Toilettenspülung.
Gemäß § 7 Abs. 1 WAS wird auf Antrag die Verpflichtung zur Benutzung auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und nicht andere Rechtsvorschriften oder Gründe der Volksgesundheit entgegenstehen.
2. Nach diesen Grundsätzen liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Beschränkung i.S.d. § 7 WAS vor.
a) Die vom Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid herangezogenen Gründe der Volksgesundheit (§ 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WAS) können nicht verfangen. Das zur Begründung der Ablehnung herangezogene Erfordernis der Trinkwasserqualität nach EU-Recht, dessen Einhaltung der Kläger nicht mit Prüfberichten o.Ä. nachgewiesen hat, gilt nur für die ursprünglich noch streitgegenständliche Melkanlage. Diese war jedoch vom einzig maßgeblichen, in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag vom Beschränkungsbegehren nicht (mehr) umfasst.
Soweit der ablehnende Bescheid vom 14. Februar 2018 indes auch bezüglich der beantragten Beschränkung für die Viehtränke auf Gründe der Volksgesundheit abstellt, ist dies zu Unrecht erfolgt. Insbesondere der Einwand des möglichen Entstehens von Keimen und anderen Verunreinigungen durch den privaten, noch zu errichtenden Brunnen des Klägers, ist unsubstantiiert und unbelegt. Das Landratsamt … hat am 25. August 2017 die Bohrung und Errichtung des Brunnens zugelassen. In Ziffer 6 des Bescheides hat es bestimmt, dass der Brunnen so auszuführen ist, dass zu keiner Zeit wassergefährdende Stoffe in das Grundwasser gelangen können. Der Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes, des Bayerischen Wassergesetzes und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen ist grundsätzlich Aufgabe des Staates gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG). Da das Landratsamt … gemäß Art. 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BayWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz die zuständige Behörde für den Vollzug des Wasserrechts ist, ist dieses auch zuständig für den Schutz des Grundwassers vor wassergefährdenden Stoffen. Der Beklagte kann die staatliche Aufgabe des Vollzugs des Wasserrechts nicht an sich ziehen, indem er eine Beschränkung des Benutzungszwangs mit dem pauschalen Verweis auf eine mögliche Gefährdung für das Grundwasser ablehnt. Dieser Vortrag konnte daher nicht die Ablehnung des Antrags aus Gründen der Volksgesundheit rechtfertigen.
b) Auch ein Entgegenstehen anderer Rechtsvorschriften ist nicht erkennbar, insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Nutzung eigenen Wassers für die Viehtränke und die Stallreinigung grundsätzlich ausscheidet (BayVGH, U.v. 28.1.1999 – 23 B 97.322 – juris). Vielmehr ist für die Viehtränke sowie die Stallreinigung keine Trinkwasserqualität nötig, sodass es insofern auf die Prüfung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, welche der Beklagte in seinem Bescheid sowie im Gerichtsverfahren bis zuletzt offengelassen und nicht vorgenommen hat, ankommt.
c) Im Rahmen der hier ausschließlich beantragten Beschränkung geht es folglich primär um die Zumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung d.h. die Allgemeinheit, dagegen nicht um die Zumutbarkeit für den Benutzungspflichtigen, die Tatbestandsvoraussetzung nur i.R.d. Befreiung nach § 6 WAS ist, welche hier indes nicht beantragt ist.
Nach der Rechtsprechung ist die Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit insbesondere dann überschritten, wenn als Folge der beantragten Beschränkung der Benutzungspflicht die Trinkwasserversorgung in der betroffenen Gemeinde zu erträglichen Preisen nicht mehr möglich ist, wofür dem Träger der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung die Darlegungslast obliegt. Dabei ist nicht nur das konkret zur Entscheidung stehende Beschränkungsverlangen mit seiner Auswirkung auf die Gebührenhöhe in den Blick zu nehmen, sondern neben den bereits früher positiv verbeschiedenen auch etwaige weitere anhängige Beschränkungsanträge, denen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen bloße Interessebekundungen, die noch nicht in schriftlich begründeten Anträgen zum Ausdruck gekommen sind (zum Ganzen: BayVGH, U.v. 3.4.2014 – 4 B 13.2455 – juris Rn. 21). Wirtschaftlich unzumutbar wird die Wasserversorgungsanlage, wenn die positive Verbescheidung aller nach obigen Maßstäben zu berücksichtigenden Teilbefreiungsanträge dazu führen würde, dass das Gebührenniveau, das sonst in vergleichbaren Lagen für den Wasserbezug gilt, unzumutbar überschritten wird. Insoweit kommt es auf die satzungsrechtlich festgelegte aktuelle Verbrauchsgebühr an. Von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit ist dabei auszugehen, wenn die örtliche Verbrauchsgebühr durch die Beschränkungen bzw. Teilbeschränkungen zu einem Gebührenanstieg um mehr als 50% führen würde oder aber, wenn die regionalen Vergleichswerte (Gebühren bei benachbarten Gemeinden) mehr als geringfügig überschritten werden. Nach dem bereits zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass, wenn der regionale Durchschnitt nur vergleichsweise geringfügig um bis zu 10% überschritten wird, eine Steigerung der örtlichen Verbrauchsgebühr gegenüber dem nivellierten Ausgangswert von maximal 40% als zumutbar erscheint. Liegt die nivellierte örtliche Verbrauchsgebühr nach der Erhöhung um bis zu 20% über dem regionalen Durchschnitt, kann dagegen nur ein Gebührensprung von 30%, bei einer Überschreitung des regionalen Durchschnitts um bis zu 30% ein Anstieg von 20% und bei einer Überschreitung von bis zu 40% eine Anhebung um höchstens 10% hingenommen werden. Liegt die nivellierte Vergleichsgebühr in der betreffenden Gemeinde schon bisher um mehr als 40% über dem regionalen Durchschnittswert, so kommt eine teilbeschränkungsbedingte weitere Anhebung nicht mehr in Frage (BayVGH, U.v. 3.4.2014, a.a.O., juris Rn. 35).
Für die Feststellung der regionalen Vergleichsgebühren kann auf die Veröffentlichung des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung zurückgegriffen werden. Die Berichte werden im Drei-Jahres-Turnus veröffentlicht; hier sind für sämtliche Landkreise und kreisfreien Städte nach den Einwohnerzahlen gewichtete Durchschnittsentgelte für die Trinkwasserversorgung aufgeführt (www..de/veröffentlichungen).
Nach diesen Grundsätzen ist die Erhöhung der Verbrauchsgebühr durch eine Beschränkung des Bedarfs des Klägers wirtschaftlich jedenfalls zumutbar. Maßgebend für die Prüfung des Verpflichtungsbegehrens sind, da es um eine Beschränkung des Benutzungszwangs für die Zukunft geht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren, insbesondere also die derzeit geltenden örtlichen und regionalen Gebührensätze, hingegen die für das letzte Abrechnungsjahr (d.h. 2018) ermittelten Wasserverbrauchsmengen (BayVGH, U.v. 3.4.2014, a.a.O., juris Rn. 20). Der Beklagte ist insoweit darlegungspflichtig, die fehlende Aufklärbarkeit geht zu seinen Lasten. Für die Behauptung, dass die Trinkwasserversorgung im Gebiet des Beklagten zu erträglichen Preisen nicht mehr möglich ist, hat er nicht hinreichend vorgetragen.
aa) Für die Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist zwar nicht nur das konkret zur Entscheidung stehende Beschränkungsverlangen mit seiner Auswirkung auf die Gebührenhöhe in den Blick zu nehmen, sondern neben den bereits früher positiv verbeschiedenen auch etwaige weitere anhängige Beschränkungsanträge, denen aus Gründen der Gleichbehandlung ebenfalls stattgegeben werden müsste. Nicht als mögliche „Berufungsfälle“ zu berücksichtigen sind dagegen bloße Interessebekundungen, die noch nicht in schriftlich begründeten Anträgen (vgl. § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 WAS) zum Ausdruck gekommen, sondern dem Einrichtungsträger nur auf anderem Wege bekannt geworden sind (BayVGH, U.v. 3.4.2014, a.a.O., juris Rn. 21).
(1) Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegt ausweislich der Angaben des Beklagten nur ein weiterer Beschränkungsantrag eines anderen Landwirts hinsichtlich eines Wasserverbrauchs von 2.621 m³ Wasser insgesamt vor, wobei die jeweilige Verteilung dieser Wassermenge auf denkbare unterschiedliche Verbrauchszwecke dem Gericht nicht bekannt ist, sodass dieser Wert bereits einen Maximalwert darstellt. Weitere Befreiungs- oder Beschränkungsanträge, die der Beklagte befürchtet hat, sind bis zuletzt nicht gestellt worden. Entsprechende Bedenken des Beklagten beziehen sich lediglich auf theoretisch denkbare weitere Anträge.
(2) Die von der Beklagtenvertreterin zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu den mit Sicherheit zu erwartenden Folgeanträgen ist zum einen nicht einschlägig und zum anderen ausdrücklich aufgegeben worden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte mit Urteil vom 10. August 1984 (BayVGH, U.v. 10.8.1984 – 23 B 82 A.2924 – BayVBl 1985, 152) entschieden, dass die Beschränkung der Benutzungspflicht auf einen bestimmten Verwendungszweck oder Teilbedarf dem Wasserversorgungsunternehmen auch dann wirtschaftlich nicht zumutbar ist, wenn es zwar den bei Stattgabe des Beschränkungsantrages entstehenden Ausfall an Verbrauchsgebühren durch eine allenfalls geringfügige Erhöhung der Gebühren auffangen könnte, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehbar ist, dass in naher Zukunft mit einer Vielzahl weiterer Beschränkungsanträge zu rechnen ist, denen bei Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls stattzugeben wäre, und der dann entstehende Gebührenausfall nur durch eine so erhebliche Anhebung der Gebühren ausgeglichen werden könnte, die den übrigen Benutzern der Wasserversorgungsanlage nicht mehr zumutbar wäre.
Diese Rechtsprechung ist indes auf den vorliegenden Fall schon nicht anwendbar, da vorliegend nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Folgeanträgen auszugehen war (wie die fehlende Antragshäufung in der Folgezeit dann auch bestätigt hat), da dem zitierten Fall eine Umfrage des Bayerischen Bauernverbandes zur beabsichtigten Antragstellung gerade in Bezug auf das Gebiet des Beklagten zugrunde lag.
Ferner hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits mit Urteil vom 26. April 2007 ausdrücklich festgestellt, dass er an dieser früheren Rechtsprechung nicht mehr festhält (BayVGH, U.v. 26.4.2007 – 4 B 05.576 – juris Rn. 28). Begründet hat er die Aufgabe dieser Rechtsprechung damit, dass ansonsten durch die vorbeugende Einbeziehung von ungewissen Wünschen und Absichten Dritter in die Entscheidung über einen tatsächlich gestellten Beschränkungsantrag das bundesrechtlich durch die §§ 3, 35 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) garantierte subjektiv-öffentliche Recht auf Beschränkung der Benutzungspflicht ausgehöhlt würde. § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS ermächtigt nicht dazu, bereits vor Erreichen der Unzumutbarkeitsschwelle gestellte und nach den derzeitigen Gegebenheiten „unbedenkliche“ Anträge wegen der Besorgnis von Berufungsfällen und deren Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Wasserversorgung abzulehnen. Die Befürchtung, nach der Stattgabe in nur einem einzigen (Bezugs-)Fall müsse späteren Folgeanträgen zwingend und ohne Rücksicht auf deren wirtschaftliche Auswirkungen entsprochen werden, ist unbegründet. Denn der Versorgungsträger ist nicht gehindert, die Entwicklung der Situation zunächst abzuwarten und erst den später gestellten Beschränkungsanträgen das tatsächliche – und nicht nur für die Zukunft prognostizierte – Überschreiten der Schwelle zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit entgegenzuhalten. Darin könnte selbst dann kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 118 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV) gesehen werden, wenn der abgelehnte Beschränkungsantrag aus derselben Verbrauchergruppe stammen sollte, für die bereits eine Beschränkung der Benutzungspflicht ausgesprochen worden ist, weil eine unterschiedliche Behandlung durch einen neu eingetretenen sachlichen Grund gerechtfertigt wäre (vgl. OVG RhPf, U.v. 30.5.1995 – 7 A 12843.94, DVBl 1996, 385/387).
bb) Die Tatsachen für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit bezüglich der beantragten Beschränkung für die Viehtränke und Stallreinigung hat der Beklagte weder in seinem Bescheid vom 14. Februar 2018 noch im Gerichtsverfahren trotz entsprechenden Hinweises dargelegt, sondern wegen der angenommenen Gründe der Volksgesundheit die Wirtschaftlichkeit bis zuletzt offengelassen. Dem Gericht wurden insbesondere keine Berechnung bzw. sämtliche hierfür erforderlichen Zahlen vorgelegt. Der Beklagte ist insoweit darlegungspflichtig, die fehlende Aufklärbarkeit geht zu seinen Lasten.
Der pauschale Hinweis auf den derzeit bereits in der Planung befindlichen Neubau einer Wasserversorgungseinrichtung verbunden mit der Aussage, dass eine abschließende Beurteilung der Zumutbarkeit der Beschränkung daher derzeit nicht möglich sei, hat auf die Entscheidung zum maßgeblichen aktuellen Zeitpunkt an dieser Stelle keine Auswirkung.
Ferner legt schon ein bloßer Vergleich der im Wege der Beschränkung (maximal) entfallenden Wassermenge für den Kläger und den anderen Landwirt i.H.v. ca. 5.600 m³ Wasser in Relation zum Gesamtwasserverbrauch im Gebiet des Beklagten i.H.v. 443.814 m³ im Jahr 2018 eine fehlende Unzumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung nahe. Eine Erhöhung der örtlichen Verbrauchsgebühr um mehr als 50% ist damit jedenfalls evident ausgeschlossen. Aus den vorgelegten Kalkulationsunterlagen geht ferner insbesondere nicht hervor, welche Summen im Jahr 2018 aus Grund- und Verbrauchsgebühren erlöst worden sind, was für eine regionale Vergleichsberechnung im Hinblick auf die vorzunehmende Nivellierung der örtlichen Verbrauchsgebühr wegen der im Vergleich zum Landkreisdurchschnitt deutlich erhöhten Grundgebühr aber notwendig wäre. Auf diesen Umstand ist der Beklagte auch mehrfach hingewiesen worden.
cc) An der Zumutbarkeit der Beschränkung ergeben sich auch ansonsten keine Zweifel. Dies gilt umso mehr, wenn man die relativ geringe finanzielle Mehrbelastung, die für den „Durchschnittsverbraucher“ bei einem angenommenen Jahreswasserverbrauch von etwa 46 Kubikmeter Wasser pro Jahr entsteht, mit der Belastung vergleicht, die dem Kläger durch die Benutzungspflicht hinsichtlich des landwirtschaftlichen Brauchwassers auferlegt wird (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2007 – 4 B 05.576 – juris Rn. 34).
dd) Das Ergebnis der nicht dargelegten Unzumutbarkeit entspricht darüber hinaus einer Interpretation des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS, die nicht nur an der ökologischen Staatszielbestimmung des Art. 20a GG und der Pflicht zum schonenden Umgang mit Grundwasser als natürlicher Ressource gemäß Art. 141 Abs. 1 Satz 3 BV, sondern auch am Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichtet ist (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2007 – 4 B 05.576 – juris Rn. 31).
3. Rechtsfolge ist ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Beschränkungsantrag. Nach der Rechtsprechung soll mit § 7 WAS das Allgemeininteresse an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung mit den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse zum Ausgleich gebracht werden. Da die von der Satzung ermöglichte Beschränkung des Benutzungszwangs eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, mit der im Einzelfall auftretende Härten abgemildert werden können, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS für die einzelnen Antragsteller bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen zwar grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf entsprechende Teilbeschränkung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BayVGH, U.v. 3.4.2014 – 4 B 13.2455 – juris m.w.N.). Einen Ermessensspielraum soll es demnach erst bei Überschreiten der Grenze zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit d.h. bei Erreichen der Kapazitätsgrenzen ergeben. Es soll der Kommune jedoch unbenommen bleiben, die Beschränkung der Benutzungspflicht wegen künftiger Folgeanträge mit einer in § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 WAS ausdrücklich zugelassenen Nebenbestimmung, insbesondere einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt, zu versehen (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.1997 – 23 B 94.2319), um sich für den Fall der Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze in der Zukunft Handlungsspielräume zur anderweitigen Verteilung der Beschränkungskapazitäten offen zu halten. Denn mit dem Überschreiten der Grenze zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit schwächt sich der Anspruch aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS – wie in anderen Fällen erschöpfter Kapazitäten etwa im Rahmen der Zulassung zu kommunalen Einrichtungen (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO) – zu einem subjektiv-öffentlichen Recht auf sachgerechte und fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens ab. Dann kann der Einrichtungsträger entweder nach dem Prioritätsprinzip vorgehen, Gruppen von Verbrauchszwecken bilden oder andere legitime Auswahlkriterien aufstellen (vgl. BayVGH, U.v. 26.4.2007 – 4 B 05.576 – juris Rn. 29).
Diese Rechtsprechung erkennt folglich zwar die grundsätzliche Möglichkeit der Erteilung der Beschränkung mit Nebenbestimmungen, nimmt indes nicht Stellung zu ihrer Umsetzung bei ausgesprochener Verpflichtung i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Sie hält noch keine Lösung bereit für Fälle wie den vorliegenden, in dem der Beklagte, der glaubhaft bereits jetzt eine neue Wasserversorgungsanlage plant, zukünftige Entwicklungen zulasten der öffentlichen Wasserversorgung wegen des absehbaren hohen Investitionsaufwands bereits jetzt zumindest absehen kann. Diesem Umstand im Interessenkonflikt zwischen einer möglichst umfassenden effizienten öffentlichen Wasserversorgung und einer verhältnismäßigen Belastung für den Einzelnen wird § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 WAS gerecht, der die Erteilung einer Beschränkung unter Befristungen, Bedingungen, Auflagen und Widerrufsvorbehalt ermöglicht und dem Anlagenbetreiber insofern einen Ermessensspielraum einräumt („kann“).
Der Kläger hat demnach grundsätzlich Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht des vom Beklagten gelieferten Trinkwassers hinsichtlich des Wasserbedarfs für die beiden Ställe nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS. Allerdings wurde zuletzt zu Recht nur ein Verbescheidungsantrag i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO gestellt, weil die Beschränkung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 WAS unter Befristungen, Bedingungen, Auflagen und Widerrufsvorbehalt erteilt werden kann. Insoweit steht dem Beklagten also ein Ermessensspielraum zu; ob und inwieweit er diesen ausfüllt, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Ein Urteilsausspruch, der den Beklagten verpflichtet hätte, die beantragte Beschränkung zu erteilen, hätte es ihm nach Auffassung der Kammer nicht erlaubt, von der Ermächtigung des § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 WAS Gebrauch zu machen. Der Beklagte hat diese Ermächtigung dagegen ausdrücklich für sich beansprucht, was vor dem Hintergrund der laufenden Planung für eine neue Wasserversorgungseinrichtung insbesondere auch nicht anlasslos ist. Eine rechtsmissbräuchliche künftige Ausübung des Widerrufvorbehalts kann den Kläger insofern nicht treffen, da der Beklagte der in § 3 AVBWasserV bundesrechtlich geregelten Pflicht, dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken, weiter verpflichtet bleibt. Bei einer Befristung, Bedingung und einem Widerrufsvorbehalt handelt es sich nach Auffassung der Kammer nicht um selbständig anfechtbare Verwaltungsakte, vielmehr sind solche Nebenbestimmungen untrennbar mit der Gewährung der Beschränkung verbunden, so dass sie modifizierende Auflagen bzw. Genehmigungsinhaltsbestimmungen darstellen. Es war daher neben der Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 VwGO lediglich die Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, über den Antrag des Klägers auf Beschränkung der Benutzungspflicht für die Zwecke der Viehtränke und Stallreinigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (vgl. zum Ganzen VG München, U.v. 20.1.2005 – M 10 K 04.3416 – juris Rn. 24).
III.
Als unterliegende Partei trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Var. 2, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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