Europarecht

Beobachtung eines AfD-Bezirksrats durch den Verfassungsschutz

Aktenzeichen  10 CE 19.2517

Datum:
28.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6723
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BVerfSchG § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c
BayVSG Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 6

 

Leitsatz

1. “Likes” für Facebook-Seiten sind bloße Sympathiekundgebungen für die Inhalte dieser Seiten. Dadurch wird nicht in irgendeiner Weise dazu aufgefordert, sich den Urhebern dieser Seiten anzuschließen oder für deren Ziele oder Meinungen einzutreten. (Rn. 24) (red. LS Axel Burghart)
2. Werden auf einer Facebook-Seite offen rechtsextremistische Ziele nicht verfolgt, können positive Kommentare anderer Nutzer zu einzelnen Bildern keine Anhaltspunkte für deren verfassungsfeindliche Bestrebungen darstellen. (Rn. 26) (red. LS Axel Burghart)
3. Eine weitere Beobachtung durch den Verfassungsschutz mit geringer Eingriffsintensität steht außer Verhältnis zum Zweck der Beobachtung, wenn sich in den letzten drei Jahren keine Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen mehr ergeben haben. (Rn. 28) (red. LS Axel Burghart)

Verfahrensgang

M 30 E 19.1368 2019-11-27 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2019. Mit diesem Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, es bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen, den Antragsteller durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten.
Der Antragsteller ist Mitglied des bayerischen Landesverbandes der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) und seit Oktober 2018 Mitglied des Bezirkstags Schwaben. Aufgrund einer schriftlichen Anfrage einer Abgeordneten des Bayerischen Landtags vom 6. November 2018 teilte das Bayerische Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration der Präsidentin des Bayerischen Landtags mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 mit, dass der Antragsteller vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet werde.
Auf eine Anfrage der Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bayerischen Landtag nach der Beobachtung von Bezirksräten der AfD durch den Verfassungsschutz teilte der Landtagsbeauftragte des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration mit der Bitte um vertraulichen Umgang aufgrund der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen mit, dass insgesamt sieben Personen, die für den Bezirkstag kandidiert hätten, darunter der Antragsteller, vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden.
Am 22. Februar 2019 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, es zu unterlassen, ihn durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten, hilfsweise, seine Beobachtung nicht erneut bekannt zu machen.
Mit dem streitgegenständlichen Beschluss erließ das Verwaltungsgericht München die beantragte einstweilige Anordnung. Zur Begründung führte es aus, dass keine tatsächlichen Anhaltspunkte für politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen des Antragstellers für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet sei, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, vorlägen, da es jedenfalls an einer nachdrücklichen Unterstützungshandlung mangele. Dies betreffe zum einen die mögliche weltanschauliche Nähe des Antragstellers zur sogenannten „Identitären Bewegung“, die er durch sein „like“ auf Facebook zum Ausdruck gebracht habe. Ob die „Identitäre Bewegung“ als eine rechtsextremistische Gruppierung einzustufen sei oder nicht, könne das Gericht offen lassen. Selbst wenn dem so wäre, gingen die beiden in den vorgelegten Behördenakten erfassten „likes“ für diese Organisation nicht über eine bloße Sympathiekundgebung hinaus und bewegten sich am untersten Rand dessen, was überhaupt als wahrnehmbare Unterstützungshandlung bezeichnet werden könne. Auch unter Berücksichtigung der Erwägung, dass Aktivitäten in sozialen Medien durch Mandatsträger möglicherweise größeres Gewicht und dadurch größere Wirkung entfalten könnten, ergebe sich hier nichts anderes, da der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Sympathiekundgebungen noch nicht Bezirksrat gewesen sei. Gleiches gelte in Bezug auf die Sympathiekundgebungen des Antragstellers hinsichtlich der Band „Pugilato NSHC“, den deutschsprachigen Sänger Lunikoff sowie sein „like“ in Bezug auf die „Facebook“-Seite „Für Familie, Volk und Heimat – Multi-Kulti und Islamisierung stoppen“ sowie für das sog. „TSN.tv“. Die auf der Facebook-Seite „Geschichte der Wehrmacht“ zu einzelnen Bildern abgegebenen kurzen Kommentare des Antragstellers erfüllten ebenfalls nicht die Anforderungen an eine nachdrückliche Unterstützungshandlung. Der Antragsteller habe schon nicht aktiv für diese Seite geworben. Im Übrigen sei auch hier fraglich, inwieweit es sich bei den Betreibern dieser „Facebook“-Seite um einen Personenzusammenschluss handle, der darauf gerichtet sei, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Dieselben Überlegungen würden für den Auftritt von „Waffen-SS-Historie“ gelten.
Schließlich gingen vom Antragsteller auch als Einzelperson keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen aus. Es sei schon nicht ersichtlich, welche Bestandteile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nach § 4 Abs. 2 BVerfSchG der Antragsteller beeinträchtigen, beseitigen oder außer Geltung setzen wolle. Jedenfalls lasse sich ein Hinarbeiten auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung nicht feststellen. Die vom Antragsgegner dem Gericht vorgelegten Erkenntnisse zeigten auch in Bezug auf eine augenscheinliche Wehrmachtsaffinität gerade kein finales Handeln im Sinne von Agitation, Vorbereitungshandlungen oder sonstiger zielgerichteter Aktivitäten. Es sei nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, die Gesinnung von möglicherweise politisch Andersdenkenden zu erfassen. Noch viel weniger gelte dies in Bezug auf momentane/flüchtige Äußerungen emotionaler Art in Bezug auf fremde „Facebook“- Inhalte. Der soweit ersichtlich einzige Beitrag des Antragstellers auf der Facebook Seite „Deutsches Volk; bewaffne dich mit Wissen“ in dem eine bekannte Politikerin verunglimpft wird, sei abstoßend, aber nicht von verfassungsschutzrechtlicher Relevanz und liege auch schon mehr als viereinhalb Jahre zurück. Unabhängig vom Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen auf Seiten des Antragstellers erweise die sich die Beobachtung auch wegen Unverhältnismäßigkeit als rechtswidrig. Die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Beobachtung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz sei von Sinn und Zweck her auf kommunale Mandatsträger übertragbar. Zudem habe der Antragsteller seinen „Facebook“-Auftritt mittlerweile gelöscht. Auch wenn dies aus rein taktischen Erwägungen erfolgt sein sollte, ließen sich aus den vorgelegten Erkenntnisquellen des Verfassungsschutzes keine Äußerungen des Antragstellers entnehmen, die jünger als 2016 seien.
Der Antragsgegner beantragt im Beschwerdeverfahren,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. November 2019 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Zur Begründung bringt er vor, das Verwaltungsgericht übersehe, dass einer Bestrebung zurechenbare tatsächliche Anhaltspunkte sich auch aus Verlinkung oder Bereitstellung von Informationen im Internet ergeben könnten, zumal wenn diese ohne eine entsprechende Distanzierung erfolgten. Zudem könnten sich Anhaltspunkte auch aus einer Nähe zu, Zusammenarbeit mit oder Unterstützung von Personen ergeben, die ihrerseits Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne der gesetzlichen Aufgabenstellung bieten. Gemessen an diesem umfassenden rechtlichen Maßstab lägen bei einer Gesamtschau ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne des Art. 3 BayVSG vor, die vorliegend die Beobachtung des Antragstellers durch das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz rechtfertigten. Die dafür maßgebliche Tatsachenbasis ergebe sich aus den in der Antragserwiderung vom 9. April 2019 bereits geschilderten Äußerungen des Antragstellers im sozialen Medium „Facebook“. Der Antragsteller nutze „Facebook“ durch „likes“, Kommentare und selbst gepostete Beiträge für die Verbreitung seiner eigenen rechtsextremistischen politischen Weltsicht. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die meisten der in Rede stehenden Äußerungen nicht auf dem zwischenzeitlich deaktivierten „Facebook“-Profil des Antragstellers gepostet worden seien, sondern in zahlreichen anderen „Facebook“-Profilen mit eindeutiger politischer Ausrichtung. So agieren die Betreiber der „Facebook“-Seite „Deutsches Volk; Bewaffne dich mit Wissen“ offen rechtsextremistisch. Die „Facebook“-Seite „Südtirol zu Österreich“ agiere gebietsrevisionistisch und damit politisch. Auf dem „Facebook“-Profil der aus Spanien stammenden Band „Pugilato“ habe der Antragsteller am 20. August 2016 ein Foto des deutschsprachigen rechtsextremistischen Sängers Lunikoff mit „gefällt mir“ markiert. Der Begriff „Pugilato“ bezeichne dabei ein Faustmesser. Die Abkürzung NSHC stehe für „National Socialist Hatecore“. Hatecore bezeichne in der Musikszene eine Stilrichtung, deren Texte in besonderer Weise von Hass und Aggression gekennzeichnet seien. „Pugilato“ besitze in der subkulturellen rechtsextremistischen Szene Kultstatus und trete regelmäßig bei rechtsextremistischen Veranstaltungen auf. Zum anderen sei das „Facebook“-Profil des Antragstellers überwiegend politisch orientiert gewesen, es sei daher nicht erkennbar privat ausgestaltet gewesen. Daneben fänden sich vielfach Agitationen gegen die Flüchtlingspolitik mit geposteten Beiträgen. Weiter von Bedeutung seien die „likes“ des Antragstellers für Darstellungen von über klar sichtbaren SS-Runen oder Totenkopfabzeichen eindeutig erkennbaren SS-Angehörigen und dessen „likes“ für die „Facebook“-Seiten  „Identitäre Bewegung“ und „Identitäre Bewegung Schwaben“. Eine positive Bezugnahme auf die NS-Zeit finde auch über die „likes“ des Antragstellers für heroische Darstellungen von Wehrmachtssoldaten auf der „Facebook“-Seite „Geschichte der Wehrmacht“ statt. Diese konkrete Art der extremistischen Betätigung des Antragstellers auf „Facebook“ in seinem Profil und in Profilen Dritter gehe in der Gesamtschau deutlich über eine bloße Meinungsäußerung hinaus. Sie ließen in einer Gesamtschau entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzweifelhaft eigene Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erkennen. Aus der Aktenvorlage ergebe sich, dass drei Schnittmengen (historisch, gegenwartsbezogen, kulturell) tatsächliche Anhaltspunkte dafür lieferten, dass es sich bei den für das politische Handeln des Antragstellers prägenden Zielen um solche handle, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sein. Der Antragsteller habe über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt relevante Beiträge mit NS-Bezug positiv und zustimmend kommentiert. Er drücke damit eine positive Bezugnahme auf die NS-Zeit aus, die damit als zentraler Referenzpunkt erkennbar werde, der prägend und zielgebend für sein politisches Handeln wirke. Soziale Medien und digitale Kommunikationsformate seien fester Bestandteil der extremistischen Propaganda- und Beeinflussungsstrategien, um die eigene Agitation zu streuen und neue Anhänger zu rekrutieren. Digitale Medien seien niedrigschwellig verfügbar und hätten eine enorme Reichweite. Extremisten versuchten auch, sich die Funktionslogik sozialer Medien zunutze zu machen. Diese extremistisch beeinflussten digitalen Teilöffentlichkeiten könnten schließlich Ausgangspunkt für sehr unterschiedliche Radikalisierungsverläufe und Extremistenprofile sein. Indem der Antragsteller rechtsextremistische Inhalte/Bezüge positiv kommentiere bzw. mit „likes“ versehen und auf der eigenen „Facebook“-Seite bzw. anderen rechtsextremistischen „Facebook“-Seiten selbst derartige Beiträge eingestellt habe, somit also im virtuellen Raum kommunikativ gehandelt habe, habe er nicht lediglich seine eigene rechtsextremistische politische Weltsicht zum Ausdruck gebracht, sondern diese beworben und sie durch ziel- und zweckgerichtetes Handeln aktiv weiterverbreitet. In der Gesamtschau präsentierte sich der Antragsteller auf „Facebook“ als politisch ziel- und zweckgerichtet handelnde Person, der in extremistischer Weise gegen das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip agiere. Der Antragsteller habe sich als AfD-Politiker zu erkennen gegeben. Nicht zuletzt in seiner Funktion als Bezirksrat für die AfD bestehe für ihn die Gelegenheit, über den virtuellen Raum hinaus politische Aktivitäten zu entfalten, die durch Zielsetzungen geprägt seien, die durch seine „Facebook“-Aktivitäten erkennbar geworden sein. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die sogenannte Ramelow-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die sich direkt ausschließlich auf Abgeordnete eines Parlaments beziehe, unmittelbar und ohne Einschränkung auf kommunale Mandatsträger übertragbar sei, lasse die gebotene Differenzierung vermissen. Bezirksräte seien nicht der Legislative, sondern der Exekutive zuzuordnen, verfügten über kein in der Verfassung ausdrücklich verbürgtes freies Mandat und hätten auch nicht die Aufgabe, in einer gewaltenteilenden Ordnung einer parlamentarischen Demokratie die Regierung zu kontrollieren.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen. Der Antragsgegner hantiere mit dem Begriff des Rechtsextremismus, ohne sich an die Terminologie des BVerfSchG und des BayVSG zu halten. Die Gesinnung und historisch-politische Weltsicht des Antragstellers werde zu einer Bestrebung umgedeutet. Im Übrigen sei für den Antragsteller rätselhaft, wie einzelne Seiten der Behördenakten zustande gekommen seien. Mit den Bildern habe er teilweise nichts zu tun, weil sie von anderen Gruppenmitgliedern stammten. Für ihn sei nicht erklärbar, wie Posts aus den Jahren 2016 und 2017 mit einem Profilbild von 2019 ausgedruckt werden könnten. Es müsse sich um Fälschungen handeln (Schriftsatz vom 20. Februar 2020).
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung oder Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die weitere Beobachtung des Antragstellers durch Sammlung und Auswertung von Informationen (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG) nicht vorliegen. Der Senat lässt aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eingeschränkten Überprüfungs- und Erkenntnismöglichkeiten offen, ob sich aus der „Tatsachenbasis“, auf die sich der Antragsgegner beruft, hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 BVerfSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 BayVSG ergeben (1.). Jedenfalls stellt sich die weitere Beobachtung des Antragstellers als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 6 BayVSG dar (2.).
1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach keine tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne von ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen des Antragstellers für einen Personenzusammenschluss vorliegen, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b BVerfSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG), da es jedenfalls an einer nachdrücklichen Unterstützungshandlung fehle, stellt der Antragsgegner mit seinem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage. Ob die vom Antragsgegner vorgelegten Auszüge aus dem „Facebook“-Account des Antragstellers sowie die „gefällt mir“-Kennzeichnungen auf „Facebook“-Seiten bestimmter näher bezeichneter Gruppierungen bei einer Gesamtschau ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bieten, dass vom Antragsteller als Einzelperson verfassungsfeindliche Bestrebungen ausgehen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG), vermag der Senat ohne weitere Kenntnisse über das Zustandekommen der Ausdrucke in der Behördenakte, die konkreten Inhalte sowie die Zugangsberechtigung der/zu den angeführten „Facebook“-Seiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend zu entscheiden.
1.1 Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ist die Bewertung des Antragsgegners, dieser betätige sich durch seine „likes“ und Kommentierungen auf fremden rechtsextremistischen und revisionistischen Seiten und die Posts auf seiner eigenen „Facebook“-Seite rechtsextremistisch und lasse dadurch auch Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erkennen, gemessen an der Definition „verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ im BVerfSchG bzw. BayVSG grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich bereits aus der nachfolgenden Definition für Rechtsextremismus.
Der Rechtsextremismus stellt kein ideologisch einheitliches Phänomen dar; vielmehr tritt er in verschiedenen Ausprägungen chauvinistischer, rassistischer und antisemitischer Ideologieelemente hervor, woraus sich unterschiedliche Zielsetzungen ab- bzw. herleiten. Im Rechtsextremismus herrscht die Auffassung vor, die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder Rasse entscheide über den Wert eines Menschen (Bundesamt für Verfassungsschutz, https:// … Eine derartige Auffassung verstößt gegen die Garantie der Menschenwürde, die insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit umfasst (Höfling in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 1 Rn. 19). Menschenwürde ist egalitär; sie gründet ausschließlich in der Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht. Mit der Menschenwürde sind daher ein rechtlich abgewerteter Status oder demütigende Ungleichbehandlungen nicht vereinbar (vgl. Höfling in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 1 Rn. 35). Dies gilt insbesondere, wenn derartige Ungleichbehandlungen gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, die sich jedenfalls als Konkretisierung der Menschenwürde darstellen (BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – NJW 2017). Daneben verbindet Rechtsextremisten in aller Regel ein autoritäres Staatsverständnis, in dem der Staat und das nach ihrer Vorstellung ethnisch homogene Volk als angeblich natürliche Ordnung in einer Einheit verschmelzen. Gemäß dieser Ideologie der „Volksgemeinschaft“ sollen die staatlichen Führer intuitiv nach dem vermeintlich einheitlichen Willen des Volkes handeln. In einem rechtsextremistisch geprägten Staat würden somit wesentliche Kontrollelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wie das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen auszuüben, oder das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, fehlen (Bundesamt für Verfassungsschutz, https:// …
1.1.1 Gemessen daran weisen die Internet-Seiten der vom Antragsgegner genannten „Gruppierungen“ teilweise rechtsextremistische Bezüge auf.
Die „Facebook“-Seite „Deutsches Volk; bewaffne dich mit Wissen“ enthält rechtsex-tremistische Inhalte, weil zum Kampf gegen die „Lügen des Systems“ aufgerufen und die „Volksgemeinschaft“ über das Individuum gestellt wird (Bl. 76). Das gleiche gilt für die Seite: „Familie, Volk und Heimat – Multi-Kulti und Islamisierung stoppen“, wobei hier die Zielrichtung die Verhinderung von Migration und „Überfremdung“ ist. Auch die „Identitäre Bewegung“ in Bayern versucht, die Stimmung in der Bevölkerung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten sowie gegen die „etablierten Altparteien“ zu drehen (Nr. 6 Verfassungsschutzinformationen Bayern 2019, 1. Halbjahr). Die im Zentrum der IB-Propaganda stehenden Konzepte „Ethnopluralismus“ und „Großer Austausch“ gehen von einer vorgeblich vorherrschenden „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker aus, die durch die Masseneinwanderung kulturfremder Einwanderer bedroht sei. Die IB propagiert in diesem Zusammenhang die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien und die „Remigration“, also letztlich die Ausweisung der Bevölkerungsteile aus Deutschland und Europa, die den ethnokulturellen Kriterien der IB nicht entsprechen, und damit eine migrantenfeindliche Grundhaltung (Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 156).
Im Internet-TV „FSN-TV“ (mittlerweile zum Format „FSN – The Revolution“ umbenannt) werden neben Interviews mit Protagonisten aus der rechtsextremistischen Szene in moderierten Beiträgen Aktionshinweise, Konzert- und Demonstrationstermine und Informationen über aktuelle und politische Ereignisse innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums verbreitet (Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 137).
Die „Facebook“-Seite „Geschichte der Wehrmacht“ ist auch nach Auffassung des Antragsgegners nicht offen rechtsextremistisch. Die vorgelegten Auszüge belegen, dass dort sowohl Bilder von Wehrmachtssoldaten als auch von Angehörigen der SS gezeigt werden (Bl. 45 u. 47). Da die SS am Holocaust, an zahlreichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die zivile Bevölkerung beteiligt war, spricht eine Zurschaustellung von Abbildungen von SS-Angehörigen für eine Nähe zur NS-Ideologie.
Demgegenüber wird der rechtsextremistische Bezug der Band „Pugilato NSHC“ und des Sängers „Lunikoff“ im Hinblick auf eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht deutlich. Gebietsrevisionistische Aussagen in Bezug auf Südtirol lassen ebenfalls keine Rückschlüsse auf eine solche Haltung zu.
1.1.2 Das eigene (inzwischen gelöschte) „Facebook“-Profil des Antragstellers stellt sich nach Auffassung des Senats als privater Account dar, der unabhängig von seiner Mitgliedschaft in der AfD gepflegt wurde, auch wenn politische Inhalte überwiegen. Zwar werden durch einige wenige Bilder Bezüge zur AfD sichtbar und auch die Position des Antragstellers als Beisitzer des AfD Kreisverbands Memmingen publiziert. Die Posts und Titelbilder auf seiner „Facebook“-Seite haben politische, allerdings nicht parteibezogene Inhalte, und stellen ein Sammelsurium von Zitaten, Sprüchen und Bildern dar, die überwiegend national bis nationalistisch und kritisch gegenüber der Migrationspolitik der Bundesregierung und Politikern sind, die als Verräter und Betrüger dargestellt werden. Auch wenn der Antragsteller bezüglich der Bundeskanzlerin und anderen Regierenden den Begriff „Volksverräter“ benutzt und sich damit eines der NS-Ideologie entlehnten Wortschatzes bedient, wird eine rechtsextremistische Ideologie im Sinne einer rechtlichen Abwertung des Status einzelner Personen(-gruppen) bzw. einer Abschaffung von wesentlichen Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dadurch aber nicht verbreitet. Das Wort „Volksverräter“ wird vielmehr von einigen dem rechten Spektrum zuzuordnenden politischen Gruppierungen als Synonym zur Diffamierung und Beschimpfung von anderen Politikern verwendet. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Volk“ aus der Zeit des Nationalsozialismus im Sinne einer ethnischen Kategorie, die Teile der Bevölkerung ausschließt und damit die Gültigkeit der Grundrechte für alle Menschen in der Bundesrepublik verneint, tritt im aktuellen politischen Sprachgebrauch in den Hintergrund. Die Titelbilder „Defend Europe“ und „Der Gott, der Eisen wachsen ließ …“ (Bl. 12 und Bl. 30) weisen dagegen nach zutreffender Darstellung des Antragsgegners klare Bezüge zur „Identitären Bewegung“ und zur NS-Ideologie auf.
1.2 Die Spuren, die der Antragsteller im Internet hinterlassen hat, zeigen eindeutig eine Gesinnung, die dem rechten politischen Spektrum zuzuordnen ist und im Hinblick auf die Haltung zur NS-Zeit eindeutige Tendenzen zum Rechtsextremismus aufweist. Allerdings konnte der Senat aufgrund des vorliegend zu würdigenden Tatsachenmaterials noch keine abschließende und volle Überzeugung (§ 108 VwGO) gewinnen, dass die vom Antragsgegner dokumentierten „likes“, Kommentare und die Inhalte des „Facebook“-Profils des Antragstellers in ihrer Gesamtschau hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen darstellen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.
Das Tatbestandsmerkmal „tatsächlicher Anhaltspunkt“ verlangt mehr als bloße Vermutungen (vgl. BVerfG, U.v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 100, 313/395). Es müssen vielmehr konkrete Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung auf solche Bestrebungen hindeuten und deshalb eine weitere Aufklärung erforderlich erscheinen lassen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG sind „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Das Tatbestandsmerkmal einer „politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise“ erfordert damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Dementsprechend umschreibt das Gesetz verfassungsschutzrelevante Bestrebungen nicht als politisch motiviert, sondern als politisch bestimmt. Bestrebungen müssen also zum einen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, politische Wirkungen zu entfalten (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 165). Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 167 ff.). Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01– BVerfGE 113, 63). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als „bloße“ Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten (BVerwG, U.v. 21.7.2010, U.v. 21.7.2010 – 6 C 22.09 – juris Rn. 59 f.; BayVGH, B.v. 6.7.2017 – 10 BV 16.1237 – juris Rn. 34). Ausreichend ist dabei, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte auf entsprechende Bestrebungen hindeutet, mag auch jeder für sich genommen nicht genügen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris; BVerwG, U.v. 17.10.1990 – 1 C 12.88 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 7.10.1993 – 5 CE 93.2327 – BayVBl. 1994, 115/116).
Aus dem Beschwerdevorbringen des Antragsgegners ergibt sich nicht hinreichenddeutlich, weshalb es sich bei den „likes“ des Antragstellers für die „Facebook“-Seiten „Familie, Volk und Heimat – Multi-Kulti und Islamisierung stoppen“ sowie „Identitäre Bewegung“, „FSN-TV“ um mehr als bloße Sympathiekundgebungen für die Inhalte dieser Seiten handelt. Der Antragsteller fordert nicht in irgendeiner Weise auf, sich den entsprechenden Gruppierungen anzuschließen oder für deren Ziele oder Meinungen einzutreten. Auch hat der Antragsteller die entsprechenden Seiten nicht als AfD-Mitglied, sondern als Privatperson „gelikt“. Seine parteipolitische Bindung war nicht erkennbar. Eine Interpretation seiner „likes“ dahingehend, dass er sich im Rahmen seiner parteipolitischen Aktivitäten für die auf den Seiten vertretenen Auffassungen einsetzen wird, ist daher nicht gerechtfertigt. Auch die vom Antragsgegner dargestellte besondere Bedeutung der „sozialen Netzwerke“ für Propaganda- und Beeinflussungsstrategien führt bezüglich der „likes“ zu keiner anderen Beurteilung, da der Antragsteller auf Inhalt und Gestaltung der betreffenden Seiten, die er mit „gefällt mir“ markiert hat, keinen Einfluss nehmen und sie daher auch nicht zur „Verbreitung seiner eigenen rechtsextremistischen politischen Weltsicht“ nutzen konnte.
Ebenfalls nicht eindeutig ist, ob der vom Antragsteller gepostete Beitrag (Bl. 76) auf der Seite „Deutsches Volk; bewaffne dich mit Wissen“ einen Anhaltspunkt für eine verfassungsfeindliche Bestrebung darstellt. Der Post des Antragstellers richtet sich in erster Linie gegen die Politikerin Claudia Roth. Er beleidigt die Politikerin in übler Weise und betrifft nicht primär Flüchtlinge, hat aber jedenfalls eine rassistische Konnotation.
Die Kommentare des Antragstellers auf der „Facebook“-Seite „Geschichte der Wehrmacht“,die Darstellung von Wehrmachtsangehörigen betreffend, stellen sich als Verherrlichung des Soldatentums und des „Einsatzes für das Vaterland“ dar. Die Seite selbst verfolgt auch nach Auffassung des Antragsgegners nicht offen rechtsex-tremistische Ziele, so dass auch positive Kommentare anderer Nutzer zu einzelnen Bildern keine Anhaltspunkte für Bestrebungen i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG darstellen können. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Betreiber der Seite nicht von Posts distanzieren, die aktiv zum Vorgehen gegen Flüchtlinge aufrufen. Der Betreiber einer Seite macht sich nicht automatisch Inhalte zu eigen, die auf einer von ihm eröffneten Kommunikationsplattform gepostet werden. Insbesondere entfalten sie als bloße Posts keine determinierte politische Wirkung. Die Kommentare des Antragstellers zu Bildern, auf denen Angehörige der SS dargestellt sind (Bl. 43 bis 46, 48), weisen demgegenüber eine andere Qualität auf. Zu Recht spricht der Antragsgegner hier von einer „Glorifizierung“ der SS, die nicht losgelöst von deren Verbrechen betrachtet werden kann und damit als positive Bezugnahme auf den NS-Staat zu werten ist. Ob aber diese Kommentare schon als tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gewertet werden können, ist fraglich. Sie zeigen zwar eine Übereinstimmung mit den durch die betreffenden Bilder vermittelten Inhalten, allerdings müssen Posts auf einer Kommunikationsplattform nicht darauf hindeuten, dass der Antragsteller damit politische Wirkung erzielen und auf die Beseitigung des demokratischen Staatswesens hinarbeiten oder andere dazu auffordern will.
Mit der eigenen „Facebook“-Seite wollte der Kläger als Privatperson politische Wirkung erzielen. Durch das Einstellen entsprechender Titelbilder hat er klar eine politische Gesinnung geäußert und diese öffentlich gemacht und dafür geworben. Jedoch sind die Inhalte der Seite überwiegend nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Menschenwürde gerichtet. Durch die Posts der Titelbilder „Defend Europe“ und „Der Gott, der Eisen wachsen ließ …“ (Bl. 12 und Bl. 30) auf seiner „Facebook“-Seite billigt der Antragsteller allerdings deren Aussage, die latent mit einem Aufruf zu einem aktiven Handeln zur Durchsetzung der durch die Titelbilder vermittelten Botschaften verbunden ist. Der Senat ist aber nicht davon überzeugt, dass damit hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Bestrebung i.S.d. BVerfSchG vorliegen, weil der Antragsteller über die Posts hinaus keine weiteren Aktivitäten zur politischen Durchsetzung der Ideologien, mit denen er sympathisiert, erkennen lässt. Auch wenn Diskussionsforen im Internet bzw. die „sozialen Medien“ dazu dienen können, Beiträge aller Art schnell zu verbreiten und einzelne Personen zu radikalisieren, ist bei vernünftiger Betrachtungsweise nicht jede virtuelle Billigung einer extremistischen Meinung zugleich ein Anhaltspunkt dafür, dass der Betreffende seine verfassungsfeindliche Gesinnung auch umsetzen will. Entsprechende Anhaltspunkte, dass der Antragsteller diesbezügliche Aktivitäten entfaltet hätte, sind nicht ersichtlich und vom Antragsgegner auch nicht dargelegt. Dass er in seiner Funktion als AfD-Mitglied oder als Bezirksrat für seine Gesinnung geworben hätte, ergibt sich aus den vorgelegten Behördenakten nicht.
2. Selbst unter der Annahme, dass die Titelbilder „Defend Europe“ und „Der Gott, der Eisen wachsen ließ …“ sowie die Glorifizierung der SS und der Post die Politikerin Claudia Roth betreffend in ihrer Gesamtheit tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG darstellten, steht einer weiteren Beobachtung des Antragstellers aus öffentlich zugänglichen Quellen jedenfalls Art. 6 BayVSG entgegen. Die tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen des Antragstellers ergaben sich nach Auffassung des Antragsgegners ausschließlich aus dessen Posts in den „sozialen Netzwerken“. Erkenntnisse dafür, dass der Antragsteller diese viralen Aktivitäten nach 2016 noch fortgesetzt hätte, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen oder -gelegt. Seinen „Facebook“-Account hat der Antragsteller gelöscht. Die dahinterstehende Motivation ist unerheblich, weil jedenfalls über dieses Medium eine rechtsextremistische Weltsicht nicht mehr verbreitet und beworben werden kann. Der Zweck der Beobachtung, nämlich potentielle Bedrohungen bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr zu identifizieren, ist durch die bisherige Beobachtung und die Einstellung der Aktivitäten des Antragstellers erreicht. Der Senat verkennt nicht, dass es sich bei einer (geheimen) Beobachtung einer Person aus öffentlich zugänglichen Quellen grundsätzlich um eine Maßnahme mit geringer Eingriffsintensität handelt, weil diese keine Außenwirkung entfaltet. Diese Maßnahme ist im vorliegenden Fall nur dadurch öffentlich geworden, dass die Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage trotz der Bitte um Geheimhaltung publik gemacht worden ist. Aber auch unter Berücksichtigung der geringen Eingriffsintensität steht eine weitere Beobachtung außer Verhältnis zum Zweck der Beobachtung, wenn sich in den letzten Jahren (seit Ende 2016 bis zum Erlass des streitgegenständlichen Beschlusses) keine Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen mehr ergeben haben. Dass die über den Antragsteller in den Jahren 2016 und 2017 gesammelten Informationen Rückschlüsse auf eine nationalistische und teilweise rechtsextreme Gesinnung zuzulassen, rechtfertigt eine weitere Beobachtung nicht. Hinzu kommt, dass der Antragsteller als Kommunalpolitiker tätig ist und mit Blick auf die in Kürze stattfindenden Kommunalwahlen eine weitere Beobachtung durch den Verfassungsschutz, deren Rechtmäßigkeit derzeit noch fraglich ist, für ihn gravierendere Folgen hätte als das (vorübergehende) Verbot für den Antragsgegner, weiter Informationen über den Antragsteller aus offenen Quellen zu sammeln und auszuwerten. Auf die weitere Frage, ob die Wahl des Antragstellers zum Bezirksrat die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme erhöht, weil er sich auf das „freie Mandat“ als Abgeordneter berufen kann, kommt es daher nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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