Europarecht

Beschwerde, Hauptverhandlung, Berufung, Wiedereinsetzung, Rechtsbehelfsbelehrung, Zustellung, Berufungsfrist, Frist, Monatsfrist, Berufungsschrift, Protokoll, Soldaten, Voraussetzungen, Kenntnis, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zwei Wochen

Aktenzeichen  S 7 VL 07/19

Datum:
22.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50717
Gerichtsart:
Truppendienstgericht Süd
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der frühere Soldat wird wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten der Reserve herabgesetzt.
Er trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Ebenfalls die Bewertung „B“ erhielt der frühere Soldat für seinen weiteren Einsatz bei KFOR von Februar bis August 2013.
Er sei ein ruhiger Unteroffizier ohne Portepee, der seine Aufträge stets zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledige. Innerhalb der Gruppe und des Zuges sorge er für eine sehr positive Stimmung und stärke das Zusammengehörigkeitsgefühl. Er sei sehr selbständig und zuverlässig und habe über den gesamten Einsatzzeitraum hinweg ein hohes Leistungsniveau gezeigt. Er zeichne sich bei der Auftragserfüllung durch sein Geschick und besonders durch seine Fachkenntnisse und sein praktisches Können aus. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kameraden sei jederzeit korrekt gewesen. Physisch und psychisch sei der frühere Soldat hoch belastbar.
In einer Stellungnahme zur Person anlässlich der disziplinaren Vorermittlungen vom 23. Februar 2016 beschrieb der Kompaniechef der 3./Xbataillon 4 den Soldaten nahezu wortgleich zum ersten Beurteilungsbeitrag für den Auslandseinsatz vom 22. September 2010.
In der Hauptverhandlung hat der Beauftragte des letzten Disziplinarvorgesetzten, Major M., dargestellt, dass er den früheren Soldaten leistungsmäßig im mittleren Drittel einordne. Er sei zuverlässig und pflichtbewusst gewesen. Dabei sei er unauffällig gewesen und nie negativ aufgefallen. Seine Gewissenhaftigkeit habe sich auch bei der Materialverantwortlichkeit gezeigt.
Der frühere Soldat ist berechtigt, das Tätigkeitsabzeichen Rohrwaffenpersonal in „Bronze“, das Sonderabzeichen Schützenschnur in „Gold“, das Leistungsabzeichen für Leistungen im Truppendienst in „Gold“ und die Einsatzmedaille der Bundeswehr in „Bronze“ für die Teilnahme am Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) und die entsprechende Einsatzmedaille der NATO zu tragen.
Die Auskunft aus dem Zentralregister vom 30. Juni 2020 weist den mit dem hiesigen Verfahren sachgleichen Strafbefehl des Amtsgerichts X, Zweigstelle X (Az: …), vom 17. Dezember 2015, rechtskräftig seit 05. Januar 2016, auf, in den wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in zwei Fällen, in einem Fall hiervon in zwei tateinheitlichen Fällen rechtlich zusammentreffend mit Herstellung einer kinderpornografischen Schrift nach den §§ 184b Abs. 1 Nr. 4, 201a Abs. 1 Nr. 1, 205 Abs. 1 Satz 2, 47 Abs. 2, 52, 53, 74 Strafgesetzbuch auf eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 60 Euro erkannt wurde.
Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 30. August 2016 weist keine Eintragung auf.
Ausweislich der Mitteilung des Bundesverwaltungsamtes vom 07. Juli 2020 erhielt der frühere Soldat Übergangsgebührnisse aus der Besoldungsgruppe A7 bis 31. Mai 2018.
Die Übergangsbeihilfe in Höhe von 14.877,66 Euro wurde nach § 82 Abs. 2 WDO einbehalten.
Der Verteidiger des früheren Soldaten hat zu dessen finanziellen Verhältnissen folgende Angaben gemacht: Dieser sei jetzt Angestellter im Projektmanagement einer Glasfirma und verdiene circa 2.000,00 € netto im Monat. Er ist immer noch ledig und habe keine Unterhaltsverpflichtungen. Seine finanziellen Verhältnisse seien geordnet.
II.
Im Juli 2015 kam es zu einem Strafverfahren gegen den früheren Soldaten, das mit dem o. g. Strafbefehl des Amtsgerichts X, Zweigstelle X, endete.
Mit Verfügung vom 14. Juni 2016, dem früheren Soldaten ausgehändigt am 30. Juni 2016, hat der Kommandeur der XY das gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet, nachdem die Vertrauensperson am 05. April 2016 angehört, diese Anhörung dem Soldaten am 17. Mai 2016 eröffnet worden war und er selbst am gleichen Tag die Möglichkeit hatte, sich zu äußern. Nach Gewährung der Möglichkeit der abschließenden Äußerung hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der XY dem früheren Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 25. Januar 2017, ihm zugestellt am 07. Februar 2017, folgende schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten zu Last gelegt:
„1. Der frühere Soldat fotografierte am 06.06.2015 gegen 15:45 Uhr, während er sich in einer Umkleidekabine des Freibads X, verborgen hielt, mit seinem Mobiltelefon iPhone unter der Trennwand der Umkleidekabine hindurch eine erwachsene Frau, die sich in der Nachbarkabine umzog, wobei der frühere Soldat deren Beine bis zum Schritt aufnahm, ohne dass allerdings auf dem gefertigten Lichtbild primäre Geschlechtsteile der Frau zu erkennen wären, und ohne, wie der frühere Soldat wusste, hierzu berechtigt zu sein.
2. Der frühere Soldat fotografierte am 04.07.2015 gegen 16:08 Uhr, während er sich in einer Umkleidekabine des Freibads X, verborgen hielt, mit seinem Mobiltelefon iPhone unter der Trennwand der Umkleidekabine hindurch die am 13.07.2004 geborene Geschädigte K. F. und die am 22.10.2003 geborene Geschädigte L. W., die sich gemeinsam in der Nachbarkabine aufhielten, um sich umzuziehen, wobei der frühere Soldat erkannte, zumindest aber billigend in Kauf nahm, dass es sich bei den beiden Geschädigten um Kinder unter 14 Jahre handelte. Der frühere Soldat fertigte von den Kindern zwei Bildaufnahmen an, die deren Beine bis zum Schritt und von einem der beiden Mädchen auch deren Genitalien zeigen, wobei der frühere Soldat hierzu, wie er wusste, nicht berechtigt war.
Durch sein Verhalten hat der frühere Soldat vorsätzlich die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt, sich außer Dienst, außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt, wobei er als Vorgesetzter in Haltung und Pflichterfüllung ein schlechtes Beispiel gegeben hat.
Dienstvergehen gemäß § 23 Absatz 1 des Soldatengesetzes (SG) in Verbindung mit § 17 Absatz 2 Satz 2 Alternative 2 SG unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 SG.“
Die Anschuldigung ging am 02. Februar 2017 bei der damals zuständigen 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd in Erfurt ein.
Aufgrund einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Truppendienstgerichts Süd zum 01. Februar 2019 wechselte die Zuständigkeit zur 7. Kammer.
III.
In der Hauptverhandlung, die gemäß § 104 Abs. 1 Nr. 3 WDO in Abwesenheit des früheren Soldaten stattgefunden hat, hat die Kammer aufgrund der durch den anwesenden Verteidiger des früheren Soldaten gemachten Einlassung und der zum Gegenstand der Verhandlung gemachten Niederschriften und Urkunden sowie der Aussage des Zeugen Major M. Folgendes festgestellt:
Zu Anschuldigungspunkt 1:
Der frühere Soldat hielt sich am 06. Juni 2015 gegen 15:45 Uhr in einer Umkleidekabine des Freibads X, auf. Um diese Uhrzeit fotografierte er mit seinem Mobiltelefon iPhone unter der Trennwand der Umkleidekabine hindurch eine nicht mehr feststellbare erwachsene Frau, die sich in der Nachbarkabine aufhielt, wobei der frühere Soldat deren Beine bis zum Schritt aufnahm, ohne dass allerdings auf dem gefertigten Lichtbild primäre Geschlechtsteile der Frau zu erkennen wären.
Der frühere Soldat wusste, dass er hierzu nicht berechtigt ist.
Der Sachverhalt steht fest aufgrund des Geständnisses des früheren Soldaten und der entsprechenden Bilddatei, die die Polizei anlässlich der Ermittlungen zum Anschuldigungspunkt 2 am 04. Juli 2015 auf seinem iPhone fand. Nach den Feststellungen der Polizei befand sich die Bilddatei im sogenannten „Papierkorb“, in dem beim iPhone gelöschte Objekte noch 30 Tage gespeichert sind, bevor sie endgültig gelöscht werden. Das erstellte Bild wurde am Tag der Aufnahme gelöscht.
Zu Anschuldigungspunkt 2:
Der frühere Soldat befand sich am 04. Juli 2015 gegen 16:08 Uhr in einer Umkleidekabine des Freibads X. Mit seinem Mobiltelefon iPhone fotografierte er um 16:08:41 Uhr und 16:08:44 Uhr jeweils einmal unter der Trennwand der Umkleidekabine hindurch die am 13.07.2004 geborene Geschädigte K. F. und die am 22.10.2003 geborene Geschädigte L. W., die sich gemeinsam in der Nachbarkabine aufhielten, um sich umzuziehen. Die beiden Fotos zeigen die Beine der Mädchen bis zum Schritt und von einem der beiden Mädchen auch deren Genitalien. Der frühere Soldat wusste, dass er hierzu nicht berechtigt ist. Er nahm zumindest billigend in Kauf, dass es sich bei den beiden Geschädigten um Kinder unter 14 Jahren handelte.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des Geständnisses des Soldaten und der auf dem iPhone des Soldaten von der Polizei festgestellten Bilddateien. Diese befanden sich ebenfalls im sogenannten „Papierkorb“, da der Soldat diese, nachdem er von einem der beiden Mädchen beim Fotografieren bemerkt worden war, „gelöscht“ hatte. Der frühere Soldat hat ein Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG begangen, da er mit dem unberechtigten Fotografieren unter der Trennwand der Umkleidekabine hindurch vorsätzlich seine Dienstpflicht verletzt hat, sich außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 SG der bis 14. Juni 2017 gültigen Fassung), wobei er als Vorgesetzter in Haltung und Pflichterfüllung ein schlechtes Beispiel gegeben hat (§ 10 Abs. 1 SG).
Eine ernsthafte Beeinträchtigung ist schon deshalb anzunehmen, weil der frühere Soldat dabei jeweils gleichzeitig Straftaten, Verletzungen des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und in Anschuldigungspunkt 2 zusätzlich die Herstellung einer kinderpornografischen Schrift nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB begangen hat, für die das Gesetz Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren androht. Solche schwerwiegenden Straftaten beeinträchtigen regelmäßig die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit ernsthaft (BVerwG – Urteil vom 20. März 2014 – 2 WD 5/13 -, Rn. 60, juris).
Bei einer Umkleidekabine handelt es sich um einen gegen Einblick besonders geschützten Raum im Sinne des § 201a StGB (BeckOK StGB/Heuchemer, 46. Ed. 1.5.2020, StGB § 201a Rn. 12), der seinen Schutzbereich auch nicht dadurch verliert, dass der vorhandene Sichtschutz umgangen wird (MüKoStGB/Graf, 3. Aufl. 2017, StGB § 201a Rn. 43).
Unbefugte Nacktaufnahmen sowie Aufnahmen der Benutzung von Umkleidekabinen stellen auch eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs dar (MüKoStGB/Graf, 3. Aufl. 2017, StGB § 201a Rn. 45).
Hingegen scheidet eine Verletzung des § 201a Abs. 3 StGB bereits deshalb aus, da es nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Aufnahmen hergestellt wurden, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen. Das Foto der erwachsenen Frau wurde nachweislich noch am Tag der Erstellung wie oben beschrieben „gelöscht“. Bei einer Wohnungsdurchsuchung, mit der sich der Soldat einverstanden erklärt hatte, wurden auf seinem Computer und einem USB-Speicherstick keine strafrechtlich relevanten Inhalte gefunden. Auch ergaben die Ermittlungen der Polizei keine Hinweise, dass strafrechtlich relevante Bilder verbreitet worden sind.
Mit den Bildaufnahmen der zum Tatzeitpunkt unter 14 Jahre alten Mädchen wurde entgegen § 184 Abs. 1 Nr. 3 StGB eine kinderpornografische Schrift hergestellt.
Kinderpornografisch ist eine pornografische Schrift (§ 11 Absatz 3 StGB) nach der Legaldefinition des § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c unter anderem, wenn sie die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes zum Gegenstand hat. Diese Regelung beruht auf dem 49. Strafrechtsänderungsgesetz vom 21. Januar 2015, das die Definition einer kinderpornografischen Schrift durch die Beschreibungen in § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b und c erweitert hat (MüKoStGB/Hörnle, 3. Aufl. 2017, StGB § 184b Rn. 9, beckonline). Zuvor war die Definition von kinderpornografischen Schriften auf die nunmehr in Buchstabe a erfasste Variante beschränkt (MüKoStGB/Hörnle, 3. Aufl. 2017, StGB § 184b Rn. 18). In diesem Zusammenhang hatte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03. Dezember 2014 vor der Gesetzesänderung ausgeführt:
„Nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder des Geschlechtsteils eines Kindes ist Kinderpornografie im Sinne des § 184b Abs. 1 StGB. Tatobjekte sind nur pornografische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben. Zu den sexuellen „Handlungen“ von Kindern gehört zwar nach der Neufassung des Gesetzes durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I 2008, S. 2149) auch ein Posieren in sexualbetonter Körperhaltung (BGH, Urteil vom 16. Januar 2014 – 4 StR 370/13, NStZ 2014, 220, 221; Beschluss vom 21. November 2013 – 2 StR 459/13, NStZ-RR 2014, 108; Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, NStZ 2011, 570, 571; Ziegler in: BeckOK, StGB, § 184b Rn. 4; MüKoStGB/Hörnle, 2. Aufl., § 184b Rn. 17; Röder, NStZ 2010, 113, 116 f.; vgl. auch BT-Drucks. 16/3439, S. 9; BT-Drucks. 16/9646, S. 2, 17). Voraussetzung ist aber, dass die von dem Kind eingenommene Körperposition objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen eindeutigen Sexualbezug aufweist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2008 – 4 StR 373/08, NStZ 2009, 29; Urteil vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, NStZ-RR 2008, 339, 340 mwN). Körperpositionen, die sich bei einem Handlungsablauf ohne eindeutigen Sexualbezug (z.B. Körperpflege, An- oder Umkleiden, Sport, Spiel etc.) naturgemäß ergeben, sind auch dann keine sexuelle Handlung von Kindern im Sinne von § 184b Abs. 1 StGB in der derzeitigen Fassung, wenn sie für Bildaufnahmen zu pornografischen Zwecken ausgenutzt werden“ (BGH Beschluss vom 3.12.2014 – 4 StR 342/14, BeckRS 2015, 388 Rn. 5, beckonline).“
Auch in einer früheren Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass das bloße Fotografieren eines nackten Kindes nicht strafbar sei (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1997 – 3 StR 567/97 -, Rn. 6, juris; so auch BeckOK StGB/Ziegler, 46. Ed. 1.5.2020 Rn. 6, StGB § 184b Rn. 6, beckonline, zur Bewertung der alten Rechtslage).
In der Literatur war darauf hingewiesen worden, dass nach alter Rechtslage eine auf Genitalien oder Gesäß fokussierte Aufnahme nicht als sogenanntes Posing zu erfassen ist. Dies wurde in den Beratungen des Rechtsausschusses zum 49. Strafrechtsänderungsgesetz thematisiert, woraufhin der Rechtsausschuss zur Einfügung von Buchstabe c riet. Begründet wurde die Ergänzung mit der Definition von Kinderpornografie in Art. 2 Buchst. c Doppelbuchstabe ii der RL 2011/93/EU und in Art. 20 Abs. 2 Übereinkommen des Europarats (MüKoStGB/Hörnle, 3. Aufl. 2017 Rn. 20, StGB § 184b Rn. 20, beckonline):
„Zu § 184b Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c StGB-E
Um sicherzugehen, dass die RL 2011/93/EU vollständig umgesetzt wird, schlägt der Ausschuss vor, die Definition kinderpornographischer Schriften in § 184b Absatz 1 Nummer 1 StGB-E zu ergänzen. Die Definition lehnt sich an die Definitionen von Kinderpornographie in Artikel 2 Buchstabe c Doppelbuchstabe ii der RL 2011/93/EU (jegliche Darstellung der Geschlechtsorgane eines Kindes für primär sexuelle Zwecke) und Artikel 20 Absatz 2 des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (jede Abbildung der Geschlechtsteile eines Kindes zu vorwiegend sexuellen Zwecken) an. Maßstab für die Beurteilung, ob die Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes sexuell aufreizender Art ist, ist die Beurteilung eines durchschnittlichen Betrachters“ (BT-Drs. 18/3202, 27).“
Mit den Fotografien hat der frühere Soldat nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB eine kinderpornografische Schrift, die ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, hergestellt. Nach dieser Vorschrift macht sich auch strafbar, wer kinderpornografische Schriften ausschließlich zum Eigenbedarf herstellt. Eine spätere Verbreitung ist seit der Einfügung der Nummer 3 durch das 49. Strafrechtsänderungsgesetz vom 21. Januar nicht mehr erforderlich (BGH, Urteil vom 29. August 2018 – 5 StR 147/18 -, Leitsatz und Rn. 19, juris).
Weil von intimen Körperteilen von Kindern nur für entsprechend prädisponierte Personen überhaupt ein sexueller Reiz ausgeht, kommt es wie bei Nr. 1b nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf den Kontext an. Entscheidend ist daher, ob der Inhalt primär einem sexuellen Zweck dient (Ziethen/Ziemann in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 3. Aufl. 2020, § 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, Rn. 7, juris; ausführlich: Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 184b Rn. 16, beckonline). Den sexuellen Zweck hat der frühere Soldat – auch schon bei der Polizei – eingeräumt, wo er angegeben hat, dass Grund für sein Handeln sei, dass er gerne nackte Frauen sehe und dabei „auch ein gewisser Kick sei“. Einen pädophilen Hintergrund hat er bestritten. Es gibt dafür auch keine Anhaltspunkte.
Hingegen liegen die Voraussetzungen des § 184b Abs. 1 Nr. 4 StGB offensichtlich nicht vor, da die Bilder nicht mit der dort geforderten Zielsetzung hergestellt wurden, insbesondere nicht um die Verwendung durch eine andere Person zu ermöglichen, was bereits zu § 201a StGB dargelegt wurde. Außerdem ist Nr. 4 bei Vorliegen der Nr. 3 nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ausgeschlossen. Bei der unzutreffenden Angabe der Nr. 4 im Strafbefehl unter gleichzeitigen weitgehend korrekten Zitierens des Wortlauts der Nr. 3 dürfte es sich daher um einen Flüchtigkeitsfehler handeln. Unabhängig davon besteht natürlich auch keinerlei Bindung des Truppendienstgerichts an die rechtliche Würdigung einer strafrechtlichen Entscheidung, insbesondere eines Strafbefehls.
Bei einem Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Soldatengesetz kommt es nicht darauf an, ob gegebenenfalls eine ernsthafte Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das angeschuldigte Verhalten dazu geeignet war (stRspr des Bundesverwaltungsgerichts, z.B. Urteile vom 21. Januar 2016 – BVerwG 2 WD 6/15 -, Rn. 26, juris; 11. September 2014 – 2 WD 11/13 -, Rn. 60 m.w.N., juris; 8. Mai 2014 – 2 WD 10/13 -, Rn. 70 m.w.N., XDOS; 13. Januar 2011 – 2 WD 20/09 -, Rn. 27 – m.w.N., juris; 4. Mai 2011 – BVerwG 2 WD 2/10 -, Rn. 29, juris).
V.
Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.
Dabei erweist sich im konkreten Fall eine Dienstgradherabsetzung in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten der Reserve als tat- und schuldangemessen.
Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen schwer.
Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht die Kammer im Anschluss an den Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts von einem zweistufigen Prüfungsschema aus. Auf der ersten Stufe bestimmt sie im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als „Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen“.
Auf der zweiten Stufe prüft sie, ob im Einzelfall im Hinblick auf die vorstehend genannten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, welche die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach „oben“ bzw. nach „unten“ zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht hinsichtlich des Disziplinarmaßes einen Spielraum eröffnet (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 2019 – 2 WD 28/18 -, Rn. 52, juris).
Den Schwerpunkt des Dienstvergehens bildet Anschuldigungspunkt 2 mit dem Herstellen der kinderpornografischen Bilder im Sinne des § 184 Abs. 1 Nr. 3 StGB, worin im konkreten Fall zugleich eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen nach § 201a StGB liegt.
Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist die Höchstmaßnahme, im konkreten Fall des früheren Soldaten, der als Soldat im Ruhestand gilt, die Aberkennung des Ruhegehalts in Form der Übergangsbeihilfe (§§ 58 Abs. 2, 67 Abs. 4 WDO).
Hierfür sind folgende Erwägungen maßgebend:
Eine gefestigte Rechtsprechung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen für solche Fälle gibt es bislang nicht.
Es entspricht der Rechtsprechung der Wehrdienstgerichte, dass bei Besitz kinder- und jugendpornografischer Dateien regelmäßig die Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen darstellt. Der Gesetzgeber hat die Besitzverschaffung und den Besitz kinder- und jugendpornografischer Darstellungen in § 184b Abs. 3 und § 184c Abs. 3 StGB unter Strafe gestellt, um das Schaffen und Aufrechterhalten eines Marktes mit kinderpornografischen Darstellungen schon im Ansatz zu verhindern. Er hat den „Konsumenten“ von Kinderpornografie damit den Kampf angesagt und sein Unwerturteil über den Besitz kinderpornografischer Darstellungen ausgedrückt. Kinderpornografische Darstellungen machen die kindlichen „Darsteller“ zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung und verstoßen gegen die unantastbare Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG. Der darin liegende sexuelle Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen ist – wie der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in gefestigter Rechtsprechung immer wieder festgestellt hat – in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich, greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, da das Kind bzw. der Jugendliche wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann(BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 – 2 WD 4/19 –, Rn. 13ff, 20, juris; BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 – 2 WD 21/18 –, Rn. 24, juris; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 – 2 WD 10/18 – Rn. 22 m.w.N., 39, juris; BVerwG, Urteil vom 02. Mai 2012 – 2 WD 14/11 –, Rn. 36, juris).
Besitzt ein Soldat eine hohe Anzahl an kinder- oder jugendpornographischen Dateien, ist die Höchstmaßnahme tat- und schuldangemessen, wenn nicht mildernde Umstände von hohem Gewicht in die Gesamtabwägung einzustellen sind. Von einer hohen Anzahl kinder- und jugendpornographischer Dateien ist jedenfalls dann auszugehen, wenn deutlich mehr als 2.000 Dateien in Rede stehen. Das hohe Gewicht dieses Umstandes folgt zum einen aus der korrespondierenden hohen Zahl massiv geschädigter Kinder und Jugendlicher sowie daraus, dass der Markt für derartige Dateien durch ein ausgiebiges Nachfrageverhalten gestützt und belebt wird. Zum anderen indiziert und bestätigt eine hohe Zahl strafrechtlich relevanter Dateien auch in der Regel wiederholtes Handeln, in dem eine Verfestigung sozialschädlicher Persönlichkeitsstrukturen zum Ausdruck kommt. Durch den intensiven Konsum solcher Dateien wird der Markt für Kinder- und Jugendpornographie in einer dem Verbreiten derartiger Daten vergleichbaren Weise gestützt, so dass auch eine gleich schwerwiegende Maßnahme geboten ist (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 – 2 WD 4/19 -, Rn. 22, juris; BVerwG, Urteil vom 05. Juli 2018 – 2 WD 10/18 -, Rn. 43, juris).
Kommt zu dem Besitz kinderpornographischer Dateien ein Verbreiten, ein Verschaffen oder ein Zugänglichmachen für Dritte hinzu, sieht § 184b Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren eine deutlich höhere Sanktion vor. Denn die aktive Beteiligung am kinderpornographischen Marktgeschehen als Anbieter stellt im Regelfall ein wesentlich höheres Unrecht dar als die eher passive Beteiligung als nachfragender Konsument. Diese strafrechtliche Wertung ist auch für die disziplinarrechtliche Würdigung leitend. Die Orientierung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung. Sie verhindert, dass die Wehrdienstgerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts oder die Einschätzung der Wehrdisziplinaranwaltschaft an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Im Fall des Verbreitens, Verschaffens und Zugänglichmachens wird das Fehlverhalten so gravierend, dass ein Soldat im Allgemeinen für die Bundeswehr untragbar wird und nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe in seinem Dienstverhältnis verbleiben kann. In solchen Fällen bildet die Entfernung aus dem Dienstverhältnis den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 – 2 WD 4/19 -, Rn. 13ff, juris; BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 – 2 WD 21/18 -, Rn. 26, juris; BVerwG, Urteil vom 05. Juli 2018 – 2 WD 10/18 -, Rn. 39, juris; BVerwG, Urteil vom 02. Mai 2012 – 2 WD 14/11 -, Rn. 36, juris).
Beim sexuellen Missbrauch eines Kindes nach § 176 StGB oder der sexuellen Nötigung eines Jugendlichen stellt nach der Rechtsprechung die Höchstmaßnahme den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen dar. Ein Soldat wird damit für die Bundeswehr untragbar, da er das in ihn gesetzte Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verliert und diesem bei objektiver Betrachtung eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (BVerwG, Urteil vom 02. Mai 2019 – 2 WD 15/18 -, Rn. 20, juris; BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 – 2 WD 51/00 -, Rn. 6264, juris; BVerwG, Urteil vom 15. März 2013 – 2 WD 15/11 -, Rn. 38, juris; BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2010 – 2 WD 5/09 -, Rn. 28, juris).
Das Herstellen kinderpornografischer Bilder wiegt regelmäßig schwerer als der „bloße“ Besitz kinderpornografischer Bilder. Dies macht der Gesetzgeber bereits durch die höhere Strafandrohung des § 184b Abs. 1 StGB deutlich, die mit einem Sanktionsrahmen für die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren über der des § 184b Abs. 3 StGB und damit auf dem gleichen Niveau liegt wie das ebenfalls in § 184b Abs. 1 StGB mit Strafe bedrohte Verbreiten, Verschaffen oder Zugänglichmachen für Dritte liegt. Auch hier stellt die aktive Beteiligung als Hersteller, der oft gleichzeitig bei noch gravierenderen Straftaten wie beispielsweise sexuellem Missbrauch von Kindern anwesend ist, was die Hemmschwelle deutlich modifizieren sollte, im Regelfall ein wesentlich höheres Unrecht dar als die eher passive Beteiligung als nachfragender Konsument.
Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist daher die Höchstmaßnahme.
Jedoch lagen bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebotenen Prüfung auf der zweiten Stufe der Maßnahmebemessung Umstände vor, die ein Abweichen von dieser Einstufung gebieten.
Der hier vorliegende Fall einer strafrechtlichen Verletzung des § 184b Abs. 1 StGB durch das Herstellen einer kinderpornografischen Schrift stellt beim Vergleich der denkbaren Verletzungshandlungen einen solchen mit niedrigerem Schweregrad dar.
Wie oben (IV.) ausgeführt, war bis zur Neufassung des § 184b StGB durch das 49. Strafrechtsänderungsgesetz vom 21. Januar 2015 die Definition von kinderpornografischen Schriften auf die nunmehr in Buchstabe a erfasste Variante beschränkt, die sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren zum Gegenstand hat (MüKoStGB/Hörnle, 3. Aufl. 2017, StGB § 184b Rn. 18, beckonline). Mit der Erweiterung in Buchstabe c wurde eine Gesetzeslücke geschlossen und zu Recht auch „die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes“ unter Strafe gestellt, die bisher nicht oder allenfalls nach § 201a Abs. 3 StGB beim Vorliegen weiterer erschwerender Voraussetzungen geahndet werden konnte (Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 184b Rn. 17, beckonline). Das Gewicht der Variante c stellt sich hier jedoch geringer dar als das der Varianten in Buchstabe a.
Auch die Art der Aufnahme der Genitalien im konkreten Fall gehört zu den weniger schwerwiegenden Varianten und ist mit einer Nacktaufnahme etwa vergleichbar.
Der Soldat hat auch nur zwei Bilder erstellt.
Dem entspricht auch die strafrechtliche Bewertung, da diese Tat im Strafbefehl isoliert mit 110 Tagessätzen ausgewiesen wurde. Da der Strafrahmen drei Monate bis fünf Jahre beträgt, wurde die Schwere mit drei Monaten und 20 Tagen am unteren Rand des Strafrahmens angesiedelt und entsprechend der Vorgabe des § 47 Abs. 2 StGB, wonach Freiheitsstrafe unter sechs Monaten in eine Geldstrafe umgewandelt werden soll, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerlässlich ist, bei 110 Tagessäten festgesetzt.
Auch der Vergleich dieses konkreten Falles mit der Einstufung bei gefährlichen Körperverletzungen nach § 224 StGB, bei der der Sanktionsrahmen für die Freiheitsstrafe mit 6 Monaten bis zu 10 Jahren sogar über dem des § 184b Abs. 1 StGB liegt und bei der nach ständiger Rechtsprechung eine Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen darstellt (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2019 – 2 WD 24/18 -, Rn. 20, juris; BVerwG, Urteil vom 14. März 2019 – 2 WD 22/18 -, Rn. 34, juris; BVerwG, Urteil vom 07. Februar 2013 – 2 WD 36/12 -, Rn. 35, juris; BVerwG, Urteil vom 07. März 2013 – 2 WD 28/12 -, Rn. 51, juris; BVerwG, Urteil vom 04 Juli 2013 – 2 WD 21/12 -, Rn. 43f, XDOS; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 – 2 WD 18/11 -, Rn. 31 und 32, juris; BVerwG, Urteil vom 02. März 2000 – 2 WD 44/99 -, Rn. 2ff, juris; BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1999 – 2 WD 26/99 -, Rn. 3ff, juris; BVerwG, Urteil vom 05. Mai 1998 – 2 WD 25/97 -, Rn. 2ff, juris; BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1996 – 2 WD 32/95 -, Rn. 4, juris), macht deutlich, dass im konkreten Fall eine schwerere Maßnahme nicht angemessen ist.
Nachteilige Auswirkungen hatte das Dienstvergehen in erster Linie für die betroffenen Kinder. Die Zeugin W. gab in ihrer polizeilichen Vernehmung an, dass das am Abend der Tat „doch ein bisschen blöd gewesen sei“, weil sie beim Einschlafen immer daran habe denken müssen. Es sei dann „aber schon gegangen“ und sie habe gut geschlafen. Am darauffolgenden Tag sei alles wieder in Ordnung gewesen und sie hätte auch keine Probleme oder Angst, wieder ins Freibad zu gehen. Anhaltspunkte für weitere oder gar dauerhafte Schäden gibt es nicht.
Da die Mädchen auf den Bildern auch nicht individuell erkennbar sind, ist ihr Persönlichkeitsrecht etwas weniger stark beeinträchtigt.
Unmittelbare dienstliche Auswirkungen sind nicht eingetreten. Der frühere Soldat musste auch nicht von seinem Dienstposten verändert werden (BVerwG, Urteil vom 28. März 2019 – 2 WD 13/18 -, Rn. 27, juris). Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass das Fehlverhalten in einem größeren Kreis bekannt geworden wäre.
Erschwerend hinzu kommt das beim Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen noch nicht berücksichtigte Fehlverhalten in Anschuldigungspunkt 1.
Dieses erreicht jedoch kein solches Gewicht, dass eine andere Maßnahmeart angemessen wäre.
Der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen genommen, wenn ein Soldat durch die Herstellung heimlicher Filmaufnahmen in der Stube einer Kameradin ihren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt (BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2017 – 2 WD 14/16 -, Rn. 46, juris) und dies wie folgt begründet:
„Das Erfordernis einer nach außen sichtbaren Maßnahme ergibt sich aus dem hohen Gewicht des Schutzes der Intim- und Privatsphäre auch innerhalb dienstlicher Unterkünfte. Gerade in diesem Umfeld muss ein Soldat ohnehin durch das enge Zusammenleben mit Kameraden Einschränkungen hinnehmen, die dem verbleibenden Rest an Privatsphäre in der eigenen Stube hohe Bedeutung zukommen lassen. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt nicht nur ein Recht am eigenen Bild. Der Schutz erstreckt sich auch auf einen räumlichen Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann und in dem er die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, auch ohne dass er sich dort notwendig anders verhielte als in der Öffentlichkeit. Bestünden solche Rückzugsbereiche nicht mehr, könnte der Einzelne psychisch überfordert sein, weil er unausgesetzt darauf achten müsste, wie er auf andere wirkt und ob er sich richtig verhält. Ihm fehlten die Phasen des Alleinseins und Ausgleichs, die für die Persönlichkeitsentfaltung notwendig sind und ohne die sie nachhaltig beeinträchtigt würde. Hat eine Soldatin – wie hier – in ihrer Stube einen solchen Rückzugsbereich vom Dienstherrn eingeräumt bekommen, muss sie darauf vertrauen können, dass nicht nur keine Filmaufnahmen gefertigt werden, auf denen sie unter Umständen unbekleidet zu sehen ist. Sie hat auch einen Anspruch darauf, die Stube als Raum zu nutzen, in dem sie unbeobachtet Gefühle zum Ausdruck bringen, oder sich vertraulich mit Freunden oder Verwandten – telefonisch oder im direkten Kontakt – austauschen kann. Seiner Schutzpflicht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG kommt der Dienstherr auch durch die generalwie spezialpräventiv wirkende Sanktionierung von Missachtungen dieses Anspruches durch Kameraden nach. Wegen der hohen Bedeutung der hier geschützten Grundrechte und den durch den technischen Fortschritt gestiegenen Gefahren des Einsatzes von vergleichsweise leicht zugänglichen Überwachungsmitteln auch durch Kameraden ist es nicht zuletzt aus generalpräventiven Erwägungen geboten, die Herstellung heimlicher Filmaufnahmen unter Verstoß gegen § 201a StGB nicht geringer zu sanktionieren als die entwürdigende Behandlung von Untergebenen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2012 – 2 WD 1.11 – juris Rn. 72 f.) oder eine sexuelle Belästigung“ (BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2017 – 2 WD 14/16 -, Rn. 47, juris).“
Der hiesige Verstoß ist zwar weniger schwer, da keine Filmaufnahmen, sondern nur ein Foto gemacht wurde, er nicht unter Verletzung einer Kameradschaftspflicht und auch nicht in einem besonders zugewiesenen geschützten Rückzugsraum begangen wurde, hat jedoch trotzdem Gewicht.
Eigenart und Schwere des Dienstvergehens hier des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunteroffizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es ein Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 03. August 2016 – 2 WD 20/15 -, Rn. 26 m.w.N., juris).
Das Maß der Schuld des uneingeschränkt schuldfähigen früheren Soldaten wird dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass es ihm nicht auf die Herstellung kinderpornografischer Bilder ankam, sondern er dies lediglich in Kauf nahm.
Seine Beweggründe sprechen gegen ihn, da er aus eigennützigen sexuellen Motiven seine Belange über die der Geschädigten gestellt hat.
Schuldmindernde Umstände bei der Begehung der Tat liegen nicht vor:
Solche Milderungsgründe in der Tat wären nach der ständigen Rechtsprechung des Wehrdienstsenates des Bundesverwaltungsgerichtes nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet wäre, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden könnte. Dazu hat der Senat in seiner Rechtsprechung verschiedene – nicht abschließende – Fallgruppen entwickelt, z.B. ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder unter Umständen, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen, sowie ein Handeln in einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation.
Im Hinblick auf die Zumessungskriterien Persönlichkeit und bisherige Führung ist zugunsten des früheren Soldaten festzuhalten, dass er ordentliche dienstliche Leistungen erbracht und sich in zwei Auslandseinsätzen bewährt hat (BVerwG, Urteil vom 28. August 2019 – 2 WD 28/18 -, Rn. 62, juris; BVerwG, Urteil vom 11. Dezem- 1/18 – Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2018 – 2 WD 2/18 -, Rn. 30, juris), ebenso, dass er trotz Fachverwendung mehrere Trageberechtigungen, teilweise in mehrfacher Wiederholung, erworben hat.
Zugunsten des früheren Soldaten spricht, dass er geständig und einsichtig ist und sein Fehlverhalten bedauert.
Die fehlende disziplinare und strafrechtliche Vorbelastung spricht für ihn, auch wenn diesem Umstand kein großes Gewicht zukommt, da der Soldat hiermit nur die Mindesterwartungen seines Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt, aber keine Leistung erbringt, die ihn aus dem Kreis der Kameraden heraushebt (stRspr: vgl. BVerwG, Urteil vom 02. Mai 2019 – 2 WD 15/18 -, Rn. 25, juris; BVerwG, Urteil vom 28. August 2014 – Az 2 WD 20/13 -, Rn. 66, juris).
Nach Abwägung aller be- und entlastenden Umstände wäre grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung zum Obergefreiten der Reserve geboten.
Maßnahmemildernd ist noch die um zwei Jahre und fünf Monate überlange Dauer des Verfahrens zu berücksichtigen.
Eine überlange Verfahrensdauer, die einen Verstoß gegen die Gewährleistung einer Verhandlung innerhalb angemessener Frist durch Art. 6 EMRK wie auch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiver Rechtsschutzgewährleistung nach Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG darstellt, begründet einen Milderungsgrund bei solchen Disziplinarmaßnahmen, die wie Gehaltskürzung, Beförderungsverbot und Dienstgradherabsetzung – der Pflichtenmahnung dienen. Denn das Verfahren als solches wirkt bereits belastend und ist deshalb mit Nachteilen verbunden, die das Sanktionsbedürfnis mindern können. Ob die Dauer eines Verfahrens noch angemessen ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Falls unter Berücksichtigung seiner Schwierigkeit, des Verhaltens des Betroffenen und der zuständigen Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Rechtsstreits für den Betroffenen zu bemessen. Hier ist eine Einzelfallprüfung ohne feste Zeitvorgaben oder abstrakte Orientierungs- bzw. Anhaltswerte erforderlich. Im Zusammenhang mit der Verfahrensführung durch das Gericht ist zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) und zum rechtsstaatlichen Gebot steht, eine inhaltlich richtige Entscheidung zu treffen. Bei der Verfahrensgestaltung kommt dem Gericht deshalb ein Spielraum zu. Verfahrenslaufzeiten, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen deshalb nur dann zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, wenn sie auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sind (BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2018 – 2 WD 2/18 -, Rn. 38 m.w.N., juris; BVerwG, Urteil vom 16. Februar 2017 – 2 WD 14/16 -, Rn. 51, juris).
Nach Eingang der Anschuldigungsschrift bei der damals zuständigen 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd im Februar 2017 wäre eine Terminierung innerhalb eines Jahres geboten gewesen. Zwar war keine aufwändige Beweisaufnahme vorzubereiten, da der Soldat geständig war, jedoch warf die Bemessung der tat- und schuldangemessenen Maßnahme Fragen auf, die nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung zu beantworten waren, da die strafrechtlich zu Grunde liegende Regelung erst im Januar 2015 eingeführt worden war, und daher eine intensive Vorbereitung erforderte (BVerwG, Urteil vom 12. Januar 2017 – 2 WD 12/16 -, Rn. 41, juris). Stattdessen wurde der Hauptverhandlungstermin erst für Juli 2020 angesetzt. Hierdurch entstand die genannte Überlänge des Verfahrens von zwei Jahren und fünf Monaten. Diese ist der seit Jahren bestehenden, allgemein bekannten Überlastung der Truppendienstgerichte geschuldet, welche in die organisatorische Verantwortung des Staates fällt und eine Überlänge des Verfahrens nicht rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 28. August 2019 – 2 WD 28/18 -, Rn. 63 – 68, juris). Gleiches gilt für die im Februar 2019 verlagerte Zuständigkeit von der 5. auf die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd.
Hinsichtlich der Überlänge ist jedoch einschränkend zu berücksichtigen, dass sich die überlange Verfahrensdauer mit der damit verbundenen psychischen Belastung des früheren Soldaten im konkreten Fall nicht nur negativ auswirkte, sondern er daraus auch Vorteile dahingehend zog, dass er bis zu seinem Dienstzeitende in seinem Dienstgrad verbleiben konnte und ihm auch die kompletten Übergangsgebührnisse mit Ausnahme der einbehaltenen Übergangsbeihilfe aus dem höheren Dienstgrad bezahlt wurden (ebenso BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2018 – 2 WD 11/17 -, Rn. 45, juris).
Die Kammer hat die verbleibenden Nachteile dadurch kompensiert, dass sie die Dienstgradherabsetzung um einen Dienstgrad reduziert und den früheren Soldaten in dem Dienstgrad eines Hauptgefreiten der Reserve belassen hat (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 – 2 WD 4/19 -, Rn. 37, juris).
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz WDO. Danach sind die Kosten dem (früheren) Soldaten aufzuerlegen, wenn er verurteilt wird.


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