Europarecht

Bodenschutzrechtliche Untersuchungsanordnung für ehemalige Sandgrube – Verursacher

Aktenzeichen  AN 9 K 17.02143

Datum:
30.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 29271
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBodSchG § 4 Abs. 3, § 9 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Bei der Ermittlung des Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast (§ 4 Abs. 3 BBodSchG) ist darauf abzustellen, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand fällt, wobei ein hinreichend enger Wirkungs- und Ursachenzusammenhang zwischen dem Überschreiten der Gefahrengrenze und dem Verhalten einer Person notwendig ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Maßnahmen zur Gefährdungsabschätzung iSv § 9 Abs. 2 BBodSchG ist im Hinblick auf eine effiziente Gefahrenabwehr nicht erforderlich, dass die Verursachung dem Adressaten eindeutig nachgewiesen werden muss, vielmehr genügen objektive Faktoren als tragfähige Indizien. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Leitungspersonen einer juristischen Person des Privatrechts oder einer dieser strukturell weitgehend gleichgestellten Personengesellschaft können selbst als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung ordnungspflichtig sein, wenn sie die zu der schädlichen Bodenveränderung führenden Umstände in dem betreffenden Unternehmen zentral und umfassend gesteuert haben. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft kann nur dann als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung angesehen werden, wenn ihr Verhalten diesbezüglich als Überschreitung der Gefahrenschwelle zu bewerten ist. Sie haftet nicht, wenn ihr Verursachungsbeitrag nur als möglich erscheint. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch bei Berücksichtigung des im Hauptsacheverfahren zusätzlich erfolgten Vortrags ergibt sich keine vom Eilverfahren abweichende Rechtseinschätzung.
Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Anordnungen ist § 9 Abs. 2 BBodSchG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder eine Altlast besteht. Weiterhin kann verlangt werden, dass die Untersuchungen von Sachverständigen nach § 18 BBodSchG durchgeführt werden. Die in § 4 BBodSchG normierten Untersuchungs- und Sanierungspflichten zur Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung erstrecken sich dabei auch auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten die vor Inkrafttreten des Gesetzes verursacht wurden (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 7 C 3/05 – juris Rn. 14 ff.).
Das Gericht hat keinen Anlass, an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids zu zweifeln. Weder hat es Bedenken dahingehend, dass hinsichtlich der ehemaligen Sandgrube ein hinreichender Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung anzunehmen ist (1.), noch dass hier gerade der Kläger als (Mit-)Verursacher in Anspruch genommen wird (2.). Auch im Übrigen ist die Anordnung nicht zu beanstanden (3.).
1. Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung i.S.v. § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG besteht. Schädliche Bodenveränderungen sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktion, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen und die Allgemeinheit herbeizuführen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG). Konkrete Anhaltspunkte, die den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast i.S.d. BBodSchG begründen, liegen in der Regel schon dann vor, wenn Untersuchungen eine Überschreitung von Prüfwerten ergeben oder wenn aufgrund einer Bewertung nach § 4 Abs. 3 BBodSchV – Sickerwasserprognose – eine Überschreitung von Prüfwerten zu erwarten ist (§ 3 Abs. 4 BBodSchV). Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt im vorliegenden Fall ein hinreichender Verdacht i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG vor. Der Beklagte hat 2015 eine orientierende Untersuchung (vgl. § 2 Nr. 3 BBodSchV) durchführen lassen. Ausweislich des Berichts des durchführenden Sachverständigenbüros vom 20. November 2015 ergab diese Untersuchung jedenfalls hinsichtlich des Prüfwerts für PAK nach Anhang 2 Nr. 3.1 der BBodSchV und Anhang 3 Tabelle 3 des Merkblatts Nr. 3.8/1 eine nicht unwesentliche Überschreitung (Löslichkeit betrug 0,3 μg/l bei einem Prüfwert von 0,2 μg/l). Bereits aufgrund dieser Überschreitung des Prüfwerts ist nach der Konzeption des BBodSchG eine weitere Gefahrerforschung und -abschätzung durch Anordnung einer Detailuntersuchung vorzunehmen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV). Des Weiteren wurden insbesondere am MP2 zusätzlich Überschreitungen der im Merkblatt Nr. 3.8/1 genannten Hilfswerte 1 für die Parameter Blei und Mineralölkohlenwasserstoffe festgestellt bzw. bei anderen Messpunkten solche hinsichtlich der Parameter Arsen und Barium. Auch wenn dieses Merkblatt keinen Rechtsnormcharakter hat, stellt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine verlässliche Orientierungshilfe dar (BayVGH, B.v. 22.5.2009 – 22 ZB 08.1820 – juris Rn. 16). Auch können diese Hilfswerte als Entscheidungshilfe für die Gefährdungsabschätzung herangezogen werden (vgl. Merkblatt 3.8/1. Ziffer 1.2 – Begriffsbestimmungen). Auch das seitens des Landratsamtes als fachkundige Behörde eingeschaltete WWA kommt mit Blick auf den vorliegenden Untersuchungsbericht in seiner Stellungnahme vom 1. März 2016 zu dem Ergebnis, dass aus fachlicher Sicht ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast aufgrund konkreter Anhaltspunkte gegeben ist. Sowohl der Untersuchungsbericht wie auch die Stellungnahme des WWA als amtlichen Sachverständigen sind für das Gericht plausibel und in sich schlüssig. Die im Bereich der ehemaligen Sandgrube festgestellten Werte wurden seitens des Klägers auch nicht fundiert in Frage gestellt.
2. Die Entscheidung des Beklagten, hier (nur) gegenüber dem Kläger eine Anordnung zu erlassen, hält der gerichtlichen Überprüfung stand. Als (Mit-)Verursacher der Bodenveränderung (2.1) gehört dieser dem in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG genannten Personenkreis an; dessen (alleinige) Heranziehung ist nicht ermessensfehlerhaft (vgl. § 114 Satz 1 VwGO; 2.2).
2.1 Verursacher i.S.d. BBodSchG ist grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person, die an einer Bodenkontamination zumindest teilverantwortlich mitgewirkt hat. Diese Mitwirkung kann gleichermaßen durch Handeln, Dulden oder Unterlassen bewirkt werden. Allerdings reicht eine bloße Kausalität im naturwissenschaftlichen Sinne für eine Verhaltenshaftung nicht aus. Vielmehr bedarf es insbesondere bei mehreren möglichen Verursachern und unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen einer wertenden Zurechnung der vorgefundenen Kontamination. Nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung ist derjenige Störer, der bei wertender Betrachtung und unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt des Schadens gesetzt hat. Dabei kommt es im Recht der Gefahrenabwehr auf ein Verschulden der handelnden Personen nicht an, vielmehr gilt es, Verantwortungsbereiche objektiv zuzurechnen. Es ist mithin darauf abzustellen, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand fällt, wobei ein hinreichend enger Wirkung- und Ursachenzusammenhang zwischen dem Überschreiten der Gefahrengrenze und dem Verhalten einer Person notwendig ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2008 – 7 B 12.08 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.6.2004 – 22 CS 04.1048 – juris Rn. 16). Dabei ist es bei Maßnahmen zur Gefährdungsabschätzung i.S.v. § 9 Abs. 2 BBodSchG im Hinblick auf eine effiziente Gefahrenabwehr nicht erforderlich, dass die Verursachung dem Adressaten eindeutig nachgewiesen werden muss, vielmehr genügen objektive Faktoren als tragfähige Indizien. Aufgrund des Gebots effektiver Gefahrenabwehr soll die Erforschung der Gefährdung nämlich so wenig wie möglich unter tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Verpflichteten leiden; diese Fragen müssen nach der Konzeption des Gesetzgebers nachträglich im Verfahren über die Kostenverteilung nach § 24 BBodSchG geklärt werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2007 – 22 ZB 07.222 – juris Rn. 17).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Kläger zu Recht als Verursacher der schädlichen Bodenverunreinigung eingestuft. Aus Sicht des Gerichts bestehen hinreichende objektive Anhaltspunkte dafür, dass gerade das Verfüllen der Sandgrube zu den festgestellten Bodenveränderungen geführt hat. Nach dem Ergebnis der orientierenden Untersuchung befinden sich die Bodenverunreinigung gerade im Bereich der aus Erdaushub und Bauschutt bestehenden künstlichen Auffüllung. Das Gericht hat keinen Grund, an diesen Feststellungen zu zweifeln, zumal der Kläger selbst eingeräumt hat, die Grube nach Beendigung des Sandabbaus mit diesen Materialien verfüllt zu haben. Durch das Einbringen dieser verunreinigten Materialien wurde ein Beitrag geleistet, der die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Kontamination gesetzt hat. Ob der Kläger von den Verunreinigungen des Erdaushubs bzw. Bauschutts wusste oder hätte wissen müssen, und somit die Kontamination schuldhaft herbeigeführt wurde oder nicht, ist im Bereich der Gefahrenabwehr rechtlich ohne Belang. Es lag jedenfalls allein in der Sphäre des Klägers, über die Art und die Herkunft des zur Verfüllung verwendeten Aushubmaterials zu entscheiden bzw. darüber, ob im Hinblick auf eine eventuelle Schadstoffbelastung eine vorherige Beprobung stattfinden solle.
Offenbleiben kann, ob der Kläger hier selbst die Verfüllung der Sandgrube vorgenommen hat oder ob dies der … GmbH & Co. … KG bzw. auch der … GmbH zuzurechnen ist. Im ersteren Fall bestünde an der Handlungsstörereigenschaft des Klägers kein Zweifel. Aber auch im letztgenannten Fall wäre der Kläger bereits aufgrund seiner Stellung als Leitungsperson in den beiden Unternehmen, jedenfalls aber aufgrund der Überlassung des Rechts zur Ausnutzung und Wiederverfüllung der Sandgrube an diese Unternehmen verantwortlich.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass Leitungspersonen einer juristischen Person des Privatrechts oder einer dieser strukturell weitgehend gleichgestellten Personengesellschaft selbst als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderungen ordnungspflichtig sein können, wenn sie die zu der schädlichen Bodenveränderung führenden Umstände in dem betreffenden Unternehmen zentral und umfassend gesteuert haben (OVG NRW, U.v. 20.5.2015 – 16 A 1686/09 – juris Rn. 120 ff). Davon ist hier auszugehen, da die gesellschaftsrechtliche Struktur der Unternehmen so geprägt und auf den Kläger als maßgeblichen Entscheidungsträger zugeschnitten war. So war der Kläger als einziger Kommanditist vollumfänglich am Vermögen der … GmbH & Co KG beteiligt. Zugleich war er Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der ausschließlich für die Geschäftsführung zuständigen Komplementär-GmbH. Mithin oblag dem Kläger nicht nur in seiner geschäftsführenden Funktion die Entscheidung über das laufende Geschäft, sondern er war zugleich aufgrund seiner vermögensmäßigen und gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auch für die tragenden Unternehmensentscheidungen verantwortlich. Daher wäre ihm als „zentralem Entscheidungsträger“ selbst das Handeln seiner damaligen – mittlerweile nicht mehr bestehenden – Unternehmen zuzurechnen.
Selbst wenn der Kläger nicht diese zurechnungsbegründende Leitungsfunktion innegehabt hätte und somit nicht schon deshalb verantwortlich wäre, würde sich seine Verantwortlichkeit aus der am 27. Juli 1979 erteilten Baugenehmigung und der damit verbundenen tatsächlichen Sachherrschaft über die Sandgrube und deren Betrieb ableiten. Der Kläger selbst hat hier die Baugenehmigung zum Sandabbau beantragt. Da ihm diese die Eröffnung und den Betrieb einer Gefahrenquelle erlaubt, sind zugleich damit verbundene öffentlich-rechtliche Pflichten einzuhalten, wie es sich auch aus den Regelungen des Bescheids ergibt. Wird diese Genehmigung dann einem anderen überlassen, damit dieser hiervon Gebrauch machen kann, mithin also die tatsächliche Sachherrschaft über die Sandgrube übergeben, geht die damit einhergehende Verantwortlichkeit nur dann vollständig auf den Dritten über, wenn der die Genehmigung Beantragende Vorsorge dafür getroffen hat, dass die mit der Genehmigung verbundenen Pflichten durch den Dritten eingehalten werden. Dafür, dass der Kläger dies vorliegend getan hat, ist jedoch nichts ersichtlich. Der Kläger hat hierzu auch nichts vorgetragen. Ganz im Gegenteil hat er sogar eine eigene Verantwortlichkeit in Bezug auf das Einbringen des Materials zugestanden. Sein Vorbringen beschränkt sich im Wesentlichen nur darauf, dass nicht er, sondern insbesondere die Deutsche Bahn bzw. die Stadt … vorrangig in Anspruch zu nehmen seien, da das Material von ihnen stamme.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die vorgefundenen Belastungen auf andere – nicht dem Kläger anzulastende und seine Verantwortlichkeit ausschließende – Ursachen zurückzuführen sind. Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren eingewandt hat, die Verunreinigungen könnten von anderen Gruben im Umfeld stammen, weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass bei der orientierenden Untersuchung gerade keine Grundwasser- oder Schichtwasserhorizonte vorgefunden wurden, woraus sich Anhaltspunkte für eine Ausbreitung des Schadens von anderen Grundstücken hin zur ehemaligen Sandgrube des Klägers ergeben hätten. Auch im Hinblick auf die teilweise vorhandenen wilden Müllablagerungen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass die durch diese eventuell verursachten Verunreinigungen ihm nicht zuzurechnen seien. Aufgrund seiner Rechtsbeziehung betreffend die Sandgrube (Betreiber bzw. verantwortliche Leitungsperson des betreibenden Unternehmens sowie Inhaber der Genehmigung zum Sandabbau) und der mit der Verfüllung einer Sandgrube typischerweise einhergehenden Gefahr der Verfüllung bzw. Ablagerung von nicht geeigneten Material hätte er durch entsprechende geeignete Vorkehrungen dafür Sorge tragen müssen, dass es nicht zu derartigen Fremdablagerungen kommt.
Auch der Vortrag des Klägers, er habe gerade Vorkehrungen getroffen um die „wilde“ Ablagerung von Abfällen zu vermeiden, vermag seine Verantwortlichkeit für schädliche Bodenverunreinigung im Bereich der Sandgrube nicht infrage zu stellen. Aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich im Wesentlichen lediglich, dass die Zufahrt zur Sandgrube mit einem Baumstamm „gesichert“ war, so dass sie nicht „ohne weiteres“ zugänglich gewesen sei, und dass es immer wieder zu Müllablagerungen im Einfahrtsbereich gekommen sei, die bei der Polizei angezeigt worden seien. Selbst wenn man unterstellt, dass diese Müllablagerungen im Zufahrtsbereich der Grube zu den schädlichen Bodenveränderungen (mit) beigetragen hätten, ließe dies eine Verantwortlichkeit des Klägers nicht entfallen. Die von ihm vorgenommen Vorkehrungen gegen Müllablagerungen hätten sich dann als unzureichend erwiesen. Gerade dann wenn es immer wieder zu solchen Ablagerungen gekommen sein sollte, hätte Veranlassung bestanden, als Konsequenz weitergehende Schutzvorkehrungen wie zum Beispiel eine Einzäunung vorzunehmen (BayVGH, B.v. 15.5.2018 – 22 CS 18.556).
2.2 Die vom Beklagten getroffene Ermessensentscheidung, (nur) gegenüber dem Kläger eine Anordnung zu erlassen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Andere (noch existente oder bekannte) Handlungsstörer, die neben oder anstelle des Klägers herangezogen werden können, sind für das Gericht nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Klägers kann die Verunreinigung der Sandgrube auch weder der Deutschen Bahn oder der Stadt … – selbst wenn das verunreinigte Erdreich von ihnen stammen sollte – noch dem unmittelbar mit dem Aushub beauftragten Unternehmen (auch nicht teilweise) zugerechnet werden. Mit Blick auf das spätere Schadensereignis „Verunreinigung der ehemaligen Sandgrube“ ist bei diesen Personen kein Verhalten erkennbar, dass sich im Rahmen einer wertenden Betrachtung als ein Überschreiten der Gefahrenschwelle darstellt. Insbesondere kann allein aus dem Umstand, dass das in der Sandgrube festgestellte verunreinigte Material von einem Dritten (Deutsche Bahn bzw. Stadt …*) stammen könnte, keine hinreichende Nähe dieses Dritten zum späteren Gefahreneintritt auf den Grundstücken der heutigen FlNrn. … und … abgeleitet werden. Selbst bei Heranziehung der Rechtsfigur des sog. Zweckveranlassers ergibt sich nichts anderes. Danach kann zwar auch ein als „Veranlasser“ auftretender Hintermann (mit) verantwortlich sein, wenn dessen Handlung zwar noch nicht die Gefahrenschwelle überschritten hat, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt. Eine derartige natürliche Einheit besteht typischerweise beim „Zweckveranlasser“ als demjenigen, der die durch den Verursacher bewirkte Polizeiwidrigkeit gezielt ausgelöst hat (BVerwG, B.v. 12.4.2006 – 7 B 30.06 – juris Rn.4). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Weder wurde seitens des Klägers vorgebracht noch gibt es im Verwaltungsverfahren Anhaltspunkte dafür, dass die Deutsche Bahn oder die Stadt … überhaupt von der Verunreinigung des Aushubmaterials wussten und zugleich Kenntnis davon hatten, dass der Kläger beabsichtigte, dieses Aushubmaterial in seine Sandgrube einzubringen und ihr Verhalten insofern auf die Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung abzielte bzw. sie eine solche zumindest billigend in Kauf genommen haben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. In den in Bezug genommenen Beschlüssen vom 18. April 2007 (22 ZB 07.222 – juris Rn. 15) und vom 10. Juni 2010 (22 ZB 09.1928 – juris Rn. 14) wird zwar erwogen, dass eine Auswahlentscheidung nach § 4 Abs. 3 BBodSchG ermessensfehlerhaft sein dürfte, wenn ein privater Grundstückseigentümer als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden würde, obwohl eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts die schädliche Bodenveränderungen zumindest zu einem erheblichen Teil selbst verursacht hat. Unabhängig davon, dass der Kläger hier schon nicht als bloßer Zustandsstörer herangezogen worden ist, gilt dies nur, wenn eine Verursachung durch die Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts auch nachgewiesen werden kann. In den zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird hingegen nicht der Rechtsstandpunkt vertreten, dass im Falle einer Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts geringere Anforderungen an die Annahme einer Verursacherhaftung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG zu stellen wären als im Falle eines Privaten. Auch eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft kann nur dann als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung angesehen werden, wenn ihr Verhalten diesbezüglich als Überschreitung der Gefahrenschwelle zu bewerten ist. Hingegen haftet sie nicht, wenn ihr Verursachungsbeitrag nur als möglich erscheint. Der Beklagte war auch nicht gehalten, hierzu weitere Ermittlungsmaßnahmen anzustellen. In diesem Zusammenhang ist nämlich gerade von Bedeutung, dass spätestens im Jahr 1985 die Wiederverfüllung der Sandgrube abgeschlossen und das Grundstück FlNr. … der Gemarkung … bepflanzt war. Die Recherchemöglichkeiten des Beklagten bzw. des Landratsamtes … waren mehr als 30 Jahre nach Abschluss der Wiederverfüllung selbstverständlich begrenzt, vor allem auch im Hinblick auf mittlerweile oftmals ausgesonderte Unterlagen zu einschlägigen Vorgängen (BayVGH, B.v. 15.5.2018 – 22 CS 18.556).
Bei der Auswahl zwischen der Inanspruchnahme des Klägers als (einzigen noch vorhandenen) Handlungsstörer und der Eigentümerin des Grundstücks als Zustandsstörerin hat der Beklagte zutreffend dem Umstand Rechnung getragen, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG bei der Inanspruchnahme zwischen Handlungsstörer und Zustandsstörer kein Rangverhältnis vorgibt, die Auswahlentscheidung somit dem behördlichen Ermessen unterliegt. Gerade auch wegen des Umstandes, dass § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG insbesondere den Zweck verfolgt, eine schnelle und effektive Gefährdungsabschätzung zu ermöglichen und gleichzeitig die öffentliche Hand von finanziellen Lasten freizuhalten (OVG NRW, U.v. 20.5.2015 – 16 A 1686/09 – juris Rn. 185), ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte hier gerade den Kläger herangezogen hat. Dabei hat der Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass die Haftung des Klägers – anders als die der Grundstückseigentümerin – nicht durch den Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks begrenzt ist. Damit hat er im Rahmen seines Auswahlermessens insgesamt eine sowohl an der Effektivität der Gefahrenabwehr als auch am finanziellen Interesse der Allgemeinheit orientierende Entscheidung getroffen, die ihrerseits nachvollziehbar und sachgerecht ist.
Die Rüge des Klägers, bei der Entscheidung hätte seine geringe finanzielle Leistungskraft berücksichtigt werden müssen, greift nicht durch. Zwar hat der Kläger im Gerichtsverfahren bzw. gegenüber der Behörde zwischenzeitlich zu seiner wirtschaftlichen Situation weiter vorgetragen. Unabhängig davon, ob dieser Vortrag und die diesbezüglich vorgelegten Nachweise überhaupt (schon) geeignet wären, eine geringe finanzielle Leistungsfähigkeit zu belegen, ist der Vortrag im Rahmen der hier zutreffenden Entscheidung letztlich schon ohne Belang. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids und damit auch der getroffenen Ermessensentscheidung ist im Hinblick darauf, dass die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen haben, gerade der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 27.12.1994 – 11 B 152/94 – juris Rn. 5f.). Im Verwaltungsverfahren hatte der Kläger zu seiner wirtschaftlichen Situation jedoch gerade keine nachprüfbaren Angaben gemacht, die in der Ermessensentscheidung hätten berücksichtigt werden können. Möglicherweise können die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers in einem zukünftigen Vollstreckungsverfahren von Belang sein, nicht hingegen im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung.
3. Schließlich ist mit Blick auf § 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV auch nichts dagegen einzuwenden, dass sich der Beklagte hier zu einem Einschreiten entschlossen hat. Insbesondere ergibt sich kein Ermessensfehler aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Stadt … nach der Presseberichterstattung der … …zeitung trotz festgestellter Altlasten im Bereich des US-Militärflughafens … keine bodenrechtlichen Maßnahmen ergreifen würde, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Unabhängig davon, dass es gerade im Bodenschutzrecht maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt, so dass verschiedene Sachverhalte regelmäßig nicht vergleichbar sind, gebietet der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht, dass unterschiedliche Behörden (hier das Landratsamt … als untere staatliche Behörde des Freistaates Bayern einerseits und die Stadt … als eigenständiges Rechtssubjekt andererseits) gleich handeln. Die einzelnen streitgegenständlichen Anordnungen sind auch im Übrigen nicht zu beanstanden; sie sind insbesondere auch hinsichtlich ihres Inhalts und ihres Umfangs bestimmt (vgl. zur Bestimmtheit bodenschutzrechtlicher Anordnungen BayVGH, B.v. 17.3.2004 – 22 CS 04.362 – juris; VG Regensburg, U.v. 25.1.2010 – RO 8 K 08.272 – juris Rn. 65 ff.) und verhältnismäßig. Es ist nicht ersichtlich, dass die angeordneten Untersuchungsmaßnahmen nicht geeignet, erforderlich und angemessen sind, um das mit ihnen verfolgte Ziel – Gefahrabschätzung und Sammlung von Daten als Grundlage für zukünftiges behördliches Handeln – zu erreichen. Ebenfalls sind keine milderen Mittel ersichtlich, mit denen das verfolgte Ziel herbeizuführen wäre.
Auch die vom Kläger nicht näher angegriffenen Zwangsgeldandrohungen gemäß Art. 29, 31 und 36 VwZVG sind nicht zu beanstanden. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder erweist sich unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen. Auch die gesetzten Fristen erweisen sich als ausreichend.
4. Nach alledem ist der streitgegenständliche Bescheid vom 14. September 2017 in der Fassung der beiden Änderungsbescheide nicht geeignet, den Kläger in subjektiven Rechten zu verletzen. Die Klage ist mithin unbegründet und war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren Unterlegener hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.


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